Verkehrsrecht

Fahrerlaubnis unter Auflagen bei Diabetes – rechtliches Gehör bei unterlassener Akteneinsicht

Aktenzeichen  11 CS 18.2302

Datum:
20.11.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 30736
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
StVG § 2 Abs. 4
FeV § 23 Abs. 2 S. 1, § 24 Abs. 1 S. 1, § 46 Abs. 2 S. 1
VwGO § 146 Abs. 4 S. 1, S. 6
BayVwVfG Art. 48

 

Leitsatz

1 Hat der Antragsteller in erster Instanz keine Akteneinsicht beantragt und auch nicht zum Ausdruck gebracht, dass er seine Antragsbegründung noch ergänzen wollte, und ist ihm in zweiter Instanz Akteneinsicht gewährt worden, kann er keine Verletzung rechtlichen Gehörs wegen unterlassener Zuleitung eines Schriftsatzes der Gegenseite rügen. (redaktioneller Leitsatz)
2 Zwar ist eine Rücknahme einer ohne Auflagen verlängerten Fahrerlaubnis nach Art. 48 BayVwVfG nicht möglich, da das Rechtsinstitut der Entziehung der Fahrerlaubnis innerhalb seines Anwendungsbereichs – d.h. soweit dem Inhaber diese Berechtigung wegen fehlender Eignung oder mangelnder Befähigung aberkannt werden soll – gegenüber den Bestimmungen über die Rücknahme und den Widerruf von Verwaltungsakten vorrangig ist; kann aber der Antragsteller wegen Bösgläubigkeit nicht auf die Erteilung einer auflagenfreien Erlaubnis vertrauen (hier: Diabeteserkrankung), dürfen Auflagen auch nachträglich erlassen werden. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RN 8 S 19.1078 2018-10-09 Bes VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit eines Auflagenbescheids hinsichtlich seiner Fahrerlaubnis der Klassen A 79, A1 79, AM, B, BE, L, T, C1, C1E, C und CE.
Am 7. März 2017 beantragte er beim Landratsamt Kelheim (im Folgenden: Landratsamt) die Verlängerung seiner Fahrerlaubnis der Klassen C1, C1E, C und CE, die bis 22. April 2017 gültig war. Mit Schreiben vom 17. März 2017 forderte das Landratsamt den Antragsteller auf, wegen seiner Diabetes- und Polyneuropathie-Erkrankung ein Attest seines behandelnden Arztes vorzulegen. Aus dem Attest vom 22. März 2017 ergibt sich, dass sich die Polyneuropathie seit 2010 entwickelt habe und seitdem auch zu Beschwerden führe. Gemäß dem beigefügten Medikamentenplan nimmt der Antragsteller elf verschiedene Medikamente ein. Mit Schreiben vom 28. März 2017 forderte das Landratsamt den Antragsteller auf, bis 30. Juni 2017 ein ärztliches Gutachten eines Arztes einer Begutachtungsstelle für Fahreignung vorzulegen. Mit Schreiben vom 20. April 2017 bat der Arbeitgeber des Antragstellers um Erteilung eines vorläufigen Führerscheins, da der Antragsteller dringend als Fahrer benötigt werde. Das Landratsamt lehnte dies ab. Mit Gutachten vom 13. Juni 2017 bejahte die BAD Gesundheitsvorsorge und Sicherheitstechnik GmbH (im Folgenden: BAD GmbH) die Fahreignung des Antragstellers für Fahrzeuge der Gruppen 1 und 2 und schlug verschiedene Auflagen vor. Am 21. Juni 2017 wurde auf dem Gutachten „positives GA, aber unter Auflagen“ vermerkt.
Am 26. Juni 2017 händigte das Landratsamt dem Antragsteller eine neue Führerscheinkarte, ausgestellt am 14. März 2017 aus. Die Fahrerlaubnisklassen C1, C1E, C und CE sind bis 22. April 2022 befristet. Der Antragsteller bestätigte den Empfang des Führerscheins „unter Vorbehalt“. Widerspruch oder Klage gegen die Befristung der Fahrerlaubnisklassen C1, C1E, C und CE hat er nach Aktenlage nicht eingelegt.
Mit Bescheid vom 18. Juli 2017 versah das Landratsamt die Fahrerlaubnis aller Klassen mit der Auflage jährlicher ärztlicher Kontrolluntersuchungen durch einen Facharzt für Diabetologie und unaufgeforderter Vorlage der ärztlichen Atteste zum 1. Juni 2018, 2019 und 2020. Darüber hinaus erließ das Landratsamt eine Auflage hinsichtlich der Fahrerlaubnis der Klassen C1, C1E, C und CE. Danach muss der Antragsteller spätestens am 30. Juni 2020 unaufgefordert ein Gutachten eines Arztes einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle über die Beurteilung der Fahreignung bezüglich der Diabetes-Erkrankung vorlegen. Hinsichtlich der Auflagen ordnete das Landratsamt die sofortige Vollziehung an.
Mit Schriftsatz vom 8. August 2017 legte der Antragsteller Widerspruch ein und beantragte Akteneinsicht, die ihm durch Übersendung einer Kopie der Führerscheinakte am 9. August 2017 gewährt worden ist. Mit Schreiben vom 9. November 2017 legte das Landratsamt den Widerspruch der Regierung von Niederbayern vor und führte aus, nach Vorlage des Gutachtens habe der Antragsteller es mit der Aushändigung des Führerscheins sehr eilig gehabt. Telefonisch sei ihm erklärt werden, dass er nach dem Gutachten nur bedingt geeignet sei und daher ein Auflagenbescheid ergehen werde. Um ihm entgegenzukommen, sei ihm der Führerschein am 26. Juni 2017 mit dem Vorbehalt ausgehändigt worden, dass die Fahrerlaubnis mit Auflagen erteilt werde.
Mit Widerspruchsbescheid vom 4. Juni 2018 wies die Regierung von Niederbayern den Widerspruch zurück. Bei der Aushändigung des Führerscheins am 26. Juni 2017 sei dem Antragsteller mündlich erläutert worden, dass die Fahrerlaubnis nur unter Auflagen erteilt wird. Ein „Vertrauensvorschuss“ sei damit nicht eingeräumt worden. Er habe die Fahrerlaubnis auch nur unter Vorbehalt erhalten.
Über die gegen den Bescheid vom 18. Juli 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Regensburg noch nicht entschieden (RN 8 K 18.982). Den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage hat das Verwaltungsgericht abgelehnt. Der Auflagenbescheid sei voraussichtlich rechtmäßig. Das Gericht gehe davon aus, dass der Antragsteller bereits bei Aushändigung des Führerscheins am 26. Juni 2017 mündlich auf die Erteilung der Fahrerlaubnis unter Auflagen hingewiesen worden sei. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb sich das Landratsamt in Widerspruch zu dem von ihm angeordneten Gutachten setzen und die Fahrerlaubnis ohne Auflagen erteilen sollte.
Dagegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde, der der Antragsgegner entgegentritt. Der Antragsteller macht geltend, er sei auf eine Erteilung der Fahrerlaubnis unter Auflagen nicht hingewiesen worden. Es finde sich auch keinerlei Anhalt in der Akte, dass ein solcher Hinweis erteilt worden sei. Der Vorbehalt habe sich nur darauf bezogen, dass er nicht damit einverstanden gewesen sei, dass die Fahrerlaubnisklassen C1, C1E, C und CE nur bis 22. April 2022 befristet worden seien obgleich er den Führerschein erst im Juni 2017 erhalten habe. Darüber hinaus sei das besondere Interesse an der Anordnung des Sofortvollzugs nicht hinreichend begründet worden. Ein Sofortvollzug sei auch nicht notwendig, da die Vorlage von Unterlagen erst für die Jahre 2019 und 2020 angeordnet worden sei. Nach Gewährung von Akteneinsicht durch den Verwaltungsgerichtshof trägt der Antragsteller noch vor, im Übrigen sei auch gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs verstoßen worden. Der Schriftsatz des Antragsgegners vom 27. September 2018, aus dem sich ergebe, dass das Landratsamt die Akten an das Verwaltungsgericht übersandt habe und bis 1. Oktober 2018 eine Stellungnahme abgeben werde, sei dem Bevollmächtigten des Antragstellers nicht übersandt worden. Hätte er diesen Schriftsatz erhalten, hätte er vor der Entscheidung am 9. Oktober 2018 noch Akteneinsicht beantragen können.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Aus den im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Gründen, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Sätze 1 und 6 VwGO), ergibt sich nicht, dass die erstinstanzliche Entscheidung abzuändern oder aufzuheben wäre. Die Anordnung des Sofortvollzugs ist hinreichend begründet und der angegriffene Auflagenbescheid ist nach der gebotenen summarischen Prüfung voraussichtlich rechtmäßig.
1. Nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist in den Fällen des § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Dabei sind an den Inhalt der Begründung keine zu hohen Anforderungen zu stellen. Insbesondere bei Kraftfahrern, die nicht uneingeschränkt geeignet zum Führen eines Kraftfahrzeugs sind, ist das Erlassinteresse regelmäßig mit dem Vollzugsinteresse identisch (stRspr, vgl. BayVGH, B.v. 14.9.2016 – 11 CS 16.1467 – juris Rn. 13; Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Auflage 2019, § 80 Rn. 46, 55). Bei dieser häufig wiederkehrenden Sachverhaltsgestaltung, der eine typische Interessenlage zugrunde liegt, reicht es aus, diese Interessenlage aufzuzeigen und deutlich zu machen, dass sie nach Auffassung der Fahrerlaubnisbehörde auch im konkreten Fall vorliegt (stRspr, vgl. BayVGH, B.v. 23.5.2013 – 11 CS 13.785 – juris Rn. 7; B.v. 5.9.2008 – 11 CS 08.1890 – juris Rn. 18). Es liegt in der Regel auf der Hand, dass die Teilnahme eines für ungeeignet erachteten Kraftfahrers am Straßenverkehr zu erheblichen Gefahren für Leben, Gesundheit und Eigentum anderer Verkehrsteilnehmer führt, und dass ein solcher Kraftfahrer zur Vermeidung der von ihm ausgehenden akuten Gefahr durch die Anordnung des Sofortvollzugs des Entziehungsbescheids schnellstmöglich von der weiteren Teilnahme am motorisierten Straßenverkehr auszuschließen ist (vgl. BayVGH, B.v. 8.9.2015 – 11 CS 15.1634 – juris Rn. 6, v. 27.10.2016 – 11 CS 16.1388 – juris Rn. 3). Gleiches gilt auch bei festgestellter bedingter Eignung, die nur unter Auflagen die Sicherheit des Straßenverkehrs gewährleistet. Diesen Anforderungen genügt die im Bescheid vom 18. Juli 2017 gegebene Begründung des Sofortvollzugs. Der Sofortvollzug war auch nicht deshalb unnötig, weil die angeordneten Untersuchungen erst in einigen Jahren erforderlich sind. Die erste Untersuchung im Rahmen der Auflage Nr. 1a) war im Juni 2018 durchzuführen. Dieser Zeitpunkt ist schon verstrichen.
2. Nach § 2 Abs. 4 Satz 2 des Straßenverkehrsgesetzes vom 5. März 2003 (StVG, BGBl I S. 310), zum Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids zuletzt geändert durch Gesetz vom 17. August 2017 (BGBl I S. 3202), und § 23 Abs. 2 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr vom 13. Dezember 2010 (Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV, BGBl I S. 1980), zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt zuletzt geändert durch Verordnung vom 3. Mai 2018 (BGBl I S. 566), erteilt die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis unter Beschränkungen oder Auflagen, wenn dadurch das sichere Führen von Kraftfahrzeugen gewährleistet ist. Nach § 46 Abs. 2 Satz 1 FeV schränkt die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis so weit wie notwendig ein oder ordnet die erforderlichen Auflagen an, wenn sich der Inhaber einer Fahrerlaubnis noch als bedingt geeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist.
Nach Nr. 5.4 der Anlage 4 zur FeV besteht bei Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) und einer medikamentösen Therapie mit hohem Hypoglykämierisiko (z.B. Insulin) für beide Fahrzeuggruppen zumindest bedingte Eignung. Als Auflage kommen eine fachärztliche Begutachtung alle drei Jahre und regelmäßige ärztliche Kontrollen in Betracht.
Unstreitig leidet der Antragsteller unter einem insulinpflichtigen Diabetes mellitus sowie Folgeerkrankungen in Form einer Polyneuropathie. Das von ihm vorgelegte ärztliche Gutachten der BAD GmbH vom 13. Juni 2017 geht von bedingter Fahreignung aus und empfiehlt die mit Bescheid vom 18. Juli 2017 angeordneten Auflagen. Anhaltspunkte dafür, dass die Auflagen unzulässig oder unverhältnismäßig sein könnten, zeigt der Antragsteller mit der Beschwerdebegründung nicht auf.
a) Die Auflagen im Bescheid vom 18. Juli 2017 sind auch nicht deshalb rechtswidrig, weil dem Antragsteller die Führerscheinkarte schon am 26. Juni 2017 ausgehändigt worden ist. Bei summarischer Prüfung ist davon auszugehen, dass dem Antragsteller die Fahrerlaubnis der Klassen C1, C1E, C und CE nur unter den streitgegenständlichen Auflagen verlängert worden ist, die dann nachträglich schriftlich gefasst worden sind. Nach Aktenlage ist davon auszugehen, dass dem Antragsteller vor Aushändigung der Führerscheinkarte auch mitgeteilt worden ist, dass die Fahrerlaubnis für Fahrzeuge der Gruppe 2 nur unter Auflagen verlängert wird. Dafür spricht, dass das Gutachten schon am 21. Juni 2017 gesichtet und darauf vermerkt worden ist, dass Auflagen erforderlich sind. Das Landratsamt hatte sich also schon vor Aushändigung der Führerscheinkarte dazu entschlossen, die Fahrerlaubnis nur unter Auflagen zu verlängern. Darüber hinaus hat das Landratsamt auch in seiner Stellungnahme gegenüber der Widerspruchsbehörde ausgeführt, der Antragsteller habe seine Fahrerlaubnis schnell benötigt und es sei ihm telefonisch erklärt worden, er sei nur bedingt fahrgeeignet und es werde daher ein Auflagenbescheid ergehen. Dass der Antragsteller dringend auf seine Fahrerlaubnis der Klassen C1, C1E, C und CE angewiesen war, ergibt sich auch aus der Nachfrage seines Arbeitgebers beim Landratsamt. Es erscheint daher durchaus nachvollziehbar, dass das Landratsamt ihm entgegenkommen wollte und das gewählte Vorgehen vorgeschlagen hat. Im Übrigen hat der Antragsteller den Führerschein gemäß seiner Unterschrift unter der Empfangsbestätigung am 26. Juni 2017 auch nur unter Vorbehalt erhalten.
Sein Vortrag, der Vorbehalt habe sich auf die neue Befristung bezogen, die ihm unzutreffend erschienen sei, kann nicht überzeugen. Abgesehen davon, dass die Befristung der Fahrerlaubnisklassen C1, C1E, C und CE zu Recht zum 22. April 2022 erfolgte, da eine Verlängerung nach § 24 Abs. 1 FeV nahtlos an den abgelaufenen Zeitraum anschließt (vgl. Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 44. Auflage 2017, § 24 FeV Rn. 12), wäre auch nicht nachvollziehbar, weshalb der Antragsteller den Empfang des Führerscheins deshalb nur unter Vorbehalt bestätigen sollte. Wäre er mit der Befristung nicht einverstanden gewesen, so hätte er dagegen Widerspruch einlegen und ggf. Klage erheben müssen. Den Führerschein nur unter Vorbehalt anzunehmen, hätte dem Antragsteller diesbezüglich keinerlei Vorteil gebracht. Demgegenüber beinhaltet ein Vorbehalt regelmäßig eine Einschränkung, z.B. in der Form, dass derjenige, der etwas herausgibt, sich bestimmte Rechte vorbehält. So ist auch die Bestätigung des Empfangs des Führerscheins unter Vorbehalt dahingehen zu verstehen, dass das Landratsamt sich den Erlass eines Auflagenbescheids vorbehalten hat.
b) Selbst wenn man davon ausgehen würde, das Landratsamt habe die Fahrerlaubnis der Klassen C1, C1E, C und CE uneingeschränkt verlängert und dem Antragsteller vor Aushändigung der Führerscheinkarte nicht ausdrücklich mitgeteilt, dass ein Auflagenbescheid ergehen wird, durften die Auflagen nachträglich erlassen werden. Der Antragsteller konnte in der vorliegenden Konstellation nicht darauf vertrauen, dass er von Auflagen i.S.v. § 2 Abs. 4 Satz 2 StVG und § 23 Abs. 2 Satz 1 FeV verschont bleiben wird. Zwar wäre eine Rücknahme der ohne Auflagen verlängerten Fahrerlaubnis nach Art. 48 BayVwVfG nicht möglich, da das Rechtsinstitut der Entziehung der Fahrerlaubnis innerhalb seines Anwendungsbereichs – d.h. soweit dem Inhaber diese Berechtigung wegen fehlender Eignung oder mangelnder Befähigung aberkannt werden soll – gegenüber den Bestimmungen über die Rücknahme und den Widerruf von Verwaltungsakten vorrangig ist (BayVGH, B.v. 25.5.2010 – 11 CS 10.291 – ZfSch 2010, 594 = juris Rn. 25 m.w.N.). In entsprechender Anwendung des Art. 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 BayVwVfG müsste sich der Antragsteller aber die Kenntnis der Rechtswidrigkeit der Erteilung der Fahrerlaubnis der Klassen C1, C1E, C und CE ohne Auflagen zurechnen lassen und könnte kein Vertrauen darauf aufbauen, dass eine entsprechende Auflage nicht auch nachträglich erlassen wird.
Durch das Gutachten der BAD GmbH vom 13. Juni 2017 war ihm bekannt, dass er nur bedingt fahrgeeignet und die Verlängerung der Fahrerlaubnis der Klassen C1, C1E, C und CE ohne Auflagen damit rechtswidrig ist. Das Landratsamt hat bei der Übergabe des Führerscheins auch keinen Vertrauenstatbestand dahingehend gesetzt, dass trotz der Empfehlungen des vom Antragsteller beigebrachten Gutachtens keine Auflagen erlassen werden. Die Teilnahme des Antragstellers am Straßenverkehr vor Erlass des Auflagenbescheids stellte keinen Verstoß gegen die später erlassenen Auflagen dar. Auch eine unmittelbare Gefahr für die Verkehrssicherheit wurde dadurch nicht hervorgerufen, da der Gutachter nur empfohlen hatte, jährliche Nachuntersuchungen, die erste im Juni 2018 und eine Nachbegutachtung in drei Jahren, anzuordnen. Die Aushändigung des Führerscheins führte nicht dazu, dass der Antragsteller trotz erheblicher Sicherheitsbedenken am öffentlichen Straßenverkehr teilnehmen und damit ggf. darauf vertrauen konnte, die Behörde werde die Bedenken gegen seine Fahreignung nicht zum Anlass einer Einschränkung seiner Fahrerlaubnis nehmen.
c) Die vorliegende Konstellation ist nicht vergleichbar mit dem vom Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz entschiedenen Fall, der dem vom Antragsteller genannten Beschluss vom 12. Mai 2003 (7 B 10649/03, nicht veröffentlicht) zugrunde lag. Dort ist die Fahrerlaubnis erteilt worden, obwohl zwingend eine medizinisch-psychologische Begutachtung zur Prüfung der Eignung hätte angeordnet werden müssen. Es war daher nicht geklärt, ob Fahreignung vorliegt oder nicht. Im vorliegenden Fall stand aber schon fest und war dem Antragsteller durch das von ihm eingeholte Gutachten bekannt, dass er nur bedingt fahrgeeignet ist.
Darüber hinaus handelt es sich hier auch nicht um die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis. Die Fahrerlaubnis der Klassen B, BE, L, M, S und T, auf die sich die Auflage unter Nummer 1a) im Bescheid vom 18. Juli 2017 ebenfalls bezieht, wurde weder neu erteilt noch verlängert, sondern es wurde nur ein neues Führerscheindokument ausgestellt. Weshalb diesbezüglich keine Auflagen erlassen werden könnten, wenn nur noch bedingte Eignung festgestellt wird, ist nicht ersichtlich. Auch die Fahrerlaubnisklassen C1, C1E, C und CE sind dem Antragsteller nicht neu erteilt, sondern unter erleichterten Bedingungen nach § 24 FeV verlängert worden. Da die Verlängerung sich nahtlos an die vorherige Gültigkeitsdauer anschließt, erscheint es durchaus zweckmäßig, den Führerschein so schnell wie möglich auszuhändigen und Auflagen einem gesonderten Auflagenbescheid vorzubehalten.
3. Soweit der Antragsteller rügt, sein Recht auf Gewährung rechtlichen Gehörs sei verletzt, da ihm der Schriftsatz des Landratsamts vom 29. September 2018 nicht übermittelt worden sei, kann dies seiner Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen. Zwar ist auch im verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren gegenüber den Beteiligten das Gebot des rechtlichen Gehörs zu beachten (Schoch in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Mai 2018, § 80 Rn. 520 ff.) und es wäre zweckmäßig gewesen, dem Antragsteller die Mitteilung des Landratsamts vom 29. September 2018 zu übersenden. Es kann jedoch dahinstehen, ob es sich dabei um einen Gehörsverstoß gehandelt hat, denn der Antragsteller hatte in erster Instanz keine Akteneinsicht beantragt und auch nicht zum Ausdruck gebracht, dass er seine Antragsbegründung noch ergänzen wollte und nunmehr ist ihm vom Verwaltungsgerichtshof Akteneinsicht gewährt worden.
4. Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 52 Abs. 2 i.V.m. § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und den Empfehlungen in Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl. 2018, Anh. § 164 Rn. 14).
5. Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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