Zivil- und Zivilprozessrecht

Zum Prüfungsumfang des Registergerichts betreffend das Bestehen einer Vollmacht zur Anmeldung

Aktenzeichen  31 Wx 102/16

Datum:
31.5.2016
Fundstelle:
NotBZ – 2017, 65
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB BGB § 172
FamFG FamFG § 26
HGB HGB § 12 I 1, 2

 

Leitsatz

1. Zum Prüfungsumfang des Registergerichts betreffend das Bestehen einer Vollmacht zur Anmeldung. (amtlicher Leitsatz)
2 Die Registergerichte sind nicht verpflichtet, verwickelte Rechtsverhältnisse oder zweifelhafte Rechtsfragen zu klären, da sie andernfalls überlastet würden und die Gefahr bestünde, dass Handelsregistereintragungen auf unangemessene Zeit blockiert würden. (red. LS Christoph Syrbe)
3 Eine isolierte materielle Prüfung des Bestehens einer Vollmacht, d. h. ohne deren Vorlage, durch das Registergericht ist nicht geboten, sondern der Prüfungsumfang ist zunächst auf die Vorlage der Vollmacht (in elektronischer Form) als solche beschränkt. (red. LS Christoph Syrbe)

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts München – Registergericht – vom 1.3.2016 wird zurückgewiesen.

Gründe

Gründe:
I. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht ist das Registergericht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Voraussetzungen für die von der Beschwerdeführerin erstrebte Eintragung deswegen nicht vorliegen, weil die für die Anmeldung erforderliche Vollmacht betreffend den Kommanditisten (= Beteiligter zu 2) entgegen § 12 Abs. 1 Satz 2 HGB nicht in öffentlich beglaubigter Form eingereicht wurde.
1. Anmeldungen zur Eintragung in das Handelsregister sind gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 HGB elektronisch in öffentlich beglaubigter Form einzureichen. Die gleiche Form ist nach § 12 Abs. 1 Satz 2 HGB für eine Vollmacht zur Anmeldung erforderlich.
a) Vorliegend wurde beim Registergericht zwar – zusammen mit der Anmeldung der Übertragung der Kommanditbeteiligung – die von dem Kommanditisten zugunsten seines Sohnes und seiner Tochter zur Urkunde vom 12.5.2004 (URNr. G 0805/2004) des Notars Dr… erteilte General- und Betreuungsvollmacht elektronisch eingereicht, jedoch lediglich in der Ausfertigung zugunsten des Sohnes, nicht aber die Ausfertigung der Vollmacht zugunsten der Tochter des Kommanditisten selbst.
Damit ist aber der Nachweis der Vertretungsmacht der Tochter des Kommanditisten im Sinne des § 172 BGB nicht geführt. Zwar reicht es für den Nachweis aus, dass der Bevollmächtigte die Vollmachtsurkunde in Ausfertigung einreicht. Denn an die Stelle der Urschrift tritt im Rechtsverkehr die Ausfertigung. Jedoch erfasst die Legitimationswirkung der Ausfertigung nur den im Ausfertigungsvermerk namentlich benannten Bevollmächtigten. Der Fortbestand der erteilten Vollmacht ist für jeden Bevollmächtigten gesondert zu prüfen (OLG München DNotZ 2008, 844/846). Die Tochter des Kommanditisten hat gegenüber dem Registergericht jedoch keine in ihrem Besitz befindliche Ausfertigung der Vollmacht eingereicht, sondern sich lediglich auf die von ihrem Bruder eingereichte Ausfertigung bezogen. Das genügt nicht, um den Nachweis ihrer Vertretungsmacht im Sinne des § 172 BGB zu führen, der gerade die Vorlage der Vollmacht bzw. deren Ausfertigung durch den Bevollmächtigten selbst erfordert.
b) Aus welchen Gründen der seine Bevollmächtigung Behauptende die Vollmachtsurkunde nicht vorlegen kann, ist unmaßgeblich. Das Registergericht hat zwar die Pflicht, darüber zu wachen, dass Eintragungen im Handelsregister den gesetzlichen Erfordernissen und der tatsächlichen Rechtslage entsprechen. Dabei ist es aber nicht verpflichtet, verwickelte Rechtsverhältnisse oder zweifelhafte Rechtsfragen zu klären. Dadurch würden die Registergerichte überlastet und es bestünde die Gefahr, dass Handelsregistereintragungen auf unangemessene Zeit blockiert würden (vgl. BGH ZIP 2011, 1562). In diesem Sinne ordnet § 12 Abs. 1 Satz 2 HGB die Vorlage der Vollmacht (in elektronischer Form) durch den Vertreter an, wodurch der Nachweis des Fortbestehens der Vollmacht für den Zeitpunkt seiner Registeranmeldung gemäß § 172 BGB grundsätzlich geführt werden kann. Daraus ergibt sich aber auch die gesetzliche Wertung, dass eine isolierte materielle Prüfung des Bestehens der Vollmacht, d. h. ohne deren Vorlage, durch das Registergericht nicht geboten ist, sondern der Prüfungsumfang zunächst auf die Vorlage der Vollmacht (in elektronischer Form) als solche beschränkt ist. Erst wenn eine solche vorgelegt ist, kann sich überhaupt die (weitere) Frage stellen, ob die Vollmacht zum maßgeblichen Zeitpunkt der Registeranmeldung noch nicht erloschen ist. Insoweit kommt dann der Grundsatz der Amtsermittlung zum Tragen, dass nähere Nachforschungen zum Fortbestehen der Vollmacht anzustellen sind, wenn begründeter Anlass zu Zweifeln gegeben ist (OLG Karlsruhe NJW-RR 2015, 420).
II. Einer Festsetzung des Geschäftswerts bedarf es nicht (vgl. GNotKG Nr. 19112 VV). Die Anordnung der Erstattung der außergerichtlichen Kosten hält der Senat für nicht angemessen. Der Hintergrund der streitgegenständliche Anmeldung wurzelt in einer vorgezogenen Vermögensübertragung innerhalb der Familie des Beteiligten zu 2.
Die Voraussetzungen der Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor.


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