Aktenzeichen 7 AV 2/10
Gründe
I.
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Der Kläger reichte im November 2009 beim Verwaltungsgericht Lüneburg Klage gegen das Amtsgericht Celle wegen Nichtbearbeitung von Kostenerinnerungen und Kostenbeschwerden ein.
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Das Verwaltungsgericht kündigte den Beteiligten mit der Eingangsbestätigung die beabsichtigte Verweisung des Verfahrens an das Amtsgericht Celle an, der der Kläger widersprach. Mit Beschluss vom 21. Dezember 2009 erklärte das Verwaltungsgericht Lüneburg den Verwaltungsrechtsweg mangels öffentlich-rechtlicher Streitigkeit nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO für unzulässig und verwies das Verfahren an das Amtsgericht Celle.
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Das Amtsgericht Celle lehnte die Übernahme des Verfahrens mit Beschluss vom 20. Januar 2010 ab und legte das Verfahren dem Oberlandesgericht Celle zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vor. Der Verweisungsbeschluss sei willkürlich und schlechthin abwegig. Mit Beschluss vom 27. Januar 2010 bestimmte das Oberlandesgericht Celle das Verwaltungsgericht Lüneburg gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2 ZPO analog als zuständiges Gericht. Der Verweisungsbeschluss des Verwaltungsgerichts vom 16. (richtig 21.) Dezember 2009 sei entgegen § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO nicht bindend, weil er auf objektiver Willkür beruhe. Die Streitigkeit sei öffentlich-rechtlich, denn die Klage ziele darauf ab, dass das Verwaltungsgericht in einer Grundbuchangelegenheit (gemeint ist hier wohl: Kostenerinnerung bzw. -beschwerde) auf das Amtsgericht einwirken solle.
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Das Verwaltungsgericht Lüneburg hat die Sache mit Beschluss vom 9. Februar 2010 dem Bundesverwaltungsgericht zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt.
II.
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Das Bundesverwaltungsgericht ist für die Entscheidung des negativen Kompetenzkonflikts zwischen dem Verwaltungsgericht Lüneburg und dem Amtsgericht Celle zuständig. Dies folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 53 Abs. 1 Nr. 5 VwGO. Danach wird ein negativer Kompetenzkonflikt zwischen Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit von dem Gericht entschieden, das den beteiligten Gerichten übergeordnet ist. Auf den hier vorliegenden Kompetenzkonflikt zwischen einem Amtsgericht und einem Verwaltungsgericht lässt sich diese Vorschrift zwar weder unmittelbar anwenden noch gibt es dafür eine sonstige gesetzliche Regelung. Die somit gegebene Regelungslücke ist – im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, des Bundesarbeitsgerichts und des Bundessozialgerichts – in der Weise zu schließen, dass dasjenige oberste Bundesgericht den negativen Kompetenzkonflikt zwischen Gerichten verschiedener Gerichtszweige entscheidet, das einem der beteiligten Gerichte übergeordnet ist und zuerst angegangen wird (Beschlüsse vom 26. Februar 2009 – BVerwG 2 AV 1.09 – juris und vom 5. März 1993 – BVerwG 11 ER 400.93 – Buchholz 310 § 53 VwGO Nr. 21; BHG, Beschluss vom 26. Juli 2001 – X ARZ 69/01 – NJW 2001, 3631; BSG, Beschluss vom 16. September 2009 – B 12 SF 7/09 S – juris).
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Der Beschluss des Oberlandesgerichts Celle vom 27. Januar 2010 steht der Vorlage an das Bundesverwaltungsgericht mangels sachlicher Zuständigkeit des Oberlandesgerichts für die Bestimmung des zuständigen Gerichts nicht entgegen. Zwar sieht § 36 Abs. 2 ZPO vor, dass die Zuständigkeitsbestimmung durch ein Oberlandesgericht erfolgt, wenn das für die Bestimmung an sich zuständige zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der Bundesgerichtshof wäre. Diese Vorschrift ist aber auf Kompetenzkonflikte zwischen Gerichten verschiedener Gerichtszweige weder unmittelbar noch analog anwendbar (BGH, Beschluss vom 26. Juli 2001 – X ARZ 69/01 – a.a.O.).
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Für die Klage ist das Amtsgericht Celle zuständig. Der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten ist durch den von den Beteiligten nicht mit der Beschwerde angefochtenen und inzwischen unanfechtbaren Verweisungsbeschluss des Verwaltungsgerichts Lüneburg gemäß § 17a Abs. 2 Satz 3 GVG bindend festgestellt. Die Bindungswirkung nach § 17a Abs. 2 Satz 3 GVG tritt selbst bei einem fehlerhaften Verweisungsbeschluss, etwa bei gesetzwidriger Verweisung oder entgegen § 17a Abs. 4 Satz 2 GVG fehlender Begründung, ein. Die die Bindungswirkung allgemein einschränkende Rechtsprechung zum Verweisungsbeschluss nach § 281 ZPO kann nicht übernommen werden (Kissel/Mayer, GVG, 5. Aufl. 2008, § 17 Rn. 39). Eine Durchbrechung der gesetzlichen Bindungswirkung trotz des in § 17a Abs. 4 Satz 3 ff. GVG vorgesehenen Instanzenzuges ist in Anbetracht der von § 17a GVG selbst eröffneten Überprüfungsmöglichkeit allenfalls bei extremen Rechtsverstößen möglich, etwa wenn sich die Verweisungsentscheidung bei der Auslegung und Anwendung der Zuständigkeitsnormen so weit von dem diese beherrschenden verfassungsrechtlichen Grundsatz des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) entfernt hat, dass sie schlechthin nicht mehr zu rechtfertigen ist. Hiervon kann jedoch allenfalls dann ausgegangen werden, wenn die Entscheidung bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich erscheint und offensichtlich unhaltbar ist (BGH, Beschluss vom 8. Juli 2003 – X ARZ 138/03 – NJW 2003, 2990 m.w.N.).
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Ein solcher Sachverhalt liegt hier offensichtlich nicht vor. Das Verwaltungsgericht hat die Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs zu Recht verneint. Nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist der Verwaltungsrechtsweg in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Die vorliegende Klage richtet sich erkennbar darauf, dass das Amtsgericht Celle anlässlich von Kostenerinnerungen bzw. Kostenbeschwerden im Zusammenhang mit Gerichtskosten in Höhe von 1 964 €, die dort angefallen sind, tätig werden soll. Dieses Ansinnen fällt offensichtlich in die Zuständigkeit der Zivilgerichte. Darauf, dass der Kläger – wie das Amtsgericht und das Oberlandesgericht betonen – ein “hoheitliches” Einwirken des Verwaltungsgerichts auf das Amtsgericht Celle begehrt, kommt es nicht an. Für die Rechtswegeröffnung ist allein die wirkliche Natur des behaupteten Rechtsverhältnisses und nicht die rechtliche Qualifizierung durch den Kläger maßgeblich.
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Das bedeutet – entgegen der Befürchtung des Amtsgerichts Celle – nicht, dass jeglicher “vor anderen Gerichten vorgebrachter querulatorischer und unverständlicher Sachvortrag in einem amtsgerichtlichen Verfahren zu bescheiden wäre”. Eine Verweisung kommt nur in Betracht, wenn zumindest in groben Zügen das den Rechtsweg kennzeichnende Rechtsgebiet erkennbar ist. Es ist dann Sache des Gerichts dieses Rechtswegs, über die Zulässigkeit des Begehrens zu entscheiden.
Die gegen diese Entscheidung erhobene Verfassungsbeschwerde hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 03.02.2011 – 1 BvR 1292/10 – nicht zur Entscheidung angenommen.