Zivil- und Zivilprozessrecht

Erfüllung der darlehensvertraglichen Verpflichtung durch Kontogutschrift

Aktenzeichen  6 O 1/16 (5)

Datum:
4.1.2016
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB BGB § 488 Abs. 1
ZPO ZPO § 114 Abs. 1 S. 1

 

Leitsatz

Ein Darlehensgeber kommt seiner Hauptleistungspflicht nach § 488 BGB nach, indem er die Gutschrift des Darlehensbetrags auf dem Konto des Darlehensnehmers bewirkt. Ausreichend ist nämlich das Verschaffen des Geldes durch Bar- oder Buchgeld, denn verschafft wird durch Zahlung in jeder üblichen Art, wozu auch gerade die Gutschrift des Darlehensbetrages auf dem Konto des Darlehensnehmers zählt. (redaktioneller Leitsatz)
Eine Formularklausel ist nur dann unangemessen, wenn der Verwender missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten des Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein die Interessen seines Partners hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen. Dies trifft auf eine formularmäßig gegenüber einer Bank in einer notariellen Urkunde erklärte Vollstreckungsunterwerfung des mit dem persönlichen Kreditschuldner identischen Grundschuldbestellers nicht zu. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

Der Antrag des Antragstellers vom 30.12.2015 auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Gründe

Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, § 114 ZPO.
Der Antragsteller schloss nach eigenen Angaben mit der Antragsgegnerin zwei Darlehensverträge zu einem Gesamtbetrag in Höhe von 138.000,- € ab und bestellte als Sicherheit eine Buchgrundschuld betreffend das in seinem Miteigentum stehende Hausgrundstück, wobei er sich der sofortigen Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde unterwarf. Das Darlehen wurde dem Antragsteller auf seinem Konto gutgeschrieben, welches er durch Überweisungen an Dritte vollständig in Anspruch nahm. Der Antragsteller konnte die Tilgungsraten nicht einhalten, bislang wurden von ihm nach eigenen Angaben lediglich 37.400,00 € getilgt. Die Antragsgegnerin bezifferte die noch ausstehende Gesamtforderung nach Kündigung der Darlehensverträge mit Stand 10.12.2014 auf 137.676,40 €. Die Antragsgegnerin betreibt nunmehr die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde vom 11.08.1998.
Sämtliche in der PKH-Antragsschrift vom Antragsteller vorgebrachten Einwendungen gegen die von der Antragsgegnerin betriebene Zwangsvollstreckung verfangen nicht. Die Rechtsansicht des Antragstellers, die Zwangsvollstreckung sei unzulässig, ist vorliegend in keinster Weise vertretbar.
Die Antragsgegnerin ist entgegen der Ansicht des Antragstellers ihrer Hauptleistungspflicht nach § 488 BGB – nämlich der Zur-Verfügung-Stellung des Darlehensbetrags – nachgekommen, indem sie den Darlehensbetrag unstrittig dem Konto des Antragstellers gutgeschrieben hat. Ausreichend ist das Verschaffen des Geldes für die Laufzeit des Darlehensvertrags durch Bar- oder Buchgeld, denn verschafft wird durch Zahlung in jeder üblichen Art, wozu auch gerade die Gutschrift des Darlehensbetrags auf das Konto des Darlehensnehmers zählt (Weidenkaff, in Palandt: Bürgerliches Gesetzbuch, 75. Auflage 2016, § 488 Rn. 5). Der Antragsteller hat mithin nach Fälligstellung des Darlehens dieses an die Antragsgegnerin samt der vereinbarten Zinsen zurückzuzahlen. Dieser Verpflichtung ist der Antragsteller nach eigenem Vortrag bislang bei Weitem nicht vollständig nachgekommen, so dass sich die Antragsgegnerin der ihr vom Antragsteller gegebenen Sicherheit bedienen und die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde betreiben kann.
Es bestehen auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass das hier vorliegende, völlig alltägliche Kreditgeschäft gemäß § 3 Nr. 3 KWG, § 134 nichtig oder gemäß § 138 BGB sittenwidrig ist.
Auch ist die Vollstreckung aus der notariellen Urkunde nicht per se ohne Durchführung des Erkenntnisverfahrens unzulässig. Es liegt kein Verstoß gegen die EU-Verbaucherschutzrichtlinie 93/13 EWG vom 05.04.1993 vor. Das hierzu ergangene und vom Antragsteller zitierte Urteil des EuGH betrifft das spanische Zwangsvollstreckungsrecht und ist mit demjenigen der Bundesrepublik Deutschland nicht zu vergleichen. Auch aus dem Urteil des BGH vom 30.03.2010, XI ZR 200/09 ergibt sich nicht die Unwirksamkeit der sofortigen Zwangsvollstreckungsklausel. Vielmehr führt der Bundesgerichtshof in der vorgenannten Entscheidung Folgendes aus: „Eine Formularklausel ist nur dann unangemessen, wenn der Verwender missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten des Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein die Interessen seines Partners hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen (st. Rspr., siehe nur BGH, Urteil vom 14. Oktober 2009 – VIII ZR 354/08, NJW 2009, 3714, Tz. 13 m. w. N.). Dies trifft nach der ständigen Rechtsprechung aller damit befassten Senate des Bundesgerichtshofes auf eine formularmäßig gegenüber einer Bank erklärte Vollstreckungsunterwerfung des mit dem persönlichen Kreditschuldner identischen Grundschuldbestellers nicht zu (BGHZ 99, 274, 283 ff.; 177, 345, Tz. 32; BGH, Urteile vom 26. November 2002 – XI ZR 10/00, WM 2003, 64, 65 f., vom 22. Oktober 2003 – IV ZR 398/02, WM 2003, 2372, 2374, vom 28. Oktober 2003 – XI ZR 263/02, WM 2003, 2410, 2411, vom 15. März 2005 – XI ZR 135/04, WM 2005, 828, 830, vom 22. November 2005 – XI ZR 226/04, WM 2006, 87, 88 und vom 22. Mai 2007 – XI ZR 338/05, NotBZ 2008, 27, 28). Die Zivilprozessordnung gestattet die Zwangsvollstreckung aus Urteilen (§ 704 ZPO) und aus vollstreckbaren notariellen Urkunden (§ 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO) gleichermaßen, so dass der Durchführung eines Erkenntnisverfahrens vor Titulierung keine gesetzliche Leitbildfunktion im Sinne des § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG (jetzt: § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB) zukommt. Die kreditgebende Bank verfolgt mit der Vollstreckungsunterwerfung das Ziel, die Voraussetzung für einen raschen Zugriff auf das Schuldnervermögen zu schaffen. Dies wird durch ihr anerkennenswertes Interesse gerechtfertigt, eine ausreichend sichere Vorsorge gegen das Risiko eines Vermögensverfalls ihres Schuldners zu erreichen. Typischerweise ergeben sich nämlich Störungen in der Abwicklung der Kreditverhältnisse, die die Bank zur zwangsweisen Durchsetzung ihrer Forderung veranlassen, gerade aus einer Vermögensverschlechterung des Schuldners (BGHZ 99, 274, 284). Demgegenüber wird der Schutz des Schuldners gegen eine ungerechtfertigte Inanspruchnahme der Vollstreckungsmöglichkeit in ausreichender Weise durch die vollstreckungsrechtlichen Rechtsbehelfe mit der Möglichkeit der einstweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung und durch eine Schadensersatzpflicht der Bank bei missbräuchlicher Ausnutzung des Vollstreckungstitels gesichert (BGHZ 99, 274, 284).“
Den Vortrag des Antragstellers zugrunde legend liegen keinerlei Einwendungen i. S. d. § 767 ZPO gegen den titulierten Anspruch vor. Weder für die Klage noch den Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung bestehen Erfolgsaussichten.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist daher abzulehnen.


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