Aktenzeichen Au 5 K 17.32910
Leitsatz
Der Süden Malis ist bürgerkriegsfrei und eine innerstaatliche Fluchtalternative. (Rn. 25 – 26) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Klage wird als offensichtlich unbegründet abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Der Einzelrichter (§ 76 Abs. 1 AsylG) konnte über die Klage des Klägers verhandeln und entscheiden, ohne dass die Beklagte an der mündlichen Verhandlung vom 19. Juni 2017 teilgenommen hat. Auf den Umstand, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann, wurden die Beteiligten ausweislich der Ladung ausdrücklich hingewiesen (§ 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO). Überdies hat die Beklagte mit Generalerklärung vom 25. Februar 2016 auf die Einhaltung von Ladungsfristen ausdrücklich verzichtet.
Die zulässige Klage ist offensichtlich unbegründet.
Ein Verfolgungs- oder Lebensschicksal, das die Zuerkennung einer Rechtsstellung als Flüchtling rechtfertigen würde, ist vorliegend aus dem Vortrag des Klägers nicht im Ansatz (§ 30 Abs. 1 AsylG) erkennbar.
Die Ablehnung des Antrags auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Anerkennung als Asylberechtigter als offensichtlich unbegründet beruht auf § 30 Abs. 1 AsylG. Nach § 30 Abs. 1 AsylG ist ein Asylantrag offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung des internationalen Schutzes offensichtlich nicht vorliegen. Offensichtlich unbegründet ist ein Asylantrag nach ständiger Rechtsprechung dann, wenn an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen vernünftigerweise keine Zweifel bestehen und bei einem solchen Sachverhalt nach allgemeiner Rechtsauffassung sich die Abweisung des Antrags geradezu aufdrängt (vgl. BVerfG, B.v. 5.2.1993 – 2 BvR 1294/92 – InfAuslR 1993, 196; B.v. 20.12.2006 – 2 BvR 2063/06 – NVWZ 2007, 1046).
Bei der Berufung auf eine Individualverfolgung kann das Offensichtlichkeitsurteil u.a. dann gerechtfertigt sein, wenn die im Einzelfall behauptete Gefährdung offensichtlich nicht asylrelevant ist, den erforderlichen Grad der Verfolgungsintensität nicht erreicht oder sich das Vorbringen des Asylbewerbers insgesamt als eindeutig unglaubhaft erweist.
Gemessen an diesen Grundsätzen ist die Klage des Klägers offensichtlich unbegründet. Zum einen knüpft der Vortrag des Klägers bereits nicht an ein asylrechtlich relevantes Merkmal i.S.d. § 3 Abs. 1 AsylG an. Sowohl bei seiner persönlichen Anhörung gegenüber dem Bundesamt als auch in der mündlichen Verhandlung vom 19. Juni 2017 hat der Kläger ausdrücklich und ausschließlich auf innerfamiliäre Streitigkeiten verwiesen. Zum einen hat der Kläger vorgetragen, dass er sich der Zwangsheirat seiner kleinen Schwester, die von seinem Onkel als Familienoberhaupt nach dem Tod des Vaters des Klägers verfügt wurde, widersetzt habe. Die vom Onkel des Klägers veranlasste und schließlich durchgeführte Zwangsheirat habe den Suizid seiner kleinen Schwester verursacht. Dies stellt zwar menschlich einen schweren Schicksalsschlag für den Kläger dar, bleibt asylrechtlich jedoch ohne Relevanz. Eine Anknüpfung an ein asylrechtlich relevantes Merkmal i.S.d. § 3 Abs. 1 AsylG ist nicht im Ansatz erkennbar. Gleiches gilt hinsichtlich der vom Kläger geschilderten Grundstücksstreitigkeiten. Diesbezüglich hat der Kläger sich dahingehend eingelassen, dass sein Onkel sich der Ländereien, die ursprünglich im Eigentum seines verstorbenen Vaters gestanden haben, ermächtigt habe. Der Kläger habe insoweit auf seine Legitimation als Erbe verwiesen und sei mit seinem Onkel hierüber in Streit geraten. Dies habe darin gegipfelt, dass der Onkel ihn, den Kläger, aufgefordert habe, den Heimatort zu verlassen. Auch diesem zweiten Punkt der klägerischen Schilderung seiner Verfolgungsfurcht ist keine Asylrelevanz zu entnehmen.
Hinzu kommt, dass der Vortrag des Klägers in wesentlichen Punkten widersprüchlich ist. So hat der Kläger bei seiner persönlichen Anhörung gegenüber dem Bundesamt vorgetragen, dass er Mali im Jahr 2013 verlassen habe. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger hingegen ausgeführt, dass er Mali bereits im Jahr 2008 verlassen habe und bis Ende des Jahres 2014 in Libyen gelebt habe. Diesen Widerspruch hat der Kläger nicht auflösen können. Gleiches gilt hinsichtlich der geschilderten beruflichen Tätigkeit des Klägers. Gegenüber dem Bundesamt hat sich der Kläger dahingehend eingelassen, dass er als Maler und in der Baubranche in seinem Heimatland tätig gewesen sei. In der mündlichen Verhandlung vom 19. Juni 2017 hat der Kläger hingegen geltend gemacht, dass er in Mali (Bamako) eine zweijährige Bäckerlehre absolviert habe. Auch vor diesem Hintergrund der erheblichen Widersprüchlichkeiten in den Aussagen des Klägers ist die Abweisung der Klage als offensichtlich unbegründet gerechtfertigt.
Insgesamt ist für das Gericht offensichtlich, dass der geltend gemachte Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft dem Kläger nicht zusteht. Es ergeben sich im widersprüchlichen Sachvortrag des Klägers schon im Ansatz ganz offensichtlich keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass beim Kläger bezogen auf den Zielstaat Mali eine asylrelevante und asylerhebliche Verfolgung, Bedrohung oder Gefährdung vorliegen könnte.
Ernstliche Zweifel bestehen ebenfalls nicht hinsichtlich der Versagung subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG). Die Gewährung subsidiären Schutzes kommt offensichtlich (§ 30 Abs. 1 AsylG) nicht in Betracht, weil unter Hinweis auf die Ausführungen zum Flüchtlingsschutz und unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers keine Anhaltspunkte dafür erkennbar sind, dass ihm bei einer Rückkehr nach Mali ein ernsthafter Schaden droht. Einen solchen hat der Kläger bereits nicht aufgezeigt.
Ungeachtet der Frage, ob die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylG vorliegen, ist der Kläger, soweit er überhaupt eine Gefährdung in seiner Heimatregion bzw. seinem Heimatland befürchtet, auf eine innerstaatliche Fluchtalternative im Süden Malis zu verweisen (§ 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG i.V.m. § 3e AsylG).
Der Süden Malis ist bürgerkriegsfrei. Von den Kampfhandlungen islamistischer Gruppen, die im Januar 2012 ihren Anfang nahmen, war der Norden Malis betroffen (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Mali: Aktuelle Lage, Auskunft der SFH-Länderanalyse vom 30. Oktober 2012). Bereits im Juni 2013 war zwischen der malischen Regierung und mehreren bewaffneten Gruppen ein Friedensabkommen zur Stabilisierung der Lage im Norden Malis geschlossen worden (Amnesty International, Mali-Report 2015). Am 15. Mai und 20. Juni 2015 wurde erneut ein innerstaatliches Friedensabkommen zur nachhaltigen Befriedung von Nord-Mali geschlossen. Von den bürgerkriegsähnlichen Zuständen im Norden Malis blieb der Süden Malis jedoch verschont, auch wenn selbst in der Hauptstadt Bamako eine Gefährdung durch terroristische Gruppen nicht ausgeschlossen werden kann (Auswärtiges Amt, Mali: Reise- und Sicherheitshinweise, Stand: 2.11.2016). Greifbare Anhaltspunkte dafür, dass vereinzelte Anschläge bereits die Qualität eines Bürgerkriegs erreicht haben, bestehen nicht (s. hierzu auch VG Magdeburg, U.v. 27.5.2016 – 1 A 125/15 MD – juris).
Ferner bestehen keine Anhaltspunkte für Abschiebungsverbote i.S. des § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG.
Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger bei seiner Abschiebung nach Mali befürchten müsste, auf derart schlechte humanitäre Bedingungen zu stoßen, dass die Gefahr einer Verletzung des Art. 3 EMRK besteht, gibt es, wie bereits ausgeführt, nicht. Obwohl die wirtschaftliche Lage nach wie vor schlecht ist (Auswärtiges Amt, Mali: Wirtschaftliche Rahmenbedingungen, Stand: April 2016), geht das Gericht, wie ausgeführt, davon aus, dass der Kläger seinen Lebensunterhalt dort sicherstellen kann. Damit liegen weder die Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG noch für die Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor. Der Kläger stammt selbst aus dem Süden Malis. Er ist nach Auffassung des Gerichts erwerbsfähig und durchaus in der Lage im Süden Malis auch außerhalb seines Heimatdorfes seine Existenzgrundlage zu sichern. Hierfür spricht, dass der Kläger nach seinen zwar divergierenden Aussagen jedenfalls über eine gewisse berufliche Erfahrung verfügt. Gegenüber dem Bundesamt hat sich der Kläger dahingehend eingelassen, dass er als Maler bzw. auf dem Bau beschäftigt gewesen sei. Nach seinen Aussagen in der mündlichen Verhandlung hat der Kläger zumindest teilweise eine Bäckerlehre in Bamako absolviert. Eine Rückkehr nach Bamako scheint auch insofern nicht ausgeschlossen, als sich das Heimatdorf des Klägers lediglich 50 km vom Bamako entfernt befindet. Schließlich verweist das Gericht darauf, dass sofern man den Aussagen des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 19. Juni 2017 Glauben schenkt, es dem Kläger gelungen sein muss, in den Jahren 2008 bis Ende des Jahres 2014 seinen Lebensunterhalt in Libyen sicherzustellen. Darüber hinaus ist der Kläger nach eigenem Vortrag ledig und hat keine Unterhaltspflichten zu erfüllen.
Vor diesem Hintergrund ist auch die nach Maßgabe des § 34 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG erlassene Abschiebungsandrohung nicht zu beanstanden. Die dem Kläger gesetzte Ausreisefrist folgt aus § 38 Abs. 1 AsylG und entspricht der von der Beklagten getroffenen Entscheidung der Ablehnung des Asylantrages des Klägers als einfach unbegründet. Eine Rechtsverletzung des Klägers ist insoweit nicht erkennbar.
Schließlich erweist sich auch die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes nach § 11 Abs. 1 AufenthG als offensichtlich rechtmäßig; das Bundesamt hat das ihm insoweit zukommende Ermessen erkannt und in der Befristungsentscheidung die maßgeblichen Belange in ordnungsgemäßer Weise abgewogen.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG); die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO.
Dieses Urteil ist unanfechtbar (§ 78 Abs. 1 Satz 1 AsylG).