Strafrecht

Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Cannabis-Konsums

Aktenzeichen  M 26 S 16.5362

Datum:
22.12.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
StVG StVG § 3 Abs. 1 S. 1
FeV FeV § 11 Abs. 7, Abs. 8, § 46 Abs. 1 S. 1, Abs. 3
FeV Anlage 4 Nr. 9.2.2

 

Leitsatz

Im Fall der Teilnahme eines Kraftfahrzeugführers am Straßenverkehr unter der Einwirkung von Cannabis ist, wenn die Fahreignung verneint wird, eine weitere Aufklärung durch Ermittlungen zur Häufigkeit seines Konsums nur dann geboten, wenn er ausdrücklich behauptet und substantiell darlegt, er habe erstmals im Rahmen eines Probierkonsums Cannabis eingenommen oder frühere Konsumakte lägen derart weit zurück, dass daran nicht mehr angeknüpft werden kann, und die neuerliche Einnahme beruhe auf besonderen Umständen. Erst wenn hier substantiierte Darlegungen erfolgen, ist deren Glaubhaftigkeit unter Würdigung sämtlicher Fallumstände zu überprüfen. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Der Streitwert wird auf 6.250,00 Euro festgesetzt.
IV.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Rechtsanwalts A. wird abgelehnt.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Klassen A18, A1, B, BE, C1, C1E, L und M.
Der Antragsteller wurde am … September 2014 gegen a. Uhr einer Verkehrskontrolle unterzogen, bei der die Polizei bei ihm drogentypische Auffälligkeiten (nervös, zitternd, glasige Augen) feststellte. Ein Urintest reagierte positiv auf THC (Tetrahydrocannabinol). Eine um b. Uhr durchgeführte Blutanalyse ergab a. ng/ml THC und b. ng/ml THC-Carbonsäure (THC-COOH). Auf der zweiten Seite des Gutachtens zur Blutanalyse vom … Dezember 2014 findet sich ein mit Datumsstempel (…5.2015) und einem Unterschriftskürzel versehener Vermerk: „Hinweis: lt. Angaben zum Konsum erfolgte dieser am …9.14 (bis 24.00).“ Dem ärztlichen Untersuchungsbericht ist unter der Anamnese zu entnehmen: „vorgestern auf einer Party gewesen; keine weiteren Angaben“.
Die zu dem Vorfall ergangene Bußgeldentscheidung vom … Dezember 2014 erlangte nach Rücknahme des Einspruchs am … Februar 2016 Rechtskraft.
Mit Schreiben vom … Mai 2015 hörte der Antragsgegner den Antragsteller zur beabsichtigten Entziehung der Fahrerlaubnis an. Dem Schreiben ist zu entnehmen, dass der Antragsgegner von eigenen Angaben des Antragstellers ausgeht, wonach er vor dem Vorfall letztmalig am … September 2014 konsumiert habe, und davon, dass die festgestellten Blutwerte auf einem zeitnäheren Konsum basierten.
Mit Schreiben vom … Juli 2015 führte der Bevollmächtigte des Antragstellers näher aus, warum aus seiner Sicht anhand der festgestellten Werte nicht auf fehlendes Trennungsvermögen geschlossen werden könne. Die Fahrtüchtigkeit des Antragstellers sei nicht eingeschränkt gewesen. Der festgestellte THC-COOH-Wert lasse auch nicht auf gelegentlichen oder regelmäßigen Konsum schließen.
Mit Schreiben vom 14. Juni 2016 forderte der Antragsgegner den Antragsteller wegen des vorstehenden Sachverhalts zur Beibringung eines ärztlichen Gutachtens bis zum 17. August 2016 zu der Fragestellung auf, ob das Konsumverhalten des Antragstellers als einmalige, gelegentliche oder regel- und gewohnheitsmäßige Einnahme von Cannabis zu bezeichnen sei. Im Schreiben ist u. a. angeführt, dass die Aufnahme von Cannabis aufgrund der Blutwerte erwiesen sei. Der Antragsteller habe zugegeben, letztmalig am … September 2014 auf einer Party Cannabis konsumiert zu haben. In einem Begleitschreiben an den Bevollmächtigten des Antragstellers teilte der Antragsgegner zudem mit, dass von der Entziehung der Fahrerlaubnis wegen geänderter Rechtsauffassung zunächst Abstand genommen werde.
Mit Schreiben vom … Juni 2016 bat der Bevollmächtigte des Antragstellers u. a. um Fristverlängerung für die Benennung einer Begutachtungsstelle bis 11. August 2016, um dem bereits verschuldeten Antragsteller bis dahin zu ermöglichen, die notwendigen finanziellen Mittel über Dritte aufzubringen. Der Antragsgegner entsprach dieser Bitte nicht.
Nach Anhörung mit Schreiben vom … August 2016 entzog der Antragsgegner dem Antragsteller mit Bescheid vom 29. September 2016 die Fahrerlaubnis der Klassen B, BE, C1, C1E, L, M und A (Nr. 1 des Bescheids). Unter Nr. 2 forderte er ihn zur Abgabe des Führerscheins spätestens innerhalb einer Woche ab Zustellung des Bescheids auf (Buchst. a), sofern er nicht mehr im Besitz des Führerscheins ist, zur Abgabe einer entsprechenden eidesstattlichen Erklärung innerhalb vorgenannter Frist (Buchst. b). Für den Fall, dass der Antragsteller der Aufforderung unter Nr. 2 des Bescheids nicht nachkommt, drohte er ein Zwangsgeld von a. Euro an (Nr. 4). Unter Nr. 3 ordnete er die sofortige Vollziehung der Nrn. 1 und 2 an. Nr. 5 enthält die Kostenentscheidungen.
Zur Begründung führte der Antragsgegner aus, dass die Anordnung zur Beibringung eines ärztlichen Gutachtens wegen des Verdachts gelegentlichen Cannabiskonsums gerechtfertigt gewesen sei. Die vom Antragsteller angeführte Mittellosigkeit führe zu keiner anderen Beurteilung. Wegen der Nichtvorlage des geforderten Gutachtens sei auf die Nichteignung zu schließen.
Mit Schreiben vom … Oktober 2016 legte der Bevollmächtigte des Antragstellers Widerspruch gegen den Bescheid vom 29. September 2016 ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 27. Oktober 2016, zugestellt am … Oktober 2016, wies die Regierung von Oberbayern den Widerspruch des Antragstellers zurück.
Mit Schriftsatz vom … November 2016, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht München am Folgetag, erhob der Bevollmächtigte des Antragstellers in dessen Namen Klage mit dem Antrag, den Bescheid des Antragsgegners vom 29. September 2016 aufzuheben. Außerdem beantragte er,
im Wege einer einstweiligen Anordnung die Anordnung der sofortigen Vollziehung aufzuheben
und unter seiner Beiordnung Prozesskostenhilfe zu bewilligen.
Zur Begründung von Klage und Antrag teilte der Bevollmächtigte mit, dass der Antragsteller keine Bedenken gegen die Anordnung eines ärztlichen Gutachtens zur Feststellung des Konsumverhaltens habe, dass die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers es jedoch nicht zuließen, die Kosten hierfür zu tragen. Es sei mit Kosten von ca. 400,00 EUR zu rechnen, da zumindest zwei Urinuntersuchungen nötig seien. Der Bescheid sei rechtswidrig, weil er unterstelle, dass der Antragsteller noch Cannabis zu sich nehme und im berauschten Zustand wiederholt ein Kraftfahrzeug führe. Der Antragsgegner habe keine Anhaltspunkte für wiederholten Cannabiskonsum oder weitere Auffälligkeiten im Straßenverkehr. Die Vermögenslosigkeit des Antragstellers sei dem Antragsgegner bekannt. Diese führe vorliegend zum Verlust der Fahrerlaubnis, was mit sozialstaatlichen Grundsätzen, Art. 1 GG und mit dem Verhältnismäßigkeitsprinzip nicht zu vereinbaren sei. Weder Bescheid noch Widerspruchsbescheid ließen eine Abwägung erkennen. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO sei wegen der einschneidenden Konsequenzen des angefochtenen Bescheids für die Berufsausübung und die Existenzsicherung zu stellen gewesen.
Am … Dezember 2016 gab der Antragsteller die Versicherung an Eides Statt ab, wonach sich sein Führerschein nicht (mehr) in seinem Besitz befinde.
Mit Schriftsatz vom 8. Dezember 2016 beantragte der Antragsgegner, die Klage abzuweisen. Bereits mit Schriftsatz vom 6. Dezember 2016 beantragte er,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung der Abweisungsanträge verwies er auf die Ausführungen im Bescheid vom 29. September 2016. Die einmalige Fahrt unter Cannabiseinfluss habe ausreichenden Anlass für die angeordnete Aufklärungsmaßnahme zur Konsumhäufigkeit gegeben. Die behauptete Mittellosigkeit entschuldige nicht die Nichtbeibringung des Gutachtens. Der Antragsteller habe im Verwaltungsverfahren auch keine Nachweise zu seiner Vermögenslosigkeit vorgelegt, so dass von einer Schutzbehauptung auszugehen sei. In Bezug auf die geltend gemachte wirtschaftliche Notlage müsse zudem abgewogen werden zwischen dem Individualinteresse des Antragstellers und dem Interesse der Allgemeinheit an der Sicherheit im Straßenverkehr. Es sei nicht zu verantworten, wegen der Mittellosigkeit des Betreffenden von seine Eignung klärenden Maßnahmen abzusehen. Ein milderes Mittel habe nicht zur Verfügung gestanden. Das öffentliche Interesse an der Verkehrssicherheit überwiege auch das private Interesse an der vorläufigen Beibehaltung der Fahrerlaubnis und rechtfertige die Sofortvollzugsanordnung.
Mit Beschluss vom 20. Dezember 2016 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf die Einzelrichterin übertragen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und zum Vorbringen der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakten in diesem Verfahren und im Verfahren M 26 K 16.5361 sowie auf die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
II.
1. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO (s. §§ 122 Abs. 1, 88 VwGO) hat keinen Erfolg.
1.1. Der Antrag ist wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, soweit darin die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Zwangsgeldandrohung in Nr. 4 des angegriffenen Bescheids begehrt wird. Der Antragsteller hat seinen Führerschein zwar nicht vorgelegt. Er hat jedoch im Sinne der Nr. 2 Buchst. b des angegriffenen Bescheids eine Versicherung an Eides Statt bei der Fahrerlaubnisbehörde abgegeben (s. § 5 Satz 1 Straßenverkehrsgesetz – StVG). Es ist bei dieser Sachlage nicht ersichtlich, dass der Antragsgegner das in Nr. 3 des Bescheids angedrohte Zwangsgeld gleichwohl noch beitreiben wird (s. Art. 37 Abs. 4 Satz 1 Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz – VwZVG).
1.2. Der Antrag ist ansonsten zulässig, jedoch unbegründet.
Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung von Widerspruch oder Klage ganz oder teilweise wiederherstellen bzw. anordnen. Es trifft dabei eine eigene Ermessensentscheidung. Grundlage dieser Entscheidung ist eine Abwägung zwischen dem Aussetzungsinteresse des Antragstellers und dem Vollzugsinteresse des Antragsgegners, wobei insbesondere die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache zu berücksichtigen sind (vgl. Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 72 ff.).
1.2.1. Der Antragsgegner hat das besondere öffentliche Interesse am Sofortvollzug im vorliegenden Fall ausreichend einzelfallbezogen im Sinne des § 80 Abs. 3 VwGO begründet (zu den Anforderungen Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 43). Zwar bedarf es regelmäßig der Darlegung besonderer Gründe, die über die Gesichtspunkte hinausgehen, die den Verwaltungsakt selbst rechtfertigen. § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO verpflichtet die Behörde aber nicht, eine Begründung zu geben, die ausschließlich auf den konkreten Sachverhalt zutrifft. Gerade dann, wenn wiederkehrenden Sachverhaltsgestaltungen eine typische Interessenlage zugrunde liegt, kann sich die Behörde zur Rechtfertigung der Anordnung der sofortigen Vollziehung darauf beschränken, diese Interessenlage aufzuzeigen und deutlich zu machen, dass sie nach ihrer Auffassung auch im konkreten Fall vorliegt. Das kommt insbesondere im Bereich des Sicherheitsrechts in Betracht, zu dem auch die Fälle des Fahrerlaubnisentzugs wegen fehlender Fahreignung gehören. Denn es liegt in der Regel auf der Hand, dass die Teilnahme eines für ungeeignet erachteten Kraftfahrers am Straßenverkehr zu erheblichen Gefahren für Leben, Gesundheit und Eigentum anderer Verkehrsteilnehmer führt und durch die Anordnung des Sofortvollzugs des Entziehungsbescheids schnellstmöglich auszuschließen ist (BayVGH, B. v. 10.8.2011 – 11 CS 11.1271 – juris Rn. 6, B. v. 10.3.2008 – 11 CS 07.3453 – juris Rn. 16).
1.2.2. Hier überwiegt das Vollzugsinteresse des Antragsgegners, da die gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis gerichtete Klage des Antragstellers nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes erforderlichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung voraussichtlich keinen Erfolg haben wird. Der Bescheid vom 29. September 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Oktober 2016 ist rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten (s. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist vorliegend der Zeitpunkt des Erlasses bzw. der Zustellung des Widerspruchsbescheids als letzter Behördenentscheidung (s. BVerwG, U. v. 23.10.2014 – 3 C 3.13 – NJW 2015, 2439 Rn. 13 m. w. N.).
1.2.2.1. Vorliegend kann dahinstehen, ob der Antragsgegner sich hinsichtlich seiner Entziehungsentscheidung (Nr. 1 des Bescheids vom 29.9.2016) auf § 11 Abs. 8 Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV – stützen und dementsprechend auf die Nichteignung des Antragstellers schließen durfte. Denn dem Antragsteller war die Fahrerlaubnis – ohne dass ihm ein Ermessen zugestanden hätte – nach § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG, § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV schon deshalb zu entziehen, weil seine Nichteignung aufgrund der sich aus dem Vorfall vom … September 2014 und der anschließenden Blutuntersuchung resultierenden Erkenntnisse feststand (s. § 11 Abs. 7 FeV; vgl. BayVGH, B. v. 15.7.2010 – 11 CS 10.1145 – juris Rn. 16 ff). Die Voraussetzungen für die Entziehung der Fahrerlaubnis lagen auch bei Erlass des Widerspruchsbescheids weiterhin vor, auch wenn es sich dabei um andere handelte als die, mit denen die befassten Behörden ihre Entscheidungen begründeten. Als unschädlich ist anzusehen, dass Nr. 1 des Bescheids u. a. die Entziehung der Fahrerlaubnis der Klasse A statt der Klassen A18, A1 ausspricht, da diese Unterklassen zu A darstellen (vgl. Art. 47 Abs. 1 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz – BayVwVfG).
Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG und § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 FeV entsprechend Anwendung (§ 46 Abs. 3 FeV). Gemäß § 11 Abs. 7 FeV unterbleibt die Anordnung zur Beibringung eines Gutachtens, wenn die Nichteignung des Betroffenen zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde feststeht. Nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zu §§ 11, 13 und 14 FeV ist zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet, wer gelegentlich Cannabis einnimmt und den Konsum und das Fahren nicht trennen kann.
Der Antragsteller ist nach Auffassung des erkennenden Gerichts auch ohne weitere Aufklärung des Konsumverhaltens als gelegentlicher Konsument von Cannabis anzusehen.
Gelegentlicher Konsum von Cannabis im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV liegt schon dann vor, wenn der Betroffene in zwei selbstständigen Konsumvorgängen Cannabis zu sich genommen hat und diese Konsumvorgänge einen gewissen, auch zeitlichen Zusammenhang aufweisen (s. BVerwG, U. v. 23.10.2014 – 3 C 3/13 – NJW 2015, 2439 Rn. 16 ff.). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (s. z. B. BayVGH, B. v. 25.1.2016 – 11 CS 15.2480 – juris Rn. 14, B. v. 18.6.2013 – 11 CS 13.882 – juris; vgl. hierzu auch VGH BW, B. v. 22.7.2016 – 10 S 738/16 – juris Rn. 6 ff.; OVG NW, B. v. 23.6.2014 – 16 B 500/14 – juris), der das erkennende Gericht in ebenfalls ständiger Rechtsprechung folgt (z. B. VG München, B. v. 15.12.2016 – M 26 S 16.5205, B. v. 29.10.2013 – M 6b S 13.3418 – juris), ist im Fall der Teilnahme eines Kraftfahrzeugführers am Straßenverkehr unter der Einwirkung von Cannabis zur Verneinung seiner Fahreignung eine weitere Aufklärung durch Ermittlungen zur Häufigkeit seines Konsums nur dann geboten, wenn er ausdrücklich behauptet und substantiell darlegt, er habe erstmals im Rahmen eines Probierkonsums Cannabis eingenommen oder frühere Konsumakte lägen derart weit zurück, dass daran nicht mehr angeknüpft werden kann, und die neuerliche Einnahme beruhe auf besonderen Umständen. Erst wenn hier substantiierte Darlegungen erfolgen, ist ihre Glaubhaftigkeit unter Würdigung sämtlicher Fallumstände zu überprüfen. Denn die Kombination von einmaligem Cannabiskonsum, anschließender Verkehrsteilnahme unter Einwirkung des konsumierten Stoffes und schließlich der Feststellung dieses Umstandes bei einer Verkehrskontrolle spricht unter Berücksichtigung der relativ geringen polizeilichen Kontrolldichte insgesamt deutlich für einen sehr selten anzunehmenden Fall. Dennoch kann solch ein Zusammentreffen der genannten Umstände nicht völlig ausgeschlossen werden. Vor diesem Hintergrund bedarf es jedoch einer ausdrücklichen Behauptung mit substantiierten Darlegungen dazu, dass es sich bei der festgestellten Einnahme von Cannabis tatsächlich um einen erst bzw. einmaligen Konsum gehandelt hat.
Weder der Antragsteller noch sein Bevollmächtigter haben zu irgendeinem Verfahrenszeitpunkt einen erst- oder einmaligen Konsum (Probierkonsum) im Vorfeld der Verkehrskontrolle am … September 2014 behauptet – erst recht wurde ein solcher nicht ausreichend substantiiert und schlüssig dargelegt. Der Antragsteller selbst hat sich weder gegenüber der Polizei noch im Zusammenhang mit der Blutuntersuchung oder gegenüber der Fahrerlaubnisbehörde des Antragsgegners entsprechend geäußert. Der Bevollmächtigte hat auf die Anhörung zur beabsichtigten Entziehung der Fahrerlaubnis mit Schreiben vom … Mai 2015 im Schreiben vom … Juli 2015 zwar die Frage der Aussagekraft des festgestellten THC-COOH-Wertes und damit die Nachweisbarkeit eines gelegentlichen Konsums thematisiert. Er hat jedoch nicht behauptet, dass der Antragsteller (nur) einmalig konsumiert habe. Dies, obwohl im Anhörungsschreiben vom … Mai 2015 ein Konsumakt am … September 2014 erörtert wurde, dessen Ursächlichkeit für das Ergebnis der Blutuntersuchung die Antragsgegnerseite ausschloss und woran sie deshalb wegen der Annahme gelegentlichen Konsums Rechtsfolgen knüpfte. Es hätte nach Auffassung des Gerichts spätestens nach Empfang des besagten Anhörungsschreibens für den Antragsteller Anlass bestanden, seinen Mitwirkungspflichten nachzukommen und der Annahme wiederholter Konsumakte nicht nur ausdrücklich entgegenzutreten, sondern zur angeblichen Einmaligkeit des Konsums und den Gründen hierfür auch ausführliche Angaben zu machen bzw. Nachweise zu erbringen. Der Antragsgegner hat sich im Übrigen auch in einer weiteren Anhörung vom … Juni 2016 und in der Gutachtensanordnung vom … Juni 2016 auf die Ergebnisse der Blutuntersuchung und auf eigene Angaben des Antragstellers bezogen, wonach dieser bereits am … September 2014 anlässlich einer Party Cannabis konsumiert habe, ohne dass der Antragsteller hierzu reagiert hätte.
Vorliegend ist nicht ersichtlich, warum es dem Antragsteller nicht ohne weiteres möglich und zumutbar gewesen wäre, seinen Teil zur Sachaufklärung beizutragen. Ihm musste nach der frühzeitig durchgeführten Anhörung zur beabsichtigten Fahrerlaubnisentziehung (mit Schreiben vom …5.2015) und dem weiteren Verfahrensfortgang bewusst gewesen sein, wie erheblich die näheren Umstände seines Konsums sein würden. Im weiteren Verfahren zu signalisieren, zur Teilnahme an Maßnahmen zur Aufklärung der Konsumhäufigkeit bereit zu sein – wobei dann allerdings ein angeordnetes ärztliches Gutachten zur Frage des Konsummusters wegen angeblicher Finanzierungsschwierigkeiten nicht beigebracht wird – kann bei dieser Sachlage nicht genügen.
Der Annahme eines gelegentlichen Cannabis-Konsums steht auch nicht entgegen, dass beim Antragsteller eine THC-Carbonsäure-Konzentration von unter 100 ng/ml (hier b. ng/ml) festgestellt wurde. Anhand eines Wertes unter 100 ng/ml THC-COOH kann zwar nicht auf gelegentlichen Konsum in Abgrenzung zu einem einmaligen Konsum geschlossen werden (vgl. BayVGH, B. v. 23.4.2013 – 11 CS 13.219 – juris Rn. 14, B. v. 27.6.2006 – 11 CS 05.1559 – juris Rn. 20 ff.). Hieraus ergibt sich jedoch nicht der Umkehrschluss, dass ein einmaliger Konsum vorliegen müsse (s. VG München, B. v. 5.7.2013 – M 6b S 13.2428).
Der Antragsteller hat auch nicht im Sinne der Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV zwischen dem Konsum von Cannabis und dem Führen eines Kraftfahrzeugs getrennt. Denn er hat nach dem Ergebnis der Blutuntersuchung am … September 2014 ein Kraftfahrzeug mit einer THC-Konzentration von a. ng/ml THC im Blutserum geführt und somit den auch unter Berücksichtigung der Empfehlung der Grenzwertkommission vom September 2015 weiterhin maßgeblichen Risikogrenzwert von 1,0 ng/ml, ab dem von der Möglichkeit einer cannabisbedingten Beeinträchtigung der Fahrsicherheit auszugehen ist (BayVGH, B. v. 23.5.2016 – 11 CS 16.690 – juris Rn. 15; s. auch VG Gelsenkirchen, U. v. 20.1.2016 – 9 K 4970/15 – juris), überschritten. Es ist in diesem Zusammenhang unerheblich, inwieweit die Polizisten oder der blutabnehmende Arzt Ausfallerscheinungen beim Antragsteller festgestellt haben. Auf die tatsächliche Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit kommt es nicht an.
Dass der Antragsteller die Fahreignung wieder erlangt hat, weshalb nicht mehr ohne weitere Aufklärung von seiner Ungeeignetheit ausgegangen werden könnte, ist – auch im Hinblick auf den in Betracht zu ziehenden Ablauf der sogenannten „verfahrensrechtlichen Einjahresfrist“ (vgl. BayVGH, B. v. 9.5.2005 – 11 CS 04.2526 – juris; vgl. aber auch VGH BW, B. v. 7.4.2014 – 10 S 404/14 – juris) – nicht ersichtlich. Die Frage, ob die Fahreignung wiedererlangt wurde, kann sich im Entziehungsverfahren überhaupt nur dann stellen, wenn der Betroffene eine insoweit bedeutsame Verhaltensänderung plausibel behauptet und belegt oder unabhängig hiervon gewichtige und belastbare Anhaltspunkte vorliegen (vgl. BayVGH, B. v. 22.9.2015 – 11 CS 15.1447 – juris Rn. 18). Dies ist beim Antragsteller nicht der Fall. Nachdem Drogenabstinenz oder eine fahreignungsrelevante und manifeste Umstellung des Konsumverhaltens nicht behauptet wurden bzw. Entsprechendes auch nach sonstiger Aktenlage in keiner Weise nachvollzogen werden kann, bestand und besteht kein Anlass, an der Fortdauer des Eignungsmangels zu zweifeln bzw. die Entziehungsentscheidung von vorgeschalteten Aufklärungsmaßnahmen abhängig zu machen.
Schließlich ändert daran, dass der Antragsteller im vorliegenden summarischen Verfahren als fahrungeeignet anzusehen ist, auch die vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in seinen Beschlüssen vom 29. August 2016 (11 CS 16.1460 – juris) und 14. September 2016 (11 CS 16.1467 – juris) angedeutete Rechtsauffassung, im Hinblick auf die Vorschrift des § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV könne zukünftig bei nur einmaliger Teilnahme am motorisierten Straßenverkehr mit einer THC-Konzentration von 1,0 ng/ml oder mehr, solange sich diese im Bereich einer Ordnungswidrigkeit bewegt, möglicherweise nicht mehr ohne weiteres von fehlender Fahreignung ausgegangen werden, nichts. Denn in dieser Entscheidung, die zudem nur im Verfahren zur Erlangung einstweiligen Rechtschutzes erging, hat sich das übergeordnete Gericht noch nicht festgelegt – was folglich nicht ausreichend ist, um die eben dargestellte Rechtsprechung der Kammer, die der Bayerische Verwaltungsgerichtshof bislang geteilt hat (vgl. etwa BayVGH, B. v. 23.5.2016 – 11 CS 16.690 – juris), infrage zu stellen.
Im Übrigen hielte es das erkennende Gericht selbst dann, wenn es wegen der vorgenannten Entscheidungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs von offenen Erfolgsaussichten ausgehen würde, nicht für vertretbar, den Antragsteller vorläufig wieder am Straßenverkehr teilnehmen zu lassen. Denn für die Annahme, dass vom Antragsteller, der im Sinne der Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV als gelegentlicher Cannabiskonsument anzusehen ist, der Konsum und Fahren nicht trennen kann, keine höhere Gefahr als von anderen Verkehrsteilnehmern ausgeht, fehlt es an ausreichenden Anhaltspunkten. Allein der Umstand, dass der Antragsteller seit dem Vorfall vom … September 2014 – womöglich unter dem Eindruck des Bußgeld- bzw. fahrerlaubnisrechtlichen Verfahrens – anscheinend nicht mehr einschlägig im Straßenverkehr in Erscheinung getreten ist, rechtfertigt nicht die Prognose, dass er nicht mehr unter unzulässigem Cannabiseinfluss ein Fahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr führen wird. Das öffentliche Interesse an der Sicherheit des Straßenverkehrs überwiegt somit die privaten und insbesondere auch beruflichen Interessen des Antragstellers an einer vorläufigen Fahrberechtigung.
1.2.2.2. Da die sofortige Vollziehung der Entziehung der Fahrerlaubnis der einstweiligen gerichtlichen Überprüfung standhält, verbleibt es auch bei der im streitgegenständlichen Bescheid enthaltenen Anordnung, den Führerschein abzuliefern. Die im Bescheid hinsichtlich der Frist konkretisierte Verpflichtung hierzu ergibt sich aus § 3 Abs. 2 Satz 3 StVG i. V. m. § 47 Abs. 1 Satz 1 FeV. Es bestehen auch keine rechtlichen Bedenken gegen die Festsetzungen zu den Kosten.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung hat ihre Grundlage in § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes – GKG – i. V. m. den Empfehlungen in den Nrn. 1.5, 46.2, 46.3 und 46.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (Stand November 2013).
3. Dem Antragsteller war keine Prozesskostenhilfe zu bewilligen, da die Rechtsverfolgung nach dem Vorstehenden keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (§ 166 VwGO i. V. m. § 114 ff. ZPO). Auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers kam es bei dieser Sachlage nicht an.

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