Aktenzeichen M 7 S 16.5690
BJagdG BJagdG § 17 Abs. 1 Nr. 2, § 18 Satz 1
Leitsatz
1 Von einer Person, die ständig unter dem Einfluss von Cannabis steht, kann angenommen werden, dass sie nicht vorsichtig oder sachgemäß mit Waffen umgeht, so dass ihr die persönliche Eignung zum Waffenbesitz fehlt (§ 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 WaffG). Dies gilt auch, wenn der Cannabiskonsum medizinisch indiziert ist und unter ärztlicher Kontrolle stattfindet. (Rn. 17 – 19) (redaktioneller Leitsatz)
2 Bei der Anforderung eines medizinischen oder fachpsychologischen Gutachtens über die geistige oder körperliche Eignung zum Waffenbesitz handelt es sich nicht um ein eigenständiges Verfahren, das vom Widerrufsverfahren abgekoppelt ist. Die Gutachtensanforderung kann daher nicht selbständig angefochten werden, so dass es auch nicht erforderlich ist, den Betroffenen vor der Gutachtensanforderung gesondert anzuhören. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
3 Da es sich bei der fehlenden persönlichen Eignung zum Waffenbesitz um einen zwingenden Widerrufsgrund handelt, kann die einschlägige Nummer der aufgezählten Nichteignungsgründe von der Behörde auch noch im Klageverfahren ausgetauscht bzw. die Rechtmäßigkeit des Bescheids damit begründet werden. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 8.375,- EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller wendet sich im einstweiligen Rechtschutzverfahren gegen den Widerruf seiner Waffenbesitzkarte und die Ungültigerklärung seines Jagdscheines.
Am 21. Juli 2015 erteilte das Landratsamt Miesbach (Landratsamt) dem Antragsteller die Waffenbesitzkarte Nr. …, in die 5 Langwaffen und ein Schalldämpfer eingetragen sind. Weiter erteilte ihm das Landratsamt am 24. Juni 2015 einen Jagdschein (Nr. …). Im März 2016 wurde dem Landratsamt mitgeteilt, dass der Antragsteller an multipler Sklerose erkrankt sei und aus medizinischen Gründen regelmäßig Cannabis konsumiere. Eine Kontrolle der Aufbewahrung der Waffen vor Ort am 23. März 2016 war ohne Beanstandungen. Im Rahmen der Waffenkontrolle wies der Vertreter des Landratsamtes den Antragsteller darauf hin, dass seine persönliche Eignung als Waffenbesitzer im Hinblick auf den Cannabiskonsum überprüft werden müsse.
Mit Schreiben vom 18. April 2016 wurde der Antragsteller aufgefordert, auf seine Kosten ein amts- oder fachärztliches oder fachpsychologisches Zeugnis über die geistige oder körperliche Eignung zum Waffenbesitz vorzulegen, da Tatsachen vorlägen, die die Annahme rechtfertigten, dass er die persönliche Eignung zum Waffenbesitz nicht besitze (regelmäßiger Cannabiskonsum aus medizinischen Gründen).
Mit Schreiben vom 5. August 2016 legte der Antragsteller ein fachpsychologisches Gutachten der TÜV SÜD Life Service GmbH zu der Frage vor, ob er die waffenrechtliche Eignung gemäß § 6 WaffG besitzt. In dem Gutachten wird ausgeführt, dass es sich um einen ärztlich verordneten, überwachten, regelmäßigen, inhalativen Cannabiskonsum seit September 2014 im Zusammenhang mit einer Schmerzsymptomatik handele. Hinweise auf Mischkonsum mit anderen illegalen Drogen oder auch legalen Drogen wie Alkohol oder Medikamenten ergäben sich nicht. Es bestehe nach externer fachärztlicher Sicht eine gute Compliance im Sinne der Krankheitseinsichtigkeit und der verantwortlichen Nutzung des Cannabis. Anhaltspunkte für eine Abhängigkeit lägen – resultierend aus der Befragung – nicht vor. Hinweise auf eine Fremd- oder Selbstgefährdung lägen derzeit nicht vor. Der regelmäßige, mehrfache tägliche Konsum unterliege einer beabsichtigen dauerhaften Schmerzmodulierung durch einen entsprechenden Blutspiegel des Cannabis. Das Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass dem Antragsteller die körperliche oder geistige Eignung zum Waffenbesitz fehlt. Dies sei dadurch zu begründen, dass bei regelmäßigem Konsum von täglich 30 g Cannabisblüten bei unterschiedlicher Dosierung eines zentralwirksamen Inhaltsstoffes und erheblicher Toleranzentwicklung eine stets verlässliche Verhaltenskontrolle unter strengen Sicherheitsaspekten beim Umgang mit Waffen und Munition vom Antragsteller nicht zu gewährleisten sei.
Mit Schriftsatz vom 8. August 2016 machte der Bevollmächtigte des Antragstellers geltend, dass das Gutachten fehlerhaft sei. Der Gutachter verkenne, dass die medizinische Verwendung von Cannabis oder cannabinoidhaltigen Medikamenten sich nicht von der Einnahme anderer Medikamente unterscheide. Eine Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit des Antragstellers sei nach den Feststellungen des Gutachtens nicht gegeben.
Mit Bescheid vom 22. August 2016 widerrief das Landratsamt die dem Antragsteller erteilte Waffenbesitzkarte und den erteilten Jagdschein (Nr. 1). Der Antragsteller wurde aufgefordert, die in seinem Besitz befindlichen Waffen innerhalb von 4 Wochen nach Bestandskraft des Bescheides an zum Erwerb Berechtigte zu überlassen und dies dem Landratsamt nachzuweisen oder die Waffen im Landratsamt zur Vernichtung abzugeben (Nr. 2). Weiter wurde der Antragsteller aufgefordert, die waffenrechtlichen Erlaubnisse innerhalb von 4 Wochen nach Bestandskraft des Bescheides abzugeben (Nr. 3). Für den Fall der nichtfristgerechten Rückgabe der Erlaubnisurkunden wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 100,- EUR je Erlaubnis-dokument angedroht (Nr. 4). Die sofortige Vollziehbarkeit der Nrn. 1 und 2 wurde angeordnet (Nr. 5). In den Gründen des Bescheides wird ausgeführt, dass nach § 45 Abs. 2 WaffG eine waffenrechtliche Erlaubnis zu widerrufen sei, wenn nachträglich Tatsachen einträten, die zur Versagung hätten führen müssen. Die Voraussetzungen für den Widerruf der dem Betroffenen erteilten jagd- und waffenrechtlichen Urkunden gemäß § 45 Abs. 2, § 4 Abs. 1 Nr. 2 und § 6 Abs. 1 Nr. 2 WaffG lägen vor. Das Gutachten vom 15. Juli 2016 bestätige die Annahme der Waffenbehörde zum Fehlen der persönlichen Eignung im Umgang mit erlaubnispflichtigen Waffen und Munition aufgrund des zwar medizinisch angeordneten, aber regelmäßigen Konsums von Cannabis. Die von dem Bevollmächtigten vorgebrachten Einwände könnten das Gutachten nicht entkräften. Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Bescheidsgründe verwiesen.
Am 13. September 2016 erhob der Bevollmächtigte des Klägers beim Verwaltungsgericht München Klage gegen den Bescheid vom 22. August 2016 und beantragte am 19. Dezember 2016,
die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 22. August 2016 bezüglich der Nrn.1b und 2 wiederherzustellen und bezüglich der Nrn. 1a und 4 anzuordnen.
Der Widerruf der Waffenbesitzkarte und die Entziehung des Jagdscheines sowie die sofortige Vollziehung dieser Entscheidungen seien offensichtlich rechtswidrig. Es bestehe entgegen den Ausführungen im Bescheid des Antragsgegners kein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung, da eine konkrete, unmittelbar drohende Gefahr für die Gemeinschaft durch den Antragsteller zu verneinen sei. Der Bescheid sei schon formell rechtswidrig. Der Antragsgegner habe es unterlassen, den Antragsteller vor dem Erlass des Bescheides gemäß Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG ordnungsgemäß anzuhören. Darüber hinaus habe es der Antragsgegner versäumt, die Ermächtigungsgrundlage für die Entziehung des Jagdscheines in seinem Bescheid anzugeben. Dies führe dazu, dass dieser nicht im Sinne des Art. 39 Abs. 1 BayVwVfG hinreichend begründet sei. Der angegriffene Bescheid sei weiter materiell rechtswidrig. Der Antragsteller sei nicht drogenabhängig im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 2 WaffG. Er leide an einer Multiplen Sklerose mit neuropathischen Schmerzen und einem Fatigue-Syndrom. Diese Schmerzsymptomatik werde durch eine chronische bakterielle Infektion im Bereich der Thoraxwand mit nachfolgenden multiplen Operationen verstärkt, wobei die Wundheilung noch nicht abgeschlossen sei. Da die herkömmlichen Medikamente selbst unter Anwendung der Höchstdosis nicht gewirkt hätten, erfolge seit September 2014 eine Behandlung mit Medizinalcannabis. Es liege ein ärztlich begleiteter und überwachter legaler Gebrauch von Cannabis für einen konkreten Krankheitsfall vor. Selbst wenn man den medizinischen Gebrauch von Cannabis als beachtliche Tatsache im Sinne des § 6 WaffG begreifen sollte, so sei das dem Bescheid zugrunde gelegte Gutachten im Ergebnis nicht nachvollziehbar. Es sei insoweit fehlerhaft und widersprüchlich, als auf S. 11/12 in der fachpsychologischen Stellungnahme der ärztlich begleitete und überwachte, regelmäßige, medizinisch indizierte Cannabiskonsum des Antragstellers mit der missbräuchlichen, regelmäßigen Einnahme von Cannabis gleichgesetzt und daraus die waffenrechtliche Nichteignung abgeleitet werde. Der Gutachter verkenne, dass die medizinische Verwendung von Cannabis oder cannabinoidhaltigen Medikamenten sich nicht von der Einnahme anderer Medikamente unterscheide. Das Gutachten komme unter III. „Untersuchungsbefunde“ und unter IV. „Fachpsychologische Stellungnahme“ eindeutig zu dem Ergebnis, dass bei dem Antragsteller keine körperlichen und psychischen Einschränkungen vorlägen. Warum das Gutachten vor diesem Hintergrund dem Antragsteller die waffenrechtliche Eignung abspreche, erschließe sich nicht. Das Gutachten sei auch bezüglich der zugrunde gelegten Dosierung des Cannabis (5 Joints) sowie der zum Schluss angegeben 30 Gramm Tagesdosis fehlerhaft. Weiter treffe das Gutachten keine Aussage darüber, ob dem Antragsteller die körperliche oder geistige Eignung zum Waffenbesitz fehle.
Mit Schreiben vom 12. Januar 2017 beantragte das Landratsamt, den Antrag abzuweisen.
Soweit der Bevollmächtigte die Rechtswidrigkeit des Bescheides aufgrund einer unterbliebenen Anhörung rüge, habe der Antragsteller mehrfach die Möglichkeit gehabt, seine Einwände vorzubringen. Im Übrigen heile die Auseinandersetzung mit den Argumenten des Antragstellers im Rahmen des Klage- und Eilverfahrens einen möglichen Verfahrensfehler nach Art. 28 BayVwVfG. Zwar seien die einschlägigen Paragraphen für die zugrundeliegende Rechtsgrundlage für den Widerruf des Jagdscheins im Widerrufsbescheid vom 22. August 2016 nicht explizit genannt worden, jedoch sei die einschlägige Rechtsgrundlage inhaltlich zutreffend umschrieben worden. Die Regelung des § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG für den Widerruf im Waffenrecht entspreche inhaltlich der Rechtsgrundlage für den Widerruf des Jagdscheins gemäß § 18 BJagdG. Die in § 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffG normierten Voraussetzungen für eine Erlaubnis entsprächen der Vorschrift des § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BJagdG. Die in § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WaffG verankerte persönliche Eignung finde sich auch im Jagdrecht in § 17 Abs. 4 Nr. 4 BJagdG wieder. Des Weiteren sei der Bevollmächtigte des Antragstellers mit Schreiben vom 12. Januar 2017 über die einschlägige Rechtsgrundlage für den Widerruf des Jagdscheins im Nachgang in Kenntnis gesetzt worden. Im Übrigen sei die Angabe einer falschen Rechtsgrundlage bei der hier vorliegenden gebundenen Entscheidung unschädlich. Das fachpsychologische Gutachten vom 15. Juli 2016 genüge den formalen Anforderungen und sei schlüssig und nachvollziehbar. Bei der angegeben Dosierung handele es sich um einen offensichtlichen Schreibfehler.
Ergänzend wird auf die Gerichts- und Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag hat keinen Erfolg.
Soweit der Antragsteller die Anordnung der aufschiebenden Wirkung gegen Nr. 4 des Bescheides des Antragsgegners vom 22. August 2016 begehrt, fehlt ihm das Rechtschutzbedürfnis. Das Landratsamt hat für die Rückgabepflicht der waffenrechtlichen Erlaubnisse nicht den Sofortvollzug angeordnet, sondern den Antragsteller verpflichtet, diese nach Bestandskraft des Bescheides zurückzugeben (vgl. Nr. 3 des Bescheides). Hingegen legt der Bevollmächtigte des Antragstellers die Regelung in Nr. 2 und 5 des Bescheides zu Recht dahingehend aus, dass das Landratsamt hinsichtlich der Pflicht zur Überlassung der Waffen den Sofortvollzug angeordnet hat. Der Antrag ist daher zulässig, soweit der Antragsteller die Anordnung der aufschiebenden Wirkung gegen Nr. 1a des Bescheides vom 22. August 2016 (vgl. § 45 Abs. 5 WaffG) und die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gegen Nr. 1b und 2 des Bescheides begehrt.
Der zulässige Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist unbegründet.
Entfaltet ein Rechtsbehelf – wie hier teils wegen einer behördlichen Anordnung des Sofortvollzugs und teils von Gesetzes wegen – keine aufschiebende Wirkung, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO anordnen bzw. wiederherstellen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Bei der vom Gericht im Rahmen des einstweiligen Rechtschutzverfahrens zu treffenden Interessenabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheides und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs sind auch die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen, die ein wesentliches, wenn auch nicht das alleinige Indiz für bzw. gegen die Begründetheit des Begehrens im einstweiligen Rechtschutz sind. Ergibt die Prüfung der Erfolgsaussichten, dass der Rechtsbehelf offensichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Sind die Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren als offen anzusehen, findet eine reine Interessenabwägung statt.
Nach der im einstweiligen Rechtschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage anhand der Aktenlage vertritt die Kammer die Auffassung, dass der Bescheid des Antragsgegners vom 22. August 2016 zum maßgeblichen Zeitpunkt seines Erlasses (vgl. BVerwG, U.v. 16.5.2007 – 6 C 24/06 – juris Rn. 35) rechtmäßig ist und den Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzt. Aber selbst wenn man aufgrund einer zu erwartenden Anhörung der Gutachter im Klageverfahren davon ausgeht, dass die Rechtslage noch offen ist, überwiegt bei einer Interessenabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an dem Widerruf der Waffenbesitzkarte bzw. der Ungültigerklärung des Jagdscheines und dem privaten Interesse des Antragstellers an der Ausübung der Jagd das öffentliche Interesse.
Nach § 45 Abs. 2 WaffG bzw. § 18 Satz 1 BJagdG ist eine waffenrechtliche Erlaubnis – wie hier die Waffenbesitzkarte – zwingend zu widerrufen und ein Jagdschein für ungültig zu erklären, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Ein solcher Versagungsgrund liegt vor, wenn die erforderliche persönliche Eignung im Sinne von § 6 WaffG fehlt (§ 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffG, § 17 Abs. 1 BJagdG). Nach § 6 WaffG besitzen Personen unter anderem die erforderliche persönliche Eignung nicht, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie abhängig von Alkohol oder anderen berauschenden Mitteln sind (vgl. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WaffG) oder aufgrund in der Person liegender Umstände mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren können (vgl. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WaffG).
Das fachpsychologische Gutachten vom 15. Juli 2016 kommt zu dem Ergebnis, dass beim Antragsteller keine Anhaltspunkte für eine Abhängigkeit von Cannabis vorliegen; es kommt aber zu dem Ergebnis, dass ihm die körperliche oder geistige Eignung zum Waffenbesitz wegen fehlender verlässlicher Verhaltenskontrolle fehlt. Es sieht damit den in § 6 Abs. 1 Nr. 3 ersten Halbsatz WaffG normierten Tatbestand – kein vorsichtiger oder sachgemäßer Umgang mit Waffen – für gegeben an.
Die Einwände des Antragstellers gegen das Gutachten greifen nach summarischer Prüfung nicht durch. Soweit der Bevollmächtigte des Antragstellers vorträgt, dass das Gutachten den ärztlich begleiteten und überwachten, regelmäßigen, medizinisch-indizierten Cannabiskonsum des Antragstellers mit der missbräuchlichen regelmäßigen Einnahme von Cannabis gleichsetzt, ist dies nur insoweit zutreffend, als das Gutachten zu dem gleichen Ergebnis der Nichteignung kommt, da der Betroffene in beiden Fällen ständig unter dem Einfluss von Cannabis steht. Soweit sich am Untersuchungstag keine Defizite in der Leistungstestung und keine weiteren Hinweise auf eine Beeinträchtigung durch die zentralwirksame Substanz der Cannabispflanze zeigten, bedeutet dies nicht, dass damit die körperliche und/oder geistige Eignung des Antragstellers zum Waffenbesitz vorliegt. Begründet wird dies in dem Gutachten damit, dass bei einem regelmäßigen Konsum von täglich „30“ g Cannabisblüten bei unterschiedlicher Dosierung eines zentralwirksamen Inhaltsstoffes und erheblicher Toleranzentwicklung eine stets verlässliche Verhaltenskontrolle unter strengen Sicherheitsaspekten beim Umgang mit Waffen und Munition vom Antragsteller nicht zu gewährleisten sei. Diese fachliche Einschätzung kann von dem Gericht nachvollzogen werden. So hat das Bundesverfassungsgericht für seine Entscheidung vom 20. Juni 2002 (1 BvR 2062/96, juris) gutachterliche Äußerungen zu Fragen im Zusammenhang mit dem Konsum von Cannabis eingeholt. Danach können nach dem Konsum von Cannabis Leistungs- und Verhaltenseinschränkungen bestehen, die alle Aspekte der Informationsaufnahme und -verarbeitung, der Entscheidungsfindung und der Umsetzung der Entscheidung in der Reaktion umfassen. Der „stark gewohnheitsmäßige“ Konsument sei nicht mehr in der Lage, seine konsumbedingten Einschränkungen sicher zu beurteilen. Das Bundesverfassungsgericht kam daher zu dem Ergebnis, dass die Fahrtüchtigkeit einer Person im akuten Haschischrausch und während der Dauer einer mehrstündigen Abklingphase aufgehoben ist (vgl. BVerfG, a.a.O., Rn. 44). Wie der Antragsteller selbst bei dem Untersuchungstermin angegeben hat, fängt er, sobald die Wirkung des Cannabis nachlässt und er wieder Schmerzen verspürt, wieder an, Cannabis zu rauchen. Das Gutachten geht daher zu Recht davon aus, dass er ständig unter dem Einfluss von Cannabis steht und sieht damit die waffenrechtliche Eignung nicht als gegeben an. Die Risiken, die mit jedem Waffenbesitz ohnehin verbunden sind, sind nur bei solchen Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten Vertrauen darin verdienen, dass sie mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen (stRspr., vgl. BVerwG, U.v. 22.10.2014 – 6 C 30/13 – juris Rn. 19). Bei der Angabe von täglich 30 g Cannabisblüten auf S. 12 des Gutachtens handelt es sich wohl um ein Schreibversehen (vgl. Angabe von 3 Gramm auf S. 9). Unerheblich ist, ob die Angaben im Gutachten der Dosierungsanleitung des Arztes widersprechen. Das Gutachten stützt sich auf die Angaben des Antragstellers und gibt diese insoweit wieder, als er vorgetragen habe, dass er seit Dezember 2014 täglich 5 Joints zu sich nehme; dies entspreche den täglich indizierten 3 Gramm.
Auch die vorgetragenen formellen Einwände greifen nicht durch. So hatte der Antragsteller vor dem Erlass des Bescheides vom 22. August 2016 mehrfach die Möglichkeit, sich zu der Gutachtensanforderung und dem beabsichtigten Widerruf der waffen- und jagdrechtlichen Erlaubnisse zu äußern. Bei der Anordnung eines Gutachtens handelt es sich um kein eigenständiges Verfahren, das vom Widerrufsverfahren abgekoppelt ist. Die Gutachtensanforderung kann nicht selbständig angefochten werden, sodass es auch nicht erforderlich ist, den Betroffenen vor einer Gutachtensaufforderung gesondert die Gelegenheit zu geben, sich hierzu zu äußern. Im Übrigen hat der Antragsgegner zu Recht auf Art. 45 Abs. 2 BayVwVfG hingewiesen. Weiter wird der Bescheid nicht dadurch rechtswidrig, dass der Antragsgegner die Rechtsgrundlagen für die Ungültigerklärung und Einziehung des Jagdscheines nicht angegeben hat. Der Antragsgegner hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Versagungsgründe im Waffen- und Bundesjagdgesetz insoweit identisch sind und im Übrigen die Begründung insoweit auch nachgeholt (vgl. Art. 45 Abs. 1 Nr. 2, Art. 45 Abs. 2 BayVwVfG). Weiter handelt es sich bei fehlender persönlicher Eignung zum Waffenbesitz um einen zwingenden Widerrufsgrund, der im Hinblick auf die einschlägige Nummer der aufgezählten Nichteignungsgründe auch noch im Klageverfahren ausgetauscht bzw. die Rechtmäßigkeit des Bescheides damit begründet werden kann.
Sieht man die Erfolgsaussichten der Klage im Hinblick auf eine Beweisaufnahme noch als offen an, sind das besondere öffentliche Interesse am Sofortvollzug und das gegenläufige Interesse des Antragstellers, bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache die Waffen behalten zu dürfen und sie zu nutzen, gegeneinander abzuwägen. Auf der einen Seite steht das überragende öffentliche Interesse der Allgemeinheit, das mit jedem Waffenbesitz verbundene Risiko möglichst klein zu halten. Dabei ist die Wertung des Gesetzgebers in § 45 Abs. 5 WaffG zu berücksichtigen, wegen der damit verbundenen Gefahren sofort vor höchstwahrscheinlich unzuverlässigen Waffenbesitzern geschützt zu werden. Demgegenüber steht das private Interesse des Antragstellers, weiterhin die Jagd mit seinen Waffen ausüben zu können. Dieses private Interesse des Antragstellers hat gegenüber dem gewichtigen öffentlichen Interesse an der Verhinderung erheblicher Gefahren durch ungeeignete Personen zurückzutreten. Der Antragsteller ist auf seine Waffen nicht beruflich angewiesen; seine Waffen kann er einem Berechtigten zur Aufbewahrung überlassen (vgl. BayVGH, B.v. 19.3.2010 – 21 CS 10.59 – juris Rn. 14).
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nrn. 1.5 Satz 1, 20.3, 50.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.