Aktenzeichen Au 1 K 16.1866
Leitsatz
1. Will ein ohne das erforderliche Visum eingereister Asylbewerber nach erfolglosem Abschluss seines Asylverfahrens einen asylunabhängigen Aufenthaltstitel erlangen, hat er zunächst grundsätzlich ein Sichtvermerksverfahren im Heimatland durchzuführen. (Rn. 24 – 25) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei der nach § 60a AufenthG vorausgesetzten Aussetzung der Abschiebung muss es sich um eine solche handeln, die unabhängig von der Eheschließung oder Geburt eines Kindes ein Abschiebungshindernis begründet. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
3. Es ist mit dem verfassungsrechtlichen Schutz von Ehe und Familie grundsätzlich vereinbar, einen Ausländer auf die Einholung des erforderlichen Visums zur Familienzusammenführung zu verweisen. (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Die mit Schriftsatz vom 2. August 2017 vorgenommene Klageänderung ist nach § 91 Abs. 1 VwGO zulässig. Zum einen ist gemäß § 91 Abs. 2 VwGO von der Einwilligung der Beklagten in die Änderung der Klage auszugehen, da sich der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung, ohne der Änderung zu widersprechen, auf die geänderte Klage eingelassen hat. Zum anderen ist die Klageänderung auch als sachdienlich im Sinne von § 91 Abs. 1 Alternative 2 VwGO anzusehen, da sie der endgültigen Ausräumung des sachlichen Streits zwischen den Beteiligten dient und der Streitstoff im Wesentlichen derselbe bleibt (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 91 Rn. 31 m.w.N.). Gegenstand der Klage ist somit im Hauptantrag die Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG zu erteilen. Hilfsweise begehrt der Kläger die Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 5 AufenthG.
2. Die Klage ist im Hauptantrag als Untätigkeitsklage im Sinne von § 75 VwGO zulässig. Über den Antrag des Klägers auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus familiären Gründen vom 19. September 2016 wurde vorliegend von der Beklagten ohne zureichenden Grund noch nicht entschieden. Die Frist von drei Monaten nach § 75 Satz 2 VwGO ist bereits abgelaufen.
3. Die Klage ist jedoch unbegründet. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG nicht zu (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Danach ist dem ausländischen Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen zur Ausübung der Personensorge eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn der Deutsche seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hat und die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen nach § 5 AufenthG vorliegen.
a) Die besonderen Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG sind erfüllt. Der Kläger hat die Vaterschaft für seinen am * 2016 geborenen Sohn anerkannt und übt für ihn gemeinsam mit der Mutter des Kindes die Personensorge aus. An einer tatsächlich gelebten Vater-Sohn-Beziehung (vgl. Dienelt in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. Auflage 2016, § 28 Rn. 26) wurden von der Beklagten keine Zweifel vorgebracht.
b) Der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis steht jedoch die Vorschrift des § 10 Abs. 3 Satz 1 AufenthG entgegen. Danach darf einem Ausländer, dessen Asylantrag unanfechtbar abgelehnt worden ist, vor der Ausreise ein Aufenthaltstitel nur nach Maßgabe des Abschnitts erteilt werden.
(1) Der Asylantrag des Klägers wurde unanfechtbar abgelehnt. Er hat seine Klage gegen den ablehnenden Asylbescheid zurückgenommen, woraufhin das Verfahren mit Beschluss vom 1. August 2016 eingestellt wurde. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus familiären Gründen (Abschnitt 6) scheidet damit grundsätzlich aus.
(2) Die Ausnahmeregelung des § 10 Abs. 3 Satz 3 Halbsatz 1 AufenthG findet vorliegend keine Anwendung, da dem Kläger kein gebundener Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels im Sinne dieser Vorschrift zusteht.
Unter einem solchen Anspruch ist nämlich nur ein sogenannter „strikter Rechtsanspruch“ zu verstehen, der sich unmittelbar aus dem Gesetz ergibt und bei dem alle zwingenden und regelhaften Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind (vgl. BVerwG, B.v. 16.2.2012 – 1 B 22.11 – juris Rn. 4 sowie U.v. 16.12.2008 – 1 C 37.07 – juris Rn. 21ff.). Ein Anspruch auf Grund einer Ermessensvorschrift genügt auch dann nicht, wenn das Ermessen im Einzelfall „auf Null“ reduziert wäre (vgl. BVerwG, U.v. 16.12.2008 – 1 C 37.07 – juris Rn. 21). Ein Anspruch in diesem Sinne steht dem Kläger nicht zu, da in seinem Fall nicht alle zwingenden und regelhaften Tatbestandsvoraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG erfüllt sind. Es fehlt vielmehr an der Voraussetzung des § 5 Abs. 2 Satz 1 AufenthG, weil er nicht mit dem erforderlichen Visum nach Deutschland eingereist ist. Zwar kann vom Erfordernis der Einreise mit einem Visum nach § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG unter bestimmten Voraussetzungen von der Behörde abgesehen werden, diese Möglichkeit stünde jedoch im Ermessen der Behörde. Ein gebundener Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels, wie ihn § 10 Abs. 3 Satz 3 AufenthG voraussetzt, ergibt sich hieraus gerade nicht (BayVGH, B.v. 21.7.2015 – 10 CS 15.859 – juris Rn. 44).
(3) Der Argumentation des Bevollmächtigten des Klägers, die Anwendbarkeit von § 5 Abs. 2 AufenthG werde von der Regelung in § 10 AufenthG verdrängt, sodass ein abgelehnter Asylbewerber, der ein deutsches Kind bekommen habe, nicht mehr auf das Visumverfahren verwiesen werden dürfe, folgt das Gericht nicht.
In Übereinstimmung mit der überwiegenden obergerichtlichen Rechtsprechung und Literatur (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 23.9.2016 – 10 C 16.818 – juris Rn. 10; B.v. 21.7.2015 – 10 CS 15.859 – juris Rn. 44ff.; B.v. 19.3.2013 – 10 C 13.334, 10 C 13.371 – juris Rn. 28; OVG Saarland, B.v. 30.4.2008 – 2 B 207/08 – juris Rn. 11; OVG NW, B.v. 8.12.2011 – 18 B 866/11 – juris Rn. 20; OVG Hamburg, U.v. 20.3.2015 – 1 Bf 231/13 – juris Rn. 36; Dienelt in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. Auflage 2016, § 10 Rn. 38; a.A. OVG Sachsen-Anhalt, B.v.24.4.2017 – 2 O 31/17 – juris Rn. 20) geht die Kammer davon aus, dass die allgemeine Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 2 AufenthG auch im Falle des § 10 Abs. 3 AufenthG zu prüfen ist. Ist sie nicht erfüllt, fehlt es an einem Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels im Sinne von § 10 Abs. 3 Satz 3 AufenthG.
Dies ergibt sich zum einen aus dem Wortlaut der Norm, auf den sich die Ansicht des klägerischen Bevollmächtigten nicht stützen lässt. Nach § 10 Abs. 3 Satz 1 AufenthG darf ein Aufenthaltstitel für abgelehnte Asylbewerber „nur“ nach Maßgabe des Abschnitts 5 erteilt werden. Satz 3 regelt als weitere Ausnahme den Fall eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels. Diese Ausnahmen sind nach der eindeutigen Formulierung als abschließend zu verstehen (so auch Dienelt in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. Auflage 2016, § 10 Rn. 30). Zum anderen widerspricht die Auffassung der Klagepartei auch Sinn und Zweck der beiden Vorschriften. Durch das Zusammenspiel von § 10 Abs. 3 AufenthG und § 5 Abs. 2 AufenthG soll vermieden werden, dass ein Ausländer das Asylverfahren missbraucht, um unter den Voraussetzungen des Asylgesetzes einen Aufenthalt im Bundesgebiet zu begründen, und sichergestellt werden, dass der Ausländer nach dem erfolglosen Abschluss des Asylverfahrens das Bundesgebiet (zumindest zunächst) wieder verlässt. Diesem Anliegen widerspräche es, durch einen Verzicht auf das Visumverfahren Anreize für eine Einreise über das Asylverfahren zu schaffen. Ausländer, die als Asylbewerber ohne Visum eingereist sind, deren Asylantrag aber erfolglos geblieben ist, können einen asylunabhängigen Aufenthaltstitel daher nur nach vorheriger Durchführung des Visumverfahrens einholen, wenn sie davon nicht aus anderen Gründen befreit sind oder den Aufenthaltstitel nach der Einreise einholen dürfen (BVerwG, U.v. 3.6.1997 – 1 C 1.97 – juris Rn. 13ff.; BayVGH, B.v. 21.7.2015 – 10 CS 15.859 – juris Rn. 45 m.w.N.). Die (nachträgliche) Einholung des erforderlichen Visums zum Familiennachzug stellt auch keine bloße Förmlichkeit dar. Das Visumverfahren ist vielmehr von elementarer Bedeutung als Steuerungsinstrument für die Zuwanderung in das Bundesgebiet (vgl. BVerwG, U.v. 16.11.2010 – 1 C 17.09 – juris Rn. 19; BT-Drs. 15/420, S. 70). Im Visumverfahren entscheidet die zuständige deutsche Auslandsvertretung unter Beteiligung der im Bundesgebiet zuständigen Ausländerbehörde über die Frage, ob ein Ausländer das Bundesgebiet betreten darf (vgl. § 4 Abs. 1 AufenthG). Will ein ohne das erforderliche Visum eingereister Asylbewerber nach erfolglosem Abschluss seines Asylverfahrens einen asylunabhängigen Aufenthaltstitel erlangen, hat er demnach zunächst grundsätzlich – nicht anders als jeder andere Ausländer auch – ein Sichtvermerksverfahren im Heimatland durchzuführen (Hailbronner, Ausländerrecht, Stand: März 2017, A 1 § 5 Rn. 53 m.w.N.). Dementsprechend bestimmt § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG als Regelerteilungsvoraussetzung, dass der Ausländer mit dem erforderlichen Visum eingereist ist (BayVGH, B.v. 23.9.2016 – 10 C 16.818 – juris Rn. 11).
(4) Die Nachholung des Visumverfahrens ist vorliegend auch nicht gemäß § 39 AufenthV entbehrlich. Der Kläger kann eine Aufenthaltserlaubnis nicht nach den – hier allein in Betracht kommenden – Regelungen des § 39 Nr. 4 und 5 AufenthV im Bundesgebiet einholen.
(a) Die Anwendung des § 39 Nr. 4 AufenthV scheitert unabhängig von der Frage des maßgeblichen Zeitpunkts für das Vorliegen der Aufenthaltsgestattung (vgl. hierzu OVG NRW, B.v. 30.4.2010 – 18 B 180/10 – juris Rn. 20 sowie v. 8.12.2011 – 18 B 866/11 – juris Rn. 4) bereits daran, dass beim Kläger die Tatbestandsvoraussetzungen des § 10 Abs. 1 und 2 AufenthG nicht erfüllt sind. Sein Asylverfahren ist bereits bestandskräftig abgeschlossen (BayVGH, B. v. 7.1.2013 – 10 CE 13.36 – juris Rn. 15).
(b) Des Weiteren kann der Kläger das Bestehen eines Anspruchs auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis im Bundesgebiet ohne vorherige Durchführung eines Visumsverfahrens nicht auf § 39 Nr. 5 AufenthV stützen, da seine Abschiebung nicht nach § 60a AufenthG ausgesetzt war bzw. ist. Bei der dabei vorausgesetzten Aussetzung der Abschiebung muss es sich nämlich um eine solche handeln, die unabhängig von der Eheschließung oder Geburt eines Kindes ein Abschiebungshindernis begründet (OVG Berlin-Brandenburg, B.v. 12.2.2013 – OVG 7 N 63.13 – juris Rn. 4, B.v. 10.1.2012 – OVG 11 S. 6.12 – juris Rn. 10 jeweils zum Fall des Ehegattennachzugs). Anderenfalls würde die Eheschließung – bzw. hier die Geburt eines deutschen Kindes – gewissermaßen doppelt berücksichtigt werden, nämlich im Rahmen der Feststellung der Abschiebungsaussetzung und zusätzlich zur Begründung des Anspruchs auf ein Aufenthaltsrecht. Damit aber würde die eigenständige rechtliche Bedeutung der vorangehenden Duldung entfallen. Privilegiert sollen nur die Ausländer werden, die sich hier mit Duldung aufhalten und sodann die Ehe schließen bzw. ein Kind bekommen, nicht aber diejenigen, denen eine Duldung nur aus diesen Gründen erteilt wird (OVG Berlin-Brandenburg, B.v. 10.1.2012 – OVG 11 S. 6.12 – juris Rn. 10). So liegt der Fall aber hier. Die Abschiebung des Klägers wurde – soweit ersichtlich – lediglich aufgrund der Geburt seines Sohnes im Juni 2016 ausgesetzt. Nach rechtskräftigem Abschluss seines Asylverfahrens wurde mit dem Kläger mehrfach über seine vorhandenen Möglichkeiten, z.B. über eine freiwillige Ausreise und Wiedereinreise mit dem erforderlichen Visum, diskutiert. Eine Abschiebung erfolgte lediglich verfahrensbedingt (noch) nicht. Ein allein verfahrensrechtlich begründetes Nichtabschieben steht der Erteilung einer Duldung nach § 60a AufenthG jedoch nicht gleich (BayVGH, B.v. 7.1.2013 – 10 CE 13.36 – juris Rn. 15).
(5) Da die Ausnahmeregelung des § 10 Abs. 3 Satz 3 AufenthG hier bereits mangels Vorliegens der zwingenden Voraussetzung des § 5 Abs. 2 Satz 1 AufenthG nicht greift und somit die Erteilungssperre des § 10 Abs. 3 Satz 1 AufenthG der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis entgegensteht, kommt es auf die Frage, ob in Bezug auf den Kläger ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG aufgrund illegaler Einreise ohne Visum besteht, nicht mehr entscheidungserheblich an. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass das vom Bevollmächtigten des Klägers in der mündlichen Verhandlung zitierte aktuelle Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (U.v. 19.4.2017 – 11 S 1967/16) sich ausschließlich mit dieser Thematik beschäftigt. Die Problematik des § 5 Abs. 2 AufenthG wird darin nicht behandelt.
4. Auch der Hilfsantrag ist zulässig, aber unbegründet. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG zu (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Gemäß § 25 Abs. 5 AufenthG kann einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall des Ausreisehindernisses in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Da der Asylantrag des Klägers rechtskräftig abgelehnt wurde, ist er vollziehbar ausreisepflichtig im Sinne von § 58 Abs. 2 Satz 2 AufenthG.
Die Ausreise des Klägers ist jedoch nicht aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich im Sinne von Art. 25 Abs. 5 AufenthG. Rechtliche Unmöglichkeit liegt unter anderem auch dann vor, wenn der Ausreise Gründe entgegenstehen, welche diese als unzumutbar erscheinen lassen (Dienelt/Bergmann in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. Auflage 2016, § 25 Rn.105).
a) Insbesondere ergibt sich eine Unzumutbarkeit der Ausreise und anschließender Wiedereinreise mit dem erforderlichen Visum nicht aus Art. 6 GG i.V.m. Art. 8 EMRK. Es ist mit dem verfassungsrechtlichen Schutz von Ehe und Familie grundsätzlich vereinbar, einen Ausländer auf die Einholung des erforderlichen Visums zur Familienzusammenführung zu verweisen. Die mit dem Visumverfahren verbundene zeitweilige Trennung des Klägers von seinem Sohn tritt hier hinter dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung des Visumverfahrens zurück. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ist die vorübergehende Trennung eines Elternteils von minderjährigen Kindern im Zusammenhang mit der Durchführung eines Visumverfahrens zumutbar, vor allem dann, wenn die Trennung nicht unverhältnismäßig lange währt und die übliche Verfahrensdauer nicht deutlich übersteigt (BayVGH, B.v. 2.2.2010 – 10 ZB 09.2155 – juris Rn. 10). So liegt der Fall hier.
Der Kläger ist seit dem 22. November 2016 im Besitz einer Vorabzustimmung nach § 31 Abs. 3 AufenthV. Laut Auskunft der deutschen Botschaft in Lagos/Nigeria vom 9. Januar 2017 kann in diesem Fall das Visum innerhalb von 10 Tagen erteilt werden, wenn der Kläger die vollständigen Antragsunterlagen sowie eine Bestätigung, dass eine Urkundenprüfung durchgeführt wurde, vorlegt. Der Termin zur Antragsabgabe kann noch von Deutschland aus vereinbart werden, sodass sich der Kläger lediglich für den Zeitraum zwischen Antragsabgabe und Erteilung des Visums in Nigeria aufhalten muss. Die vom Kläger angeführte durchschnittliche Dauer von 6 bis 8 Wochen gilt – unabhängig von der Frage, ob nicht auch dieser Zeitraum noch als zumutbar angesehen werden kann (so z.B. VG Bayreuth, U.v. 11.11.2015 – B 4 E 15.530 – juris Rn. 45) – ausweislich der Auskunft der Botschaft gerade nicht für Fälle, in denen der Betroffene bereits im Besitz einer Vorabzustimmung ist. Die vorübergehende Abwesenheit des Klägers von circa 10 Tagen kann auch seinem Sohn zugemutet werden, ohne dass zu erwarten ist, dass das Kind dadurch emotional unzumutbar belastet würde.
b) Des Weiteren ist die Ausreise für den Kläger auch nicht deshalb unzumutbar, weil er bei einem vorübergehenden Aufenthalt in Nigeria gesundheitlichen Risiken ausgesetzt sein könnte. Damit macht der Kläger letztlich zielstaatsbezogene Gefahren geltend, über die das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bereits mit bestandskräftigem Bescheid vom 19. Januar 2016 entschieden hat. An diese Feststellungen ist die Ausländerbehörde gemäß § 42 Satz 1 AsylG gebunden (BayVGH, B.v. 20.6.2017 – 10 C 17.744 – juris Rn. 14). Sonstige mit der Ausreise verbundene Erschwernisse, wie z.B. erforderliche Impfungen oder Reisekosten, begründen als allgemeine Unannehmlichkeiten nicht die Unzumutbarkeit der Ausreise zur Durchführung des Visumverfahrens (Samel in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. Auflage 2016, § 5 Rn. 138).
Ergänzend wird zur Begründung Bezug genommen auf den Prozesskostenhilfe-Beschluss des Gerichts vom 23. März 2017 sowie auf den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 20. Juni 2017 (Az: 10 C 17.744).
5. Die Kostentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der Kläger hat als unterlegener Teil die Verfahrenskosten zu tragen.
6. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 167 VwGO, 708 ff. ZPO