Verwaltungsrecht

Hinsichtlich der Feststellung eines nationalen Abschiebungsverbotes erfolgreiche Asylklage eines minderjährigen Flüchtlings aus Afghanisten

Aktenzeichen  Au 5 K 17.31392

Datum:
14.12.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 113 Abs. 5
AsylG AsylG § 3, § 4 Abs. 1, § 34 Abs. 1
AufenthG AufenthG § 59, § 60 Abs. 5 u Abs. 7

 

Leitsatz

Eine extreme Gefahrenlage kann sich in Kabul als dem regelmäßigen Zielort einer Abschiebung besonders für schutzbedürftige Rückkehrer (Alter, Gesundheitszustand, Familienstand, Diskriminierung wegen besonderer persönlicher Merkmale) ergeben. (Rn. 38 – 39) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 27. Februar 2017 wird in Nrn. 3, 4 und 5 aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, festzustellen, dass für den Kläger ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG hinsichtlich Afghanistans vorliegt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Von den Kosten des Verfahrens tragen der Kläger 2/3 und die Beklagte 1/3. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung gegen Leistung einer Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht zuvor der jeweilige Vollstreckungsgläubiger Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Der Einzelrichter (§ 76 Abs. 1 AsylG) konnte über die Klage des Klägers ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten übereinstimmend auf eine solche verzichtet haben (§ 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO).
Die Klage des Klägers ist zulässig und hat teilweise Erfolg. Soweit der Kläger mit seiner Klage die Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 AufenthG bzw. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Afghanistans begehrt, ist die Klage zulässig und begründet. Demzufolge waren die mit der Klage angegriffenen Nrn. 3, 4 und 5 des Bescheides des Bundesamtes vom 27. Februar 2017 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, für den Kläger ein Abschiebungsverbot hinsichtlich Afghanistans festzustellen. Im Übrigen erweist sich der mit der Klage angegriffene Bescheid des Bundesamtes vom 27. Februar 2017 als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Dem Kläger steht insbesondere kein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bzw. auf Gewährung subsidiären Schutzstatus zu (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Folglich war die Klage im Übrigen abzuweisen.
1. Soweit der Kläger mit seiner Klage die Anerkennung des Klägers als Asylberechtigter (Art. 16 Abs. 2 Grundgesetz – GG) begehrt, geht dieser Klageantrag bereits ins Leere. Vorliegend wurde der Asylantrag des Klägers gemäß § 13 Abs. 2 AsylG auf die Zuerkennung internationalen Schutzes (Flüchtlingseigenschaft und subsidiärer Schutz) im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG beschränkt. Dem folgend enthält der mit der Klage angegriffene Bescheid des Bundesamtes vom 27. Februar 2017 auch keine Entscheidung darüber, ob der Kläger als Asylberechtigter im Sinne von Art. 16a Abs. 2 GG anerkannt werden kann. Überdies steht einer Anerkennung des Klägers als Asylberechtigter dessen Einreise auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland entgegen (vgl. § 26a Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 AsylG).
2. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG liegen im Fall des Klägers ebenfalls nicht vor.
a) Nach § 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Ein Ausländer ist nach § 3 Abs. 1 AsylG Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560 – Genfer Flüchtlingskonvention), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb seines Herkunftslandes befindet. Eine solche Verfolgung kann nicht nur vom Staat ausgehen (§ 3c Nr. 1 AsylG), sondern auch von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen (§ 3c Nr. 2 AsylG) oder nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in Nrn. 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylG Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht (§ 3c Nr. 3 AsylG). Allerdings wird dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d AsylG hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt (§ 3e Abs. 1 AsylG).
Die Tatsache, dass der Ausländer bereits verfolgt oder von Verfolgung unmittelbar bedroht war, ist dabei ein ernsthafter Hinweis darauf, dass seine Furcht vor Verfolgung begründet ist, wenn nicht stichhaltige Gründe dagegen sprechen, dass er neuerlich von derartiger Verfolgung bedroht ist. Hat der Asylbewerber seine Heimat jedoch unverfolgt verlassen, kann sein Asylantrag nur Erfolg haben, wenn ihm auf Grund von Nachfluchttatbeständen eine Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht. Dabei ist es Sache des Ausländers, die Gründe für eine Verfolgung in schlüssiger Form vorzutragen. Er hat unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern, aus dem sich bei Wahrunterstellung ergibt, dass bei verständiger Würdigung seine Furcht vor Verfolgung begründet ist, so dass ihm nicht zuzumuten ist, im Herkunftsland zu verbleiben oder dorthin zurückzukehren. Dabei genügt für diesen Tatsachenvortrag aufgrund der typischerweise schwierigen Beweislage in der Regel eine Glaubhaftmachung. Voraussetzung für ein glaubhaftes Vorbringen ist allerdings ein detaillierter und in sich schlüssiger Vortrag ohne wesentliche Widersprüche und Steigerungen.
Gemessen an diesen Maßstäben konnte der Kläger eine individuelle Verfolgung nicht glaubhaft machen. Eine asylrechtlich relevante Vorverfolgung i.S.d. §§ 3, 3b AsylG ist für den Kläger nicht festzustellen. Der Vortrag des Klägers erschöpft sich im Wesentlichen auf eine Bedrohung seiner Familie durch die Taliban aufgrund einer Tätigkeit eines Cousins des Klägers für die afghanische Armee. Im Zuge dieses Konfliktes sei der Vater des Klägers bereits einmal entführt worden, um Druck auf die Familie auszuüben. Weiter hat der Kläger darauf verwiesen, dass sein älterer Bruder etwa drei Jahre vor seiner Ausreise aus Afghanistan bei einem Gefecht zwischen den Taliban und der afghanischen Armee als Zufallsopfer zu Tode gekommen sei. Den Vortrag des Klägers als wahr unterstellt, knüpft dieser nicht an ein in §§ 3, 3b AsylG genanntes Merkmal an, welches eine Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft begründen kann. Auch ist nicht ersichtlich, dass der Kläger und dessen Familie landesweit einer Bedrohung seitens der Taliban ausgesetzt sind. Die Schilderungen des Klägers beziehen sich im Wesentlichen auf dessen Heimatprovinz …. Insbesondere hat der Kläger darauf verwiesen, dass nachdem er mit seiner Mutter und seinen Geschwistern zu einem Onkel mütterlicherseits gezogen sei, die Bedrohungssituation dort nicht mehr in gleichem Maße fortbestanden habe. Daher geht das Gericht davon aus, dass für den Kläger in Afghanistan interne Rückzugsmöglichkeiten bestehen und daher eine Rückkehr an den Heimatort nicht zwangsläufig ist. Der Kläger kann in einem anderen Landesteil Afghanistans Zuflucht finden. Die Bedrohungssituation, die der Kläger geschildert hat, wertet das Gericht als lokale Bedrohung bezogen auf den Heimatort bzw. die Heimatregion des Klägers; einer solchen Bedrohung kann sich der Kläger durch Niederlassung an einem anderen für ihn rückzugssicheren Ort in Afghanistan entgehen (vgl. auch BayVGH, U.v.23.3.2017 – 13a B 17.30011 – juris Rn. 43). Überdies ist für das Gericht nicht erkennbar, an welches in §§ 3, 3b AsylG genanntes Merkmal eine Verfolgung des Klägers anknüpfen sollte. Eine individuelle Betroffenheit hat der Kläger überdies bereits nicht geltend gemacht. Vor diesem Hintergrund scheidet die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft an den Kläger bereits begrifflich aus.
3. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung subsidiären Schutzes im Sinne des § 4 Abs. 1 AsylG. Der Kläger hat nicht glaubhaft machen können, dass ihm bei einer Rückkehr nach Afghanistan ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 bis 3 AsylG droht.
a) Es ist nicht zu erwarten, dass dem Kläger bei einer Rückkehr nach Afghanistan die Verhängung der Todesstrafe, Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 und 2 AsylG) drohen könnten. Der Kläger hat hierzu bereits keine Tatsachen vorgetragen bzw. glaubhaft gemacht. Hierzu ist auf die obigen Ausführungen zu verweisen.
Zudem wäre der Kläger auch insofern auf eine innerstaatliche Fluchtalternative zu verweisen (§ 4 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 3e Abs. 1 AsylG).
b) Der Kläger hat aber auch keinen Anspruch auf die Zuerkennung subsidiären Schutzes auf der Grundlage des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG, wonach von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abzusehen ist, wenn er dort als Angehöriger der Zivilbevölkerung einer erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts ausgesetzt ist. Die Voraussetzungen hierfür liegen nicht vor, weil dem Kläger bei einer Rückkehr nach Afghanistan aufgrund der dortigen Situation keine erheblichen individuellen Gefahren aufgrund willkürlicher Gewalt landesweit drohen. Nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnissen zur Sicherheitslage in Afghanistan (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan vom 19.10.2016 S. 4) erreicht der einen innerstaatlichen bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt jedenfalls in Kabul als innerstaatlicher Fluchtalternative kein solches Niveau, dass praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dieser Region einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt wäre (s. hierzu auch BayVGH, B.v. 6.3.2017 – 13a ZB 17.30099 – juris; B.v. 17.8.2016 – 13A ZB 16.30090 – juris; B.v. 10.6.2013 – 13a ZB 13.30128 – juris; U.v. 15.3.2013 – 13A B 12.30406 – juris; U.v. 20.1.2012 – 13a B 11.30394 – juris). Individuelle, gefahrerhöhende Umstände, die zu einer Verdichtung der allgemeinen Gefahren im Rahmen eines bewaffneten innerstaatlichen Konflikts in der Person des Klägers führen, sind nicht ersichtlich.
4. Soweit der Kläger mit seiner Klage die Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach Afghanistan begehrt, ist nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung im schriftlichen Verfahren (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 AsylG) der mit der Klage angegriffene Bescheid des Bundesamts in Nrn. 4 und 5 insoweit rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.
Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl 1952 II S. 658) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Die Reichweite der Schutznormen des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung geklärt. Eine unmenschliche Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK, die allein auf der humanitären Lage und den allgemeinen Lebensbedingungen beruht, ist in Einzelfällen denkbar (vgl. BayVGH, B.v. 30.9.2015 – 13a ZB 15.30063 – juris Rn. 5 m.w.N.). Humanitäre Verhältnisse im Zielstaat verletzen Art. 3 EMRK zum einen in ganz außergewöhnlichen Fällen, wenn die humanitären Gründe gegen die Abschiebung „zwingend“ sind. Dieses Kriterium ist erfüllt, wenn die schlechten Bedingungen überwiegend auf Armut zurückzuführen sind oder auf fehlende staatliche Mittel, um mit Naturereignissen umzugehen. Zum anderen kann – wenn Aktionen von Konfliktparteien zum Zusammenbruch der sozialen, politischen und wirtschaftlichen Infrastruktur führen – eine Verletzung darin zu sehen sein, dass es dem Betroffenen nicht mehr gelingt, seine elementaren Bedürfnisse, wie Nahrung, Hygiene und Unterkunft, angemessen zu befriedigen. Weiter ist darauf abzustellen, ob es ernsthafte und stichhaltige Gründe dafür gibt, dass der Betroffene tatsächlich Gefahr läuft, einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden. Wenn eine solche Gefahr nachgewiesen ist bzw. mit hinreichend sicherer Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, verletzt die Abschiebung des Ausländers Art. 3 EMRK. Die Annahme einer unmenschlichen Behandlung allein durch die humanitäre Lage und die allgemeinen Lebensbedingungen setzt ein sehr hohes Gefährdungsniveau voraus. Nur dann ist ein außergewöhnlicher Fall anzunehmen, in dem die humanitären Gründe gegen die Ausweisung „zwingend“ sind.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. z.B. B.v. 14.1.2015 – 13a ZB 14.30410 – juris Rn. 5; B.v. 30.9.2015 – 13a ZB 15.30063 – juris Rn. 6) kann sich eine extreme Gefahrenlage in Kabul als regelmäßigem Zielort einer Abschiebung für besonders schutzbedürftige Rückkehrer wie Minderjährige, alte oder behandlungsbedürftig kranke Personen, alleinstehende Frauen mit und ohne Kinder, Familien mit Kleinkindern und Personen, die aufgrund besonderer persönlicher Merkmale zusätzlicher Diskriminierung unterliegen, ergeben.
Ein entsprechend hohes Gefährdungsniveau liegt für den Kläger hier aufgrund der Tatsache vor, dass dieser zum einen minderjährig ist und noch unter Vormundschaft steht und zum anderen, dass dieser fachärztlich nachgewiesen im Verfahren – fachärztliche Stellungnahme der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie des Klinikums,, vom 7. März 2017 – an einer posttraumatischen Belastungsstörung (ICD F43.1) bei vorhandenen schwerwiegenden psychosozialen Belastungsfaktoren leidet. Zusammenfassend kommt die ärztliche Stellungnahme zum Ergebnis, dass aus kinder- und jugendpsychiatrischer Sicht diagnostisch nach einer Anamneseexploration und in Ergebnissen testpsychologischer Verfahren innerhalb der Testdiagnostik von einer posttraumatischen Belastungsstörung mit einzelnen depressiven Symptomen auszugehen sei. Die festgestellten Befunde beziehen sich überdies auf schwerwiegende belastende Lebensereignisse im Heimatland und auf der Flucht. Beim Kläger liege ein Wiedererleben in Form von Alpträumen und Vermeidung von vergleichbaren Ereignissen und Erinnerungen an die im Heimatland erlebten Vorgänge vor. Bereits ein Gespräch über seine bisherige Lebensgeschichte habe beim Kläger einen dissoziativen Zustand ausgelöst. Ausgehend von der Tatsache, dass der Kläger noch minderjährig ist und unter Vormundschaft steht, seine Persönlichkeit daher auch noch nicht hinreichend gefestigt ist und den im Verfahren festgestellten ärztlichen Befunden ist im Rahmen einer Gesamtschau zu befürchten, dass der Kläger bei einer Rückkehr nach Afghanistan in eine ausweglose Lage geraten würde, die ihm nicht zugemutet werden kann. Ein Abschiebungshindernis gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG bzw. jedenfalls nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG liegt daher zu Gunsten des Klägers vor.
Der mit der Klage angegriffene Bescheid des Bundesamtes vom 27. Februar 2017 war daher in Nr. 3 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, zu Gunsten des Klägers ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG bzw. § 60 Abs. 7 AufenthG festzustellen. Dies folgt aufgrund des einheitlichen und unteilbaren Streitgegenstandes der nationalen Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG.
5. Aufgrund dessen waren auch die Abschiebungsandrohung in Nr. 4 und das auf 30 Monate festgesetzte Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG (Nr. 5 des Bescheids) aufzuheben.
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO und trägt dem jeweiligen Obsiegen und Unterliegen der Beteiligten Rechnung. Die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 83b AsylG.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).

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