Aktenzeichen Au 9 S 18.2096
BNatSchG § 3 Abs. 2, § 17 Abs. 8, § 30 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2
VwZVG Art. 21a, Art. 29, Art. 31, Art. 36
BayVwVfG Art. 37 Abs. 1
Leitsatz
1 Zur Bestimmung eines Biotops kommt es ausschließlich auf die tatsächlichen Verhältnisse an, dh auf eine Fläche, die die charakteristischen Merkmale eines geschützten Biotoptyps erfüllt. Es bedarf hierfür keiner administrativen Unterschutzstellung bzw. konstitutiven Schutzfestsetzung durch Verordnung oder Verwaltungsakt. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
2 Eine Ausnahme von den Verboten des § 30 Abs. 2 BNatSchG scheidet aus, wenn nach den getätigten Auffüllungen die davon betroffenen Feuchtflächen ihrer gesetzlich geschützten Funktion beraubt worden sind. (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt im Rahmen vorläufigen Rechtsschutzes die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen eine naturschutzrechtliche Beseitigungs- bzw. Wiederherstellungsanordnung.
Der Antragsteller ist Landwirt und Eigentümer des Grundstücks Fl.Nr. … der Gemarkung … mit einer Gesamtfläche von 5.094 m². Der Antragsteller hat das Grundstück am 11. Mai 2018 im Zuge eines freiwilligen Landtauschs erworben.
Das vorbezeichnete Grundstück ist seit 1987 in der Bayerischen Biotopkartierung als seggen- und binsenreiche Nasswiese erfasst. Bei dem Grundstück handelt es sich überwiegend um eine klassische Streuwiese. Seit 1997 befand sich das Grundstück im Vertragsnaturschutzprogramm. Als Bewirtschaftungsmaßnahmen wurden eine jährliche herbstliche Mahd sowie die Mähgutabfuhr vertraglich vereinbart. Darüber hinaus liegt das Grundstück im Landschaftsschutzgebiet „…“.
Der Antragsgegner stellte am 25. Juni 2018 fest, dass die drei wertvollsten Mulden der Feuchtflächen verfüllt worden waren. Ebenfalls wurde festgestellt, dass der Antragsteller an diesem Tag weiteres Material auf das Grundstück verbracht hatte.
Der Antragsgegner hat den Antragsteller mit Schreiben vom 26. Juni 2018 zur Beseitigung der vorgenommenen Auffüllung der Feuchtmulden angehört. Der Antragsteller äußerte sich mit Schreiben vom 29. Juni 2018 dahingehend, dass er keine Erlaubnis zur Auffüllung brauche.
Zu einem nicht näher bezeichneten späteren Zeitpunkt wurde von Seiten des Antragsgegners festgestellt, dass die vorgenommen Auffüllungen vollständig eingeebnet, mit einer Grünlandsaat eingesät und mit Festmist gedüngt worden waren.
Mit Bescheid des Landratsamtes … vom 16. November 2018 wurde gegenüber dem Antragsteller verfügt, dass dieser die Auffüllungen bis spätestens 15. Dezember 2018 zu entfernen habe (Ziffer I.1.). In Ziffer I.2. wurde der Antragsteller weiter verpflichtet, die Arbeiten so auszuführen, dass keine weiteren Schäden an dem Biotop entstünden. Das aufgefüllte Material müsse möglichst flach abgeschoben und vom Grundstück abgefahren werden. Eine Verletzung der ursprünglichen Vegetationsnarbe sei zu vermeiden. Ziffer I.3. verpflichtet den Antragsteller dazu, die Arbeiten mindestens drei Tage vorher mit dem Sachgebiet Naturschutz und Wasserrecht telefonisch abzustimmen. Ziffer I.4. bestimmt, dass eine Wiederansaat der freigelegten Fläche mit einer handelsüblichen Saatgutmischung nicht erfolgen dürfe. Ziffer I.5. bestimmt weiter, dass nach der weiteren Entwicklung der freigelegten Biotopflächen seitens der Unteren Naturschutzbehörde weitere Wiederherstellungsmaßnahmen wie z.B. eine Rekultivierung der Fläche mit Heudrusch angeordnet werden könne. In Ziffer II. des Bescheids wird dem Antragsteller bei Nichtbeachtung von Ziffer I.1. ein Zwangsgeld in Höhe von 3.000,00 EUR angedroht. Für die Nichtbeachtung der Ziffern I.2. bis I.5. wurde dem Antragsteller jeweils ein Zwangsgeld in Höhe von 1.500,00 EUR angedroht. Ziffer III. des Bescheides ordnet den sofortigen Vollzug der Anordnungen zu Ziffern I.1. bis I.3. und II. an.
Zur Begründung führt das Landratsamt im Bescheid aus, dass der Antragsteller der Eigentümer des Grundstücks Fl.Nr. … der Gemarkung … sei und die Geländeauffüllungen selbst vorgenommen habe. Nach § 17 Abs. 8 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) solle die zuständige Behörde, soweit nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können, die Wiederherstellung des früheren Zustandes anordnen. Die Auffüllungen lägen innerhalb des Landschaftsschutzgebietes „…“, festgesetzt mit Verordnung vom 13. Januar 1984. Gemäß § 3 Abs. 2 der Landschaftsschutzgebietsverordnung seien alle Handlungen verboten, die den Charakter des Gebietes veränderten oder dem Schutzzweck zuwiderliefen. Eine Erlaubnis sei nicht beantragt worden und könne auch nicht erteilt werden, weil die Auffüllungen dem Schutzzweck der Landschaftsschutzgebietsverordnung zuwiderlaufe. Bei der Fläche handle es sich um ein kartiertes Feuchtbiotop (Feuchtwiese) im Sinne von § 30 Abs. 1 BNatSchG. Maßnahmen, die zu einer Zerstörung oder sonstigen erheblichen Beeinträchtigung eines solchen Biotops führen könnten, seien nach § 30 Abs. 2 Nr. 2 BNatSchG verboten. Eine erhebliche Beeinträchtigung oder Zerstörung eines Biotops im Sinne des § 30 Abs. 2 BNatSchG sei grundsätzlich verboten und könne nur ausnahmsweise auf Antrag zugelassen werden, wenn die Beeinträchtigung ausgeglichen werden könne. Ein solcher Ausgleich sei im vorliegenden Fall ausgeschlossen. Durch die erfolgten Auffüllarbeiten sei die ökologische Funktion der Feuchtwiese ganz erheblich beeinträchtigt. Auf den aufgeschütteten Flächen sei die Vegetationsdecke vollständig erstickt. Der Antragsteller habe angegeben, dass eine Auffüllung von 20 cm keiner Genehmigung durch die Untere Naturschutzbehörde bedürfe. Dies sei unzutreffend, da es sich um ein gesetzliches geschütztes Biotop nach § 30 Abs. 1 BNatSchG handle. Dem subjektiven Interesse des Antragstellers an der Intensivierung der landwirtschaftlichen Nutzung stehe das Interesse des Naturschutzes gegenüber. Die Auswirkungen auf das ökologisch besonders wertvolle Biotop stünden in keinem Verhältnis zum vom Antragsteller angestrebten Nutzen. Durch die Aufbringung von standortfremdem Aushubmaterial auf die wechselfeuchten Bodenmulden habe die hierauf spezialisierte ursprüngliche Flora keine Möglichkeit, sich wieder anzusiedeln. Es sei nicht möglich, auf andere Weise rechtmäßige Zustände herzustellen. Die angeordneten Maßnahmen seien dringend und müssten ohne Verzug ausgeführt werden. Je früher die Aufschüttungen aus der Streuwiese entfernt würden, umso größer sei die Chance, dass sich das Biotop trotz eventueller Abschürfschäden mit seiner Flora wieder regeneriere. Daher sei die Anordnung des Sofortvollzugs geboten. Es handle sich um eine ökologisch besonders wertvolle Feuchtfläche, deren Schutz und Erhaltung im dringenden öffentlichen Interesse liege. Die Anordnung der Zwangsgelder stütze sich auf Art. 29, 30, 31 und 36 des Bayerischen Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetzes (VwZVG). Ihre Höhe orientiere sich am wirtschaftlichen Interesse, das der Antragsteller am Unterbleiben der Beseitigung habe. Die zur Beseitigung gesetzte Frist sei angemessen.
Auf den weiteren Inhalt des Bescheides des Landratsamtes … vom 16. November 2018 wird ergänzend verwiesen.
Der Antragsteller hat gegen den vorbezeichneten Bescheid mit Schriftsatz vom 19. Dezember 2018 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg erhoben (Au 9 K 18.2095). Über die vorbezeichnete Klage ist noch nicht entschieden worden.
Ebenfalls mit Schriftsatz vom 19. Dezember 2018 hat der Antragsteller im Wege vorläufigen Rechtsschutzes beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung in Ziffer III. des Bescheides des Landratsamtes … vom 16. November 2018 anzuordnen.
Zur Begründung ist ausgeführt, dass der mit der Klage angegriffene Bescheid rechtswidrig sei und den Antragsteller in seinen Rechten verletze. Der Antragsteller bestreite, dass er rechtswidrig in rechtlich relevantem Umfang Auffüllungen auf dem Grundstück Fl.Nr. … der Gemarkung … vorgenommen habe. Eine Einschränkung durch öffentlich-rechtliche Vorschriften bestehe nicht. Es sei ihm beim Tausch des Grundstückes zugesichert worden, dass das verfahrensgegenständliche Grundstück für eine uneingeschränkte landwirtschaftliche Bewirtschaftung geeignet und nicht öffentlich-rechtlich belastet sei. Der Antragsteller habe lediglich drei kleinere Stellen geringfügig mit reinem Erdreich (Aushub aus einem Telekom-Graben) ausgeglichen. Dies sei auch nach dem Bayerischen Naturschutzgesetz zulässig. Änderungsarbeiten am Grundstück könnten nur nach einer längeren Trockenphase ohne erheblichen Schaden für das Grundstück vorgenommen werden.
Auf den weiteren Vortrag im Klage- und Antragsschriftsatz vom 19. Dezember 2018 wird ergänzend verwiesen.
Mit Schreiben vom 8. Januar 2019 hat der Antragsteller sein Vorbringen ergänzt und vertieft. Das streitgegenständliche Grundstück sei im Grundbuch mit der Bezeichnung „…“ geführt und habe eine Größe von ca. 5.064 m2. Lediglich weniger als 5% dieser Fläche habe der Antragsteller Ende Mai/Anfang Juni 2018 mit Erdreich in einer Höhe von durchschnittlich ca. 10 cm bis 20 cm angeglichen bzw. leicht aufgeschüttet, damit das Grundstück landwirtschaftlich besser genutzt werden könne. Zwischenzeitlich seien die Aufschüttungen selbst mit Pflanzen bewachsen und fielen nicht weiter auf.
Das Landratsamt … ist für den Antragsgegner dem Antrag mit Schriftsatz vom 22. Januar 2019 entgegengetreten und beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung ist ausgeführt, dass der Antragsteller die drei wertvollsten Mulden der streitgegenständlichen Biotopfläche verfüllt habe. Eine Wiederherstellung der Geländemulden und auch des Biotopes sei tatsächlich möglich und rechtfertige den gebotenen Aufwand. Die Bodenverhältnisse unter der Aufschüttung seien unverändert, mutmaßlich seien auch noch keimfähige Samen und Wurzeln, die noch ausschlagen könnten, erhalten. Der mit der Klage bzw. dem Eilantrag angegriffene Bescheid sei rechtmäßig. Im Übrigen wurde auf die Bescheidsbegründung Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und auf die vom Antragsgegner vorgelegte Verfahrensakte verwiesen.
II.
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes bleibt ohne Erfolg. Der Antrag ist auf der Grundlage des § 80 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zwar zulässig, aber unbegründet.
Der vorliegende Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage des Antragstellers (Az. Au 9 K 18.2095) gegen die Beseitigungs- bzw. Wiederherstellungsanordnung des Antragsgegners vom 16. November 2018 (Ziffern I. 1-3 des Bescheids) ist dahingehend auszulegen, dass der Antragsteller die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die im Bescheid angeordnete Entfernungen der Auffüllungen auf dem Grundstück Fl.Nr. … der Gemarkung … (Ziffern I.1 bis I.3.) und die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die insoweit ausgesprochenen Zwangsgeldandrohungen in Ziffer II. des Bescheides begehrt. Hinsichtlich der im Bescheid ausgesprochenen Zwangsgeldandrohungen im Falle der Nichtbeachtung der Ziffern I.1 bis 3 des Bescheids entfällt die aufschiebende Wirkung der Klage gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO i.V.m. Art. 21a VwZVG, so dass die zuständige Kammer den Suspensiveffekt nur anordnen und nicht wiederherstellen kann. Die im Bescheid ausgesprochene Anordnung der sofortigen Vollziehung gegen Ziffer II. des Bescheids geht ins Leere.
1. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der angegriffenen Ordnungsverfügung gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden. Sie entspricht den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO, wonach das Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO schriftlich zu begründen ist. Erforderlich ist dabei eine auf den konkreten Einzelfall abstellende Darlegung des besonderen öffentlichen Interesses daran, dass ausnahmsweise die sofortige Vollziehbarkeit notwendig ist und dass hinter dieses erhebliche öffentliche Interesse das Interesse des Betroffenen, zunächst nicht von den Wirkungen des angegriffenen Verwaltungsakts betroffen zu werden, zurückzutreten hat. Eine solche besondere Dringlichkeit für die Zeit eines möglichen Rechtsbehelfsverfahrens hat der Antragsgegner dargelegt, in dem er auf die ökologisch besonders wertvolle Feuchtfläche verwiesen hat, deren Schutz und Erhaltung im dringenden öffentlichen Interesse liege, und der Tatsache, dass das Feuchtbiotop weiteren Schaden erleiden würde, wenn die vom Antragsteller vorgenommenen Auffüllungen nicht umgehend beseitigt würden.
2. Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann durch das Gericht die aufschiebende Wirkung im Fall des Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO, also insbesondere in Fällen, in denen die sofortige Vollziehung eines Verwaltungsaktes im öffentlichen Interesse von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wurde, ganz oder teilweise wieder hergestellt werden. In den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung der Klage ganz oder teilweise anordnen. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts in einem Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO ergeht auf Grund einer Abwägung der widerstreitenden Interessen. Das sind hier das öffentliche Interesse an einer sofortigen Vollziehung einerseits und das Interesse des Antragstellers, hiervon bis zu einer Entscheidung über seine Klage verschont zu bleiben, andererseits. Ergibt die regelmäßig nur gebotene summarische Prüfung, dass der Rechtsbehelf voraussichtlich erfolglos bleiben wird, besteht im Regelfall ein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes. Ist der Ausgang des Verfahrens in der Hauptsache offen, ist aufgrund einer umfassenden Abwägung zu ermitteln, wessen Interesse für die Dauer des Hauptsacheverfahrens der Vorrang einzuräumen ist.
Die vorzunehmende Abwägung geht hier zu Lasten des Antragstellers aus. Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Überprüfung bestehen keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der für sofort vollziehbar erklärten Anordnungen in Ziffern I.1 bis 3 des Bescheides vom 16. November 2018.
3. Die Wiederherstellungs- bzw. Beseitigungsanordnung in Ziffern I.1. bis I.3. des mit der Klage angegriffenen Bescheids des Antragsgegners vom 16. November 2018 findet ihre Rechtsgrundlage in § 3 Abs. 2 BNatSchG i.V.m. § 17 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG. Nach § 3 Abs. 2 BNatSchG überwachen die für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörden – hier der Antragsgegner – die Einhaltung und Vorschriften dieses Gesetzes und der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Vorschriften und treffen nach pflichtgemäßem Ermessen die im Einzelfall erforderlichen Maßnahmen, um deren Einhalt sicherzustellen, soweit nichts anderes bestimmt ist. Die Vorschrift ist eine als Generalklausel ausgestellte Befugnisnorm, die zum Einen eine präventive Gefahrenabwehr erlaubt und weiter zu Anordnungen ermächtigt, die auf Wiederherstellung eines rechtswidrig veränderten Zustands gerichtet ist. Ergänzend bestimmt § 17 Abs. 8 Satz 1 BNatSchG, dass, sofern ein Eingriff ohne die erforderliche Zulassung oder Anzeige vorgenommen worden ist, die zuständige Behörde die weitere Durchführung des Eingriffs untersagen soll. Nach Satz 2 des § 17 Abs. 8 BNatSchG ist in Fällen, in denen nicht auf andere Weise ein rechtmäßiger Zustand hergestellt werden kann, eine Maßnahme nach § 15 BNatSchG anzuordnen oder die Wiederherstellung des früheren Zustandes anzuordnen.
Bei der im Rahmen eines Antrags auf vorläufigen Rechtsschutz gebotenen summarischen Überprüfung, die angesichts der Eilbedürftigkeit ohne Durchführung eines Ortsaugenscheins erfolgt, lagen die Voraussetzungen für ein Eingreifen des Antragsgegners vor. Vorliegend verstoßen die vom Antragsteller eingeräumten Auffüllungen, deren Einebnung und Neueinsaat auf dem Grundstück Fl.Nr. … der Gemarkung … nach summarischer Prüfung gegen § 30 Abs. 2 BNatSchG, wonach alle Handlungen, die zu einer Störung oder sonst erheblichen Beeinträchtigung eines besonders geschützten Biotops führen können, verboten sind.
Die Kammer geht davon aus, dass es sich bei den Feuchtflächen, in denen der Antragsteller die von ihm selbst eingeräumten Auffüllungen vorgenommen hat, um ein gesetzlich geschütztes Biotop handelt, das gemäß § 30 BNatSchG unter besonderem Schutz steht. Ein Biotop umschreibt nach § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 BNatSchG den Lebensraum einer Lebensgemeinschaft wildlebender Tiere und Pflanzen. Durch § 30 BNatSchG werden Biotope gesetzlich geschützt, die namentlich wegen ihrer Seltenheit, ihrer Gefährdung oder ihrer besonderen Bedeutung als Lebensraum für bestimmte Tier- und Pflanzenarten eines besonderen Schutzes bedürfen (vgl. Hendrischke/Kieß in Schlacke, GK-BNatSchG, 2. Auflage 2017, § 30 Rn. 9). Nach § 30 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG fallen unter den gesetzlichen Schutz von Biotopen, sogenannte Feuchtbiotope, zu denen Moore, Sümpfe, Röhrichte, Großseggenriede, seggen- und binsenreiche Nasswiesen und Quellbereiche gehören. Die unter den Schutz des § 30 BNatSchG fallenden Biotope sind unmittelbar kraft Gesetzes geschützt, so dass auf eine typisierende Betrachtungsweise abzustellen ist. Zur Bestimmung eines Biotops kommt es demnach ausschließlich auf die tatsächlichen Verhältnisse an, d.h. auf eine Fläche, die die charakteristischen Merkmale eines geschützten Biotoptyps erfüllt. Es bedarf hierfür keiner administrativen Unterschutzstellung bzw. konstitutiven Schutzfestsetzung durch Verordnung oder Verwaltungsakt (vgl. Hendrischke/Kieß in Schlacke, a.a.O., § 30 Rn. 9). Soweit § 30 Abs. 7 BNatSchG regelt, dass die gesetzlich geschützten Biotope in einem Verzeichnis registriert und die Registrierung in geeigneter Weise öffentlich jedermann zugänglich gemacht wird, ist diese Registrierung rein deklaratorischer Natur. Sie dient nur der Information des betroffenen Personenkreises (vgl. BayVGH, B.v. 9.8.2012 – 14 C 12.308 – juris Rn. 13). Der Biotopkartierung kommt hierbei eine erhebliche Indizwirkung im Hinblick auf das Vorhandensein eines Biotops zu. Denn es handelt sich um eine von sachkundigen Mitarbeitern einer Naturschutzbehörde erstellte Dokumentation der natürlichen Gegebenheiten.
Nach den im Verfahren unwidersprochen gebliebenen Ausführungen des Antragsgegners ist die von den Auffüllungen des Antragstellers betroffene Feuchtfläche bereits seit 1987 biotopkartiert. Mithin handelt es sich jedenfalls in den von den Auffüllungen betroffenen Teilbereichen um ein gesetzlich geschütztes Biotop im Sinne des § 30 Abs. 2 Nr. 2 BNatSchG. Die Flächen sind als geschütztes Biotop kartiert und in das Verzeichnis für Biotope eingetragen (Biotop-Nr. …).
Der Antragsteller bringt keine hinreichend substantiierten Gründe vor, welche geeignet sind, die erhebliche Indizwirkung der Feststellungen im Rahmen der Biotopkartierung in Zweifel zu ziehen.
Der Antragsteller kann sich weiter auch nicht erfolgreich auf die Rückholklausel des Art. 23 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Bayerisches Naturschutzgesetz (BayNatSchG) berufen. Danach gelten die Verbote nach § 30 Abs. 2 BNatSchG nicht bei gesetzlich geschützten Biotopen, die während der Laufzeit einer vertraglichen Vereinbarung oder der Teilnahme an öffentlichen Programmen zur Bewirtschaftungsbeschränkung entstanden sind, soweit diese innerhalb einer Frist von 15 Jahren nach Beendigung der vertraglichen Vereinbarung oder der Teilnahme an den öffentlichen Programmen wieder einer land-, forst- oder fischereiwirtschaftlichen Nutzung zugeführt werden. Ausweislich der unbestritten gebliebenen Ausführungen des Antragsgegners waren die von den Auffüllungen betroffenen Feuchtflächen bereits seit dem Jahr 1987 und d.h. bereits vor Beginn des Vertragsnaturschutzprogrammes im Jahr 1997 biotopkartiert.
4. Die vom Antragsteller vorgenommenen Auffüllungen haben zu einer erheblichen Beeinträchtigung bzw. Zerstörung des geschützten Biotops geführt und sind nach § 30 Abs. 2 BNatSchG verboten. Unter dem Begriff der sonstigen Beschädigung ist eine erhebliche Beeinträchtigung zu verstehen, die im Gegensatz zur Zerstörung nicht zu einem Verlust, wohl aber zu einer Verminderung des Wertes und der Eignung als Lebensraum für die dort zu findenden Lebensgemeinschaften von Tier- und Pflanzenarten führt. Ausreichend ist dabei die Möglichkeit der Beeinträchtigung, es ist nicht erforderlich, dass der Erfolg der Zerstörung des Biotops sicher eintreten wird.
Der Einwand des Antragstellers, die Auffüllungen seien geringfügig und beträfen nur einen Umfang zwischen 10 cm bis 20 cm geht insofern fehl, als § 30 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG Handlungen, die zu einer Zerstörung oder einer sonstigen erheblichen Beeinträchtigung der in Abs. 2 genannten Biotope führen können, generell verbietet. Auch die vom Antragsteller behauptete Unkenntnis von der Eigenschaft als Biotop im Sinn des § 30 BNatSchG ist nicht geeignet, den Antragsteller zu exkulpieren. Da es sich bei § 30 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG um ein gesetzliches Verbot handelt, ist die subjektive Unkenntnis bzw. Kenntnis unerheblich. Da die Biotopkartierung der Information der betroffenen Personenkreise dient, wäre es am Antragsteller gelegen, sich vor Durchführung des Grundstückstausches im Jahr 2018 von den gesetzlich bestehenden Beschränkungen in der Nutzbarkeit des Grundstückes Kenntnis zu verschaffen. Sofern der Antragsteller das offensichtlich unterlassen hat, kann dies nicht dazu führen, dass die von ihm in Unkenntnis der Biotopeigenschaft getätigten Auffüllungen im Grundstück verbleiben dürfen und eine Zerstörung des Feuchtbiotops zur Folge haben.
Diese Maßstäbe zugrunde gelegt sind die Auffüllungen des Antragstellers, die erfolgte Einsaat und die Nährstoffanreicherung durch Düngung kraft Gesetzes verboten, da die Vornahme dieser Handlungen es zumindest möglich erscheinen lassen, dass der Wert und die Eignung der Flächen als Lebensraum für die schutzwürdigen Pflanzenarten gemindert, wenn nicht gar vollständig zerstört wird. Damit liegen aber die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahme nach § 30 Abs. 3 BNatSchG nicht vor, wonach von den Verboten des § 30 Abs. 2 BNatSchG auf Antrag eine Ausnahme zugelassen werden kann, wenn die Beeinträchtigungen ausgeglichen werden können. Mit den getätigten Auffüllungen des Antragstellers sind die insoweit hiervon betroffenen Feuchtflächen, deren Erhalt § 30 Abs. 2 Nr. 2 BNatSchG fordert, ihrer gesetzlich geschützten Funktion als seggen- und binsenreiche Nasswiese beraubt worden. Ein Ausgleich im Sinne des § 30 Abs. 3 BNatSchG scheidet insoweit aus. Um dem Schutzzweck des § 30 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG Rechnung zu tragen, verblieb dem Antragsgegner daher vielmehr nur die Möglichkeit der Anordnung der umgehenden Beseitigung der Auffüllungen zur Wiederherstellung des gesetzlich geschützten Biotops.
Der Antragsteller kann demgegenüber nicht vorbringen, dass die Auffüllungen die Erleichterung der Bewirtschaftung des Grundstücks zur Folge habe. Insoweit ist darauf zu verweisen, dass der Biotopschutz nach § 30 BNatSchG eine vorrangige und spezielle Regelung gegenüber der landwirtschaftlichen Bodennutzung darstellt (§ 14 Abs. 2 BNatSchG) (vgl. Hendrischke/Kieß in Schlacke, a.a.O., § 30 Rn. 18).
5. Der Bescheid unterliegt auch keinen Ermessensfehlern. Der Antragsgegner hat von dem ihm insoweit eingeräumten Ermessen unter sachgerechter Abwägung der insoweit zu berücksichtigenden Umstände zweckentsprechend Gebrauch gemacht. Insbesondere ist die angeordnete Maßnahme – Beseitigung der Auffüllungen – geeignet, die Leistungsfähigkeit des Biotops weitestgehend zu erhalten; sie ist insoweit auch erforderlich. Des Weiteren unterliegt sie auch unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten keinen Bedenken, denn ein den Antragsteller weniger belastendes geeignetes Mittel ist nicht ersichtlich. Insoweit rechtfertigt die Beachtung der die Interessen der Allgemeinheit schützenden Bestimmungen des Naturschutzrechtes grundsätzlich auch erhebliche Nachteile zu Lasten der Eigentümer der entsprechenden Grundstücke.
6. Ebenfalls erfolglos bleibt der Antrag in Bezug auf die in Ziffer II. des Bescheides ausgesprochenen Zwangsgeldandrohungen für die sofort vollziehbaren Verpflichtungen des Antragstellers. Diese finden ihre Rechtsgrundlage jeweils in Art. 29, 31 und 36 VwZVG. Die Zwangsgelder sind bezogen auf die einzelnen Verpflichtungen des Antragstellers hinreichend bestimmt im Sinn von Art. 37 Abs. 1 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) und halten sich jeweils im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung in Art. 31 VwZVG. Die Höhe der Zwangsgelder begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Qualifizierte Einwände gegen die Zwangsgeldandrohungen hat der Antragsteller auch nicht vorgebracht.
7. Nach allem wird die Klage des Antragstellers gegen die Anordnungen des Landratsamtes … vom 16. November 2018, soweit sie Gegenstand des Eilverfahrens sind (Ziffern I.1 bis 3 und dazu gehörige Zwangsgeldandrohungen in Ziffer II) voraussichtlich ohne Erfolg bleiben. Die vorzunehmende Interessenabwägung geht damit zu Lasten des Antragstellers mit der Folge, dass dessen Antrag abzulehnen war. Das Gericht weist darauf hin, dass dem Antragsteller infolge Zeitablaufs unter Berücksichtigung von Vegetation und Witterung eine erneute Frist zur Beseitigung der Auffüllungen zu setzen ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Als im Verfahren unterlegen hat der Antragsteller die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG) i.V.m. Nr. 1.5 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (BayVBl – Sonderbeilage Januar 2014). Der in der Hauptsache gebotene Streitwert in Höhe von 5.000,00 EUR war demnach im Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren.