Strafrecht

Wiedereinsetzung nach Einspruchsrücknahme

Aktenzeichen  50 Cs 682 Js 36004/21

Datum:
22.3.2022
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
AG Erfurt
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:AGERFUR:2022:0322.50CS682JS36004.21.00
Normen:
§ 44 StPO
§ 45 StPO
§ 329 Abs 7 S 1 StPO
§ 412 S 1 StPO
Spruchkörper:
undefined

Tenor

Dem Angeklagten wird von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen das Verwerfungsurteil des Amtsgerichts Erfurt vom 21.03.2022 gewährt.
Es wird festgestellt, dass der Einspruch des Angeklagten vom 30.12.2021 durch Rücknahme erledigt und damit der Strafbefehl des Amtsgerichts Erfurt vom 07.12.2021 rechtskräftig geworden ist.
Die Kosten der Wiedereinsetzung trägt die Staatskasse.

Gründe

I.
Am 07.12.2021 erließ das Amtsgericht Erfurt gegen den Angeklagten einen Strafbefehl wegen des Vorwurfs des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln. Der Strafbefehl wurde dem Angeklagten am 23.12.2021 zugestellt. Mit Schreiben vom 30.12.2021, beim Amtsgericht Erfurt am selben Tage eingegangen, legte der Angeklagte über seine Verteidigerin Einspruch gegen den Strafbefehl ein.
Daraufhin beraumte das Amtsgericht Erfurt mit Verfügung vom 21.01.2022 Hauptverhandlungstermin auf den 21.03.2022, 09:00 Uhr an. Die Ladungen wurden dem Angeklagten am 08.02.2022 und der Verteidigerin am 02.02.2022 zugestellt.
Mit Schreiben vom 18.03.2022, beim Amtsgericht Erfurt am selben Tage eingegangen, nahm der Angeklagte über seine Verteidigerin den Einspruch gegen den Strafbefehl zurück.
Da die Einspruchsrücknahme erst am 21.03.2022 um 11:30 Uhr zur Geschäftsstelle des Amtsgerichts Erfurt gelangte, führte das Amtsgericht Erfurt am 21.03.2022 in der Zeit von 09:36 Uhr bis 09:42 Uhr die Hauptverhandlung durch. Der Angeklagte und seine Verteidigerin erschienen nicht zum Termin. Weil dem Amtsgericht Erfurt keine Entschuldigungsgründe zu diesem Zeitpunkt bekannt waren, verwarf es den Einspruch des Angeklagten gegen den Strafbefehl vom 07.12.2021 durch Urteil.
II.
Dem Angeklagten war von Amts wegen gemäß der §§ 412 S. 1, 329 Abs. 7 S. 1, 44 S. 1, 45 StPO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen das Verwerfungsurteil des Amtsgerichts Erfurt vom 21.03.2022 zu gewähren.
1.
Auch im Rahmen des § 329 Abs. 7 StPO kommt eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand von Amts wegen – d.h. ohne Antrag des Angeklagten – in Betracht (vergleiche zum Meinungsstand OLG Köln, Beschluss vom 14.03.2000, Az.: Ss 10/00 m.w.N.).
2.
Der Angeklagte und seine Verteidigerin sind dem Hauptverhandlungstermin am 21.03.2022 entschuldigt im Sinne des § 44 S. 1 StPO ferngeblieben. Der Angeklagte hat über seine Verteidigerin mit Schreiben vom 18.03.2022, beim Amtsgericht Erfurt am selben Tage eingegangen, seinen Einspruch gegen den Strafbefehl vom 07.12.2021 zurückgenommen. Damit durften sowohl der Angeklagten als auch seine Verteidigerin davon ausgehen, dass der Hauptverhandlungstermin am 21.03.2022 nicht stattfinden wird. Denn mit der Einspruchsrücknahme war der Strafbefehl vom 07.12.2021 in Rechtskraft erwachsen und die Durchführung einer Hauptverhandlung damit obsolet. Es war deshalb feststellend auszusprechen, dass der Einspruch des Angeklagten durch Rücknahme erledigt und damit der Strafbefehl rechtskräftig geworden ist (vergleiche OLG Koblenz, Beschluss vom 28.09.2021, Az.: 4 OLG 32 Ss 147/21 m.w.N.).
3.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 467 Abs. 1 StPO analog. Dass das Amtsgericht Erfurt trotz Einspruchsrücknahme fehlerhaft ein Verwerfungsurteil erlassen hat, liegt allein in der Sphäre des Amtsgerichts Erfurt, da die rechtzeitig erklärte Einspruchsrücknahme erst verspätet nach Durchführung der Hauptverhandlung dem erkennenden Richter vorgelegt wurde. Deshalb ist auch kein Raum für § 473 Abs. 7 StPO. Zum einen liegt – gesetzespositivistisch betrachtet – kein Wiedereinsetzungsantrag des Angeklagten vor. Zum anderen liegt der Grund für die Wiedereinsetzung allein in der Sphäre des Gerichts, sodass eine Kostenauferlegung zu Lasten des Angeklagten unbillig wäre. Dieses Ergebnis wird auch von der Erwägung getragen, dass im Falle der Einlegung einer Revision des Angeklagten gegen das Verwerfungsurteil die Kostenentscheidung nach § 473 Abs. 2 StPO auch zu Gunsten des Angeklagten und zu Lasten der Staatskasse ausfiele (vergleiche OLG Koblenz, Beschluss vom 28.09.2021, Az.: 4 OLG 32 Ss 147/21 m.w.N.).


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