Arbeitsrecht

Antrag des Dienststellenleiters auf Ausschluss eines Personalratsmitglieds aus dem örtlichen Personalrat wegen Versendung einer E-Mail an alle Beschäftigten der Dienststelle mit Kritik insbesondere an der Wahl der Personalratsvorsitzenden unter Beifügung des diesbezüglichen Wahlprotokolls, Verletzung der Schweigepflicht

Aktenzeichen  17 P 21.3277

Datum:
3.5.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 13812
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayPVG Art. 10, 25 Abs. 1, 28 Abs. 1 S. 1, 32 Abs. 2 S. 1, 34 Abs. 1 S. 1 und 3
GG Art. 5 Abs. 1 S. 1
BV Art. 110 Abs. 1 S. 1

 

Leitsatz

Gibt ein Personalratsmitglied Informationen über den internen Vorgang der Wahl des Personalratsvorsitzenden preis, weil es meint, es lägen Wahlrechtsverstöße vor, und leitet daraufhin der Dienststellenleiter ein Ausschlussverfahren nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 BayPVG ein, prüft das Gericht in diesem Beschlussverfahren nicht inzident, ob die behaupteten Wahlrechtsverstöße vorliegen oder nicht; denn für die Prüfung von Wahlrechtsverstößen ist personalvertretungsrechtlich nur der fristgebundene und rechtlich geordnete Kommunikationsweg der Wahlanfechtung für ein Personalratsmitglied vorgesehen (Art. 32 Abs. 2 Satz 1, Art. 34 Abs. 1 Satz 1 und 3, Art. 25 Abs. 1 BayPVG).

Verfahrensgang

M 20 P 21.4154 2021-11-23 Bes VGMUENCHEN VG München

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist der vom Dienststellenleiter (Antragsteller) nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 BayPVG beantragte Ausschluss des Beteiligten zu 1 aus dem zu 2 beteiligten Personalrat.
Am 22. Juni 2021 wurde der Beteiligte zu 1, ein Beamter, der nach eigener Angabe in der Senatsanhörung schon in früheren Perioden im Personalrat war, bei der turnusmäßigen Neuwahl des örtlichen Personalrats neben vier weiteren Beschäftigten der Dienststelle in diesen Personalrat gewählt. Dieser Personalrat besteht aus fünf Personalratsmitgliedern, von denen drei Mitglieder der Gruppe der Beamten und zwei Mitglieder der Gruppe der Arbeitnehmer angehören. Die Amtszeit des vormaligen, damals noch amtierenden Personalrats, dem der Beteiligte zu 1 nicht angehörte, endete am 31. Juli 2021.
Am 6. Juli 2021 wählte der neu gewählte örtliche Personalrat in seiner konstituierenden Sitzung aus seinen Mitgliedern als Personalratsvorsitzende Frau S. (Angehörige der Gruppe der Arbeitnehmer) und als deren Stellvertreterin Frau H. (Angehörige der Gruppe der Beamten), wobei der Beteiligte zu 1 als Kandidat für die Wahl zum Personalratsvorsitzenden unterlag. Ablauf und Ergebnis der Wahl der Personalratsvorsitzenden und ihrer Stellvertreterin stand der Beteiligte zu 1 kritisch gegenüber. Er versandte am 18. Juli 2021 um 21:04 Uhr eine E-Mail auszugsweise folgenden Inhalts an alle Beschäftigen der Dienststelle, welcher er als Anlage das Protokoll der Wahl vom 6. Juli 2021 beifügte.
„Liebe Kolleginnen und Kollegen des …,
es freut mich sehr, dass am 22.06.2021 ein frischer, örtlicher Personalrat gewählt wurde. Die Wahlbeteiligung im gesamten Amt W. ist in der Gruppe der Beamten mit 76% (Gruppe Angestellte mit 38%) besonders ausgeprägt und lässt auch darauf schließen, dass die Wichtigkeit der Vertretung des Personalrats erkannt wird. In Zeiten von schwindendem Demokratieverständnis und zunehmendem Individualismus ist dies bemerkenswert positiv. Nur im Kollektiv können wir unsere Interessen vertreten.
Am 06.07.2021 fand im Kreis der neuen Personalräte die Wahl zu den Personalratsvorsitzenden statt. Gewählt wurden Frau S. (Gruppe Angestellte) zur 1. Vorsitzenden und Frau H. (Gruppe Beamte) zur 2. Vorsitzenden.
Ich empfand den Ablauf und das Ergebnis dieser Wahl am 06.07.2021 in mehrfacher Hinsicht als bedauerlich. Zum Einen wurde mein vor der Wahl geäußerter, grundsätzlicher Vorschlag einen Vertreter der Beamten zum 1. Vorsitzenden zu wählen nicht entsprochen, obwohl ich darlegte, dass die Beamten nach der Landwirtschaftsreform ab 1.7.2021 die weitaus größere Beschäftigungsgruppe darstellen (75%). Weiteren Bestimmungen des BayPVG, wurde ebenfalls nicht entsprochen, obwohl ich den entsprechenden § 32 vortrug (z. B. „Frauen und Männer sind gleichermaßen zu berücksichtigen“).
In anschließenden, längeren Gesprächen mit PR Herrn L., PRin Frau S. und Wahlvorständin Frau O. äußerte ich, dass mein Gerechtigkeitsempfinden gestört ist. Nach meinem Demokratieverständnis sollte sich der Wählerwillen (Stimmenanteil, Wahlbeteiligung, Gruppenstärke und Geschlechterverhältnis) in den beiden Personen der Personalratsvorsitzenden wiederfinden. Meine Gedanken stießen bei PRin Frau S. und Wahlvorständin Frau O. auf Unverständnis. Meiner mit PR Herrn L. abgestimmten Bitte, das Wahlprotokoll vom 06.07.2021 aus Transparenzgründen an alle Beschäftigten zu senden, wurde abgelehnt.
Ich stelle nun, ebenfalls in Absprache mit PR Herrn L., der Wählerschaft das „Protokoll zur Wahl des/der Vorsitzenden und deren/dessen Stellvertreter/in“ vom 06.07.2021 zur Verfügung (siehe Anhang). Ein aufmerksames Studium ist nun für alle möglich. Um ein Meinungsbild zu erhalten stehe ich für Rückmeldungen und Anregungen gerne zur Verfügung…“
Aus dem dieser E-Mail beigefügten Wahlprotokoll geht die Anwesenheit der fünf darin namentlich benannten Personalratsmitglieder sowie der darin namentlich benannten Wahlleiterin hervor, die das Protokoll auch unterzeichnete. Ferner ergeben sich aus dem Wahlprotokoll die jeweiligen Kandidaten für Personalratsvorsitz (eine Frau und zwei Männer) und Stellvertretung (eine Frau und ein Mann), die jeweiligen Wahlergebnisse mit Stimmenverteilungen und die Annahmen der Wahl durch die beiden gewählten Kandidatinnen.
In der so erfolgten Versendung der E-Mail vom 18. Juli 2021 an alle Beschäftigten der Dienststelle sah der antragstellende Dienststellenleiter eine grobe Verletzung der gesetzlichen Schweigepflicht (Art. 10 BayPVG) durch den Beteiligten zu 1 und beantragte deshalb mit Schreiben vom 4. August 2021 beim Verwaltungsgericht München dessen Ausschluss aus dem örtlichen Personalrat der Dienststelle, was das Verwaltungsgericht durch Beschluss vom 23. November 2021 – M 20 P 21.4154 – (PersV 2022, 196) aussprach.
Der Beteiligte zu 1 ließ durch Schriftsatz vom 29. Dezember 2021 Beschwerde gegen diesen verwaltungsgerichtlichen Beschluss einlegen. Er beantragt im vorliegenden Beschwerdeverfahren,
den Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 23. November 2021 aufzuheben und den Antrag des Dienststellenleiters abzulehnen.
Zur Begründung wird unter anderem ausgeführt, dass der Beteiligte zu 1 zum Zeitpunkt seiner E-Mail noch keine gegenwärtigen Aufgaben oder Befugnisse nach dem Bayerischen Personalvertretungsgesetz wahrgenommen habe, da noch bis zum 31. Juli 2021 der vorhergehende Personalrat bestanden habe. Seine Aufgaben und Befugnisse hätten ausschließlich in dem Teilnahmerecht bei den Wahlen nach Art. 32 bis 34 BayPVG bestanden. Die Übersendung des Wahlprotokolls stelle grundsätzlich eine Verletzung der Verschwiegenheitspflicht des Beteiligten zu 1 dar. Auch wenn sich, wie in der Anhörung vor dem Verwaltungsgericht bereits ausgeführt, die Beschäftigten ohne Weiteres auch ohne Übersendung des Wahlprotokolls hätten erschließen können, dass die Wahl der Personalratsvorsitzenden nicht einstimmig erfolgt sei, sei eine Offenlegung des Abstimmungsverhaltens der Personalratsmitglieder nicht von so geringer Bedeutung, dass sie keiner Geheimhaltung bedürfe. Für die Annahme einer „groben“ Schweigepflichtverletzung sei aber von Bedeutung, ob die offengelegten Umstände zwar nicht offenkundig seien, aber doch ohne Mühe auch ohne die Offenlegung durch ein Personalratsmitglied von den Beschäftigten erschlossen werden könnten. Abstimmungen könnten denklogisch nur einstimmig oder im Verhältnis 4:1 bzw. 3:2 erfolgen. Daher bedürfe es wenig Anstrengung der Beschäftigten, sich die vorliegend bekanntgegebenen Aspekte anderweitig zusammenzureimen. Gegen eine „grobe“ Schweigepflichtverletzung spreche auch, dass der Beteiligte zu 1 das Wahlprotokoll nicht kommentarlos übersandt habe, sondern in seiner E-Mail weitere Ausführungen zur Wahl getätigt habe. Er habe in der Absicht der Offenlegung möglicher Gesetzesverstöße darauf hingewiesen, dass mehrere Wahlvorschriften nicht eingehalten worden seien. Darüber hinaus sei in der konstituierenden Sitzung Frau O. als Wahlleiterin anwesend gewesen, die nicht dem Personalrat angehöre, weshalb Art. 34 Abs. 1 Satz 2 BayPVG nicht entsprochen worden sei. Weiter habe der Personalrat aus seiner Mitte keinen Vorstand gebildet, aus dessen Mitgliedern dann ein Vorsitzender und bis zu zwei stellvertretende Vorsitzende zu wählen gewesen wären. Der Schutz des Interesses an der Funktionsfähigkeit des Personalrats und einer offenen Diskussion innerhalb der Personalvertretung müsse eingeschränkt werden, wenn der Ablauf der Personalratssitzung gegen Gesetze verstoße. Dass der Beteiligte zu 1 die Sitzungsinterna auch in einem gesetzlich vorgesehenen, von ihm nicht gewählten öffentlichen gerichtlichen Wahlanfechtungsverfahren hätte offenbaren können, lasse seine Pflichtverletzung nicht mehr als gröblich erscheinen. Eine gewisse Einschränkung der Verschwiegenheitspflichtverletzung von Personalratsmitgliedern bei Verstößen gegen wesentliche Wahlvorschriften im Rahmen der konstituierenden Sitzung werde auch dadurch deutlich, dass gemäß Art. 34 i.V.m. Art. 25 Abs. 1 BayPVG auch jede in der Dienststelle vertretene Gewerkschaft die Wahl anfechten könne, auch wenn sie nicht im Personalrat vertreten sei. Der Ausgang der Wahl der Personalratsvorsitzenden sei offenkundig gewesen. Offenkundig für die Beschäftigten sei auch durch die durch Aushang erfolgte Bekanntmachung des Ergebnisses der Personalratswahl der Umstand gewesen, dass die jetzige Vorsitzende lediglich mit 14 Stimmen der Arbeitnehmer (bei 50 Wahlberechtigten, von denen nur 19 gewählt hätten) in den Personalrat gewählt worden sei. Dass der Beteiligte zu 1 in seiner E-Mail hierzu ausführe, dass sich seiner Auffassung nach in dem Ergebnis der Wahl der Personalratsvorsitzenden der Wählerwille nicht wiederfinde und daher sein Gerechtigkeitsgefühl gestört sei, sei von der Meinungsfreiheit gedeckt und stelle keine Pflichtverletzung dar. Das gelte auch, soweit der Beteiligte zu 1 ausgeführt habe, in Gesprächen nach der Wahl – nicht in Ausübung von personalvertretungsrechtlichen Aufgaben oder Befugnissen – geäußert zu haben, sein Gerechtigkeitsempfinden sei gestört und der Wahlausgang entspreche nicht seinem Demokratieverständnis. Es stelle keine Schweigepflichtverletzung dar, dass der Beteiligte zu 1 ausgeführt habe, seine Gedanken seien bei der Personalrätin S. und der Wahlvorständin O. auf Unverständnis gestoßen. Diese Information sei jedenfalls keine geheimhaltungsbedürftige Tatsache. Es sei offenkundig bzw. nicht geheimhaltungsbedürftig, dass die Personalratsvorsitzende der Auffassung, ihre Wahl spiegele den Wählerwillen nicht wider, mit Unverständnis begegne.
Der Antragsteller beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er verteidigt den angegriffenen verwaltungsgerichtlichen Beschluss. Dabei hält er die Behauptung des Beteiligten zu 1, die Beschäftigten hätten sich ohne Weiteres auch ohne Übersendung des Wahlprotokolls erschließen können, dass die Wahl der Personalratsvorsitzenden nicht einstimmig erfolgt sei, für nicht nachvollziehbar und ist der Ansicht, der Beteiligte zu 1 hätte den Weg der Wahlanfechtung beschreiten müssen, wenn es ihm nur um die Einhaltung der gesetzlichen Wahlvorgaben gegangen wäre.
Der zu 2 beteiligte Personalrat stellte keinen Antrag.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
II.
1. Die zulässige Beschwerde des Beteiligten zu 1 hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat ihn zu Recht aus dem örtlichen Personalrat der Dienststelle ausgeschlossen.
a) Gemäß Art. 28 Abs. 1 Satz 1 BayPVG kann das Verwaltungsgericht insbesondere auf Antrag des Leiters der Dienststelle den Ausschluss eines Mitglieds aus dem Personalrat wegen grober Verletzung seiner gesetzlichen Pflichten beschließen.
Diese Voraussetzungen für einen Ausschluss des Beteiligten zu 1 aus dem örtlichen Personalrat der Dienststelle sind vorliegend erfüllt, weil der Beteiligte zu 1 durch die dem Ausschlussantrag des Dienststellenleiters zugrundeliegende Versendung der E-Mail vom 18. Juli 2021 an alle Beschäftigten der Dienststelle in mehrfacher Hinsicht seine Schweigepflicht nach Art. 10 Abs. 1 Satz 1 BayPVG verletzt hat und diese Pflichtverletzung nach der erforderlichen Gesamtwürdigung des Einzelfalls, in die auch das Verschulden des Beteiligten zu 1 einfließt, so schwer wiegt, dass sie insgesamt als „grob“ i.S.d. Art. 28 Abs. 1 Satz 1 BayPVG zu bewerten ist.
b) Zum Zeitpunkt der Versendung der E-Mail am 18. Juli 2021 an alle Beschäftigten der Dienststelle unterlag der Beteiligte zu 1 bereits der gesetzlichen Schweigepflicht nach Art. 10 Abs. 1 Satz 1 BayPVG.
Das folgt jedenfalls daraus, dass der Beteiligte zu 1 schon in der konstituierenden Sitzung des neu gewählten örtlichen Personalrats am 6. Juli 2021 i.S.d. Art. 10 Abs. 1 Satz 1 BayPVG „Aufgaben nach diesem Gesetz“ wahrzunehmen hatte. Denn der neu gewählte örtliche Personalrat hatte insbesondere aus den Mitgliedern des Vorstands (Art. 32 Abs. 1 Satz 1 und 2 BayPVG) gemäß Art. 32 Abs. 2 Satz 1, Art. 34 Abs. 1 Satz 1 BayPVG mit einfacher Stimmenmehrheit in geheimer Wahl einen Vorsitzenden und bis zu zwei stellvertretende Vorsitzende zu wählen. Jedenfalls mit der Wahrnehmung dieser personalvertretungsgesetzlichen, auch für den Beteiligten zu 1 als neu gewähltes Personalratsmitglied bestehenden Aufgabe war die gesetzliche Schweigepflicht nach Art. 10 Abs. 1 Satz 1 BayPVG verbunden.
c) Durch die Versendung der E-Mail am 18. Juli 2021, der das Protokoll der Wahl der Personalratsvorsitzenden und ihrer Stellvertreterin vom 6. Juli 2021 als Anlage beigefügt war, hat der Beteiligte zu 1 seine gesetzliche Schweigepflicht nach Art. 10 Abs. 1 Satz 1 BayPVG in mehrfacher Hinsicht verletzt.
aa) Diese gesetzliche Schweigepflicht hat der Beteiligte zu 1 zunächst dadurch in mehrfacher Hinsicht verletzt, dass er das besagte Wahlprotokoll an alle Beschäftigten der Dienststelle versandt hat.
Der Beteiligte zu 1 hat auf diese Weise (und auch durch den Text seiner E-Mail selbst, vgl. deren zweiten Absatz nach der Anrede) schweigepflichtwidrig das Ergebnis der Wahl bekanntgegeben, wobei allgemein anerkannt ist, dass sich die Schweigepflicht des Personalratsmitglieds nach Art. 10 BayPVG unter anderem auf die personalratsinternen Vorgänge der Willensbildung, also insbesondere auf die Meinungsäußerungen und das Abstimmungsverhalten der Personalratsmitglieder in den Sitzungen bezieht (vgl. BVerwG, B.v. 11.1.2006 – 6 PB 17.05 – NZA-RR 2006, 390 Rn. 17). Es ist nicht Sache des einzelnen Personalratsmitglieds, den Personalrat betreffende Wahlergebnisse nach außen zu tragen. Das ist allein Sache des Personalrats (vgl. BayVGH, B.v. 28.2.2011 – 17 P 10.2354 – juris Rn. 29). In der Wahlprotokollversendung liegt auch insofern eine Schweigepflichtverletzung des Beteiligten zu 1, als dieser damit die jeweiligen Kandidaten der Wahl von Personalratsvorsitz und Stellvertretung sowie die jeweiligen Stimmenverteilungen bei der Wahl bekannt gegeben hat. Dabei handelt es sich um Informationen, für die eine Mitteilung an die Beschäftigten einer Dienststelle weder vorgeschrieben noch ausdrücklich erlaubt ist. Das gilt auch für die vom Beteiligten zu 1 schweigepflichtwidrig bekannt gegebene Information dazu, wer die besagte Wahl geleitet hat.
Dem hierzu vom Bevollmächtigten des Beteiligten zu 1 erhobenen Einwand, die Beschäftigten der Dienststelle hätten sich ohne Weiteres auch ohne Übersendung des Wahlprotokolls erschließen können, dass die Wahl der Personalratsvorsitzenden nicht einstimmig erfolgt sei, bzw., dieser Wahlausgang sei offenkundig gewesen, vermag der Senat nicht zu folgen. Auch unter Berücksichtigung des erstinstanzlichen Vorbringens des Bevollmächtigten des Beteiligten zu 1 hierzu (vgl. VG-Sitzungsprotokoll S. 3 letzter Absatz) ist dies weder nachvollziehbar dargelegt noch sonst ersichtlich. Erschließbar wären den Beschäftigten lediglich die denkbaren Kombinationsmöglichkeiten der Stimmenverteilung, gerade nicht aber auch das durch die E-Mail des Beteiligten zu 1 offengelegte tatsächliche Ergebnis, das nur eine von verschiedenen Kombinationsmöglichkeiten darstellt.
bb) Eine weitere Schweigepflichtverletzung hat der Beteiligte zu 1 dadurch begangen, dass er durch seine E-Mail vom 18. Juli 2021 (vgl. dort dritter Absatz nach der Anrede) interne Meinungsverschiedenheiten über die (richtige) Wahl der Vorsitzenden aus der konstituierenden Sitzung des örtlichen Personalrats am 6. Juli 2021 gegenüber allen Beschäftigten der Dienststelle nach außen getragen hat. Denn er teilte mit, dass seinem vor der Wahl geäußerten grundsätzlichen Vorschlag, einen Vertreter der Beamten zum Vorsitzenden zu wählen, nicht entsprochen worden sei, obwohl er dargelegt habe, dass die Beamten nach der Landwirtschaftsreform ab 1. Juli 2021 die weitaus größere Beschäftigtengruppe darstellten (75%). Zudem trug der Beteiligte zu 1 nach außen, dass aus seiner Sicht weiteren Bestimmungen des Bayerischen Personalvertretungsgesetzes ebenfalls nicht entsprochen worden sei, obwohl er den „entsprechenden § 32 vortrug (z.B. „Frauen und Männer sind gleichermaßen zu berücksichtigen“)“, dass also darüber zwischen ihm und anderen Personalratsmitgliedern Meinungsverschiedenheiten bestanden.
cc) Ferner liegt eine Schweigepflichtverletzung des Beteiligten zu 1 jedenfalls darin, dass er mit seiner E-Mail vom 18. Juli 2021 (vgl. dort vierter Absatz nach der Anrede) gegenüber allen Beschäftigten der Dienststelle mitgeteilt hat, dass seine außerhalb der konstituierenden Sitzung vom 6. Juli 2021 gegenüber der Personalrätin Frau S. geäußerten Gedanken dazu, dass die am 6. Juli 2021 erfolgte Wahl gegen sein Gerechtigkeitsempfinden und sein Demokratieverständnis verstoße, weil sich aus seiner Sicht der Wählerwille (Stimmenanteil, Wahlbeteiligung, Gruppenstärke und Geschlechterverhältnis) in den beiden Personen der Personalratsvorsitzenden wiederfinden solle, bei der Personalrätin Frau S. auf Unverständnis gestoßen seien.
Der gegenteilige Standpunkt des Bevollmächtigten des Beteiligten zu 1, demzufolge insoweit keine Schweigepflichtverletzung vorliege, weil es offenkundig bzw. nicht geheimhaltungsbedürftig sei, dass die Personalratsvorsitzende der Auffassung, ihre Wahl spiegele den Wählerwillen nicht wider, mit Unverständnis begegne, überzeugt nicht. Greifbare Anhaltspunkte für eine bestimmte, gewissermaßen für Außenstehende klare Haltung (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 2.11.2009 – 17 P 08.2325 – PersV 2011, 111 Rn. 31) der Personalratsvorsitzenden gegenüber der vom Beteiligten zu 1 auch an ihrer Wahl geäußerten Kritik zum Zeitpunkt ihrer diesbezüglichen Reaktion sind nicht ersichtlich. Deshalb ist eine „Offenkundigkeit“ i.S.d. Art. 10 Abs. 2 Var. 1 BayPVG hinsichtlich ihres konkret geäußerten Unverständnisses nicht feststellbar.
Es kann auch nicht angenommen werden, dass diese Reaktion der Personalratsvorsitzenden auf die besagte Kritik ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung i.S.d. Art. 10 Abs. 2 Var. 2 BayPVG bedurfte. Denn diese Ausnahme zur gesetzlichen Schweigepflicht nach Art. 10 Abs. 1 Satz 1 BayPVG setzt voraus, dass das Bekanntwerden einer Angelegenheit oder Tatsache unter keinem vernünftigen Gesichtspunkt – im Zeitpunkt des Bekanntwerdens oder später – private oder öffentliche Belange beeinträchtigen kann (vgl. BayVGH, B.v. 28.2.2011 – 17 P 10.2354 – juris Rn. 31). Das ist vorliegend schon deshalb nicht der Fall, weil jedenfalls die Möglichkeit bestand, dass es für die Arbeitsfähigkeit des Personalrats als öffentlicher Belang besser ist, etwaige Unstimmigkeiten und Unvereinbarkeiten von Auffassungen der Personalratsmitglieder gerade – der gesetzlichen Regel entsprechend – nicht nach außen zu tragen.
d) Die wie gezeigt (siehe 1. c)) in mehrfacher Hinsicht (Bekanntgabe des Ergebnisses der Wahl, der jeweiligen Kandidaten der Wahl sowie die jeweiligen Stimmenverteilungen, der Wahlleitung, interner Meinungsverschiedenheiten zur Wahl des richtigen Gruppenvertreters als Personalratsvorsitzenden, der Reaktion der neu gewählten Personalratsvorsitzenden auf die gerade an ihrer Wahl geübte Kritik) vorliegende Verletzung der gesetzlichen Schweigepflicht nach Art. 10 Abs. 1 Satz 1 BayPVG durch den Beteiligten zu 1 wiegt nach der erforderlichen Gesamtwürdigung des Einzelfalls, in die auch das Verschulden des Beteiligten zu 1 einfließt, so schwer, dass sie insgesamt als „grob“ zu bewerten ist, weshalb der Ausschluss des Beteiligten zu 1 aus dem örtlichen Personalrat der Dienststelle nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 BayPVG gerechtfertigt ist.
aa) Als „grob“ i.S.d. Art. 28 Abs. 1 Satz 1 BayPVG sind alle Pflichtverletzungen anzusehen, die ein mangelndes Pflichtbewusstsein des Personalratsmitglieds erkennen lassen oder auf die gesetzmäßige Tätigkeit des Gremiums von nicht unbedeutendem Einfluss sein können. Dabei muss es sich einerseits objektiv um eine schwerwiegende Pflichtverletzung handeln, während andererseits die in dieser Pflichtverletzung zum Ausdruck kommende Pflichtvergessenheit des Mitglieds auch dessen subjektiv-schuldhaftes Verhalten voraussetzt. Der Verstoß gegen die gesetzlichen Pflichten muss im konkreten Einzelfall von solchem Gewicht sein, dass er das Vertrauen in eine zukünftig ordnungsgemäße Amtsführung des Mitglieds zerstört oder zumindest schwer erschüttert (BVerwG, B.v. 8.11.2017 – 1 WB 30.16 – BVerwGE 160, 247 Rn. 53 m.w.N.).
bb) Bei der vom Beteiligten zu 1 begangenen Schweigepflichtverletzung handelt es sich objektiv um eine schwerwiegende Pflichtverletzung. Denn der Beteiligte zu 1 hat seine gesetzliche Schweigepflicht, bei der es sich um eine zentrale personalvertretungsgesetzliche Pflicht handelt (vgl. nur BayVGH, B.v. 28.2.2011 – 17 P 10.2354 – juris Rn. 26), – wie bereits dargelegt – in mehrfacher Hinsicht durch die Versendung seiner E-Mail vom 18. Juli 2021 verletzt, wobei es anerkannt ist, dass im Bereich der Verletzung der Schweigepflicht bereits ein einmaliger Verstoß den Ausschluss aus dem Personalrat rechtfertigen kann (vgl. BVerwG, B.v. 8.11.2017 – 1 WB 30.16 – BVerwGE 160, 247 Rn. 55 m.w.N.). Hinzu kommt, dass der Beteiligte zu 1 seine Schweigepflichtverletzung auf dem Kommunikationsweg seiner E-Mail vom 18. Juli 2021 „an alle“ Beschäftigten begangen hat. Durch diese Streuung der in mehrfacher Hinsicht vorliegenden Schweigepflichtverletzung hat sie weiteres erhebliches Gewicht erhalten. Die in Form dieser E-Mail „an alle“ geäußerte Wahlkritik war inhaltlich jedenfalls objektiv auch dazu geeignet, das Ansehen der übrigen Personalratsmitglieder in den Augen der Beschäftigten der Dienststelle zu schmälern, da aufgrund der E-Mail nämlich bei allen Beschäftigten der Dienststelle der Eindruck entstehen konnte, dass mit Ausnahme des Beteiligten zu 1 (und des Personalrats L.) alle Mitglieder des von ihnen neu gewählten Personalrats eine rechtswidrige Wahl der Vorsitzenden und ihrer Stellvertreterin vorgenommen hatten und dies auch so tolerierten, was sich nicht nur abträglich auf das persönliche Ansehen dieser Personalratsmitglieder, sondern auch auf die Akzeptanz des gesamten Personalrats bei den Beschäftigten der Dienststelle auswirken konnte.
cc) Der Beteiligte zu 1 hat seine gesetzliche Schweigepflicht auch schuldhaft verletzt. Denn er hat per E-Mail und damit vorsätzlich gehandelt (BVerwG, B.v. 8.11.2017 – 1 WB 30.16 – BVerwGE 160, 247 Rn. 56), wobei diese schwere Verschuldensform ein weiteres Kriterium ist, das für die Annahme einer insgesamt „groben“ Schweigepflichtverletzung spricht. Für den Vorsatz des Beteiligten zu 1 spricht auch der Umstand, dass er das Wahlprotokoll an alle Beschäftigten der Dienststelle versandt hat, obwohl sein diesbezügliches Ansinnen laut seiner E-Mail zuvor von der Personalratsvorsitzenden explizit abgelehnt worden war. Außerdem handelt es sich beim Beteiligten zu 1 nicht um einen Neuling im Personalrat, sondern er war nach eigener Angabe in der Senatsanhörung schon in früheren Perioden im Personalrat.
Ganz im Gegensatz zur Einschätzung des Beteiligten zu 1 ist ihm gerade auch vorzuwerfen, dass er hinsichtlich der von ihm angenommenen Wahlrechtsverstöße nicht den dafür personalvertretungsgesetzlich (Art. 32 Abs. 2 Satz 1, Art. 34 Abs. 1 Satz 1 und 3, Art. 25 Abs. 1 BayPVG) allein vorgesehenen Weg der Wahlanfechtung gewählt hat, sondern statt dessen in seiner E-Mail vom 18. Juli 2021 an alle Beschäftigten der Dienststelle insbesondere geltend gemacht hat, bei der Wahl der Personalratsvorsitzenden und ihrer Stellvertreterin sei es in verschiedener Hinsicht (keine Wahl eines Angehörigen der weitaus größten Beschäftigtengruppe der Beamten zum Personalratsvorsitzenden, Verstoß gegen ein angeblich gesetzlich zwingendes Gebot der paritätischen Wahl von Männern und Frauen) zu Verstößen gegen (wesentliche) Wahlvorschriften gekommen. Da für die Prüfung von Wahlrechtsverstößen personalvertretungsrechtlich nur der fristgebundene und rechtlich geordnete Kommunikationsweg der Wahlanfechtung für ein Personalratsmitglied vorgesehen ist, könnte selbst das Vorliegen von Wahlrechtsverstößen das die Schweigepflicht verletzende Personalratsmitglied nicht entlasten bzw. sein Verschulden mindern. Deshalb prüft das Gericht in einem Ausschlussverfahren nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 BayPVG nicht inzident, ob die behaupteten Wahlrechtsverstöße vorliegen oder nicht.
dd) Nach der erforderlichen Gesamtwürdigung sind die vorwerfbaren Pflichtverstöße des Beteiligten zu 1 geeignet, eine vertrauensvolle Zusammenarbeit sowohl der Dienststellenleitung als auch der anderen Personalratsmitglieder mit ihm zu stören. Insgesamt liegt daher eine „grobe“ Schweigepflichtverletzung vor.
e) Die Meinungsfreiheit des Beteiligten zu 1 nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG, Art. 110 Abs. 1 Satz 1 BV führt zu keinem anderen Ergebnis.
aa) Dabei unterfallen die in der E-Mail enthaltenen persönlichen Äußerungen des Beteiligten zu 1, die Vorsitzendenwahl widerspreche seinem Gerechtigkeitsempfinden bzw. seinem Demokratieverständnis, dem Schutz seiner Meinungsfreiheit. Zwar ist der Beteiligte zu 1 bei der Versendung seiner E-Mail „an alle“ ersichtlich als Personalratsmitglied tätig geworden. Das hindert aber die Anwendbarkeit der Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG, Art. 110 Abs. 1 Satz 1 BV nicht. Das Bundesverfassungsgericht (vgl. BVerfG, B.v. 26.5.1970 – 2 BvR 311/67 – BVerfGE 28, 314/322 ff.; siehe dazu auch BVerwG, B.v. 11.1.2006 – 6 PB 17.05 – NZA-RR 2006, 390 Rn. 19) hat zwar entschieden, dass der Personalrat oder sein Vorsitzender keine Befugnis haben, über die gesetzlich zugewiesenen Aufgaben hinaus Grundrechte der Bediensteten „gleichsam gesammelt“ wahrzunehmen; ebenso wenig stehen danach den Personalratsmitgliedern in dieser Eigenschaft selbst Grundrechte im Interesse der Erfüllung ihrer Aufgaben zur Seite. Das Bundesverfassungsgericht hat aber auch klargestellt, dass persönliche Äußerungen eines Personalratsmitglieds unter dem Schutz der Grundrechte, insbesondere des Grundrechts aus Art. 5 Abs. 1 GG stehen (vgl. BVerfG, B.v. 26.5.1970 a.a.O. S. 321).
bb) Dieser Schutz gilt aber nicht schrankenlos (vgl. Art. 5 Abs. 2 GG). Art. 10 BayPVG ist – ebenso wie Art. 28 BayPVG – ein allgemeines Gesetz i.S.v. Art. 5 Abs. 2 GG, weil sich die Vorschrift nicht gegen die Meinungsfreiheit als solche richtet, sondern in Bezug auf personalratsinterne Vorgänge dem Schutz der freien und unabhängigen Willensbildung dient, welcher der Gesetzgeber gegenüber der uneingeschränkten Betätigung des Grundrechts auf Meinungsfreiheit den Vorrang einräumen kann (vgl. BVerwG, B.v. 11.1.2006 – 6 PB 17.05 – NZA-RR 2006, 390 Rn. 20). Dabei ist Art. 10 BayPVG seinerseits im Lichte von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG, Art. 110 Abs. 1 Satz 1 BV einschränkend zu interpretieren. Geht es um den Ausschluss eines Personalratsmitglieds wegen Verletzung der Schweigepflicht, so kann der Bedeutung des Grundrechts nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG, Art. 110 Abs. 1 Satz 1 BV nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls insbesondere im Hinblick darauf Rechnung getragen werden, ob es sich um ihrer Bedeutung nach geheimhaltungsbedürftige Angelegenheiten oder Tatsachen (Art. 10 BayPVG) handelt und ob eine „grobe“ Pflichtverletzung (Art. 28 Abs. 1 Satz 1 BayPVG) vorliegt, die allein den Ausschluss des Beschäftigten aus dem Personalrat rechtfertigt (vgl. BVerwG, B.v. 11.1.2006 a.a.O.).
cc) Der Ausschluss des Beteiligten zu 1 aus dem örtlichen Personalrat steht mit diesen verfassungsrechtlichen Vorgaben zur Auslegung und Anwendung der Art. 10, 28 Abs. 1 Satz 1 BayPVG im Einklang.
Vorliegend steht die Meinungsfreiheit des Beteiligten zu 1 in einem Spannungsverhältnis zur negativen Meinungsäußerungsfreiheit der Personalratsratsvorsitzenden (vgl. BVerfG, U.v. 15.12.1983 – 1 BvR 209/83 u.a. – BVerfGE 65, 1/40), die im Ausgangspunkt ihr und eben nicht dem Beteiligten zu 1 das Recht zur Entscheidung darüber gibt, ob die Personalratsvorsitzende ihr Unverständnis für die ihr gegenüber geäußerte Wahlkritik gegenüber allen Beschäftigten der Dienststelle offenbart oder nicht. Es ist allein Sache des parlamentarischen Gesetzgebers und nicht etwa Sache des Beteiligten zu 1, dieses Spannungsverhältnis zwischen den Meinungsfreiheitsrechten verschiedener Personalratsmitglieder aufzulösen.
Der bayerische Gesetzgeber hat das besagte Spannungsverhältnis so aufgelöst, dass die grundsätzliche Schweigepflicht (Art. 10 Abs. 1 Satz 1 BayPVG) im Ausgangspunkt der negativen Meinungsäußerungsfreiheit Rechnung trägt, dass aber sehr wohl Räume geschaffen werden, in denen Meinungen kundgetan werden können und sollen, und zwar auch soweit es – wie hier – auch um Tatsachenbehauptungen zur Vorsitzendenwahl als Voraussetzung der Meinungsbildung (vgl. BVerfG, U.v. 15.12.1983 – 1 BvR 209/83 u.a. – BVerfGE 65, 1/41) geht.
Der Grundsatz der Schweigepflicht wird nämlich durch zwei Ausnahmen durchbrochen, die in Fällen wie dem vorliegenden einen verhältnismäßigen Ausgleich der Meinungsfreiheit der Personalratsmitglieder darstellen. Die erste dieser Ausnahmen normiert Art. 10 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BayPVG, der die Mitglieder der Personalvertretung „gegenüber den übrigen Mitgliedern der Vertretung“ von der Schweigepflicht befreit. So gewährleistet der parlamentarische Gesetzgeber ohne jegliche personalvertretungsgesetzliche Einschränkung die Meinungsfreiheit der Personalratsmitglieder im Gremium. Die zweite bedeutsame Ausnahme von der gesetzlichen Schweigepflicht besteht darin, dass das bayerische Personalvertretungsgesetz (Art. 32 Abs. 2 Satz 1, Art. 34 Abs. 1 Satz 1 und 3, Art. 25 Abs. 1 BayPVG) auch einen Weg für gleichsam „externe“ Wahlkritik eines Personalratsmitglieds vorsieht, und zwar den Weg der Wahlanfechtung, auf dem ein Personalratsmitglied fristgebunden und rechtlich geordnet seiner Meinung nach vorliegende Wahlrechtsverstöße hinsichtlich einer Vorsitzendenwahl wie der streitgegenständlichen geltend machen kann (siehe 1. d) cc)). Angesichts dieser beiden Ausnahmen trägt die besagte gesetzliche Regelung den divergierenden Grundrechtspositionen verhältnismäßig Rechnung mit der Konsequenz, dass sowohl die Annahme eines groben Schweigepflichtverstoßes des Beteiligten zu 1, der mit seiner E-Mail „an alle“ den Raum der ihm vom Gesetz eröffneten Äußerungskanäle klar verlassen hat, als auch der deshalb gemäß Art. 28 Abs. 1 Satz 1 BayPVG auszusprechende Ausschluss aus dem Personalrat mit seiner Meinungsfreiheit vereinbar ist. Auch aus grundrechtlicher Sicht wäre es dem Beteiligten zu 1 zumutbar gewesen, den ihm gesetzlich eröffneten Weg der Wahlanfechtung zu gehen. Eine weitergehende einschränkende Interpretation der Schweigepflicht (Art. 10 BayPVG) bzw. der „Grobheit“ der Schweigepflichtverletzung (Art. 28 Abs. 1 Satz 1 BayPVG) ist nach alledem im vorliegenden Fall nicht geboten.
2. Eine Kostenentscheidung ist nicht erforderlich (Art. 82 Abs. 2 Satz 1 BayPVG i.V.m. § 2 Abs. 2 GKG).
Diese Entscheidung ist endgültig (Art. 82 Abs. 2 Satz 2 BayPVG). In ihrer Folge erlischt die Mitgliedschaft des Beteiligten zu 1 im Personalrat (vgl. Art. 29 Abs. 1 Buchst. f BayPVG).


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