Strafrecht

Versuchter schwerer Diebstahl: Fehlgeschlagener Versuch; Rücktritt vom Versuch

Aktenzeichen  4 StR 560/14

Datum:
15.1.2015
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BGH
Dokumenttyp:
Beschluss
Normen:
§ 22 StGB
§ 23 StGB
§ 24 Abs 2 StGB
§ 243 Abs 1 S 2 Nr 1 StGB
§ 243 Abs 1 S 2 Nr 3 StGB
Spruchkörper:
4. Strafsenat

Verfahrensgang

vorgehend LG Paderborn, 27. Mai 2014, Az: 1 KLs 16/14

Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Paderborn vom 27. Mai 2014 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte im Fall II. 4 der Urteilsgründe verurteilt worden ist, sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Diebstahls in vier Fällen, wobei es in einem Fall beim Versuch blieb, zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zwei Monaten verurteilt. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts zu dem Fall II. 4 der Urteilsgründe verschafften sich der Angeklagte und mehrere unbekannt gebliebene Mittäter Zugang zu dem Gelände eines Containerdienstes, um dort nach mitnehmenswerten Gegenständen zu suchen. Beim Durchschneiden von Maschendrahtzäunen verletzte sich der Angeklagte am Fuß, wodurch er starke Schmerzen erlitt und nicht mehr einsatzfähig war. Seine Mittäter zerschlugen die Scheibe eines abgestellten Lkws und entnahmen dem Führerhaus einen Koffer mit Werkzeug. Sie übergaben den Koffer dem Angeklagten zur Mitnahme. Da dieser ihn aufgrund seiner Verletzung nicht zu tragen vermochte, ließ er ihn stehen. Der Angeklagte und seine Mittäter verließen den Tatort ohne Beute, weil sie keine stehlenswerten Gegenstände vorfanden. Zuvor hatten die Mittäter aus Frustration über den Misserfolg die Scheinwerfer und Blinkleuchten des Lkws zerschlagen.
3
Das Landgericht hat einen versuchten Diebstahl in einem besonders schweren Fall – Regelbeispiele des § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 3 StGB -angenommen, einen strafbefreienden Rücktritt vom Versuch indes verneint, „weil der diesbezügliche Diebstahlversuch fehlgeschlagen ist, nachdem der Angeklagte und seine Mittäter in den Lagerhallen der Firma … keine mitnehmenswerten Güter vorgefunden hatten”.
4
2. Die Verurteilung des Angeklagten im Fall II. 4 der Urteilsgründe begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
5
Die Feststellungen des Landgerichts tragen den Schuldspruch wegen versuchten Diebstahls (in einem besonders schweren Fall) nicht. Die Verneinung eines strafbefreienden Rücktritts vom Versuch gemäß § 24 Abs. 2 StGB hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
6
a) Zutreffend ist allerdings der rechtliche Ausgangspunkt des Landgerichts, wonach bei einem fehlgeschlagenen Versuch ein strafbefreiender Rücktritt nach § 24 StGB von vornherein ausscheidet (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 10. April 1986 – 4 StR 89/86, BGHSt 34, 53, 56, und vom 30. November 1995 – 5 StR 465/95, BGHSt 41, 368, 369). Fehlgeschlagen ist der Versuch jedoch erst, wenn die Tat nach Misslingen des zunächst vorgestellten Tatablaufs mit den bereits eingesetzten oder anderen naheliegenden Mitteln objektiv nicht mehr vollendet werden kann und der Täter dies erkennt oder wenn er subjektiv die Vollendung nicht mehr für möglich hält. Maßgeblich dafür ist nicht der ursprüngliche Tatplan, dem je nach Fallgestaltung allerdings Indizwirkung für den Erkenntnishorizont des Täters zukommen kann (vgl. BGH, Beschluss vom 2. November 2007 – 2 StR 336/07, NStZ 2008, 393), sondern dessen Vorstellung nach Abschluss der letzten Ausführungshandlung (BGH, Beschluss vom 22. März 2012 – 4 StR 541/11, NStZ-RR 2012, 239).
7
b) Die vom Landgericht getroffenen Feststellungen belegen einen solchen Fehlschlag nicht. Zwar ergibt sich aus dem entfalteten Vandalismus am Ende der Tatausführung, dass der Angeklagte und seine Mittäter den Versuch, weitere stehlenswerte Gegenstände auf dem Gelände des Containerdienstes zu finden, für gescheitert hielten. Aus welchem Grund dies aber auch für den zu Beginn der Tat aus dem Führerhaus des aufgebrochenen Lkws entnommenen Koffer mit Werkzeug gelten soll, belegen die Ausführungen des Landgerichts nicht. Angesichts der Anwesenheit mehrerer Mittäter am Tatort ist der festgestellte Umstand, dass der Angeklagte den Werkzeugkoffer verletzungsbedingt nicht fortschaffen konnte, für sich allein genommen nicht tragfähig.
8
c) Hierauf beruht der Schuldspruch im Fall II. 4 der Urteilsgründe. Zwar waren an der Tat mehrere beteiligt; in einem solchen Fall wird gemäß § 24 Abs. 2 Satz 1 StGB nicht bestraft, wer freiwillig die Vollendung verhindert. Diese Verhinderungsleistung kann aber schon darin zu sehen sein, dass die Beteiligten es einvernehmlich unterlassen, weiter zu handeln (st. Rspr.; BGH, Urteil vom 19. März 2013 – 1 StR 647/12, NStZ-RR 2013, 273, 274; Beschluss vom 15. Mai 2014 – 3 StR 149/14, NStZ-RR 2015, 8 f.).
9
3. Der aufgezeigte Rechtsfehler führt zur Aufhebung der Verurteilung des Angeklagten im Fall II. 4 der Urteilsgründe und des Ausspruchs über die Gesamtstrafe.
Sost-Scheible                               Roggenbuck                              Cierniak
                          Mutzbauer                                    Bender


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