Verkehrsrecht

Fahrerlaubnisentziehung nach Cannabiskonsum – Anforderungen an die Begutachtung

Aktenzeichen  Au 7 S 18.818

Datum:
11.6.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 23488
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 3, Abs. 5
StVG § 3 Abs. 1 S. 1
FeV § 14 Abs. 2 Nr. 3, § 46 Abs. 1 S. 1

 

Leitsatz

Nach Verlust der Fahreignung im Sinne der Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV kann die Fahreignung gemäß der entsprechend anwendbaren Nr. 9.5 der Anlage 4 zur FeV in der Regel dann wieder gewonnen werden, wenn nach Entgiftung (sofern erforderlich) und Entwöhnung, einer regelmäßig einzuhaltenden einjährigen Abstinenz und einer stabilen Einstellungsänderung die Rückkehr zu einem mit der Fahreignung nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV vereinbaren Konsummuster gewährleistet ist. Abweichend hiervon ist (dauerhafte) Abstinenz dann zu verlangen, wenn der Betroffene selbst behauptet, künftig abstinent leben zu wollen oder aus dem in der Vergangenheit praktizierten Konsummuster erkennbar wird, dass dieser sein Konsumverhalten nicht fahrerlaubnisverträglich kontrollieren kann. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der 1983 geborene Antragsteller ist im Besitz einer Fahrerlaubnis der Klassen A, A1, B, L, M und S. Ihm wurde am 7. Juni 2005 von der Stadt … ein EU-Kartenführerschein mit der Nummer … ausgehändigt.
Im Rahmen einer Verkehrskontrolle wurde der Antragsteller am 15. August 2017 um 14:15 Uhr als Fahrer eines Pkws durch die Polizei überprüft. Da drogenspezifische Verhaltensauffälligkeiten (Lidflattern, gerötete Bindehäute) festgestellt wurden, und ein freiwillig durchgeführter Speicheltest positiv auf die Wirkstoffe THC und AMP verlief, wurde eine Blutuntersuchung durchgeführt, mit der der Antragsteller einverstanden war.
Die am 15. August 2017 um 14.48 Uhr entnommene Blutprobe ergab nach der chemischtoxikologischen Untersuchung des Instituts für Rechtsmedizin der Universität … vom 25. August 2017 eine Aufnahme von Cannabis.
Quantitativ sind u.a. folgende Substanzen erfasst worden:
– THC 3,4 ng/ml
– 11-OH-THC 0,7 ng/ml
– THC-COOH 59,9 ng/ml.
Nach den vorliegenden Ergebnissen sei von einer Cannabis-Aufnahme auszugehen. Mit THC sei eine Substanz der Anlage zum § 24a StVG nachgewiesen worden.
Der Fahrerlaubnisakte des Antragstellers ist darüber hinaus zu entnehmen, dass dieser am 18. März 2015 bereits einmal in … auf der … Straße ein Kraftfahrzeug führte, obwohl er Drogen konsumiert hatte.
Die Untersuchung der dem Antragsteller am 18. März 2015 um 13.28 Uhr entnommene Blutprobe ergab nach der chemischtoxikologischen Untersuchung des Instituts für Rechtsmedizin der Universität … vom 1. April 2015 folgende Werte:
– THC 2, 1 ng/ml
– 11-OH-THC 0,7 ng/ml
– THC-COOH 65,0 ng/ ml.
Nach dem Ergebnis der chemischtoxikologischen Blutuntersuchung sei auch hier von einer Cannabis-Aufnahme im zeitlichen Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges auszugehen.
Mit Schreiben des Antragsgegners vom 20. September 2017 wurde der Antragsteller zu der beabsichtigten Entziehung der Fahrerlaubnis angehört. Die wiederholten Fahrten unter Einfluss von THC würden bestätigen, dass der Antragsteller zumindest gelegentlich Cannabisprodukte konsumiere und den Konsum von Cannabisprodukten und die Teilnahme am Straßenverkehr nicht zuverlässig trennen könne.
Durch seinen Bevollmächtigten ließ der Antragsteller mit Schreiben vom 13. Oktober 2017 vortragen, dass der Antragsteller an einem Drogen-Abstinenz-Programm des TÜV Süd Life teilgenommen habe (Teilnahmebestätigung vom 17.5.2016). Er habe damit für den Zeitraum vom 13. Mai 2015 bis 13. Mai 2016 Drogenabstinenz nachgewiesen.
Ferner sei ein gelegentlicher Cannabiskonsum des Antragstellers nicht nachgewiesen. Die im Schreiben vom 20. September 2017 festgestellten Werte hinsichtlich des Abbauprodukts THC-COOH würden weit unter dem in der Rechtsprechung angenommenen Grenzwert von 100 ng/ml Blut liegen und würden nicht die Annahme eines gelegentlichen Konsums rechtfertigen. Damit stehe die Ungeeignetheit zum jetzigen Zeitpunkt nicht fest.
Mit Bescheid vom 17. Oktober 2017 entzog der Antragsgegner dem Antragsteller die Erlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen. Der Antragsteller hat am 14. November 2017 seinen Führerschein beim Antragsgegner abgegeben.
Per Telefax erhob der Bevollmächtigte des Antragstellers am 17. November 2017 Klage beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg und beantragte, den Bescheid des Antragsgegners vom 17. Oktober 2017 hinsichtlich der Ziffern 1, 2, 4, 5, 6 aufzuheben.
Das Klageverfahren wurde bei Gericht unter dem Aktenzeichen Au 7 K 17.1722 geführt.
Mit weiterem Schreiben vom gleichen Tag wurde ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO dahingehend gestellt, die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage des Antragstellers vom 17. November 2017 wiederherzustellen.
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der sofortige Entzug der Fahrerlaubnis unverhältnismäßig sei, da die festgestellten THC-COOH-Werte gegen einen gelegentlichen Konsum sprechen würden und auch das durchgeführte Drogenkontrollprogramm hiergegen spreche.
Letzteres stelle eine Zäsur dar, so dass der Konsumakt am 18. März 2015 nicht zu berücksichtigen sei.
Bei einem sofortigen Entzug seiner Fahrerlaubnis werde der Antragsteller massiv in seiner allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 GG beeinträchtigt. Es hätte ausgereicht, dem Antragsteller die Beibringung einer positiven MPU aufzuerlegen.
Der Antragsgegner hat mit Bescheid vom 15. Dezember 2017 den mit Bescheid des Antragsgegners vom 17. Oktober 2017 angeordneten Sofortvollzug in Ziffer 4. des Bescheids aufgehoben. Mit Bescheid vom 16. Januar 2018 nahm der Antragsgegner den Bescheid vom 17. Oktober 2017 zurück.
Nachdem die Beteiligten die Hauptsache in den Verfahren Au 7 S 17.1723 und Au 7 K 17.1722 übereinstimmend für erledigt erklärt hatten, wurden die Verfahren durch das Gericht mit Beschlüssen vom 20. Dezember 2017 und 19. Januar 2018 eingestellt.
Mit Schreiben vom 17. Januar 2018 forderte der Antragsgegner den Antragsteller gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 FeV zur Vorlage eines medizinischpsychologischen Gutachtens bis spätestens 3. März 2018 auf. Der Antragsteller habe sowohl am 18. März 2015 als auch am 15. August 2017 ein Kraftfahrzeug geführt, obwohl er Drogen konsumiert habe. Aufgrund der im Fahreignungsregister (FAER) eingetragenen wiederholten Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr stelle sich die Frage, ob der Antragsteller Konsum der Drogen und eine Verkehrsteilnahme hinreichend sicher trennen könne.
Das Gutachten sollte folgende Fragen beantworten:
1. Liegen beim Antragsteller körperliche und/oder geistige Beeinträchtigungen vor, die mit der Einnahme von Betäubungsmitteln (Cannabis) in Zusammenhang gebracht werden können.
2. Ist insbesondere zu erwarten, dass der Antragsteller auch künftig ein Kraftfahrzeug unter Einfluss von Cannabis oder deren Nebenwirkung führen wird (Fähigkeit zum Trennen von Konsum und Verkehrsteilnahme)?
Mit Erklärung vom 19. Januar 2018 erklärte sich der Antragsteller mit einer Begutachtung bei der TÜV S. L. Service GmbH … einverstanden. Noch am selben Tag sandte der Antragsgegner die Fahrerlaubnisakte mit Begutachtungsauftrag an die Begutachtungsstelle.
Am 29. März 2018 übermittelte der Bevollmächtigte des Antragstellers das Fahreignungsgutachten vom 27. März 2018. Darin ist ausgeführt, dass zu erwarten sei, dass der Antragsteller zukünftig ein Kraftfahrzeug unter dem Einfluss von Cannabis oder dessen Nachwirkungen führen wird.
Mit Schreiben vom 3. April 2018 hörte der Antragsgegner den Antragsteller zu der beabsichtigten Entziehung der Fahrerlaubnis an.
Der Bevollmächtigte des Antragstellers trug mit Schreiben vom 13. April 2018 vor, dass hier die Fragestellung als Standardfall nach den Begutachtungsleitlinien beantwortet worden sei. Dies werde aber der Sach- und Rechtslage nicht gerecht. Der Antragsteller habe glaubhaft seit Oktober 2017 mit dem Drogenkonsum aufgehört. Es müsse genügen, ihm im Moment die Fahrerlaubnis zu belassen und ihm aufzuerlegen, den Nachweis, so wie der Gutachter es fordere, zu führen. Ferner sollten ihm diese Fachgespräche auferlegt werden, auch diese müsse er nachweisen. Der angedachte sofortige Entzug der Fahrerlaubnis sei unverhältnismäßig.
Mit Bescheid vom 24. April 2018 entzog der Antragsgegner dem Antragsteller die Erlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen (Ziffer 1. des Bescheids). Weiter wurde der Antragsteller aufgefordert, den Führerschein spätestens binnen einer Woche nach Zustellung/Bekanntgabe dieses Bescheids in der Fahrerlaubnisbehörde des Antragsgegners abzuliefern (Ziffer 2. des Bescheids). Sollte der Antragsteller der Aufforderung zur Ablieferung des Führerscheins nicht fristgemäß nachkommen, wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 200,- EUR angedroht (Ziffer 3. des Bescheids). Die sofortige Vollziehung der Nummern 1. und 2. wurde in Ziffer 4. angeordnet.
Der Bescheid wurde laut Postzustellungsurkunde am 3. Mai 2018 dem Bevollmächtigten des Antragstellers zugestellt.
Der Antragsteller hat am 15. Mai 2018 seinen Führerschein beim Antragsgegner abgegeben.
Per Telefax ließ der Antragsteller durch seinen Bevollmächtigten am 14. Mai 2018 Klage beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg erheben und beantragen, den Bescheid des Landratsamts … vom 24. April 2018 hinsichtlich der Ziffern 1, 2, 4, 5 und 6 aufzuheben.
Die Klage wird bei Gericht unter dem Aktenzeichen Au 7 K 18. 817 geführt.
Mit weiterem Schriftsatz vom 14. Mai 2108 wurde ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO dahingehend gestellt,
die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage des Antragstellers vom 24. April 2018 wieder herzustellen.
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die sofortige Entziehung der Fahrerlaubnis unverhältnismäßig sei. Die Begutachtungsstelle für Fahreignung komme zu dem Ergebnis, dass der Kläger erneut Drogen in der Zukunft konsumieren würde, da es wiederholt zu Fahrten unter Cannabiseinfluss gekommen sei. Diese Wertung des Gutachtens sei unzulässig und widerspreche der aktuellen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs. Der Antragsgegner könne dies so nicht übernehmen. Bis zum Datum des Bescheids vom 24. April 2018 habe der Kläger über einen Zeitraum von 7 Monaten den Nichtkonsum durch polytoxische Untersuchungen des Urins nachgewiesen. Aufgrund der vorliegenden Zeitachse könne der Kläger bis zum Zeitpunkt der Begutachtung keinen längeren Zeitraum nachweisen. Es sei deshalb nicht von einem Regelfallnachweis einer einjährigen Abstinenz auszugehen, da dies vom reinen Zeitablauf her ihm nicht möglich sei. Der Bescheid des Antragsgegners schränke den Antragsteller massiv in seiner persönlichen Freiheit ein. Für die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei kein Raum, da kein überwiegendes Interesse der Öffentlichkeit an der Vollziehung bestehe. In der Person des Antragstellers sei per se eine Ungeeignetheit nicht gegeben. Der Antragsgegner müsste weiter Aufklärung betreiben. Hierbei reiche es aus, wenn dem Antragsteller nach Ablauf des Monats September 2018 auferlegt werde, ein Haargutachten beizubringen, wahlweise kämen auch monatliche Urinscreenings in Betracht.
Der Antragsgegner beantragte demgegenüber mit Schreiben vom 29. Mai 2018,
den Antrag abzulehnen.
Weitere Aufklärungsmaßnahmen seien wegen § 11 Abs. 7 FeV nicht zulässig.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag, der dahingehend auszulegen ist (§ 122 Abs. 1 VwGO, § 88 VwGO), dass (ausschließlich) die aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Ziffern 1. und 2. des Bescheides des Antragsgegners vom 24. April 2018 wieder hergestellt werden soll, ist zulässig, aber unbegründet.
1. Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis (Ziffer 1. des Bescheides) sowie gegen die Verpflichtung zur Ablieferung des Führerscheins (Ziffer 2. des Bescheides) entfällt im vorliegenden Fall, weil die Behörde gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung angeordnet hat (vgl. BayVGH, B.v. 22.9.2015 – 11 CS 15.1447 – juris, unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung zur Nichterforderlichkeit der Anordnung der aufschiebenden Wirkung hinsichtlich der Ablieferungspflicht des Führerscheins).
Die Begründung für die Anordnung des Sofortvollzugs entspricht dabei den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 3 VwGO. Nach dieser Vorschrift hat die Behörde unter Würdigung des jeweiligen Einzelfalls darzulegen, warum sie abweichend vom Regelfall der aufschiebenden Wirkung, die Widerspruch und Klage grundsätzlich zukommt, die sofortige Vollziehbarkeit des Verwaltungsakts angeordnet hat (vgl. BayVGH, B.v. 27.3.2012 – 11 CS 12.201 – juris Rn. 22). Dabei sind allerdings an den Inhalt der Begründung keine zu hohen Anforderungen zu stellen (Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014 § 80 Rn. 43). Insbesondere bei Kraftfahrern, denen die erforderliche Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeugs fehlt, ist das Erlassinteresse regelmäßig mit dem Vollzugsinteresse identisch (Schmidt, a. a. O. § 80 Rn. 36). Ein solcher Fall lag hier aus Sicht des Antragsgegners vor. Er hat vor diesem Hintergrund auf Seite 8 des Bescheids vom 24. April 2018 das besondere Interesse am sofortigen Vollzug unter Bezug auf den Einzelfall hinreichend begründet. Im gerichtlichen Verfahren erfolgt keine materielle Überprüfung der Begründung der Behörde nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO, sondern es wird eine eigenständige Interessenabwägung durchgeführt (st. Rspr., (vgl. BayVGH, B.v. 16.12.2015 – 11 CS 15.2377 – juris Rn. 10; B.v. 24.8.2010 -11 CS 10.1139 – juris Rn. 29; B.v. 10.3.2008 – 11 CS 07.3453 – juris Rn. 16).)
Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen bzw. im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen. Bei der Entscheidung über den Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen, hat das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung zu treffen. Im Rahmen dieser Entscheidung ist das Interesse des Antragstellers, zumindest vorläufig weiter von seiner Fahrerlaubnis Gebrauch machen zu können, gegen das Interesse der Allgemeinheit daran, dass dies unverzüglich unterbunden wird, abzuwägen. Ausschlaggebend im Rahmen dieser Abwägungsentscheidung sind in erster Linie die Erfolgsaussichten des Rechtsmittels, dessen aufschiebende Wirkung wiederhergestellt werden soll, hier also diejenigen der Klage vom 14. Mai 2018. Lässt sich schon bei summarischer Prüfung eindeutig feststellen, dass der angefochtene Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig ist und den Betroffenen in seinen Rechten verletzt, sodass die Klage mit Sicherheit Erfolg haben wird (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), kann kein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts bestehen. Andererseits ist für eine Interessenabwägung, die zugunsten des Antragstellers ausgeht, im Regelfall kein Raum, wenn keine Erfolgsaussichten in der Hauptsache bestehen (vgl. zum Ganzen: Kopp/Schenke, VwGO, 23. Auflage 2017, Rn. 152 ff. zu § 80).
2. Nach summarischer Prüfung wird die Klage hier nicht zum Erfolg führen. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten.
Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Fahrerlaubnisentziehung ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung (BVerwG, U.v. 23.10.2014 – 3 C 3.13 – NJW 2015, 2439 HYPERLINK „https://www.juris.de/jportal/portal/t/zfk/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige& showdoccase=1& js_peid=Trefferliste& documentnumber=1& numberofresults=21& fromdoctodoc=yes& doc.id=WBRE201500039& doc.part=L& doc.price=0.0%23rd_13„Rn. 13). Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) und § 46 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV) hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrer laubnis – ohne Ermessensspielraum – zu entziehen, wenn sich ihr Inhaber als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 FeV entsprechend Anwendung (§ 3 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 2 Abs. 8 StVG,HYPERLINK „https://www.juris.de/jportal/portal/t/zfk/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige& showdoccase=1& js_peid=Trefferliste& documentnumber=1& numberofresults=21& fromdoctodoc=yes& doc.id=BJNR198000010BJNE005000000& doc.part=S& doc.price=0.0%23focuspoint“ § 46 Abs. 3 FeV).
a) Nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV liegt Kraftfahreignung bei gelegentlicher Einnahme von Cannabis vor, wenn der Konsum und das Fahren getrennt werden können, kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen besteht und keine Störung der Persönlichkeit oder Kontrollverlust vorliegt.
Dies ist im Fall des Antragstellers entsprechend des Gutachtens der TÜV S. L. Service GmbH (nachfolgend: TÜV-Gutachten) vom 27. März 2018 gerade nicht der Fall.
Das der Fahrerlaubnisbehörde vorgelegte TÜV-Gutachten vom 27. März 2018 stellt eine neue Tatsache mit selbständiger Bedeutung dar, dessen Verwertbarkeit nicht von der Rechtmäßigkeit der behördlichen Anordnung abhängt (vgl. BVerwG, B.v. 19.3.1996 – 11 B 14.96 – Buchholz 442.16 § 15b StVZO Nr. 26; U.v. 28.4.2010 – 3 C 20.09 – Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 7; BayVGH, B.v. 7.7.2015 – 11 ZB 15.609 – juris; B.v. 11.6.2014 – 11 CS 14.532 – juris).
Vor diesem Hintergrund spielt es keine durchgreifende Rolle, ob die Gutachtensaufforderung rechtmäßig war. Lediglich ergänzend wird angeführt, dass nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 FeV die Beibringung eines medizinischpsychologischen Gutachtens zwingend anzuordnen ist, wenn wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr nach § 24 a StVG begangen wurden. Aus den gesetzlichen Vorschriften ergibt sich keine Frist, innerhalb der die Fahrerlaubnisbehörde Maßnahmen ergreifen muss. Es entspricht vielmehr ständiger Rechtsprechung, dass Taten verwertbar sind und dem Betreffenden vorgehalten werden dürfen, solange sie im Fahreignungsregister eingetragen sind (vgl. nur BayVGH, B.v. 31.3.2016 -11 CS 16.309 – juris m.w.N.). Dies ist vorliegend der Fall.
Die Vorgehensweise des Antragsgegners entspricht im Übrigen auch der Rechtsauffassung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH, B.v. 31.52017 – 11 CS 17.803), wonach sich selbst bei mehrfachem, d.h. (vorliegend) bei einem zweimaligen Verstoß gegen das Trennungsgebot bzw. bei zweimaligen Fahrten unter dem Einfluss von Cannabis angesichts der Regelung in § 14 Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 FeV eine Fahrungeeignetheit gemäß § 11 Abs. 7 FeV i.V.m. Nr. 9.2.2 der Anlage 4 nicht ohne weitere Aufklärungsmaßnahmen ergibt.
b) Aus dem vorgelegten TÜV-Gutachten vom 27. März 2018 ergibt sich nachvollziehbar und plausibel, dass es insbesondere zu erwarten ist, dass der Antragsteller auch zukünftig ein Kraftfahrzeug unter Einfluss von Cannabis oder deren Nachwirkungen führen wird und damit die Fähigkeit zum Trennen von Cannabiskonsum und Verkehrsteilnahme nicht als gegeben angenommen werden kann. Das Gutachten ist verwertbar, es leidet nicht an durchgreifenden formellen oder materiellen Mängeln. Aus dem Gutachten ergibt sich nachvollziehbar die derzeitige Nichteignung des Klägers zum Führen von Kraftfahrzeugen der Fahrerlaubnisklassen A und B und der darin enthaltenen Klassen.
Im Einzelnen:
Das Gutachten stammt von wissenschaftlichen Spezialisten einer eigens für solche Begutachtungen geschaffenen Untersuchungsstelle und beruht auf dem laufenden Stand der wissenschaftlichen Untersuchungs- und Erkenntnismethoden. Für eine Voreingenommenheit oder für Emotionen seitens der Gutachter bei der Beurteilung des Falles fehlt jeder Anhaltspunkt. Das Gutachten ist auch in sich frei von Widersprüchen; es legt umfänglich dar, auf welchen Grundlagen es beruht und welche Überlegungen zur Beurteilung des Antragstellers geführt haben. Das Beweisergebnis der Begutachtung lässt sich demnach auf seine Richtigkeit hin überprüfen. Dem Gutachten lässt sich entnehmen, welche Feststellungen die Gutachter aufgrund der Untersuchung des Antragstellers getroffen haben. Es ist erforderlich, aber auch ausreichend, wenn das Gutachten die wesentlichen Grundlagen, Anknüpfungstatsachen und Schlussfolgerungen nachprüfbar darlegt.
Das Gutachten beachtet insbesondere die ab 1. Mai 2014 geltenden Grundsätze für die Durchführung der Untersuchung und Erstellung der Gutachten gemäß der Anlage 4a zur FeV. Die Gutachter haben sich auch an die vorgegebene und zutreffende Fragestellung gehalten. Gegenstand der Untersuchung war das voraussichtliche künftige Verhalten des Antragstellers und dabei insbesondere die Frage, ob zu erwarten ist, dass er (zukünftig) nicht mehr ein Kraftfahrzeug unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln führen wird. Nach Nr. 1 Buchst. f der Anlage 4a zur FeV kann dem Betroffenen die Fahrerlaubnis nur dann belassen bleiben, wenn sich bei ihm ein grundlegender Wandel in seiner Einstellung zum Führen von Kraftfahrzeugen unter Einfluss von Betäubungsmitteln vollzogen hat. Es müssen zum Beurteilungszeitpunkt Bedingungen vorhanden sein, die einen Rückfall als unwahrscheinlich erscheinen lassen. Das vorliegende TÜV-Gutachten ist weiter in allgemein verständlicher Sprache abgefasst; es ist nachvollziehbar (schlüssig) und nachprüfbar. Die wesentlichen Befunde und die zur Beurteilung führenden Schlussfolgerungen sind wiedergegeben worden (vgl. Nr. 2 der Anlage 4a zur FeV).
Nachvollziehbar und schlüssig kommt das Gutachten auf der Basis der Aktenlage sowie den Angaben des Antragstellers zu dem Schluss, dass derzeit keine positive Prognose möglich ist (vgl. BayVGH, B.v. 26.8.2015 – 11 CS 15.1635 – juris). Das Gutachten stützt sich hierbei u. a. auf die Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung (Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen), sowie die „Urteilsbildung in der Fahreignungsbegutachtung – Beurteilungskriterien“ (Beurteilungskriterien – Hrsg.: Deutsche Gesellschaft für Verkehrspsychologie – DGVP -/Deutsche Gesellschaft für Verkehrsmedizin – DGVM -, 3. Auflage 2013). Des Weiteren stützt sich das Gutachten auf die übermittelte Behördenakte und berücksichtigt die eruierten maßgeblichen Tatsachen. Im Explorationsgespräch mit dem Antragsteller wird die Vorgeschichte erhoben und die maßgeblichen Befunde werden herangezogen. Die Schilderungen des Antragstellers zu seinem Cannabiskonsum werden berücksichtigt. Das Gutachten setzt sich weiter sachkundig mit dem fahrerlaubnisrechtlich relevanten fehlenden Trennungsvermögen, also der fehlenden Trennung zwischen einem die Fahrsicherheit beeinträchtigendem Cannabiskonsum und der Teilnahme am Straßenverkehr, auseinander. Die Schlussfolgerungen der Gutachter in der Bewertung der Befunde (Seite 14 ff. des Gutachtens) sind nachvollziehbar und plausibel.
c) Die Einwände des Antragstellers können das Gutachten nicht erschüttern.
Soweit der Antragsteller zwar das Erbringen eines Abstinenznachweises nicht in Abrede stellt, jedoch einwendet, es könne kein Abstinenznachweis über einen Zeitraum von einem Jahr verlangt werden, da es dem Antragsteller aufgrund der vorliegenden Zeitachse vom behaupteten Nichtkonsum im Oktober 2017 bis zum Erlass des streitgegenständlichen Bescheids nicht möglich sei, einen längeren Zeitraum als 7 Monate, den er jedoch glaubhaft gemacht habe, nachzuweisen, so ist dies nicht geeignet, das Gutachten zu erschüttern.
Zwar ist grundsätzlich zutreffend, dass die Fahreignung nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV dann besteht bzw. bestehen bleibt, wenn der Fahrerlaubnisinhaber den gelegentlichen Konsum von Cannabis und das Führen eines Kraftfahrzeugs trennen kann und kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder andere psychoaktiv wirkenden Stoffen, keine Störung der Persönlichkeit und kein Kontrollverlust festzustellen sind. Entsprechend kann nach Verlust der Fahreignung im Sinne der Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV die Fahreignung gemäß der entsprechend anwendbaren Nr. 9.5 der Anlage 4 zur FeV in der Regel dann wieder gewonnen werden, wenn nach Entgiftung (sofern erforderlich) und Entwöhnung, einer regelmäßig einzuhaltenden einjährigen Abstinenz und einer stabilen Einstellungsänderung die Rückkehr zu einem mit der Fahreignung nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV vereinbaren Konsummuster gewährleistet ist. Abweichend hiervon ist (dauerhafte) Abstinenz dann zu verlangen, wenn der Betroffene selbst behauptet, künftig abstinent leben zu wollen oder aus dem in der Vergangenheit praktizierten Konsummuster erkennbar wird, dass dieser sein Konsumverhalten nicht fahrerlaubnisverträglich kontrollieren kann (vgl. BayVGH, B.v. 18.5.2018 – 11 ZB 18.766 Rn. 17). Von letzterem geht das Gutachten vom 27. März 2018 erkennbar aus, wenn ausgeführt wird (S. 15), dass ein konsequenter Drogenverzicht als Voraussetzung für die Vermeidung von Fahrten unter Drogeneinfluss anzusehen sei, wobei für eine dauerhafte Drogenabstinenz nach den Leitsätzen der Beurteilungskriterien eine tiefgreifende Aufarbeitung der den Drogenkonsum auslösenden und aufrechterhaltenden persönlichen Bedingungen erforderlich sei, um künftige Rückfälle zu verhindern. Dieser Ansatz ist nicht zu beanstanden.
Wie bereits auf Seite 2 des Gutachtens (letzter Absatz) dargestellt, sind die an den Betroffenen zu stellenden Anforderungen bezüglich der Bejahung der Fahreignung unter Berücksichtigung des anlassgebenden Vorfalls, der Aktenlage sowie der Vorgeschichte, die einer fachwissenschaftlichen Auswertung unterzogen werden. Im Folgenden stellen die Gutachter in Übereinstimmung mit den Beurteilungskriterien für die Urteilsbildung in der Fahreignung dar, dass sich „hieraus“ die Anforderungen ableiten, die an eine günstige Prognose zu stellen sind. Diese sogenannte Hypothesen-Bildung stellt die Grundlage der Befunderhebung dar, deren Ergebnisse dann unter III. des Gutachtens dargestellt werden. Die Hypothesenbildung erfolgt somit anhand des konkret zu beurteilenden Falles und ist damit „anlassbezogen“ im Sinne der Anlage 4a zur FeV. In den Beurteilungskriterien für die Urteilsbildung in der Fahreignungsbegutachtung – Beurteilungskriterien (a.a.O., S. 73, 89. 90) wird hierzu ausgeführt, dass die diagnostische Hypothese eine begründete Annahme darstellt, die in ihrer Formulierung eine diagnostische Wertsetzung mit daraus abgeleiteten Veränderungsvoraussetzungen für eine positive Beurteilung verknüpft. Dabei liegt den Untersuchungsanlässen und Fragestellungen die generelle Hypothese zu Grunde, dass das Verhalten im Straßenverkehr auch wesentlich durch Faktoren beeinflusst wird, die mit der Person des Fahrers im Zusammenhang zu sehen sind. Dies sind vor allem individuelle psychische und körperlichgeistige Faktoren, die das menschliche Verhalten im Regelkreis des Verkehrs modifizieren. Bei der Hypothesenbildung ist es somit von der individuellen Entwicklung (z.B. Verkehrsvorgeschichte, Suchtmittelbiografie etc.) abhängig, welche Hypothesen vom Gutachter im Sinne eines Anforderungsprofils im Einzelfall genauer überprüft werden müssen. Es handelt sich somit bei Hypothesen nicht um einen starren Fragenkatalog, vielmehr ist die in der Anlage 4a FeV aufgestellte Forderung nach Anlassbezogenheit auch bei der Festlegung der zu prüfenden Hypothesen durch den Gutachter zu berücksichtigen.
Insoweit haben die Gutachter vorliegend im Falle des Antragstellers für eine positive Beurteilung die Annahme einer notwendigen Drogenabstinenz von 12 Monaten zu Grunde gelegt. Entgegen der von Antragstellerseite im Schreiben vom 13. April 2018 vertretenen Auffassung wurde vorliegend gerade nicht im Rahmen eines Standardfalls nach den Begutachtungsleitlinien die Fragestellung beantwortet.
Vielmehr wird in dem Gutachten „anlassbezogen“ ausgeführt:
„Da nach einer längerfristigen, auch nachgewiesenen Drogenabstinenz (2015 bis 2016) ein mehrmonatiger erneuter Konsum stattfand und dann nur eine dreimonatige Abstinenzzeit (10/2017 bis Ende 01/2018) nachgewiesen werden kann, erscheint dies bei der doch erheblichen Drogengefährdung als zu kurz und sollte auf die üblicherweise und auch hier notwendigen 12 Monate komplettiert werden, um dann bei einer ggf. erneuten MPU die nötige stabile und dauerhafte Drogenabstinenzzeit belegen zu können“.
Vor dem Hintergrund des vom Antragsteller in dem Untersuchungsgespräch beim Gutachter dargelegten Konsumverhaltens und der Bewertung desselben durch die Gutachter ist es für das Gericht nachvollziehbar, dass die Gutachter für die Beantwortung der Frage nach dem künftigen Trennungsvermögen des Antragstellers eine 12-monatige Abstinenz fordern, diesen Verzicht auf den künftigen Drogenkonsum jedoch nicht gewährleistet sehen. Zu Recht wird im Gutachten (S. 14) darauf hingewiesen, dass der Antragsteller zwar angibt, seit Oktober 2017 drogenfrei zu leben, dieser ähnliche Vorsätze bereits früher gefasst hatte, jedoch nicht zuverlässig in der Lage gewesen war, Drogenkonsum und Verkehrsteilnahme zu trennen und daher ein konsequenter Drogenverzicht Voraussetzung für die Vermeidung von Fahrten unter Drogeneinfluss sei.
Das Gutachten ist gerade auch unter Zugrundelegung der in den Beurteilungskriterien für die Urteilsbildung in der Fahreignungsbegutachtung – Beurteilungskriterien (a.a.O., S. 73, 89. 90) dargelegten Grundsätze stimmig. Bei Anwendung dieser Grundsätze war zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids eine positive Begutachtung ausgeschlossen. Danach ist bei einer Drogengefährdung ohne Anzeichen einer fortgeschrittenen Drogenproblematik nach dem Kriterium D 3.4 N der Beurteilungskriterien (a.a.O., S. 190) die Wiedererlangung der Fahreignung frühestens nach einem durch die Ergebnisse geeigneter polytoxikologischer Urinoder Haaranalysen bestätigten Drogenverzicht von mindestens sechs Monaten (Nr. 1 des Kriteriums D 3.4 N) und zahlreichen weiteren Voraussetzungen möglich. Bei einer fortgeschrittenen Drogenproblematik ist nach Nr. 4 des Kriteriums D 2.4 N (S. 184) in der Regel erst nach einem Jahr nachgewiesener Drogenabstinenz und weiteren Voraussetzungen eine positive Begutachtung zu erwarten. Nach dem TÜV-Gutachten (S. 15) kann im Fall des Antragstellers jedoch der belegte Zeitraum des Drogenverzichts im Hinblick auf das festgestellte Konsummuster noch nicht als ausreichend lang bezeichnet werden, um die erforderliche Stabilität der Verhaltensänderung zu gewährleisten. Vielmehr sei im Fall des Antragstellers der Nachweis einer 12- monatigen Drogenabstinenz erforderlich.
d) Das Gutachten ist nach Auffassung insgesamt nachvollziehbar und schlüssig und konnte vom Landratsamt bei seiner Entscheidung berücksichtigt werden.
Die von der Fahrerlaubnisbehörde gesetzte Frist zur Vorlage des Gutachtens war – entgegen der Auffassung des Antragstellers – angemessen (vgl. § 2 Abs. 8 StVG). Die Frist muss lediglich so bemessen sein, dass eine Gutachterstelle zur Erstellung des Gutachtens über die aktuelle Fahreignung tatsächlich in der Lage ist. Die Frist ist nicht daran auszurichten, welche Zeit der Betroffene noch zur Wiederherstellung seiner Kraftfahreignung benötigt, denn der Sinn der Gutachtensanordnung besteht in der Klärung, ob der Betroffene weiter am Straßenverkehr teilnehmen kann. Die Frist muss deswegen nicht ermöglichen, zunächst noch erforderliche Abstinenznachweise zu erbringen (Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 44. Aufl. 2017, § 11 FeV Rn. 45).
3. Die Verpflichtung zur Ablieferung des Führerscheins in Nr. 2 des Bescheids beruht auf § 3 Abs. 2 Satz 3 StVG, § 47 Abs. 1 Satz 1 FeV und ist rechtlich nicht zu beanstanden.
4. Da die Entziehung der Fahrerlaubnis somit zu Recht erfolgt ist und die Klage ohne Erfolg bleiben wird, kommt auch eine Interessenabwägung zu Gunsten des Antragstellers nicht in Betracht. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage kommt schon aus diesem Grund nicht in Betracht.
Auch eine von den Erfolgsaussichten der Klage unabhängige umfassende Abwägung der widerstreitenden Interessen führt hier jedoch zu dem Ergebnis, dass dem öffentlichen Interesse daran, die Teilnahme des Antragstellers am Straßenverkehr mit sofortiger Wirkung zu unterbinden, ein größeres Gewicht einzuräumen ist, als dem Interesse der Antragstellers, einstweilen weiter am Straßenverkehr teilnehmen zu dürfen. Das Interesse der Allgemeinheit an der Sicherheit des Straßenverkehrs und der aus Art. 2 Abs. 1 Satz 1 GG ableitbare Auftrag zum Schutz vor erheblichen Gefahren für Leib und Leben gebieten es, hohe Anforderungen an die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen im Straßenverkehr zu stellen (BVerfG, B.v. 20.6.2002 – 1 BvR 2062/96 – juris Rn. 52). Eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung von Anfechtungsrechtsbehelfen gegen die für sofort vollziehbar erklärte Fahrerlaubnisentziehung kommt deshalb in der Regel nur in Betracht, wenn hinreichend gewichtige Gründe dafür sprechen, dass das von dem Betroffenen ausgehende Gefahrenpotential nicht nennenswert über dem des Durchschnitts aller motorisierten Verkehrsteilnehmer liegt (BayVGH, B.v. 1.4.2008 – 11 CS 07.2281 – juris). Gerade nach der Vorgeschichte des Antragstellers kann allerdings nicht davon ausgegangen werden, dass sein Gefährdungspotential nicht über dasjenige durchschnittlicher Verkehrsteilnehmer hinausgeht. So führte er bereits zweimal ein Kraftfahrzeug unter Wirkung von Cannabis; dieses Verhalten wurde auch geahndet (vgl. Urteil des AG … vom 18.9.2015 – Bl. 24 der Behördenakte; Bußgeldbescheid vom 19.9.2017 – Bl. 168 der Behördenakte). Der Antragsteller hat trotz des Urteils des AGs … vom 18. September 2015 nicht davon Abstand genommen, erneut unter Drogeneinfluss ein Kraftfahrzeug zu führen.
Da der Antrag somit erfolglos bleibt, hat der Antragsteller gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes – GKG – sowie den Empfehlungen in Nrn. 1.5 Satz 1, 46.1 und 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, Anhang zu § 164). Danach sind die Führerscheinklassen A und B jeweils mit einem Streitwert von 5.000,00 EUR zu werten. Der sich so ergebende Streitwert in Höhe von 10.000,00 EUR ist im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zu halbieren.


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