Verwaltungsrecht

Offensichtlich unbegründeter Asylantrag eines senegalesischen Staatsangehörigen

Aktenzeichen  M 4 K 16.31058

Datum:
20.12.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG AsylG §§ 3 ff., § 4, § 26a, § 29a Abs. 1, § 30 Abs. 1, § 77, § 78 Abs. 1
GG GG Art. 16a Abs. 2
AufenthG AufenthG § 60 Abs. 5, § 60 Abs. 7 S. 1

 

Leitsatz

1 Der Kläger kann offensichtlich nicht als Asylberechtigter anerkannt werden, weil er nach eigenem Vortrag über Italien, wo er drei Jahre gelebt hat, eingereist und daher über einen sicheren Drittstaat nach Deutschland gelangt ist.  (redaktioneller Leitsatz)
2 Soweit sich der Kläger auf eine angebliche Bedrohung durch Rebellen beruft, handelt es sich offensichtlich nicht um eine Bedrohung durch nichtstaatliche Akteure aus asylrelevanten Gründen, sondern um kriminelles Unrecht.  (redaktioneller Leitsatz)
3 Im Falle einer Bedrohung durch nichtstaatliche Akteure besteht in Senegal eine inländische Fluchtalternative und steht interner Schutz zur Verfügung.  (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klage wird abgewiesen, gegen die Entscheidung über den Asylantrag als offensichtlich unbegründet.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Über die Klage konnte trotz Ausbleibens der jeweils ordnungsgemäß geladenen Klage- und Beklagtenpartei entschieden werden.
Für das Gericht ist hinsichtlich der Sach- und Rechtslage der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung maßgeblich (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 AsylG). Insbesondere kommen das Aufenthaltsgesetz (AufenthG) und das Asylgesetz (AsylG) in der durch das Integrationsgesetz vom 31. Juli 2016 geänderten Fassung zur Anwendung.
Die zulässige Klage war als offensichtlich unbegründet abzuweisen, da der Kläger gegen die Beklagte offensichtlich keinen Anspruch auf Asylanerkennung (Art. 16a GG) hat. Im Übrigen hat der Kläger keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§§ 3 ff. AsylG), noch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus (§ 4 AsylG), noch auf Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG hat. Auch die Abschiebungsandrohung in Ziffer 5. des Bescheids ist offensichtlich rechtmäßig. Gleiches gilt für die Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots in Ziffer 6. sowie die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots in Ziffer 7. des Bescheids.
Zur Begründung wird zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst auf die Ausführungen im Bescheid des Bundesamts verwiesen (§ 77 Abs. 2 AsylG). Ergänzend ist noch Folgendes auszuführen:
1. Der Kläger kann gemäß Art. 16 a Abs. 2 GG i. V. m. § 26 a Abs. 1 AsylG schon deshalb offensichtlich nicht als Asylberechtigter anerkannt werden, weil er nach eigenem Vortrag über Italien, wo er drei Jahre gelebt hat, eingereist und daher über einen sicheren Drittstaat im Sinne des Art. 16 a Abs. 2 GG i. V. m. § 26 a Abs. 2 AsylG nach Deutschland gelangt ist. Darüber hinaus kann gemessen am Vortrag des Klägers von einer (vom Staat ausgehenden) politischen Verfolgung im Sinne des Art. 16 a GG offensichtlich nicht die Rede sein.
2. Der Kläger hat sich zur Begründung seines Asylantrags im Wesentlichen auf eine angebliche Bedrohung berufen. Dabei handelt es sich offensichtlich nicht um eine Bedrohung durch nichtstaatliche Akteure aus asylrelevanten Gründen (§ 3 AsylG, § 3c AsylG), sondern um kriminelles Unrecht.
Dieses Vorbringen rechtfertigt es nicht, von einer asylrelevanten und asylerheblichen Verfolgung, Bedrohung oder Gefährdung des Klägers im Sinne der §§ 3 ff. AsylG, § 4 AsylG und § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG ausgehen zu können:
Unbeschadet des Vorstehenden ist festzustellen, dass zudem auch aus rechtlichen Gründen keine asylrelevante und asylerhebliche Bedrohung, Verfolgung oder Gefährdung im Sinne der §§ 3 ff. AsylG, § 4 AsylG und § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG vorliegt. Im Einzelnen:
a) Bezüglich der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§§ 3 ff. AsylG) könnte zwar eine Bedrohung durch Rebellen einen relevanten Verfolgungsgrund im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 3 b Nr. 4, Abs. 2 AsylG darstellen. Allerdings ist zur Überzeugung des Gerichts davon auszugehen, dass in Fällen wie dem vorliegenden – also Bedrohungen durch nichtstaatliche Akteure – eine inländische Fluchtalternative besteht und damit interner Schutz zur Verfügung steht (§ 3 e AsylG). Der Kläger kann nach einer Rückkehr nach Senegal in einen anderen Landesteil Senegals ziehen, insbesondere in eine Großstadt, wo er von nichtstaatlichen Akteuren (aus seinem Heimatdorf) mit asylrechtlich hinreichender Wahrscheinlichkeit nicht ausfindig gemacht werden kann. Soweit der Kläger behauptet, man würde ihn in Senegal überall finden, Senegal sei sehr klein und die Familie weit verbreitet, kann dem nicht gefolgt werden: Senegal hat rund 14 Millionen Einwohner und verfügt über mehrere Großstädte. Es ist mit asylrechtlich hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen, dass jemand den Kläger aufspüren kann, selbst wenn die Familie weit verbreitet sein sollte.
b) Subsidiärer Schutz (§ 4 AsylG) scheidet schon deshalb aus, weil hinsichtlich der vom Kläger vorgebrachten Bedrohung durch nichtstaatliche Akteure – wie eben ausgeführt – eine inländische Fluchtalternative und damit interner Schutz zur Verfügung steht.
Die Klage war hinsichtlich der Asylanerkennung als offensichtlich unbegründet abzuweisen (§ 78 Abs. 1 AsylG). Dies ergibt sich bereits allein aus dem Umstand, dass gemessen an dem Vorstehenden die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter nicht vorliegen (vgl. dazu § 30 Abs. 1 AsylG). Darüber hinaus ist Senegal kraft Gesetzes zum sicheren Herkunftsstaat bestimmt (Anlage II zu § 29 a Abs. 2 AsylG), weshalb zudem entsprechend § 29 a Abs. 1 AsylG von einem offensichtlich unbegründeten Asylantrag auszugehen ist.
Auch scheiden gemessen an dem Vorstehenden asylrechtliche Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG aus. Dies gilt auch hinsichtlich der vorgetragenen Erkrankung des Klägers. Insoweit wird auf die Ausführungen im Beschluss vom 31. Mai 2016 verwiesen. Darüber hinaus gilt folgendes:
Eine posttraumatische Belastungsstörung ist nicht, durch eine den Anforderungen des BVerwG genügenden Attestes (vgl. BVerwG U. v. 11.09.2007 Az.: 10 C 8.07; § 60a Abs. 2c AufenthG) nachgewiesen. Bei der mit Attest vom 27. Oktober 2016 diagnostizierte depressiven Episode handelt es sich nicht um eine erhebliche konkrete Gefahr i. S. v. § 60 Abs. 7 Satz 1 und 2 AufenthG. Dabei ist schon nicht nachvollziehbar, dass der Kläger erst nach fünf Jahren nach seiner Ausreise aufgrund dortiger Vorfälle psychisch erkrankt sein soll. Die in Deutschland vorgetragenen Vorfälle (Verlegung in eine andere Unterkunft, Verlust des 1 Euro-Jobs) sind ohne ausführliche Begründung nicht geeignet, diese Diagnose zu tragen. Jedenfalls liegt auch dann – wenn man der Diagnose des Arztes folgen würde – keine konkrete Gefahr vor. Der Kläger kann sich einen Medikamentenvorrat mit in seine Heimat nehmen.
Die Abschiebungsandrohung, die Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots sowie die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots in Ziffern 5., 6. und 7. des Bescheids vom 24. Februar 2016 sind ebenso rechtmäßig.
Nach alldem war die gemäß § 83 b AsylG gerichtskostenfreie Klage mit der Kosten-folge des § 154 Abs. 1 VwGO als offensichtlich unbegründet (§ 78 Abs. 1 AsylG) abzuweisen.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.
Dieses Urteil ist unanfechtbar (§ 78 Abs. 1 AsylG).

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