Verwaltungsrecht

Keine Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft – Senegal ist ein sicherer Herkunftsstaat

Aktenzeichen  M 4 S 16.30557

Datum:
7.4.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 80 Abs. 5
GG GG Art. 16a
AsylG AsylG § 3, § 4, § 29a
AufenthG AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7

 

Leitsatz

Der Senegal ist ein sicherer Herkunftsstaat. Tatsachen oder Beweismittel, die eine von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat abweichende Bewertung rechtfertigen würden (§ 29a Abs. 1 AsylG), liegen nicht vor. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt einstweiligen Rechtsschutz gegen einen Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt), mit dem sein Asylbegehren als offensichtlich unbegründet abgelehnt worden ist.
Der Antragsteller, der keinerlei Papiere vorlegt, behauptet, Senegalese aus der … zu sein und dem Volk der Mandingo anzugehören. Seine Religion sei der Islam und er spreche Englisch und Mandingo. Er sei am … Februar 1994 geboren. Er habe im Februar 2014 seine Heimat verlassen und sei über Mali (ein Monat), Burkina Faso (ein Monat), Niger (ein Monat), Libyen (zwei Jahre) und Italien (eine Woche) mit dem Zug am … Januar 2015 nach Deutschland eingereist. Am … Januar 2015 sei er nach Italien gekommen. Die Niederschrift über das persönliche Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaats zur Durchführung des Asylverfahrens am 5. Mai 2015 wurde auf Englisch durchgeführt. An diesem Tag beantragte der Antragsteller in Deutschland Asyl. Am … Dezember 2015 wurde er in der Sprache Mandinka zu seinen Asylgründen befragt. Seine wirtschaftliche Situation sei schlecht.
Am … Mai 2015 wurde ein EURODAG-Treffer der Kategorie 1 für Italien erzielt. Laut eines Vermerks war kein Dublin-Verfahren durchzuführen, da der Zeitraum zwischen der möglichen Stellung eines Übernahmeersuchens und des Asylantrags mehr als zwei Monate betrug. In dieser Fallkonstellation hätte jedoch ein Ersuchen gemäß Art. 23 Abs. 2 Dublin-III-Verordnung innerhalb dieser Frist gestellt werden müssen, so dass die Zuständigkeit auf Deutschland übergegangen sei. Der Vermerk ist nicht datiert.
In seiner Anhörung gemäß § 25 AsylG am 4. Dezember 2015 erklärte der Antragsteller u. a., er habe sein Heimatland Senegal verlassen, weil in der Nähe der Felder seines Onkels Krieg stattgefunden habe. Er habe sein Heimatland Anfang 2012 mit 17 Jahren verlassen und sei am … Januar 2015 nach Deutschland eingereist. Die Rebellen seien gekommen und er sei weggelaufen. Er habe die … verlassen und sei nach Mali geflohen. Daher sei ihm nichts passiert. Woanders im Senegal hätte er nicht hingehen können, da er dort niemanden kenne. Wenn er zurückkehren würde, würden die Rebellen ihn töten, nicht am Flughafen, aber sobald er in sein Heimatdorf zurückkäme. Er könne nirgendwo anders hin, da er nur das kenne.
Mit Bescheid vom 29. Februar 2016, dem Antragsteller zugestellt am 11. März 2016, lehnte das Bundesamt den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Ziff. 1) sowie den Antrag auf Asylanerkennung (Ziff. 2) als offensichtlich unbegründet ab und lehnte auch den Antrag auf subsidiären Schutz ab (Ziff. 3). Es stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziff. 4), ordnete für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise die Abschiebung des Antragstellers in den Senegal oder in einen anderen zur Aufnahme verpflichteten oder bereiten Staat an (Ziff. 5) und befristete das Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 7 AufenthG auf 10 Monate ab dem Tag der Ausreise (Ziff. 6), das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung. Auf die Begründung des streitgegenständlichen Bescheids wird verwiesen.
Mit Schriftsatz vom 17. März 2016, am 18. März 2016 beim Verwaltungsgericht München eingegangen, erhob der Antragsteller Klage gegen den Bescheid des Bundesamtes vom „9. März 2016“ (gemeint ist offensichtlich „Bescheid vom 29.2.2016“) und beantragte,
die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage nach § 80 Abs. 5 VwGO.
Am 4. April 2016 legte das Bundesamt die Behördenakten vor.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Behördenakte des Bundesamtes Bezug genommen.
II.
Der zulässige Eilantrag ist unbegründet.
Die Ablehnung des Asylbegehrens sowie der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als jeweils offensichtlich unbegründet und die Ablehnung des subsidiären Schutzes unterliegen keinen durchgreifenden Bedenken. Auch das Vorliegen von Abschiebungsverboten ist nicht erkennbar, so dass eine Aussetzung der Abschiebung im Ergebnis nicht geboten ist.
Das Gericht geht gemäß § 122 Abs. 1 i. V. m. § 88 VwGO in sachgerechter Auslegung des Antrags davon aus, dass sich der Eilantrag nicht gegen das auf § 11 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) gestützte Aufenthalts- und Einreiseverbot nach der Abschiebung (Ziffer 7. des Bescheids vom 29.2.2016) richtet. Ein derartiger Antrag wäre mangels Rechtsschutzinteresse unzulässig (NdsOVG, B. v. 14.12.2015 – 8 PA 199/15 – juris Rn. 5; ausführlich ebenso VG München, B. v. 19.1.2016 – M 21 S 16.30019 – S. 8 f. des BA zur Notwendigkeit einer Verpflichtungsklage für die Befristungsentscheidung m. umfangr. Nachw.).
Gemäß Art. 16a Abs. 4 Satz 1 Halbs.1 GG wird die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen insbesondere in Fällen, die offensichtlich unbegründet sind, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen. Im Anschluss an Art. 16a Abs. 4 Satz 2 GG bestimmt § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG, dass die Aussetzung der Abschiebung nur angeordnet werden darf, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen. Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten nicht angegeben worden sind, bleiben unberücksichtigt, es sei denn, sie sind gerichtsbekannt oder offenkundig (Art. 16a Abs. 4 Satz 2 GG, § 36 Abs. 4 Satz 2 AsylG). „Ernstliche Zweifel“ im Sinne des Art. 16a Abs. 4 Satz 1 Halbs. 1 GG liegen dann vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält (vgl. BVerfG, U. v. 14.5.1996 – 2 BvR 1516/93 – juris Rn. 99).
Gemessen an diesen Maßstäben bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen, an die Ausreisefrist von einer Woche (§ 36 Abs. 1 AsylG) anknüpfenden Abschiebungsandrohung.
Im Antragsvorbringen ist zur Frage der Ablehnung des Asylbegehrens des Antragstellers nichts vorgetragen, was eine Abweichung von der gesetzlichen Wertung in Art. 16a Abs. 3 GG, § 29a Abs. 1 AsylG begründen könnte. Der Senegal ist in der Anlage II zu § 29a Abs. 2 AsylG als sogenannter sicherer Herkunftsstaat gelistet. Vom Antragsteller sind keine Tatsachen oder Beweismittel angegeben, die eine von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat abweichende Bewertung rechtfertigen (vgl. § 29a Abs. 1 AsylG). Der Asylantrag war somit nach § 29a Abs. 1 AsylG als offensichtlich unbegründet abzulehnen. Die gleiche Beurteilung gilt für die Ablehnung der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als offensichtlich unbegründet.
Das Gericht folgt insgesamt der Begründung des angegriffenen Bundesamtsbescheides (vgl. § 77 Abs. 2 AsylG). Dem ist nichts hinzuzufügen.
Vor diesem Hintergrund ist auch die nach Maßgabe der §§ 34, 36 Abs. 1 Satz 1 AsylG i. V. m. § 59 AufenthG erlassene Abschiebungsanordnung nicht zu beanstanden. Die gesetzte Ausreisefrist entspricht der Regelung in § 36 Abs. 1 AsylG.
Die Kostenentscheidung erfolgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).


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