Steuerrecht

Abbruchkosten eines Gebäudes als Werbungskosten

Aktenzeichen  5 K 793/15

Datum:
26.7.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
LSK – 2017, 141657
Gerichtsart:
FG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Finanzgerichtsbarkeit
Normen:
EStG § 7 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a, § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 7, § 21 Abs. 1 Nr. 1, § 33 Abs. 1
FGO § 100 Abs. 2 S. 2

 

Leitsatz

Tenor

1. Der Bescheid für Einkommensteuer 2012 vom 07.07.2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12.05.2015, diese letztmals geändert durch den Bescheid vom 04.04.2017 wird dahin geändert, dass bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung weitere Werbungskosten in Höhe von 145.000 € berücksichtigt werden.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Berechnung der festzusetzenden Einkommensteuer wird dem Beklagten aufgegeben.
3. Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu 4/15 und der Beklagte zu 11/15 zu tragen.

Gründe

Die Klage hat zum Teil Erfolg.
Soweit das beklagte Finanzamt Absetzungen für eine außergewöhnliche wirtschaftliche Abnutzung des Gebäudes nicht anerkannt hat, ist der angefochtene Einkommensteuerbescheid rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten; er ist daher im tenorierten Umfang zu ändern (§ 100 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 FGO). Dagegen ist die Entscheidung des Beklagten, die Kosten für den Abbruch des Gebäudes dem privaten Bereich der Kläger, somit den Herstellungskosten für den eigengenutzten Neubau zuzuordnen, nicht zu beanstanden.
1. Erzielen Steuerpflichtige, wie die Kläger, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG, so sind bei deren Ermittlung als Werbungskosten gemäß § 9 Abs. 1 S. 1 und S. 2 EStG die Aufwendungen abziehbar, die zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen erwachsen sind. Nur die Aufwendungen sind als Werbungskosten abziehbar, die aufgrund der wirtschaftlichen Betätigung im Zusammenhang mit dieser Einkunftsart objektiv verursacht sind (vgl. Loschelder in Schmidt, EStG-Kommentar, 36. Aufl. 2017, § 9 Rn. 40 ff mit Nachweisen der Rechtsprechung). Auch nachträglich nach Aufgabe der Erwerbstätigkeit angefallene Aufwendungen, die in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit der früheren, auf Einnahmeerzielung gerichteten Tätigkeit stehen, können als Werbungskosten berücksichtigt werden (vgl. Loschelder, a.a.O., § 9 Rn. 99 und Oertel in Kirchhof, Einkommensteuergesetz, 16. Aufl. 2017, § 9 EStG, Rn. 24). Ob ein solcher Veranlassungszusammenhang gegeben ist, muss unter Berücksichtigung der jeweiligen konkreten Umstände des Streitfalls in wertender Betrachtung festgestellt werden; dabei kommt es entscheidend auf das „auslösende Moment“ an, das die Aufwendungen verursacht hat (vgl. Loschelder, a.a.O., § 9 EStG Rn. 45 m.N.d.Rspr.).
Nach § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 7 EStG sind auch die Absetzungen für Abnutzung und für Substanzverringerung als Werbungskosten abzugsfähig. Bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sind zudem Absetzungen für außergewöhnliche technische und wirtschaftliche Abnutzung (AfaA) nach §§ 7 Abs. 4 S. 3, 7 Abs. 1 S. 7 EStG (in der für das Streitjahr gültigen Fassung) zulässig (vgl. FG-München, Urteil vom 24.04.2008 Az. 15 K 2140/05, Rn. 13, EFG 2008, 1369 m.N.d.Rspr.). Denn es dienen die AfaA ebenso wie die Absetzungen für Abnutzung (AfA) dem Zweck, die Anschaffungs- oder Herstellungskosten auf die Nutzungsdauer eines Wirtschaftsguts zu verteilen. AfaA werden in § 7 Abs. 1 Satz 7 EStG zugelassen, wenn infolge einer außergewöhnlichen Abnutzung eine Verteilung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten nach dem bisherigen Verfahren nicht mehr gerechtfertigt ist (vgl. BFHUrteil vom 01.12.1992 IX R 189/85, BFHE 170, 111, BStBl. II 1994, 11, Rn. 11 m.N.d.Rspr.).
2. So liegt es im Streitfall.
Aufgrund der hier festgestellten tatsächlichen Gegebenheiten steht zur Überzeugung des Senats fest, dass den Klägern im Streitjahr nicht nur die vom beklagten Finanzamt zuerkannte Abschreibung nach § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 7 i.V.m. § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG in Höhe von 1.828 € zusteht. Nach den Bewertungen von Sanierungskosten in der Aufstellung der Architekten H 26.05.2010 und der Gegenüberstellung von zu erwartenden Renovierungskosten zu Kosten einer Neuerrichtung, die Architekt G im Jahre 2014 erstellt hatte, geht der Senat davon aus, dass der Wertverzehr am Gebäude durch die langjährige Vermietung mit einem regelmäßigen Abschreibungssatz von 2% nicht sachgerecht wiedergegeben werden kann. Der Senat hält die Bewertungen in der Gegenüberstellung, die Architekt G im Auftrag der Kläger erst im Jahre 2014, also nach dem Abriss des Gebäudes angefertigt hat, für wirklichkeitsgerecht, nachvollziehbar und glaubhaft, zumal Architekt G mit der Planung des Abrisses des bestehenden Gebäudes und des Neubaus im Jahre 2012 befasst war. Mit Blick auf die Schätzung der Sanierungskosten der Architekten I Jahre 2010 sieht der Senat keinen Grund, die gegenüberstellende Bewertung von Architekt G aus dem Jahre 2014 nur als eine Gefälligkeit für die Kläger abzutun.
Danach steht fest, dass das Gebäude aufgrund der langjährigen Fremdvermietung einen so großen Wertverlust erfahren hat, dass eine Absetzung für außergewöhnliche wirtschaftliche Abnutzung über den Regelabschreibungssatz für eine Nutzungsdauer des Gebäudes von 50 Jahren hinaus gerechtfertigt ist. Insoweit kommt den Schäden, die das vermietete Haus durch den Brand im Februar 2012, also kurz vor Beendigung der Fremdnutzung erfahren hat, zwar keine entscheidende Bedeutung mehr zu, jedoch führten die Beeinträchtigungen durch den Wohnungsbrand sicher zu einem zusätzlichen Wertverlust.
Entgegen der Einwendung des beklagten Finanzamts, die Kläger hätten ihren Angaben zufolge seit Juli 2011 das Gebäude eigengenutzt, endete die steuerlich relevante Vermietung erst mit Auszug der Mieterin B zum 30.04.2012. Anhaltspunkte für eine unentgeltliche Überlassung des Hausgrundstücks an die Lebensgefährtin des Sohnes der Kläger lassen sich den festgestellten Umständen des Streitfalls nicht entnehmen.
Da somit ein erheblicher Wertverlust des Gebäudes ganz überwiegend durch dessen Vermietung veranlasst war, steht den Klägern dem Grund nach eine Absetzung für außergewöhnliche wirtschaftliche Abnutzung nach § 9 Abs. 1, § 7 Abs. 1 S. 7 EStG zu.
3. Mit dieser Beurteilung folgt der Senat der gefestigten Rechtsprechung des BFH. So hat der Große Senat in seiner Entscheidung vom 12.06.1978 (GrS 1/77) folgende Grundsätze aufgestellt:
Wird ein Gebäude in der Absicht erworben, es als Gebäude zu nutzen, und entschließt sich der Steuerpflichtige erst nach dem Erwerb, das Gebäude abzureißen, so sind im Jahr des Abbruchs die restlichen Anschaffungskosten im Wege einer AfaA und die Abbruchkosten als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abzusetzen. Der Fall muss steuerrechtlich ebenso beurteilt werden wie der Abbruch eines objektiv technisch oder wirtschaftlich noch nicht verbrauchten Gebäudes, das der Steuerpflichtige auf einem ihm bereits gehörenden Grundstück errichtet hat. Denn in beiden Fällen bewirkt der Steuerpflichtige durch den Abbruch, dass die Nutzung des abgerissenen Gebäudes durch den Betrieb oder durch Vermietung oder Verpachtung beendet ist und dass der restliche Wert des Gebäudes vernichtet wird. Der Entschluss des Steuerpflichtigen, ein Gebäude abzubrechen, bringt in der Regel die Tatsache seines wirtschaftlichen Verbrauchs zum Ausdruck, und zwar ohne dass es darauf ankommt, ob an die Stelle des abgebrochenen Gebäudes ein dem gleichen Zweck gewidmeter Neubau tritt. Außerordentliche wirtschaftliche Abnutzung bedeutet hier, dass ein Wirtschaftsgut im Interesse des Gesamtbetriebes einem anderen Wirtschaftsgut weichen muss, das nach Auffassung des Steuerpflichtigen dem Betriebe besser dient. Das Motiv des Steuerpflichtigen für den Abbruch ist dabei grundsätzlich ohne Bedeutung. Denn der Steuerpflichtige kann im Allgemeinen selbst bestimmen, welche Aufwendungen für die Führung seines Betriebes oder die Verwaltung seines Vermögens erbracht werden sollen. Es braucht daher nicht im Einzelnen geprüft zu werden, ob die Entscheidung des Steuerpflichtigen wirtschaftlich oder technisch sinnvoll ist, ob sie notwendig oder für ihn vielleicht sogar nachteilig war (BFH-Beschluss vom 12.06.1978 – GrS 1/77 –, BFHE 125, 516, BStBl. II 1978, 620-626, Rn. 34).
Daran anschließend hat der BFH jedoch auch klargestellt, dass AfaA und Abrisskosten nicht bereits deshalb durch die Vermietung veranlasst sind, weil das Haus im Anschluss an die Vermietung abgerissen wird, gleichsam als letzter Akt der Vermietungstätigkeit. Werde ein danach neu errichtetes Gebäude zu privaten Wohnzwecken genutzt (§ 12 EStG), sei die Veranlassung durch das Vermietungsverhältnis nur gegeben, wenn der Grund für den Abriss zumindest ganz überwiegend in der bisherigen Nutzung des alten Gebäudes zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gelegen habe (BFH-Urteil vom 26.06. 2001 IX R 22/98, BFH/NV 2002, 16). Die Kosten für den Abriss eines zuvor vermieteten Gebäudes sowie die darauf bezogene Absetzungen für außergewöhnliche Abnutzung als Werbungskosten sind bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nur zu berücksichtigen, wenn ungeachtet des anschließend auf dem Grundstück zu eigenen Wohnzwecken errichteten Gebäudes der Grund für den Abriss zumindest ganz überwiegend, etwa aufgrund der eingetretenen mangelnden Standfestigkeit, dieser während der Vermietung des Grundstücks entstanden ist (BFH-Urteil vom 31.07.2007 IX R 51/05, BFH/NV 2008, 933 mit Nachweisen zur Rechtsprechung). Steht fest, dass der tragende Grund für den Abriss des Gebäudes, z.B. eine Vielzahl nachgewiesener Baumängel und daraus folgend der wirtschaftliche Verbrauch des Gebäudes, in der Zeit der Vermietung und somit vor der Aufgabe der Vermietungsabsicht entstanden ist, wird ein darauf gegründeter Abbruch als durch die Vermietung veranlasst angesehen, selbst wenn anstelle des abgerissenen Gebäudes ein zur Eigennutzung bestimmter Neubau errichtet wird; die künftige Eigennutzungsabsicht führt danach nicht zu einer Überlagerung des durch die frühere Vermietung veranlassten Abbruchs (vgl. BFH-Urteil vom 31.07.2007 IX R 51/05, a.a.O.).
4. Im Streitfall hatten die Kläger das Hausgrundstück nicht in der Absicht erworben, es alsbald abzureißen, sondern sie hatten es über einen langen Zeitraum in Einkünfteerzielungsabsicht vermietet. Wie oben bereits ausgeführt steht zur Überzeugung des Senats fest, dass ganz erhebliche Gebäudemängel in dieser Vermietungszeit eingetreten sind, die durch den Mietgebrauch verursacht waren, und die zu einem erheblichen Wertverlust des Gebäudes bereits vor dem Zeitpunkt geführt haben, zu dem die Kläger konkret eine mögliche Eigennutzung in den Blick genommen haben, also im Jahre 2010.
Nach der Beschreibung von Mängel und Schäden am Gebäude, die Architekt G unter dem Datum vom 15.12.2014 zur Qualität der Bausubstanz aufgeführt hatte, stellte sich zur Überzeugung des Senats zum Zeitpunkt Anfang 2012 folgender baulicher Zustand des Gebäudes dar und waren erhebliche Renovierungskosten zu erwarten:
– das Dach war stellenweise undicht, Rost befand sich an Dachanschlüssen aus verzinktem Blech, Holzbalken wiesen teilweise Risse auf; aufgrund des allgemeinen Zustandes sollte das Dach erneuert werden; Kosten in Höhe von ca. 52.000 €.
– Fensterrahmen waren stark verwittert, ebenso die Holzrollos, die Rollogurte waren teilweise beschädigt; die Fenster konnten nicht mehr renoviert werden; Kosten in Höhe von ca. 20.000 €.
– die Putzfassade wies starke Risse auf und die Außenabdichtung war nicht mehr funktionsfähig; Sanierungskosten in Höhe von ca. 20.000 €.
– Parkett- und Teppichböden sowie Estrichbeläge waren stark abgenutzt und nicht mehr renovierungsfähig; Sanierungskosten in Höhe von ca. 22.000 €.
– die Wandflächen der Zimmer, insb. die Tapeten zeigten sich stark beansprucht, Bad und WC waren nicht mehr zeitgemäß; Sanierungsaufwand ca. 36.000 €.
– die Installationsleitungen für Heizung, Sanitäranlagen und Stromversorgung waren veraltet und beschädigt; Sanierungskosten in Höhe von ca. 50.000 €.
Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass die zusammenfassende allgemeine Beurteilung, die Architekt G zum Gesamtzustand des Gebäudes abgegeben hat, die wirklichen Verhältnissen Anfang 2012 wiedergibt. Es war daher festzustellen, dass das Gebäude nicht mehr dem Stand der Technik entsprochen hatte, in der Konstruktion Risse vorhanden waren, die nur schwer oder nicht zu sanieren waren sowie die Kellerabdichtung mangelhaft war. Zudem war das gesamte Dach sanierungsbedürftig. Die Ausstattung, insbesondere im Sanitärbereich, war nicht mehr zeitgemäß, auf Grund des Alters war die gesamte Haustechnik zu erneuern. Damit war das Gebäude insgesamt abgewohnt.
5. Unter diesen Umständen folgt der Senat nicht der vom beklagten Finanzamt in der Einspruchsentscheidung dargelegten Argumentation, dass Absetzungen für eine außergewöhnliche Abnutzung im Streitfall nicht gerechtfertigt seien, weil es noch zu keinem wirtschaftlichen Verbrauch des Gebäudes gekommen sei, sondern die festgestellten Schäden im Rahmen einer wirtschaftlichen Betrachtung noch behoben hätten werden können und das Gebäude noch vermietbar gewesen wäre. Die Rechtsprechung des BFH stellt allein darauf ab, ob eine Maßnahme ihren Veranlassungszusammenhang in der Einkünfteerzielung hat, nicht aber darauf, ob die Maßnahme notwendig oder ob sie wirtschaftlich sinnvoll ist (BFH-Beschluss vom 12.06.1978 GrS 1/77, a.a.O.). Insoweit versteht der Senat die Entscheidung des BFH vom 31.07.2007 (IX R 51/05, a.a.O.) nicht dahingehend, dass AfaA nur dann in Betracht kämen, wenn ein Gebäudeabriss etwa bei erheblichen Mängeln in der Standfestigkeit nahezu unumgänglich wäre.
Die im Bericht von Architekt G aufgeführten Mängel am Gebäude, von deren tatsächlicher Gegebenheit der Senat überzeugt ist, stellen Schäden dar, die die mit dem gewöhnlichen Gebrauch des Vermietungsobjekts verbundene Abnutzung erheblich übersteigen und somit nicht durch einen Wertverzehr abgegolten werden können, wie ihn die Regelabschreibung von 2% der Herstellungsbzw. Anschaffungskosten wiedergibt. Wie in der Gegenüberstellung des Architekten dargestellt, würden die Kosten für die Beseitigung dieser Schäden den Umfang von bloßen Schönheitsreparaturen weit übersteigen (vgl. BFH-Urteil vom 11.07.2000 IX R 48/96, BFHE 192, 311, BStBl. II 2001, 784, Rn. 16).
In einer wirtschaftlichen Gegebenheit wie sie der Streitfall wiedergibt liegt der Grund für den Wertverlust eines Gebäudes ganz überwiegend in seiner Verwendung als Objekt zur Erzielung von Vermietungseinkünften und gründet nicht in Erwägungen einer Vermögensnutzung durch Veräußerung oder Eigenverwendung (vgl. BFH-Beschluss vom 13.12.2000 IX B 106/00, BFH/NV 2001, 766 Rn. 12). Es verbleibt daher bei dem Grundsatz, dass das spätere Motiv des Steuerpflichtigen für den Abbruch unerheblich ist, wenn das Gebäude zunächst ohne Abbruchabsicht erworben und vermietet wurde (vgl. BFH-Urteil vom 31.03.1998 IX R 26/96, BFH/NV 1998, 1212; BFH-Beschluss vom 09.03.2009 IX B 120/08, BFN/NV 2009, 964).
6. Der hier zu entscheidende Streitfall unterscheidet sich in wesentlichen Umständen vom Sachverhalt, der der Entscheidung des Finanzgericht München (Urteil vom 24.04.2008, Az. 14 K 2140/05, a.a.O.) zugrunde lag und auf die sich der Beklagte in der Einspruchsentscheidung beruft. Dort war festgestellt worden, dass die beim Abbruch vorhandenen Mängel teilweise bereits im Zeitpunkt des Gebäudeerwerbs vorhanden gewesen seien. Entscheidungserheblich war aber wohl, dass dort in der vom Kläger vorgelegten Stellungnahme eines Architekten lediglich darauf verwiesen wurde, dass die für die aufgezeigten Renovierungs- und Umbaumaßnahmen erforderlichen Aufwendungen schwierig zu berechnen seien und deshalb ein erhöhtes Kostenrisiko einzukalkulieren sei. Konkrete Beträge wurden jedoch nicht genannt. Auf die gerichtliche Aufklärungsanordnung, in der dem Kläger aufgegeben wurde, zu erläutern, wie hoch die Aufwendungen gewesen wären, wenn das Mehrfamilienhaus nicht abgerissen, sondern saniert worden wäre, hat der Kläger keine konkreten Angaben gemacht bzw. keine geeigneten Beweismittel angeboten. Das Finanzgericht München ging daher in seiner Entscheidung davon aus, dass auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten das streitgegenständliche Gebäude noch sanierungsfähig war (FG München-Urteil vom 24.04.2008, Az. 14 K 2140/05, a.a.O., dort Rn. 22).
Anders im hier zu entscheidenden Streitfall hatten die Kläger laut dem Architektenschreiben vom 13.11.1997 die bei Erwerb des Gebäudes festgestellten Sicherheitsmängel beseitigen und Baumaßnahmen zur Erhaltung der Gebäudesubstanz durchführen lassen. Insbesondere aber haben die Kläger aufgrund der Architektenschreiben vom 26.05.2010, vom 29.09.2014 und vom 15.12.2014 zur Überzeugung des Gerichts belegt, dass das Gebäude unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht mehr sanierungsfähig gewesen ist.
Danach war dem Antrag der Kläger zu folgen, dem Grunde nach wegen des über die übliche Abschreibung hinausgehenden Wertverlusts am Gebäude, der ausschließlich durch die Vermietungstätigkeit veranlasst war, eine Absetzung für eine außergewöhnliche Abnutzung zu gewähren.
7. Die Höhe der Absetzung für eine außergewöhnliche Abnutzung (AfaA) richtet sich danach, wie sich die verminderte Nutzbarkeit des Wirtschaftsguts zur ohne die außergewöhnliche Abnutzung bestehenden normalen Nutzbarkeit verhält. Die AfaA tritt zur normalen AfA hinzu, nicht an ihre Stelle. Die Regel-AfA ist bei der Berechnung der AfaA vor dieser vorzunehmen (Anzinger in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, 21. Aufl. 2006, 280. Lieferung 08.2017, § 7 EStG, Rn. 241). Maßgebend ist somit die Verminderung der Nutzbarkeit im Sinne einer Werteinbuße (vgl. Pfirrman in: Kirchhof, a.a.O., § 7 Rn. 68; Kulosa, in: Schmidt, a.a.O., § 7 Rn. 191).
Die Höhe der den Klägern zustehende Werteinbuße, somit die Absetzung für eine außergewöhnliche Abnutzung (AfaA) berechnet der Senat mit 145.000 €. Diese Entscheidung wird von folgenden Überlegungen getragen:
Die Kläger haben zur Überzeugung des Gerichts ihre Vermietungsabsicht nach außen erkennbar spätestens am 22.03.2012 aufgegeben, also mit der Antragstellung beim Finanzamt 2, dem bisherigen Wohnsitzfinanzamt, auf eine rechtsverbindliche Auskunft zur möglichen Berücksichtigung außergewöhnlicher Belastungen durch den Neubau eines behindertengerechten Gebäudes für eigene Wohnzwecke. Die tatsächliche steuerlich relevante Vermietungstätigkeit endete mit Ablauf des 30.04.2012, also zum Zeitpunkt der Kündigung des Mietverhältnisses durch die Mieterin B.
Sowohl die Bauvoranfrage, die die Kläger bereits am 25.01.2012 gestellt hatten, als auch der Antrag auf die verbindliche Auskunft gingen ausweislich der beigelegten Unterlagen und Kostenaufstellungen von Planungen für den Neubau eines Einfamilienwohnhauses auf ein bestehendes Untergeschoss aus. Das Kellergeschoss wurde also noch als verwendungsfähig angesehen und sollte bestehen bleiben. Die Abbruchentscheidung auch für den Keller trafen die Kläger laut dem Vortrag in der mündlichen Verhandlung erst im Zuge der Abrissarbeiten, als Schimmelbefall des Mauerwerks festgestellt worden sei.
Dieser Befund einer Schimmelbelastung ist jedoch durch das dem Gericht vorgelegte und glaubhafte Gutachten des Architekten G vom 15.12.2014 nicht gedeckt. Darin wird noch von der Sanierungsfähigkeit des Kellers mit Kosten in Höhe von 25.000 € ausgegangen. Es seien die Rohrdurchführungen, Fließenarbeiten und der Bodenablauf nicht fachgerecht ausgeführt worden und es könne Feuchtigkeit in das Gebäude gelangen; vorhanden sei ein moderiger Geruch. Offensichtlich gingen sowohl die Kläger als auch der Architekt daher von einer Nutzungsfähigkeit des bestehenden Fundaments und des Kellergeschosses aus. Die Werteinbuße durch die außerordentliche wirtschaftliche Abnutzung betraf daher ganz überwiegend den Gebäudebestand ohne das Kellergeschoss.
Ausgehend von der Kostenaufstellung des Architekten G vom 15.12.2014, in dem zu erwartende Kosten für die Herstellung eines neuen Gebäudes mit 246.005,10 € angesetzt werden, berechnet sich der Aufwand nur für Kellerräume mit 220 € je Kubikmeter und einem Rauminhalt des Kellers mit 322,32 m3 auf 70.910,40 €; somit ergibt sich für den Keller ein Kostenanteil von ca. 29% der Gesamtkosten.
Diese Wertaufteilung legt der Senat dem Restwert des ganzen Gebäudes im Zeitpunkt der Beendigung der Vermietungstätigkeit zum 30.04.2014, also dem Restwert in Höhe von 179.617 €, zugrunde und kommt damit zu einem Wertanteil für das Kellergeschoss in Höhe von 52.089 € (29%) und für das übrige Gebäude in Höhe von 127.528 € (71%). Die Kläger sahen sich daher einer Werteinbuße durch die Vermietungstätigkeit von mindestens 127.528 € ausgesetzt.
Der Senat ist jedoch zu der Überzeugung gelangt, dass auch ein zusätzlicher Wertverlust hinsichtlich des Kellergeschosses zu berücksichtigen ist, da auch insoweit der Wertverzehr durch die Regelabschreibung von 2% die tatsächlichen Verhältnisse nicht sachgerecht wiedergibt. Den verbliebenen Restwert des Kellergeschosses zum 30.04.2012 errechnet der Senat mit einem Betrag von 35.000 €. Wiederum ausgehend von geschätzten Neuerrichtungskosten von 70.910,40 € für den Keller, stellt der Senat die zu erwartenden Sanierungskosten von 25.000 € gegenüber und kommt durch eine abwägende Beurteilung zu einem Restwert der bestehenden Kellerbaulichkeiten von etwa 50% der zu erwartenden Neuerrichtungskosten, also von 35.000 €. Dies in Abzug gebracht zum festgestellten Restwert des gesamten Gebäudes zum 30.04.2012 von 179.617 € verbleiben gerundet eine Absetzung für eine außergewöhnliche Abnutzung von 145.000 €.
Dieser zu gewährende Abschreibungsbetrag liegt auch in dem Kostenbereich, den der Kläger mindestens für Renovierungsarbeiten aufwenden hätte müssen, wenn das Wohngebäude bestehen geblieben und saniert worden wäre. Denn allein die Sanierungskosten für die unmittelbar durch Vermietung genutzten Gebäudeteile (Fenster, Böden, Wände, Installationen und Sanitär) hätten nach Anschlag des Gutachtens von Architekt G 128.000 €, eine umfassendere Sanierung zusätzlich mit Dach und Fassade 200.000 € betragen.
Unter den so gestalteten Umständen des Streitfalls war eine AfaA in Höhe von 145.000 € zu gewähren.
8. Die für den Abbruch des Gebäudes aufgewendeten Kosten können dagegen nicht als nachträgliche Werbungskosten gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG bei den Vermietungseinkünften nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG berücksichtigt werden. Der Abbruch stellt sich nicht als letzter Akt der Vermietungstätigkeit dar.
Den Klägern kann nicht dahin gefolgt werden, dass auch die Kosten für den Abriss des ganzen Gebäudes den Werbungskosten für die Vermietungstätigkeit zuzurechnen wären. Denn die Entscheidung für den Abbruch des Gebäudes steht unmittelbar im Zusammenhang mit dem Entschluss, das Hausgrundstück für die eigenen Wohnzwecke der Kläger zu nutzen. Als auslösendes Moment für den Abbruch ist daher nicht der erhebliche Wertverzehr durch die Vermietungstätigkeit anzusehen, denn dieser war nicht so geartet, dass nur noch ein Abbruch des Gebäudes in Frage gekommen wäre, auch wenn dies unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten eine vernünftige Entscheidung gewesen wäre. Zu berücksichtigen ist nämlich, dass die Kläger die Vermietungsabsicht endgültig aufgegeben hatten und zudem, dass jedenfalls für das Kellergeschoss eine Abbruchentscheidung erst getroffen wurde, nachdem die Kläger die Vermietungstätigkeit endgültig eingestellt hatten. Die Abbruchkosten waren daher privat veranlasst und stehen ganz überwiegend im Veranlassungszusammenhang mit der Neuerrichtung des Wohnhauses nach den eigenen Bedürfnissen der Kläger.
Damit unterscheidet sich der hier zu beurteilende Sachverhalt wesentlich von den Umständen, über die der BFH in der Streitsache IX R 73/84 zu befinden hatte. Dort hatte die Vorinstanz den Sachverhalt aufgespalten in eine Periode der effektiven Tatbestandsverwirklichung der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung bis zu deren Beendigung einerseits und eine Periode der künftig beabsichtigten Tatbestandsverwirklichung dieser Einkunftsart andererseits. Eine derartige Aufteilung, so der BFH in der Revisionsentscheidung, wäre jedoch nur dann gerechtfertigt, wenn ein Steuerpflichtiger neben der Einstellung der Vermietertätigkeit auch die Absicht der Einkunftserzielung aufgibt und diese später gegebenenfalls erneut fasst. Liegen die tatsächlichen Verhältnisse indessen so, dass der Steuerpflichtige seine Einkunftserzielungsabsicht nicht aufgibt, er aber den Tatbestand der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung nicht erfüllen kann, weil die Gebäude wirtschaftlich oder technisch verbraucht sind, deshalb abgerissen werden müssen und der Tatbestand der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung in den neu zu errichtenden Gebäuden ausgeübt werden soll, so liegt ein einheitlicher Lebenssachverhalt vor, der auch einheitlich beurteilt werden muss (BFH-Urteil vom 17.12.1985 IX R 73/84, BFH/NV 2986, 453, Rn. 26).
Im hier zu entscheidenden Streitfall liegt es aber gerade so, dass die Kläger die Einkunftserzielungsabsicht zum 30.04.2012 endgültig aufgegeben hatten und das Hausgrundstück zu privaten Zwecken nutzen wollten und dann auch tatsächlich nutzten. Erst nach der Beendigung der Vermietung beauftragte der Kläger Unternehmen mit der Stilllegung eines Erdtanks und mit dem Abbruch des Gebäudes, der im September 2012 begann, also zu einer Zeit der beabsichtigten privaten Nutzung des Hausgrundstücks.
Somit war den Klägern zwar eine AfaA in Höhe von 145.000 € als weitere Werbungskosten bei den Vermietungseinkünften im Streitjahr zu gewähren, darüber hinaus aber konnte die Klage keinen Erfolg haben.
Die Berechnung und die Festsetzung der Steuer in einem geänderten Bescheid wird gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO dem beklagten Finanzamt übertragen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 136 Abs. 1 Satz 1, 143 Abs. 1 FGO.

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