Aktenzeichen 1 WRB 1/20
Leitsatz
1. Das Anhörungsrecht der Vertrauensperson in Beschwerdeverfahren (§ 31 SBG) ist akzessorisch zu den Gegenständen, in denen ein Beteiligungsrecht in dem der Beschwerde zugrundeliegenden Ausgangsverfahren besteht.
2. Der Begriff der Fürsorge im Sinne des § 26 Abs. 5 SBG umfasst nicht das gesamte Spektrum der Fürsorgepflicht des Dienstherrn, sondern nur diejenigen sozialen Angelegenheiten, die einen besonderen lokalen Bezug zum Standort bzw. zur Dienststelle haben oder im Verantwortungsbereich des Disziplinarvorgesetzten liegen, mit dem die Vertrauensperson zusammenarbeitet.
3. Die unentgeltliche truppenärztliche Versorgung der Soldaten unterliegt nicht der Beteiligung der Vertrauenspersonen nach dem Soldatenbeteiligungsgesetz.
Verfahrensgang
vorgehend Truppendienstgericht Süd, 1. Juli 2020, Az: S 5 SL 1/19 und S 5 RL 2/20, Beschluss
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Truppendienstgerichts … vom 1. Juli 2020 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens.
Tatbestand
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Der Antragsteller ist Vertrauensperson der Unteroffiziere … Er macht eine Verletzung seiner Beteiligungsrechte in einem Beschwerdeverfahren geltend.
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Mit Schreiben vom 19. Juni 2018 erhob Hauptfeldwebel N., ein Soldat aus der Wählergruppe des Antragstellers, Beschwerde gegen einen Bescheid, mit dem die Kostenübernahme für seine stationäre Behandlung in einem zivilen Krankenhaus abgelehnt worden war, und beantragte zugleich die Beteiligung seiner Vertrauensperson. Mit Bescheid vom 3. August 2018 wies der Leiter des Sanitätsunterstützungszentrums … – ohne Beteiligung des Antragstellers – die Beschwerde zurück, weil die Krankenhausbehandlung ohne die dafür erforderliche vorherige truppenärztliche Genehmigung durchgeführt worden sei. Hauptfeldwebel N. hat hiergegen keinen weiteren Rechtsbehelf eingelegt.
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Mit Schreiben vom 21. August 2018 beschwerte sich der Antragsteller dagegen, dass über die von Hauptfeldwebel N. erhobene Beschwerde ohne die von diesem ausdrücklich beantragte Anhörung seiner Vertrauensperson entschieden worden sei. Diese Beschwerde, die weitere Beschwerde und der Antrag auf gerichtliche Entscheidung blieben erfolglos.
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Mit Beschluss vom 1. Juli 2020, zugestellt am 8. Juli 2020, hat das Truppendienstgericht … den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen. Der Antragsteller habe in dem Beschwerdeverfahren des Hauptfeldwebels N. nicht als Vertrauensperson beteiligt werden müssen. Eine solche Pflicht ergebe sich nicht aus § 31 Abs. 1 Nr. 2 SBG. Von dem dortigen Begriff der Fürsorge seien Angelegenheiten der unentgeltlichen truppenärztlichen Versorgung, die nach § 30 SG Bestandteil der Sachbezüge sei, nicht umfasst. Da die Vertrauensperson bei Geldbezügen nicht zu beteiligen sei, gelte dies auch für die unentgeltliche truppenärztliche Versorgung als Teil der Sachbezüge. Damit korrespondiere die gesetzliche Regelung in § 69a BBesG. Auch wenn die unentgeltliche truppenärztliche Versorgung dort als Ausprägung der Heilfürsorge bezeichnet werde, sei diese Begrifflichkeit gleichwohl eigenständig und nicht als Teil der allgemeinen Fürsorge zu verstehen. Außerdem komme bei einer gesetzlich gebundenen Entscheidung im Bereich der unentgeltlichen truppenärztlichen Versorgung eine Beteiligung nicht in Betracht, weil dort kein Raum für die Einbeziehung einer Stellungnahme der Vertrauensperson sei. Es dürfe auch nicht die Konstellation entstehen, dass dem umfassenden Unterrichtungsanspruch der Vertrauensperson die Schweigepflicht der behandelnden Ärzte entgegenstehe.
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Gegen diesen Beschluss hat das Truppendienstgericht die Rechtsbeschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage zugelassen, ob der Anhörungstatbestand des § 31 Abs. 1 Nr. 2 SBG in einem Beschwerdeverfahren mit dem Gegenstand der unentgeltlichen truppenärztlichen Versorgung eingreift.
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Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 10. August 2020 hat der Antragsteller die Rechtsbeschwerde eingelegt und begründet. § 31 Abs. 1 Nr. 2 SBG umfasse auch die unentgeltliche truppenärztliche Versorgung. Dies ergebe sich insbesondere aus der historischen Interpretation. Die Vorschrift leite sich inhaltlich unverändert aus § 10 Abs. 3 WBO in der Fassung von 1956 ab und sei daher mit einem weiten Bedeutungsgehalt nach dem Wehrrecht des Jahres 1956 auszulegen. Die in den folgenden Jahrzehnten erfolgte Ausgliederung zahlreicher Rechtsansprüche aus der Fürsorgepflicht sei nicht geeignet, den 1956 geprägten weiten Anwendungsbereich des Begriffs nachträglich einzuschränken.
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Der Bundeswehrdisziplinaranwalt tritt der Rechtsbeschwerde entgegen. Die unentgeltliche truppenärztliche Versorgung sei in § 30 SG als Bestandteil der Sachbezüge unabhängig von der Fürsorge geregelt. Aktiven Soldaten werde gemäß § 69a BBesG Heilfürsorge in Form der unentgeltlichen truppenärztlichen Versorgung gewährt. Da es sich hierbei um gesetzlich gebundene Entscheidungen handele, könne die unentgeltliche truppenärztliche Versorgung nicht den Fürsorgebegriff des § 31 Abs. 1 Nr. 2 SBG erfüllen, weil diese Norm im Bereich der Fürsorge einen einzelfallbezogenen Entscheidungsspielraum voraussetze. § 69a BBesG treffe insoweit eine abschließende Regelung.
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Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Verfahrensakten des Truppendienstgerichts haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.
Entscheidungsgründe
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Die fristgerecht begründete (§ 22b Abs. 5 Satz 2 WBO) und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
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Das Truppendienstgericht hat den auf die Feststellung der Verletzung von Beteiligungsrechten (§ 17 SBG) gerichteten Antrag jedenfalls im Ergebnis zu Recht als unbegründet zurückgewiesen (§ 23a Abs. 2 Satz 1 WBO i.V.m. § 144 Abs. 4 VwGO). Der Antragsteller hatte keinen Anspruch darauf, im Beschwerdeverfahren des Hauptfeldwebels N. als dessen Vertrauensperson angehört zu werden.
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1. Die Beteiligung der Vertrauensperson bei Beschwerden in Angelegenheiten der Fürsorge (§ 31 Abs. 1 Nr. 2 SBG) umfasst nicht die unentgeltliche truppenärztliche Versorgung der Soldaten.
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a) Die Angelegenheiten, in denen die Vertrauensperson bei Beschwerden nach der Wehrbeschwerdeordnung angehört werden soll (§ 31 Abs. 1 SBG) bzw. auf Antrag anzuhören ist (§ 31 Abs. 2 Satz 2 SBG), sind akzessorisch zu den Gegenständen, in denen ein Beteiligungsrecht der Vertrauensperson in dem der Beschwerde zugrundeliegenden Ausgangsverfahren besteht (§§ 24 bis 27 SBG).
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Dies ergibt sich daraus, dass die Aufzählung der Materien des § 31 SBG Begriffe und Formulierungen aufnimmt, die sich in den gesetzlichen Überschriften der vorangehenden Vorschriften, in denen die Beteiligungstatbestände thematisch zusammengefasst sind, sowie in einzelnen Beteiligungstatbeständen finden. So bezieht sich § 31 Abs. 1 Nr. 1 SBG auf § 25 SBG (Dienstbetrieb), § 31 Abs. 1 Nr. 3 SBG auf § 27 SBG (Berufsförderung) und § 31 Abs. 2 Satz 2 SBG auf § 24 Abs. 1 und 2 SBG (Personalangelegenheiten); § 31 Abs. 1 Nr. 4 und 5 SBG greifen den speziellen Beteiligungstatbestand des § 26 Abs. 3 Nr. 3 SBG auf. Der Begriff der Fürsorge (§ 31 Abs. 1 Nr. 2 SBG) findet sich zum einen als Teil der Überschrift des § 26 SBG (Betreuung und Fürsorge), zum anderen in dem in dieser Vorschrift enthaltenen Beteiligungstatbestand des § 26 Abs. 5 SBG (andere Fragen der Betreuung und Fürsorge).
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Aus dieser Konstruktion des Soldatinnen- und Soldatenbeteiligungsgesetzes folgt, dass die Beteiligungsrechte der Vertrauensperson im Beschwerdeverfahren gegenständlich an die Beteiligungsrechte im Ausgangsverfahren gekoppelt sind. Ihre inhaltliche Reichweite ist deshalb im systematischen Zusammenhang mit dem jeweiligen Grundtatbestand für das Ausgangsverfahren zu ermitteln.
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b) Der demnach einheitlich zu verstehende Begriff der Fürsorge in § 26 Abs. 5 SBG und § 31 Abs. 1 Nr. 2 SBG umfasst nicht die unentgeltliche truppenärztliche Versorgung der Soldaten.
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aa) Die Kataloge der beteiligungspflichtigen Gegenstände (§§ 24 bis 27 SBG) sind durch den Gesetzgeber abschließend geregelt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Oktober 2011 – 1 WB 36.11 – Buchholz 449.7 § 23 SBG Nr. 9 Rn. 46) und folgen dem Prinzip einer enumerativen Aufzählung. Maßgeblich für das Bestehen eines Beteiligungsrechts ist stets die konkrete und zumeist sehr detailliert bezeichnete Maßnahme oder Angelegenheit. Aus diesem Grund hat auch die Auslegung der Beteiligungstatbestände an der jeweiligen Vorschrift anzusetzen und wird nicht durch außerhalb des Soldatenbeteiligungsrechts liegende Normen und Prinzipien bestimmt. Für die Frage, ob die unentgeltliche truppenärztliche Versorgung dem Begriff der Fürsorge unterfällt, ist deshalb nicht ausschlaggebend, ob diese Leistung ihre Grundlage in der Fürsorgepflicht des Dienstherrn (§ 31 Abs. 1 Satz 1 SG) hat oder als Sachbezug (§ 30 Abs. 1 Satz 2 SG, § 69a BBesG) den Bezügen und der Alimentation der Soldaten zuzurechnen ist (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 2013 – 5 C 29.12 – BVerwGE 148, 116 Rn. 11 und 15 ff.). Maßgeblich ist vielmehr, welche Maßnahmen und Angelegenheiten der Gesetzgeber des Soldatenbeteiligungsrechts mit dem Begriff der Fürsorge erfassen wollte.
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bb) Danach umfasst der Begriff der Fürsorge im Sinne des § 26 Abs. 5 SBG, insbesondere auch vor dem Hintergrund seiner Vorläuferbestimmungen, nicht das gesamte Spektrum der Fürsorgepflicht des Dienstherrn (im Sinne des § 31 Abs. 1 Satz 1 SG), sondern nur diejenigen Maßnahmen und Angelegenheiten, die einen besonderen lokalen Bezug zum Standort bzw. zur Dienststelle haben (Betreuungs- und Fürsorgeeinrichtungen) oder die im Verantwortungsbereich des Disziplinarvorgesetzten liegen, mit dem die Vertrauensperson zusammenarbeitet.
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Die heutige Regelung geht zurück auf § 35 Abs. 2 Satz 2 und 3 SG in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. März 1956 (BGBl. I S. 114). Danach war der (damalige) Vertrauensmann mit seinen Vorschlägen u.a. in Fragen der Fürsorge zu hören; ging der Vorschlag des Vertrauensmannes über die Zuständigkeit des Führers seiner Einheit hinaus, so hatte dieser den Vorschlag seinem Vorgesetzten vorzulegen. Das Beteiligungsrecht des Vertrauensmannes in Fragen der Fürsorge war damit einerseits durch eine thematische Offenheit, andererseits durch eine Radizierung auf den Verantwortungsbereich des jeweiligen Einheitsführers (einschließlich der Möglichkeit, Vorschläge auf die nächsthöhere Ebene zu transportieren) und des für den Kasernenverbund zuständigen nächsten Vorgesetzten gekennzeichnet, wodurch sich wiederum – rückwirkend – Einschränkungen der in Betracht kommenden Gegenstände der Beteiligung ergaben. Korrespondierend dazu bestimmte die Zentrale Dienstvorschrift (ZDv) 10/2 von 1982 einleitend, dass zur Fürsorge sowohl die Aufgaben gehören, die sich aus der Pflicht des Vorgesetzten ergeben, für seine Untergebenen zu sorgen, als auch die Aufgaben, die sich für den Disziplinarvorgesetzten aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn ergeben (Nr. 229); angesprochen war damit auch hier nur der Verantwortungsbereich des Disziplinarvorgesetzten. Dies spiegelte sich in den in der Dienstvorschrift im Folgenden genannten Anwendungsfällen wider, zu denen etwa persönliche Probleme und Notlagen einzelner Soldaten (Nr. 230), Besuche bei schwer erkrankten Soldaten, Hochzeiten und Begräbnissen (Nr. 231), die Verwendung von Geldern aus Gemeinschaftskassen (Nr. 232), Werk-, Schul- und Fürsorgefahrten (Nr. 233), die Hilfestellung bei Anträgen auf Unterstützung durch das Soldatenhilfswerk (Nr. 234), die Mitwirkung bei der Erstellung eines Sozialplans bei Auflösung, Umgliederung oder Verlegung des eigenen Truppenteils (Nr. 235), Fragen der Heimbewirtschaftung (Nr. 236), der Wohnungsvergabe (Nr. 237) und des Küchenausschusses (Nr. 238) sowie die Mitwirkung bei Schadensberichten (Nr. 240) zählten.
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Dieses Modell einer thematisch offenen, aber durch den lokalen Bezug und den Verantwortungsbereich des Disziplinarvorgesetzten begrenzten Beteiligung in Fürsorgeangelegenheiten wurde aus dem Soldatengesetz in das Soldatenbeteiligungsrecht übergeleitet. Dabei wurden in § 25 der Erstfassung des Soldatenbeteiligungsgesetzes vom 16. Januar 1991 (BGBl. I S. 47) zunächst nur einige der Anwendungsfälle aus der Zentralen Dienstvorschrift 10/2 übernommen und im Übrigen die Fortgeltung der Anhörungsrechte bei Betreuung und Fürsorge aus den dortigen Nrn. 229 bis 240 im Erlasswege angeordnet (vgl. zur Entstehungsgeschichte Gronimus, Die Beteiligungsrechte der Vertrauenspersonen in der Bundeswehr, 8. Auflage 2018, § 26 Rn. 6b und 6c). Diese unvollkommene Überführung in die gesetzliche Regelung begegnete mitbestimmungsrechtlichen Bedenken (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Oktober 2011 – 1 WB 36.11 – Buchholz 449.7 § 23 SBG Nr. 9 Rn. 45 f.) und wurde später dadurch korrigiert, dass mit § 25 Abs. 4 in der Fassung des Soldatenbeteiligungsgesetzes vom 15. April 1997 (BGBl. I S. 766) eine mit dem heute geltenden § 26 Abs. 5 SBG wortgleiche Bestimmung eingefügt wurde. Damit sollte erkennbar das – mit § 25 SBG 1991 zunächst unterschrittene – Niveau der Beteiligung in Angelegenheiten der Fürsorge und Betreuung, wie es bereits in § 35 Abs. 2 Satz 2 und 3 SG 1956 enthalten war, auf Gesetzesebene wiederhergestellt werden.
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Aus der Tatsache, dass § 25 Abs. 4 SBG 1997 – anders als die Regelung in § 35 Abs. 2 Satz 2 und 3 SG 1956 – keinen Hinweis auf die Zuständigkeit des Einheitsführers bzw. Disziplinarvorgesetzten mehr enthält, kann nicht geschlossen werden, dass über die vorgenannte Korrektur hinaus eine Erweiterung des Beteiligungsrechts auf den gesamten Bereich der Fürsorgepflicht des Dienstherrn ohne begrenzende Rückbindung an den Verantwortungsbereich des Disziplinarvorgesetzten beabsichtigt war. Dies lässt sich auch daran ablesen, dass die Vollzugsvorschriften (siehe heute Nr. 3025 bis 3028 ZDv A-1472/1) und die Kommentarliteratur (vgl. Gronimus, Die Beteiligungsrechte der Vertrauenspersonen in der Bundeswehr, 8. Auflage 2018, § 26 Rn. 36 bis 54) weiterhin allein von den “traditionellen” Anwendungsfällen ausgehen. Eine Erweiterung des Beteiligungsrechts auf den gesamten Bereich der Fürsorgepflicht des Dienstherrn bedürfte hingegen – auch im Falle einer künftig beabsichtigten Rechtsänderung – mit Blick auf das prägende Enumerativprinzip (oben II.1.b.aa) sowie aus Gründen des Vorbehalts des Gesetzes und der rechtsstaatlichen Bestimmtheit einer klaren Aussage im Soldatenbeteiligungsgesetz.
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cc) Die unentgeltliche truppenärztliche Versorgung hat keinen spezifisch örtlichen Bezug, liegt außerhalb des Verantwortungsbereichs des Disziplinarvorgesetzten und unterfällt deshalb nicht der Fürsorge im Sinne von § 26 Abs. 5 und § 31 Abs. 1 Nr. 2 SBG.
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Die unentgeltliche truppenärztliche Versorgung ist seit jeher bundeswehreinheitlich – zunächst in der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zu § 69a Abs. 2 BBesG und mit Wirkung ab 1. September 2017 in der Verordnung über die Gewährung von Heilfürsorge für Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr (Bundeswehr-Heilfürsorgeverordnung – BwHFV) i.d.F. der Bekanntmachung vom 11. August 2017 (BGBl. I S. 3250) – geregelt. Die für alle Soldaten verbindliche normative Regelung betrifft nicht nur die grundsätzlich als Sach- oder Dienstleistungen (§ 4 Abs. 1 BwHFV) gewährten Leistungen der unentgeltlichen truppenärztlichen Versorgung (§§ 5 ff. BwHFV), sondern auch die Voraussetzungen und das Verfahren in den Fällen, in denen – wie hier in dem Anlassfall des Hauptfeldwebels N. – ein Soldat Leistungserbringer außerhalb der Bundeswehr in Anspruch nehmen will (§ 4 Abs. 2 bis 5 BwHFV). Auf dieses Regelwerk haben der Disziplinarvorgesetzte und die ihm zugeordnete Vertrauensperson keinen Einfluss. Einschlägiges Beteiligungsinstrument ist insoweit die Beteiligung an der Gestaltung des Dienstrechts gemäß § 35a SG i.V.m. § 118 BBG durch die Spitzenorganisationen der zuständigen Gewerkschaften, zu denen etwa der Deutsche Bundeswehrverband rechnet (vgl. Metzger, in: Eichen/Metzger/Sohm, SG, 4. Aufl. 2020, § 35a Rn. 16).
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Außerhalb des Einwirkungsbereichs des Disziplinarvorgesetzten liegt ferner nicht nur die tatsächliche Erbringung der Leistungen der unentgeltlichen truppenärztlichen Versorgung durch Sanitätsstabsoffiziere oder Vertragsärzte. Dem Sanitätsdienst der Bundeswehr zugeordnet sind auch alle Maßnahmen und Entscheidungen, die im Rahmen der Gewährung der unentgeltlichen truppenärztlichen Versorgung durchgeführt oder getroffen werden, einschließlich des Beschwerdeverfahrens (vgl. im Einzelnen die Bereichsdienstvorschrift C-2162/3).
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2. Der Antragsteller kann den geltend gemachten Anspruch auf Anhörung auch nicht aus anderen Vorschriften herleiten.
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a) Der Unterrichtungsanspruch der Vertrauensperson aus ihrer allgemeinen Überwachungsaufgabe (§ 20 Abs. 1 Satz 2 und 3 i.V.m. § 19 Abs. 3 Nr. 2 SBG; vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 2019 – 1 WRB 7.18 – BVerwGE 167, 235 Rn. 29 ff.) betrifft nicht das hier allein gegenständliche Beteiligungsrecht in einem konkreten Beschwerdeverfahren.
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b) Die Ablehnung der Kostenübernahme für eine stationäre Behandlung in einem zivilen Krankenhaus ist keine Geltendmachung eines Ersatzanspruchs gegen den Soldaten i.S.v. § 25 Abs. 3 Nr. 6 SBG und steht dieser auch nicht gleich.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 23a Abs. 2 Satz 1 WBO i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.