Aktenzeichen RO 1 K 16.802
BGB BGB § 839
GG GG Art. 33 Abs. 2, Art. 34
SG SG § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 Nr. 2, § 40 Abs. 1, Abs. 2
SLV SLV § 17
Leitsatz
1 Rechtsstreitigkeiten im Beamten- bzw. Soldatenrecht erledigen sich regelmäßig mit dem Eintritt des Beamten in den Ruhestand oder durch dessen bestandskräftige Entlassung aus dem Beamtenverhältnis. Wurde die Bewerbung eines Beamten, Richters oder Soldaten abschlägig beschieden, erledigt sich der um eine Beförderungsauswahl geführte Rechtsstreit mit der anderweitigen endgültigen Besetzung der angestrebten Stelle, weil Beförderung und Besetzung der Stelle nicht mehr rückgängig gemacht werden dürfen. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
2 Die nicht erfolgte Umwandlung des Dienstverhältnisses eines Soldaten auf Zeit in das eines Berufssoldaten führt (lediglich) dazu, dass die Dienstzeit des Klägers als Soldat auf Zeit zu dem vorgesehenen Zeitpunkt endet und begründet allein deshalb kein Rehabilitationsinteresse. (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)
3 Ein Anspruch auf Schadenersatz wegen unterbliebener Umwandlung des Dienstverhältnisses eines Soldaten auf Zeit in das eines Berufssoldaten ist offensichtlich aussichtslos, wenn nicht substantiiert vortragen wird, worin der Schaden bestehen soll und in welcher Höhe er entstanden ist. (Rn. 36) (redaktioneller Leitsatz)
4 Einem Schadensersatzbegehren steht entgegen, dass der Soldat seiner Schadensabwendungspflicht nicht hinreichend nachgekommen ist, weil er nicht um vorläufigen Rechtsschutz auf Untersagung der Ernennung der Mitbewerber nachgesucht hat. (Rn. 38) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist in Ziffer II. vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die Entscheidung ergeht gem. § 101 Abs. 2 VwGO im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.
Die Fortsetzungsfeststellungsklage gem. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog mit der der Klägers die Feststellung begehrt, dass die Ablehnung der Umwandlung seines Dienstverhältnisses als Soldat auf Zeit in das eines Berufssoldaten für das Auswahljahr 2009 rechtswidrig gewesen ist, ist bereits unzulässig.
Nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO spricht das Gericht, auch wenn sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt hat, auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. Die gesetzliche Regelung betrifft den „Normallfall“ einer zunächst erhobenen Anfechtungsklage und eines Erledigungseintritts nach Klageerhebung. Es ist in der Rechtsprechung zudem anerkannt, dass diese Feststellung auch bei einer Verplichtungsklage und – unter strengeren Voraussetzungen – einem Erledigungseintritt vor Klageerhebung getroffen werden kann (vgl. Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 113 Rn. 84).
Der Kläger hat vorliegend zunächst eine Verpflichtungsklage i.S. von § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO mit dem Antrag erhoben, den Bescheid der Beklagten vom …2010 in Gestalt des Beschwerdebescheids vom …2010 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Kläger in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten zu übernehmen. Nachdem der Kläger zum 31.12.2012 aus dem Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit ausgeschieden ist, hat der Kläger zuletzt beantragt, festzustellen, dass der Bescheid der Stammdienststelle der Bundeswehr vom …2010 in der Gestalt des Beschwerdebescheids rechtswidrig gewesen ist. Dies stellt eine zulässige Klageänderung dar, die nicht an den Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Klageänderung i.S.v. § 91 VwGO zu messen ist.
Der Kläger besitzt aber kein berechtigtes Interesse i.S.d. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO an der begehrten Feststellung.
Es spricht vorliegend viel dafür, dass sich der Rechtsstreit bereits vor Klageerhebung am 23.12.2010 mit der Auswahl der Bewerber erledigt hat, denn dadurch war das Auswahlverfahren des beantragten Auswahljahres 2009 abgeschlossen. Rechtstreitigkeiten im Beamtenbzw. Soldatenrecht erledigen sich regelmäßig mit dem Eintritt des Beamten in den Ruhestand oder durch dessen bestandskräftige Entlassung aus dem Beamtenverhältnis. Wurde die Bewerbung eines Beamten, Richters oder Soldaten abschlägig beschieden, erledigt sich der um eine Beförderungsauswahl geführte Rechtsstreit mit der anderweitigen endgültigen Besetzung der angestrebten Stelle, weil Beförderung und Besetzung der Stelle nicht mehr rückgängig gemacht werden dürfen. Dies gilt allerdings dann nicht, wenn die Behörde den Bewerber unter Verstoß gegen eine den Beförderungsanspruch sichernde einstweilige Anordnung befördert hat. Der Stattgabe der Klage steht in diesem Fall das Fehlen einer besetzbaren Planstelle nicht entgegen; diese ist erforderlichenfalls neu zu schaffen (vgl. Schmidt in Eyermann, a.a.O.,§ 113 Rn. 80). Eine Sicherung seines Anspruchs im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO hat der Kläger vorliegend nicht ergriffen, weder um den Abschluss des Verfahrens für das Auswahljahr 2009 noch um sein Ausscheiden aus dem Zeitsoldatenverhältnis zu verhindern. Die vom Kläger erhobene Verpflichtungsklage hat insoweit keine aufschiebende Wirkung und verhindert eine endgültige Stellenbesetzung oder Umwandlung von Zeitsoldatenin Berufssoldatenverhältnisse nicht. Die Beklagte verweist insoweit zutreffend (unter Bezugnahme auf ihre interne Anweisung BMVg R II 2 vom 19.4.2016, Az. R II 2 – DL 1026/15) darauf, dass eine rückwirkende Umwandlung in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten nach § 41 Abs. 2 SG rechtlich unmöglich ist.
Es kann vorliegend aber dahingestellt bleiben, ob sich das Klagebegehren erst mit dem Ausscheiden des Klägers aus dem Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit zum 31.12.2012 oder bereits schon früher mit der Ernennung der ausgewählten Bewerber im Auswahljahr 2009 als Berufssoldaten erledigt hat. Denn im vorliegenden Verfahren ist keine der von der Rechtsprechung anerkannten Fallgruppen, in denen ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse bejaht wird, einschlägig.
Der Kläger kann keine Wiederholungsgefahr geltend machen, nachdem zum einen das Auswahlverfahren für das Jahr 2009 abgeschlossen ist und auch für spätere nachfolgende Auswahlverfahren in jedem Jahr andere Rahmenbedingungen gelten. Zum anderen ist der Kläger bereits aus dem Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit bei der Beklagten ausgeschieden. Die Umwandlung des Dienstverhältnisses eines Soldaten auf Zeit in das eines Berufssoldaten setzt, wie sich aus § 4 Abs. 1 Nr. 2 SG und dem dort verwendeten Begriff „Umwandlung“ ergibt, zwingend ein noch fortbestehendes aktives Dienstverhältnis als Soldat auf Zeit voraus (vgl. BVerwG, U.v. 13.12.2012, 2 C 11.11; BayVGH, B.v. 8.7.2015, 6 ZB 15.276). In eine vergleichbare Situation, in der er erneut mit einer gleichgelagerten Entscheidung rechnen muss, kann der Kläger damit nicht kommen.
Weiterhin hat der Kläger auch kein Rehabilitationsinteresse, da sein Ansehen nicht durch die angegriffenen Bescheide herabgesetzt worden ist und auch die Nichtübernahme seiner Person als Berufssoldat für ihn in zukünftigen Bewerbungsgesprächen nicht rechtsschädlich ist, auch liegt ersichtlich kein schwerwiegender Grundrechtseingriff vor. Ein Rehabilitationsinteresse kann durch diskriminierendes Verwaltungshandeln und dem innewohnende Beeinträchtigungen des Persönlichkeitsrechts oder sonstiger grundrechtsgeschützter ideeller Interessen ausgelöst werden. Dies kann insbesondere der Fall sein, wenn sich die Maßnahme nachteilig auf die weitere berufliche Entwicklung des Beamten auswirken kann. Entscheidend ist, ob die Maßnahme den Betroffenen objektiv in seinem Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt, nicht der subjektive Eindruck des Betroffenen. Allein die Rechtswidrigkeit einer beamtenrechtlichen Auswahlentscheidung ist grundsätzlich nicht diskriminierend.
Gemessen an diesen Vorgaben besteht hier kein Rehabilitationsinteresse. Die nicht erfolgte Umwandlung des Dienstverhältnisses in das eines Berufssoldaten führt (lediglich) dazu, dass die Dienstzeit des Klägers als Soldat auf Zeit zu dem vorgesehenen Zeitpunkt endet. Dies ist ein völlig normaler Verlauf der Dinge, dass die Mehrzahl der Soldaten auf Zeit aus eben diesem Dienstverhältnis ausscheidet. Von einem „Bruch“ im Lebenslauf oder einem „Makel“ kann daher bei der gebotenen objektiven Betrachtung keine Rede sein. Vor diesem Hintergrund ergibt sich auch aus der (Mit-)Betroffenheit grundrechtsgleicher Rechte aus Art. 33 Abs. 2 GG kein diskriminierender, nach Rehabilitation verlangender Charakter der streitbefangenen Entscheidung der Beklagten (vgl. insoweit auch OVG NRW, B.v. 10.5.2016, 1 A 2421/14, Rn. 10 ff. m.w.N.).
Soweit der Kläger vorträgt, er beabsichtige, Schadensersatzansprüche wegen der unterbliebenen Umwandlung seines Dienstverhältnisses eines Soldaten auf Zeit in das eines Berufssoldaten geltend zu machen, begründet auch dies kein berechtigtes Interesse (im Sinne eines Präjudizinteresses) an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts.
Soll die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines Verwaltungshandelns der Vorbereitung eines Amtshaftungs- oder sonstigen Entschädigungsprozesses vor den ordentlichen Gerichten dienen, so kann auch dies ein berechtigtes Interesse für die Zulässigkeit einer Fortsetzungsfeststellungsklage begründen. Es genügt dabei die ernstliche Absicht, einen Schadensersatzanspruch wegen Amtspflichtverletzung (§ 839 BGB i. V. mit Art. 34 GG) bei den ordentlichen Gerichten geltend zu machen. Für die Zulässigkeit des Fortsetzungsfeststellungsbegehrens bei dieser Konstellation sprechen die allgemeinen, dieses Institut rechtfertigenden Gründe, zudem aber auch im besonderen Maße Gründe der Prozessökonomie. Auch in diesem Fall muss der Kläger sein Feststellungsinteresse substantiiert darlegen und insbesondere geltend machen, ob und gegen wen er Schadensersatzklage erheben will. Außerdem sind konkrete Angaben über den Schaden erforderlich.
Die bloße Absicht, einen Amtshaftungsprozess zu führen, begründet jedoch dann kein Feststellungsinteresse, wenn dieser offensichtlich aussichtslos ist. Bei der Prüfung dieses Ausschlusskriteriums ist ein strenger Maßstab anzulegen. Offensichtliche Aussichtslosigkeit in diesem Sinn liegt also nur vor, wenn ohne eine ins Einzelne gehende Prüfung erkennbar ist, dass der behauptete zivilrechtliche Anspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt besteht. Offensichtliche Aussichtslosigkeit ist auch dann anzunehmen, wenn kein Schaden eingetreten ist oder wenn der geltend gemachte Schaden durch mit dem Schadensereignis adäquat ursächlichen Zusammenhang stehende Vorteile ausgeglichen ist oder wenn der Schadensersatzanspruch verjährt ist (vgl. Schmidt in Eyermann, a.a.O. § 113 Rn. 87 ff.).
Der vom Kläger begehrte Schadensersatzanspruch ist offensichtlich aussichtslos, da er selbst nicht substantiiert vortragen konnte, worin sein Schaden durch die Nichtumwandlung seines Dienstverhältnisses bestehen soll und in welcher Höhe ihm ein Schaden entstanden sei. Der Kläger führte zuletzt mit Schreiben vom …2016 aus, dass ein finanzieller Schaden derzeit nicht bezifferbar sei. Die bloße Möglichkeit eines Anspruchs auf Schadensersatz begründet jedoch wie bereits oben ausgeführt nicht das nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO erforderliche Feststellungsinteresse. Voraussetzung ist vielmehr, dass eine Klage auf Schadensersatz oder Entschädigung bereits anhängig ist oder ihre alsbaldige Erhebung mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist; es muss also bereits ein entsprechendes Verfahren konkret in die Wege geleitet worden sein (vgl. OVG NRW, B.v. 10.5.2016, 1 A 2421/14, Rn. 7 m.w.N.)
Daran ändert auch der bei der Beklagten gestellte Antrag auf laufbahnrechtliche Schadlosstellung nichts. Dem Kläger sind nämlich durch die unterbliebene Übernahme in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten keine laufbahnrechtlichen Nachteile entstanden. Die Beförderung der Soldaten in die Dienstgrade der Unteroffiziere mit Portepee (Feldwebeldienstgrade) erfolgt nach den Ausführungen der Beklagten nach § 17 Soldatenlaufbahnverordnung (SLV) in Verbindung mit der zentralen Dienstvorschrift (ZDv) A-1340/49 unabhängig vom Status. Weder im Gesetz noch in der Dienstvorschrift ist somit das Erfordernis eines Berufssoldaten angeführt. Der Unterschied zwischen Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit ist ein statusrechtlicher, aber kein laufbahnrechtlicher. Mit dem Statuswechsel geht weder eine Beförderung einher, noch ist sie dafür Voraussetzung. Die Übernahme in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten führt auch nicht dazu, dass ein Soldat einen anderen Dienstposten besetzt. Das Gegenteil ist in der Regel der Fall, da die Soldaten in Dienstgraden der Feldwebel bis Staatsfeldwebel meist gebündelte Dienstposten der BesGr A 07 bis A 09 besetzen.
Dem Schadensersatzbegehren des Klägers steht zudem entgegen, dass er seiner Schadensabwendungspflicht nicht hinreichend nachgekommen ist. Nach der Mitteilung der Beklagten mit Bescheid vom 17.8.2010, dass sein Dienstverhältnis eines Zeitsoldaten nicht in das eines Berufssoldaten umgewandelt werde, hat der Kläger zwar eine Klage, aber keinen Eilrechtsschutzantrag nach § 123 VwGO erhoben. Die im Auswahljahr 2009 ausgewählten und zu Berufssoldaten ernannten Bewerber waren danach statusrechtlich abgesichert, ihre Rechtsposition konnte nicht mehr rückgängig gemacht werden. Ebenso hat der Kläger keinen (Eil-)Rechtsschutz ergriffen, um sein späteres Ausscheiden aus dem Zeitsoldatenverhältnis bei der Beklagten zum 31.12.2012 und damit die rechtliche Unmöglichkeit zu verhindern, sein Zeitsoldatenverhältnis in ein Berufssoldatenverhältnis umzuwandeln. Insoweit hätte der Kläger auch zur Wahrung seiner Rechte rechtzeitig die Verlängerung seiner Dienstzeit als Soldat auf Zeit durch eine freiwillige Weiterverpflichtungserklärung nach § 40 Abs. 2 SG beantragen können. Aufgrund freiwilliger Weiterverpflichtung kann die Dauer der Berufung innerhalb der Grenzen des § 40 Abs. 1 SG, grundsätzlich also längstens bis zu einer Dienstzeit von 25 Jahren und der gesetzlichen Altersgrenze, verlängert werden. Hätte die Beklagte trotz rechtzeitiger Abgabe einer solchen Erklärung die Dienstzeitverlängerung abgelehnt, wäre hiergegen ebenso gerichtlicher Rechtsschutz möglich und zumutbar gewesen (vgl. BayVGH, B.v. 30.6.2016, 6 CE 16.678).
Schließlich spricht auch viel dafür, dass der vom Kläger beabsichtigte Schadensersatzanspruch mittlerweile bereits verjährt ist. Nach § 199 BGB analog beginnt die hier einschlägige regelmäßige Verjährungsfrist von 3 Jahren (§ 195 BGB analog) mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Auch eine Hemmung der Verjährung durch Verhandlungen (§ 203 BGB analog) bzw. durch eine Rechtsverfolgung (§ 204 BGB analog) ist vorliegend nicht ersichtlich. Der Antrag auf laufbahnrechtliche Schadlosstellung vom …2016 ist erst am …2016 bei der Beklagten eingegangen.
Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.