Zivil- und Zivilprozessrecht

Anteilige Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr

Aktenzeichen  10 U 771/15

Datum:
13.1.2017
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
RVG VV Nr. 3100 Vorb. 3 Abs. 4

 

Leitsatz

Ist nach der Vorbemerkung 3 Abs. 4 zu Nr. 3100 VV RVG eine wegen desselben Gegenstands entstandene Geschäftsgebühr anteilig auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens anzurechnen, so vermindert sich nicht die bereits entstandene Geschäftsgebühr, sondern die in dem anschließenden gerichtlichen Verfahren anfallende Verfahrensgebühr (ebenso BGH BeckRS 2007, 06510). (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

33 O 390/13 2015-02-05 Endurteil LGDEGGENDORF LG Deggendorf

Tenor

I.
Auf die Berufung des Klägers vom 27.02.2015 wird das Endurteil des LG Deggendorf vom 05.02.2015 (Az. 33 O 390/13) in Nr. 2 abgeändert und insoweit wie folgt neu gefasst:
2. Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger weitere 2.499,71 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagten werden weiter verurteilt, samtverbindlich den Kläger von der Inanspruchnahme durch seinen Prozessbevollmächtigten hinsichtlich vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von weiteren 565,84 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 15.10.2013 freizustellen. Der Beklagte zu 2) wird darüber hinaus verurteilt, den Kläger von der Inanspruchnahme durch seinen Prozessbevollmächtigten hinsichtlich weiterer Zinsen aus 565,84 € in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz für die Zeit vom 13.10.2013 bis zum 14.10.2013 freizustellen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger 22% und die Beklagten samtverbindlich 78%.
III.
Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

A. Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird abgesehen (§§ 540 II, 313 a I 1 ZPO i. Verb. m. § 26 Nr. 8 EGZPO).
B. Nachdem die Beklagten die von ihnen eingelegte Berufung auf den Hinweis des Senats vom 19.07.2016 (Bl. 144/152 d. A.) zurückgenommen haben und die Berufung des Klägers mit Beschluss vom 18.10.2016 (Bl. 161/162 d. A.) zurückgewiesen wurde, soweit nicht der Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Freistellung von weiteren vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.194,46 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 13.10.2013 beantragt hat, waren Gegenstand des Berufungsverfahrens nur mehr letztere sowie die Kostenentscheidung. Hinsichtlich der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten, die vorprozessual in Höhe von 750,00 € erstattet wurden, haben die Parteien den Rechtsstreit nach Zahlung weiterer 628,62 € zuzüglich Zinsen seitens der Beklagten zu 1) übereinstimmend für erledigt erklärt (Schriftsätze der Beklagten vom 04.11.2016, Bl. 165 d. A. und der Klagepartei vom 14.10.2016, Bl. 160 d. A.).
I. Die statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte und begründete, somit zulässige Berufung der Klagepartei hat soweit noch anhängig in der Sache Erfolg.
Ausgehend von einem zwischen den Parteien nicht mehr streitigen insgesamt berechtigten (vorgerichtlichen) Gegenstandswert von 57.715,81 € und der vom Landgericht zugrunde gelegten 1,5 Gebühr, deren Berechtigung auch von den Beklagten in der Berufungserwiderung nicht mehr in Frage gestellt wird, errechnen sich inklusive Auslagenpauschale und der weiteren Auslagen sowie Umsatzsteuer 2.055,13 €.
Ist nach der Vorbemerkung 3 Abs. 4 zu Nr. 3100 VV RVG eine wegen desselben Gegenstands entstandene Geschäftsgebühr anteilig auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens anzurechnen, so vermindert sich nicht die bereits entstandene Geschäftsgebühr, sondern die in dem anschließenden gerichtlichen Verfahren anfallende Verfahrensgebühr, es ist daher entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten (vgl. Schriftsatz vom 28.11.2016, S. 2) der volle Gebührensatz zugrunde zu legen (BGH NJW 2007, 2049 = DAR 2007, 493).
Von dem o.g. Betrag i. H. v. 2.055,13 € abzuziehen sind die vorprozessual bezahlten 750,00 €. In Höhe der verbleibenden 1.305,13 € hätte das Erstgericht die Beklagten verurteilen müssen. Berufung wurde jedoch nur hinsichtlich weiterer 1.194,46 € eingelegt. Abzüglich der in Höhe von 628,62 € (nebst Zinsen) erfolgten übereinstimmenden Teilerledigungserklärung verbleiben 565,84 €.
Hinsichtlich der – wie beantragt ab Rechtshängigkeit zuzusprechenden – Zinsen war zu beachten, dass die Zustellung der Klage an die beiden Beklagten an unterschiedlichen Tagen erfolgt ist, nämlich an die Beklagte zu 1) am 14.10.2013 und an den Beklagten zu 2) am 12.10.2013.
II. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 I 1 Fall 2, 91 a, 516 III, 100 IV ZPO. Eine Änderung der Kostenverteilung erster Instanz ist nicht veranlasst. Im Berufungsverfahren waren der Klagepartei die Kosten aufzuerlegen, soweit sie unterlegen und die Berufung zurückgewiesen wurde. Die Beklagten haben die Kosten des Berufungsverfahrens im Umfang der Berufungsrücknahme zu tragen und soweit sie unterlagen. Hinsichtlich der übereinstimmenden Teilerledigungserklärung ist maßgeblich der voraussichtliche Ausgang des Rechtsstreits. Insoweit hätte die Klagepartei, wie dargelegt, obsiegt.
III. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO i. Verb. m. § 26 Nr. 8 EGZPO.
IV. Die Revision war nicht zuzulassen. Gründe, die die Zulassung der Revision gem. § 543 II 1 ZPO rechtfertigen würden, sind nicht gegeben. Mit Rücksicht darauf, dass die Entscheidung einen Einzelfall betrifft, ohne von der höchst- oder obergerichtlichen Rechtsprechung abzuweichen, kommt der Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung zu noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

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