Zivil- und Zivilprozessrecht

Brauchbarkeitsprüfung, Hundesteuersatzung, Widerspruchsbescheid, Steuerermäßigung, Verwaltungsgerichte, Befähigung zum Richteramt, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Ausübung, Rechtsmittelbelehrung, Streitwertbeschwerde, Streitwertfestsetzung, Streitwertkatalog, wiederkehrende Leistungen, Widerspruchsgebühr, Hundehaltung, Tatbestandsvoraussetzungen, Klageabweisung, Prozeßkostenhilfeverfahren, Kreisangehörige Gemeinde, Gemeindegebiet

Aktenzeichen  W 8 K 20.1114

Datum:
1.3.2021
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 6952
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 68
VwGO § 70
VwGO § 113 Abs. 1 S. 1
Hundesteuersatzung der Gemeinde Schonungen

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Gründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Der Hundesteuerbescheid der Beklagten vom 28. April 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamtes S. vom 11. August 2020 ist im angegriffenen Umfang rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Die Beklagte hat die Hundesteuer für den von der Klägerin gehaltenen Hund richtigerweise auf 45,00 EUR jährlich festgesetzt, wie das Landratsamt S. bereits im Widerspruchsbescheid vom 11. August 2020 in der Sache zutreffend ausgeführt hat, worauf im Einzelnen Bezug genommen werden kann (§ 117 Abs. 5 VwGO).
Das Vorbringen der Klägerin im Klageverfahren und der mündlichen Verhandlung führt zu keiner abweichenden Sichtweise.
Im Einzelnen:
1. Die Klage ist zulässig.
Insbesondere wurde ein ordnungsgemäßes Vorverfahren nach § 68 ff. VwGO durchgeführt. Die Klägerin hat am 7. Mai 2020 form- und fristgerecht Widerspruch bei der Beklagten gegen den Hundesteuerbescheid erhoben. Das handschriftlich unterschriebene Telefax genügt dem Schriftformerfordernis aus § 70 Abs. 1 VwGO (vgl. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl. 2018, § 70 Rn. 2; Dolde/Porsch in Schoch/Schneider, VwGO, 39. EL Juli 2020, § 70 Rn. 6a).
2. Die Klage ist nicht begründet.
Der Hundesteuerbescheid vom 28. April 2020 sowie der hierzu ergangene Widerspruchsbescheid vom 11. August 2020 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Klägerin ist zur Zahlung einer jährlichen Hundesteuer von 45,00 EUR verpflichtet. Die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Steuerermäßigung um die Hälfte liegen nicht vor.
Die Klägerin hält einen über vier Monate alten Hund im Gemeindegebiet der Beklagten und unterliegt deshalb der Hundesteuerpflicht nach § 1 Hundesteuersatzung mit einem Steuersatz von 45,00 EUR (§ 5 Abs. 1 Hundesteuersatzung).
Die Hundesteuer ist für den von der Klägerin gehaltenen Hund nicht nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Hundesteuersatzung ermäßigt, da er derzeit keine Brauchbarkeitsprüfung nach § 21 AVBayJG mit Erfolg abgelegt hat.
Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Hundesteuersatzung ist die Steuer unter anderem um die Hälfte ermäßigt für Hunde, die von Inhabern eines Jagdscheins ausschließlich oder überwiegend zur Ausübung der Jagd oder des Jagd- oder Forstschutzes gehalten werden, sofern nicht die Haltung steuerfrei ist. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Hs. 2 Hundesteuersatzung tritt die Steuerermäßigung für Hunde, die zur Ausübung der Jagd gehalten werden, nur ein, wenn sie die Brauchbarkeitsprüfung nach § 21 AVBayJG mit Erfolg abgelegt haben.
Die Satzungsregelegung ist bei einer inzidenten Prüfung im Ergebnis nicht zu beanstanden. Insbesondere ist der Nachweis durch eine Brauchbarkeitsprüfung in § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Mustersatzung zur Erhebung einer Hundesteuer des Bayerischen Staatsministeriums des Innern für Sport und Integration vom 28. Juli 2020 ausdrücklich vorgesehen. Für den steuerrechtlichen Nachweis der Haltung eines Hundes zu Jagdzwecken ausschließlich eine Brauchbarkeitsprüfung nach § 21 AVBayJG zu fordern, ist Ausfluss der gemeindlichen Satzungshoheit, welche im kommunalen Selbstverwaltungsrecht aus Art. 28 Abs. 2 GG, Art. 10, 11 BV fußt und im Ergebnis nicht zu beanstanden. Es handelt sich um ein sachgerechtes und zumutbares Merkmal zum steuerrechtlichen Nachweis der Jagdnutzung eines Hundes. Die zitierte Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg (U.v. 21.3.2006 – RN 2 K 05.782) führt zu keiner abweichenden Sichtweise. Wenn dort gegenüber dem Freistaat Bayern festgestellt wird, dass auch mit einem Hund, welcher keine Brauchbarkeitsprüfung nach § 21 AVBayJG oder gleichgestellte Prüfung abgelegt hat, die Jagd rechtmäßig ausgeführt werden kann, so trifft diese jagdrechtliche Beurteilung keine Aussage über die hier zu entscheidende kommunalabgabenrechtliche Streitfrage. Es geht nicht um die rechtmäßige Jagdausübung, sondern vielmehr allein um die Art und Weise des Nachweises einer Hundehaltung zu Jagdzwecken gegenüber der Beklagten als Gläubigerin der Hundesteuerforderung und nicht gegenüber einer Jagdbehörde, welche die Beklagte als kreisangehörige Gemeinde nicht ist (Art. 49 Abs. 2 BayJG). Vor diesem Hintergrund ist es auch unter Berücksichtigung des Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) zulässig, wenn die Beklagte zum Zwecke der Vereinfachung und aufgrund ihrer fehlenden jagdrechtlichen Sachkunde allein auf die Brauchbarkeitsprüfung nach § 21 AVBayJG zum Nachweis der Hundehaltung zu Jagdzwecken abstellt.
Diese Voraussetzung liegt beim Hund der Klägerin unstreitig nicht vor. Der von ihr gehaltene Dackel wird zwar nach eigenen Angaben ausschließlich zur Jagd geführt, jedoch hat er keine Brauchbarkeitsprüfung nach § 21 AVBayJG mit Erfolg abgelegt wie von § 6 Abs. 1 Nr. 2 Hs. 2 Hundesteuersatzung gefordert.
Eine Auslegung der Hundesteuersatzung führt zu keinem anderen Ergebnis. § 6 Abs. 1 Nr. 2 Hs. 2 Hundesteuersatzung nimmt generell Bezug auf Hunde, die zur Ausübung der Jagd gehalten werden und differenziert nicht zwischen solchen, die ausschließlich oder aber überwiegend zur Ausübung der Jagd gehalten werden. Hunde, welche überhaupt nicht zur Ausübung der Jagd gehalten werden bzw. von ihrer Rassezugehörigkeit hierfür unter Umständen in Frage kämen, sind bereits vom Befreiungstatbestand nicht erfasst, weshalb eine Auslegung der Satzung in dem Sinne, dass eine Brauchbarkeitsprüfung nur bei solchen Hunden zum Nachweis zu fordern ist, ausscheidet. Bei einer Auslegung der Satzungsregelung anhand ihres klaren Wortlauts, ist bei dem Hund der Klägerin der Ermäßigungstatbestand des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Hs. 2 Hundesteuersatzung nicht erfüllt. Auch unter Berücksichtigung des Sinns und Zwecks, nämlich des eindeutigen abgabenrechtlichen Nachweises dafür, dass der entsprechende Hund tatsächlich zur Jagd gehalten wird, ist es unschädlich und konsequent, dass eine Brauchbarkeitsprüfung generell für alle Hunde, die zu Jagdzwecken gehalten werden, zum Nachweis gefordert wird. Es erschließt sich der Kammer nicht, weshalb vom Sinn und Zweck der Satzungsregelung ausgehend, eine Unterscheidung beim Nachweis der Jagdnutzung vorgenommen werden sollte bzw. müsste, wie die Klägerin meint. Vielmehr bemängelt die Klägerin in der Sache, dass die Satzung keine andere Möglichkeit des Nachweises vorsieht bzw. das von ihr vorgelegte Schreiben der F. GmbH nicht zum Nachweis der Brauchbarkeit ihres Hundes für die Jagd akzeptiert wird. Dies ist aber noch obigen Ausführungen nicht zu beanstanden. Allenfalls käme eine Auslegung der Satzung dahingehend in Betracht, dass neben der Brauchbarkeitsprüfung auch eine ihr gleichgestellte Prüfung (vgl. § 21 Abs. 1 AVBayJG) zum Nachweis im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Hs. 2 Hundesteuersatzung ausreicht, wenn man davon ausgeht, dass dies so durch die globale Bezugnahme auf § 21 AVBayJG trotz der alleinigen textlichen Nennung der Brauchbarkeitsprüfung, nicht ohnehin bereits vom Wortlaut der Satzung umfasst ist. Dies braucht an dieser Stelle aber nicht weiter vertieft werden, da die Klägerin nicht nachgewiesen hat, dass ihr Hund eine einer Brauchbarkeitsprüfung gleichgestellte Prüfung im Sinne des § 21 Abs. 1 AVBayJG erfolgreich abgelegt hat.
Ein entsprechender Nachweis ist durch das Schreiben der F. GmbH vom 6. Mai 2020 nicht erbracht. Darin wird lediglich bestätigt, dass der Hund der Klägerin im Revier O. in G. ausschließlich zur Jagd geführt wird. Hieraus lässt sich aber nicht ersehen, wie der Hund sonst genutzt wird oder ob er als brauchbar für die Jagd anzusehen ist. Jedenfalls in der vorgelegten Version des Schreibens ist zudem nicht erkennbar, wer dieses unterschrieben hat, wie die unterzeichnende Person ggf. zu ihrer Sachkunde kommt und im konkreten Fall seine Prüfung anhand welcher Kriterien durchgeführt hat.
Wenn die Klägerin weiter erstmals in der mündlichen Verhandlung vorbringt, bei einem anderen ihrer Hunde sei ein entsprechendes Schreiben eines Försters eines staatlichen Forstes zum Nachweis akzeptiert worden, verhilft dies ihrer Klage ebenfalls nicht zum Erfolg. Zum einen ist schon zweifelhaft, ob das Schreiben der privaten F. GmbH überhaupt vom Beweiswert mit dem eines Försters in einem staatlichen Forst vergleichbar ist. Denn wie dargestellt, lässt es den konkreten Aussteller nicht erkennen und insbesondere nicht, ob dessen Sachkunde mit der eines staatlichen Försters vergleichbar ist. Darüber hinaus ist der Inhalt des für den anderen Hund der Klägerin vorgelegten Schreibens ebenso wenig nicht bekannt wie die weiteren Umstände des anderen Falles.
Hierauf kommt es letztlich aber nicht entscheidungserheblich an, denn in diesem Fall hätte die Beklagte gegen ihr eigenes eindeutiges Satzungsrecht verstoßen, wenn sie im Einzelfall ein entsprechendes Schreiben zum Nachweis der Jagdnutzung anstatt der ausdrücklich geforderten Brauchbarkeitsprüfung nach § 21 AVBayJG anerkannt hätte. Bei der Frage der Ermäßigung der Hundesteuer nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Hundesteuersatzung handelt es sich nach dem Wortlaut nicht um eine Ermessensentscheidung der Beklagten, sondern um eine zwingende Rechtsfolge bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen. Damit kann sich die Klägerin auf keine etwa anderslautende Verwaltungspraxis bzw. Selbstbindung der Beklagten berufen, da eine solche nur im Zusammenhang mit einer gleichheitsgemäßen Ermessensausübung im Sinne von Art. 40 BayVwVfG in Betracht kommt und dessen ungeachtet keine Selbstbindung an eine rechtswidrige Praxis, mithin also keine Gleichheit im Unrecht besteht (vgl. Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 21. Aufl. 2020, § 40 Rn. 42; Wolff in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 114 Rn. 154).
Eine andere Sichtweise ist auch nicht deshalb angezeigt, weil die Klägerin vorgetragen hat, eine Brauchbarkeitsprüfung mit ihrem Hund bislang nur aufgrund dessen jungen Alters später dann aufgrund der Einschränkungen im Zuge der COVID-19-Pandemie nicht durchgeführt zu haben. Die Gründe für das Nichtablegen der Brauchbarkeitsprüfung sind bei der Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen für eine Ermäßigung der Hundesteuer nicht relevant. Einen Erlass der Hundesteuer aus Billigkeitsgründen nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a KAG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 KAG i.Vm. § 227 AO müsste die Klägerin gegenüber der Beklagten beantragen, was hier nicht erfolgt und damit nicht streitgegenständlich ist.
Sonstige Gründe für eine Steuerermäßigung (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Hundesteuersatzung), einen Wegfall der Steuerpflicht (§ 4 Hundesteuersatzung) oder eine Steuerfreiheit der Hundehaltung der Klägerin (§ 2 Hundesteuersatzung) wurden nicht vorgetragen und sind auch nicht ersichtlich.
Die Nrn. 2 und 3 des Widerspruchsbescheides sind ebenfalls nicht zu beanstanden. Auf die Begründung des Bescheides wird insoweit Bezug genommen (§ 117 Abs. 5 VwGO).
Nach alledem war die Klage abzuweisen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.


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