Zivil- und Zivilprozessrecht

Impfnachweis für Teilnahme am Gruppenunterricht in Hundeschule

Aktenzeichen  AN 10 K 15.00338

Datum:
19.12.2016
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
TierSchG TierSchG § 2, § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 8f, § 21 Abs. 5
TierSchG TierSchG aF § 11 Abs. 2a S. 1
GG GG Art. 20

 

Leitsatz

Die Auflage, im Rahmen des Betriebs einer Hundeschule am Gruppenunterricht nur Hunde teilnehmen zu lassen, bei denen durch die Vorlage eines Impfausweises bestimmte empfohlene Impfungen nachgewiesen wurden, widerspricht nicht dem Übermaßverbot. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Soweit sich das Verfahren durch übereinstimmende Erklärungen erledigt hat, wird das Verfahren eingestellt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte zu 2/5, die Klägerin zu 3/5.

Gründe

Die Klage ist zulässig, in der Sache jedoch unbegründet, da die Auflage in der hier noch streitgegenständlichen Fassung rechtmäßig ist und die Klägerin somit nicht in ihren subjektiven Rechten im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO verletzt.
1. Rechtsgrundlage der streitgegenständlichen Auflage ist § 21 Abs. 5 Tierschutzgesetz (in der aktuellen Fassung) i.V.m. § 11 Abs. 2 a Satz 1 Tierschutzgesetz (in der bis zum 13.7.2013 geltenden Fassung), da die in § 21 Abs. 5 Tierschutzgesetz genannte Rechtsverordnung noch nicht erlassen worden ist.
Hiernach kann eine Erlaubnis im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 f Tierschutzgesetz, soweit es zum Schutze der Tiere erforderlich ist, unter Befristungen, Bedingungen und Auflagen erteilt werden.
Die hier streitgegenständliche Auflage wurde rechts- und ermessensfehlerfrei erlassen, da sie ihrer Ermächtigungsnorm entspricht, insbesondere dem Tierschutz dient, und sie tauglich, erforderlich und verhältnismäßig ist.
1.1 Dass die streitgegenständliche Auflage – hauptsächlich – dem Tierschutz dient und nicht in erster Linie anderen – sicherheitsbehördlichen – Zwecken, zieht auch die Klägerin nicht in Zweifel.
Die Auflage ist damit auch „erforderlich“ im Sinne ihrer Ermächtigungsnorm (vgl. Bundestags Drucksache 13/7015, Seite 21), weil sie dazu dient, das in § 11 Abs. 2 Tierschutzgesetz i.V.m. § 2 Tierschutzgesetz vorgegebene Schutzniveau durch genauere Regelungen auszugestalten, um auf diese Weise einen wirksamen Tierschutz zu erreichen (vgl. Hirt/ Maissack/ Moritz, Tierschutzgesetz, 3. Auflage, § 11 Rn. 28; OVG Lüneburg, Beschluss vom 12.7.2011 – 11 LA 540/09, juris).
Gesundsheitsfür und -vorsorge (hier durch Impfung) sind jedoch Bestandteile des in § 2 Tierschutzgesetz enthaltenen Pflegegebots (vgl. Hirt/ Maissack/ Moritz a.a.O., § 2 Rn. 27).
Tauglicher Anlass für eine tierschutzrechtliche Auflage ist hier die Tatsache, dass Hunde bei einem gruppenweisen Zusammentreffen, wie es für eine Hundeschule im Regelfall typisch ist, einem erhöhten Infektionsdruck für Tierkrankheiten ausgesetzt sind. Dies hat die Beklagte im angefochtenen Bescheid und in ihrem Klagevorbringen nachvollziehbar dargestellt und wird auch von der Klägerin als Grundsatz nicht in Abrede gestellt.
1.2 Die streitgegenständliche Auflage widerspricht – in ihrer konkreten Ausprägung durch den Änderungsbescheid vom 9. Oktober 2015 – auch nicht dem aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 GG abzuleitenden Prinzip des Übermaßverbotes.
1.2.1 Dass eine Impfung ein taugliches Mittel zur Verhinderung von Tierinfektionen ist, ist ebenfalls unter den Beteiligten unstrittig und wird fachlich belegt, etwa auch durch die Ausführungen in der Präambel der in das Verfahren eingeführten Leitlinie zur Impfung von Kleintieren, welche das Gericht als antizipiertes Sachverständigengutachten ansieht.
Die streitgegenständliche Auflage ist auch nicht etwa untauglich, weil – unter den Beteiligten unstrittig – in Deutschland keine unmittelbare Impfpflicht für Hunde besteht und der Klägerin damit etwas Unsinniges oder gar Unmögliches abverlangt würde. Impfungen von Hunden sind möglich und werden auch weitgehend praktiziert; auch dies bestreitet die Klägerin nicht. Zurückzuführen dürfte dieses Faktum sein schlicht auf die Vernunft der überwiegenden Anzahl der Hundehalter, die damit auch einer – mittelbaren – Impfpflicht nachkommen, indem sie dem Pflegegebot aus § 2 Tierschutzgesetz z.B. durch Gewährung der daher gebotenen Gesundheitsvorsorge, u. a. durch Impfung, nachkommen.
Darüber hinaus übersieht die Klägerin jedoch, dass sie mit ihrer Argumentation hinsichtlich einer fehlenden Impfverpflichtung zwei verschiedene Sachverhalte gleichsetzt. Der Gesetzgeber mag es als hinnehmbar angesehen haben, dass im Rahmen einer üblichen, meist privaten, Hundehaltung mit selten mehr als zwei Hunden keine unmittelbare Impfverpflichtung normiert wurde, dies vor allem vor dem Hintergrund, dass das allgemeine Gesundheitsrisiko eines in üblicher Form gehaltenen Hundes durch die Pflegeverpflichtung seines Halters regelmäßig ausreichend bewältigt wird. Dies schließt jedoch nicht aus, dass in einer völlig anderen Gesundheitsgefährdungssituation, nämlich dem systematischen Aufeinandertreffen vieler Hunde mehrerer Halter, eine andere Risikobewertung platz greifen kann, weil dann die Infektionsgefahr wesentlich erhöht wird. Dieser erhöhten Infektionsgefahr kann dann grundsätzlich durch gesteigerte Anforderungen Rechnung getragen werden, hier durch die Verpflichtung des Betreibers einer „Hundeschule“, nur ausreichend geimpfte Hunde beim Gruppenunterricht zuzulassen.
1.2.2 Dem Grundsatz der Erforderlichkeit einer hoheitlichen Maßnahme trägt die Auflage ausreichend Rechnung dadurch, dass sie eine Prüfung des Impfschutzes bzw. eine Nichtzulassung zur Ausbildung nur beim Gruppenunterricht fordert, eventuelle „Impfverweigerer“ dann aber im Einzelunterricht ausgebildet werden können.
1.2.3 Die angefochtene Auflage stellt auch keine unverhältnismäßigen Anforderungen an die Klägerin.
Soweit sie vorträgt, es liege hier ein Eingriff in ihre Berufsfreiheit vor, da erhebliche finanzielle Einbußen drohten, da sie nicht geimpfte Hunde nicht ausbilden könne, trifft dies weitgehend schon von der Sache her nicht zu, da ihr bzw. den Haltern noch eine Einzelausbildung offen bleibt.
Sollten darüber hinaus noch Ausfälle denkbar sein, ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei der streitgegenständlichen Auflage um eine Berufsausübungsregelung handelt, welche nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (nur) durch hinreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt sein und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen muss (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 29.4.1993 – 1 BvR 737/88, juris). Das hier die Berufsausübung der Klägerin beschränkende Rechtsgut ist ein nach Art. 20 a Grundgesetz verfassungsrechtlich und nach § 1 Tierschutzgesetz einfachrechtlich geschütztes Rechtsgut. Bei der hier vorliegenden Gestaltung wiegt das Tierschutzinteresse offensichtlich wesentlich schwerer als die Interessen der Klägerin, auch noch die Ausbildung des „letzten Hundes“ finanziell realisieren zu können, der weder in Gruppennoch in Einzelausbildung genommen werden kann.
Auch der – zweifellos entstehende – Mehraufwand für die Kontrolle des Impfschutzes kann der Klägerin in zeitlicher Hinsicht zugemutet werden, da ein Blick in die Impfnachweise, dessen Dokumentation und eine aktualisierende Kontrolle des Impfschutzes ersichtlich vom zeitlichen Aufwand her nachgeordnet sind.
Auch von der Sache her wird die Klägerin hierdurch nicht überfordert, denn die üblicherweise verwendeten Impfnachweise für Hunde sind für eine voraussetzungsgemäß (vgl. die Anforderungen aus § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Tierschutzgesetz a. F.) sachkundige Erlaubnisinhaberin ausreichend verständlich.
2. Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich der streitig entschiedenen Teile des Streitgegenstandes (Auflage in neuer Fassung) auf § 154 Abs. 1 VwGO. Diesen setzt das Gericht wertmäßig mit 2/5 des ursprünglich anhängig gemachten Streitgegenstandes an.
Hinsichtlich der eingestellten Teile des Streitgegenstandes beruht die Kostenentscheidung auf § 161 Abs. 2 VwGO.
Wertmäßig geht das Gericht davon aus, dass, ausgehend vom ursprünglich anhängig gemachten Streitgegenstand, der erledigte Streit um den Teilbereich Hundetagesbetreuung wertmäßig mit 1/5 anzusetzen ist, welches die Klägerin zu tragen hat, da der gestellte Formblattantrag sich eindeutig nur auf eine Genehmigung nach § 11 Abs. 1 Nr. 8 f Tierschutzgesetz bezogen hat und die Tagesbetreuung sich nur als beschreibender Umstand dieses Antrages darstellt. Hiernach konnte die Klägerin nicht erwarten, dass die Hundetagesbetreuung schon von Anfang an als Verfahrensbestandteil im behördlichen Verfahren anzusehen war.
Soweit der Streit anfänglich auch einen formellen Widerrufsvorbehalt betroffen hat, welchen die Beklagte dann zu einem Hinweis im Wege der Abhilfe abgestuft hat, wäre die Beklagte voraussichtlich unterlegen.
Gleiches gilt für die Auflage in der ursprünglichen Form, da auch insoweit die Beklagte durch Teilabhilfe einem Unterliegen zuvorgekommen ist.
In beiden Fällen entspricht es deshalb billigem Ermessen im Sinne von § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO, der Beklagten die Kosten aufzuerlegen.
Zusammenfassend ergibt sich hieraus die tenorierte Kostenverteilung.
Die Berufung war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO nicht gegeben sind.


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