Arbeitsrecht

Arbeitnehmer, Betriebsrat, Widerspruchsbescheid, Interessenausgleich, Bescheid, Arbeitgeber, Sozialplan, Arbeitslosigkeit, Personalabbau, Widerspruch, Betrieb, Unternehmen, Anerkennung, Anspruch, Anspruch auf Anerkennung, Rechtsprechung des BSG, wesentliche Nachteile

Aktenzeichen  S 57 AL 326/20

Datum:
28.9.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 33376
Gerichtsart:
SG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten der Klägerin sind nicht zu erstatten.

Gründe

1. Die zulässige Klage ist unbegründet.
Gegenstand des Rechtsstreits, das die Klägerin als Prozessstandschafterin der in der beE der Klägerin zusammengefassten Arbeitnehmer(innen) führt (vgl. dazu: BSGE 22, 181, 183; BSGE 38, 94, 95 f = SozR 1500 § 75 Nr. 4 S. 3 f; BSG SozR 4-4300 § 323 Nr. 1 S. 4; BSG, Urteil vom 29. Januar 2008 – B 7/7a AL 20/06 R -, SozR 4-4300 § 175 Nr. 1, Rn. 10), ist der Bescheid vom 01.04.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.06.2020. Durch diesen Bescheid hat die Beklagte festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Gewährung von Transfer-KuG dem Grund nach nicht vorliegen und damit in der Sache die Feststellung eines dauerhaften Arbeitsausfalls und die betrieblichen Voraussetzungen eines Anspruchs auf Transfer-KuG im Anerkennungsverfahren abgelehnt (sog. negativer Anerkennungsbescheid). Diese Feststellungen sind auf der ersten Stufe des zweistufig konzipierten Verwaltungsverfahrens zu treffen (vgl. dazu BSG vom 14.9.2010 – B 7 AL 21/09 R – SozR 4-4300 § 173 Nr. 1 RdNr. 16; BSG, Urteil vom 21. Juni 2018 – B 11 AL 4/17 R -, Rn. 14, juris). Erst in der zweiten Stufe, dem sog. Leistungsverfahren, ist über die jeweiligen Zeiträume, die durch den Leistungsantrag bestimmt werden, das den konkret zu bezeichnenden Arbeitnehmerinnen bzw. Arbeitnehmern zustehende Transfer-Kug und die dem Arbeitgeber zustehenden Zuschüsse durch Leistungsbescheid zu entscheiden. Es wird also zunächst ein Anerkennungsbescheid benötigt, um anschließend das Transfer-KuG für die von der Transfermaßnahme betroffenen Mitarbeiter beantragen zu können. Da die Beklagte vorliegend noch nicht über einzelne Leistungen entschieden hat, sondern auf eine Anzeige des Arbeitsausfalls hin die Anerkennung der Voraussetzungen für die Gewährung von Transfer-KuG abgelehnt hat, ist die vorliegend erhobene, verbundene Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG) mit dem Ziel der Anerkennung statthaft (vgl. BSG, Urteil vom 15. Februar 1990 – 7 RAr 22/89 -, juris).
Der Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Anerkennung eines erheblichen Arbeitsausfalls sowie der betrieblichen Voraussetzungen für die Gewährung von Transfer-KuG für die in der beE zusammengefassten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist § 111 Abs. 1 SGB III (in der Fassung vom 05.12.2012). Danach haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Anspruch auf Förderung der Eingliederung bei betrieblichen Restrukturierungen (Transfer-KuG), um Entlassungen zu vermeiden und ihre Vermittlungsaussichten zu verbessern, wenn 1. und solange sie von einem dauerhaften nicht vermeidbaren Arbeitsausfall mit Entgeltausfall betroffen sind, 2. die betrieblichen Voraussetzungen erfüllt sind, 3. die persönlichen Voraussetzungen erfüllt sind, 4. sich die Betriebsparteien im Vorfeld der Entscheidung über die Inanspruchnahme von Transferkurzarbeitergeld, insbesondere im Rahmen ihrer Verhandlungen über einen die Integration der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer fördernden Interessenausgleich oder Sozialplan nach § 112 des Betriebsverfassungsgesetzes, von der Agentur für Arbeit beraten lassen haben und 5. der dauerhafte Arbeitsausfall der Agentur für Arbeit angezeigt worden ist.
Der Arbeitsausfall kann gem. §§ 111 Abs. 6, 99 Abs. 1 Satz 2 SGB III nur vom Arbeitgeber oder der Betriebsvertretung bei der Agentur für Arbeit angezeigt werden.
Ein dauerhafter Arbeitsausfall im Sinn von § 111 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III liegt vor, wenn auf Grund einer Betriebsänderung im Sinne des § 110 Abs. 1 S. 3 SGB III die Beschäftigungsmöglichkeiten für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht nur vorübergehend entfallen. Als Betriebsänderung gilt gem. § 110 Abs. 1 Satz 3 SGB III (in der Fassung vom 20.12.2011) eine Betriebsänderung im Sinne des § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes, unabhängig von der Unternehmensgröße und unabhängig davon, ob im jeweiligen Betrieb das Betriebsverfassungsgesetz anzuwenden ist.
Gem. § 111 BetrVG (in der Fassung vom 25.09.2001) hat der Unternehmer den Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und die geplanten Betriebsänderungen mit dem Betriebsrat zu beraten (§ 111 Satz 1 BetrVG). Als Betriebsänderungen im Sinne des Satzes 1 gelten 1. Einschränkung und Stilllegung des ganzen Betriebs oder von Betriebsteilen, 2. Verlegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen, 3. Zusammenschluss mit anderen Betrieben oder die Spaltung von Betrieben, 4. grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen, 5. Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren.
Ausgehend von dieser Vorschrift, ist vorliegend eine Betriebsänderung zu verneinen.
Zunächst ist festzustellen, dass es sich bei „N M“ um einen Betrieb handelt. Nach der Rechtsprechung des BSG ist der Betrieb – im Anschluss an den für das Arbeitsrecht entwickelten Betriebsbegriff – die organisatorische Einheit, innerhalb derer ein Unternehmen allein oder in Gemeinschaft mit Hilfe sächlicher und sonstiger Mittel bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt. Der Betrieb ist demnach im Gegensatz zum Unternehmen eine technisch-organisatorische Einheit (BSG, Urteil vom 25. April 1991 – 11 RAr 21/89 -, SozR 3-4100 § 63 Nr. 2, SozR 3-1300 § 48 Nr. 8, Rn. 24). Das bedeutet, dass es innerhalb eines Unternehmens auch mehrere Betriebe geben kann (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 08.03.2021 – L 9 AL 198/20 B ER). Da N M über eine einheitliche Leitung verfügte, die über personelle und soziale Angelegenheiten entscheiden konnte (und dabei sogar über einen eigenen Betriebsrat verfügte) und als Standort mit Vorfeld- und Softwareentwicklung, Vertrieb und Entwicklung von Automatisierungs- und Antriebsprodukten auch einen arbeitstechnischen Zweck verfolgte, ist N M als eigenständiger Betrieb einzustufen.
Es lag jedoch keine Betriebsänderung im Sinn von § 111 Satz 3 Nrn. 1 bis 5 BetrVG vor.
Als Betriebsänderung nach § 111 BetrVG gilt unter anderem eine Einschränkung und Stilllegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen, § 111 Satz 3 Nr. 1 BetrVG. Unter einer Einschränkung des gesamten Betriebs ist dabei eine Herabsetzung der Leistungsfähigkeit des gesamten Betriebs zu verstehen, die sowohl durch eine Verringerung der sächlichen Betriebsmittel als auch durch Einschränkung der Zahl der Arbeitnehmer bedingt sein kann (BAG, 15.10.1979 – 1 ABR 49/77; BAG, 28.03.2006 – 1 ABR 5/05). Hierbei kann nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine Betriebseinschränkung im Sinne des § 111 Satz 3 Nr. 1 BetrVG auch in einem reinen Personalabbau bestehen, wobei der Personalabbau jedoch eine relevante Zahl von Arbeitnehmern erfassen muss. Maßgebend sind insoweit die Zahlen des § 17 KSchG, wobei in größeren Betrieben mindestens fünf Prozent der Belegschaft betroffen sein müssen (BAG, Urteil v. 10. Dezember 1996 – 1 AZR 290/96; BAG, Urteil v. 22. Januar 2004 – 2 AZR 111/02; BAG, Beschluss vom 28. März 2006 – 1 ABR 5/05 -, BAGE 117, 296-307, Rn. 18).
Zu Recht hat die Beklagte hierzu festgestellt, dass im Falle des Betriebes N M der Klägerin der erforderliche Schwellenwert von 5% nicht erreicht ist, da von insgesamt 2.591 Beschäftigten nur 115 Arbeitnehmer(innen) vom Personalabbau betroffen sind, der erforderliche Wert von 130 Stellen also nicht erreicht wird.
Auch eine Betriebsänderung nach § 111 Satz 3 Nr. 4 BetrVG scheidet aus, da es an grundlegenden Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen mangelt. Die Klägerin hat darauf abgestellt, dass mit den Restrukturierungsmaßnahmen von „Vision 2020“ eine grundlegende Änderung der Betriebsorganisation stattgefunden habe.
Eine Änderung der Betriebsorganisation liegt vor, wenn der Betriebsablauf insbesondere hinsichtlich der der Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten vollkommen geändert wird (vgl. BAG, Urteil vom 18.11.2003; BAG, Urteil vom 26.10.2004 – 1 AZR 493/03; BAG, Beschluss v. 18.03.2008 – 1 ABR 77/06), wenn sich der Betriebsaufbau bzw. die Gliederung des Betriebes oder die Zuständigkeiten oder Unterstellungsverhältnisse ändern (LAG Hamm, Urteil vom 22.07.2003 – 19 Sa 541/03; LAG Hamm, Beschluss v. 26.02.2007 – 10 TaBVGa 3/07).
Vorliegend wurden durch die Restrukturierungsreform „Vision 2020“ zwar die Sektoren- und Clusterstruktur im Unternehmen abgeschafft und die Divisionen von 16 auf acht reduziert, diese Neuordnung betraf jedoch nicht den Betrieb N M, sondern spielte sich auf Konzernebene ab. Ein entscheidender Einfluss auf die Struktur bzw. die Verantwortlichkeiten oder Zuständigkeiten des Betriebs N M hatten diese Änderungen jedoch nicht und wurden vom Kläger auch nicht vorgetragen. Vorgetragen wurden von der Klägerin zudem Änderungen im Bereich der Personalverwaltung (HR), insbesondere die Dezentralisierung des Personalbeschaffungswesens (Recruitment), die Neustrukturierung des Personalbeschaffungsprozesses und den damit zusammenhängenden Wegfall einer Gruppenleitungsfunktion. Durch die dadurch entstehende Änderung von Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten kann in diesen Maßnahmen eine Änderung der Betriebsorganisation erblickt werden.
Jedoch muss die Änderung der Betriebsorganisation auch grundlegend sein. Als grundlegend hat das BAG in seiner Rechtsprechung eine Änderung dann angesehen, wenn sie sich auf den Betriebsablauf in erheblicher Weise auswirkt; maßgeblich ist dafür der Grad der Veränderung (vgl. BAG, Beschluss vom 18.03.2008 – 1 ABR 77/06; BAG, Urteil v. 26.10.2004 – 1 AZR 493/03 -, BAGE 112, 260-266 unter Verweis auf BAG, Urteil v. 18.11.2003 – 1 AZR 637/02, welches auf BAG, Urteil v. 16.10.1982 – 1 ABR 11/81 verweist). In seinem Urteil vom 26.10.1982 (1 ABR 11/81) hat das BAG hierzu Folgendes ausgeführt:
„Lässt sich im Einzelfall aufgrund der Beurteilung der technischen Änderung die Frage der „grundlegenden Änderung“ nicht zweifelsfrei beantworten, so ist nach dem Sinn des § 111 BetrVG auf den Grad der nachteiligen Auswirkungen der Änderungen auf die betroffenen Arbeitnehmer abzustellen und zu prüfen, ob sich wesentliche Nachteile für sie ergeben können.“ Und weiter: „Ist ein erheblicher Teil der Belegschaft von der Änderung betroffen, so spricht dies im Zweifel auch für die erhebliche Bedeutung (…) für den Gesamtbetrieb. Dabei kann zur Feststellung, wann ein erheblicher Teil der Belegschaft betroffen ist, an die Rechtsprechung des Senats zur Betriebseinschränkung im Sinne von § 111 Satz 2 Nr. 1 BetrVG angeknüpft werden. Bei Betrieben mit mehr als 1.000 Arbeitnehmern hat der Senat eine Betroffensein von mindestens 5% der Belegschaft als erheblich angesehen.“
In seinem Beschluss vom 6.12.1988 (1 ABR 11/87 – BAGE 60, 237-244, Rn. 22) hat es das BAG nochmals wie folgt verdeutlicht:
„Der Senat hält daher an seiner Rechtsprechung fest, wonach sich die Frage nach einem erheblichen Teil der Belegschaft danach beantwortet, ob die Zahl der betroffenen Arbeitnehmer den in § 17 Abs. 1 KSchG genannten Zahlen entspricht mit der Maßgabe, dass wenigstens 5% der Gesamtbelegschaft betroffen sein müssen. Das Abstellen auf diese Zahlenwerte ermöglicht es, den in § 111 BetrVG zur Umschreibung der einzelnen Betriebsänderungen dienenden unbestimmten Rechtsbegriffen Konturen zu verleihen, die es der betrieblichen Praxis erlauben, relativ einfach zu entscheiden, ob eine Betriebsänderung im Sinne von § 111 BetrVG anzunehmen ist oder nicht. Die Rechtsprechung des Senats dient damit der Praktikabilität und der Rechtssicherheit. Auch jede andere Grenzziehung wäre nicht geeignet, die in der Regelung über die Sozialplanpflichtigkeit nur bestimmter Betriebsänderungen angelegten Wertungswidersprüche aufzulösen.“
Sodann hat das BAG in seiner Entscheidung vom 18.03.2008 (1 ABR 77/06 -, BAGE 126, 169-175) wiederholt, dass eine Änderung der Betriebsorganisation im Sinn von § 111 Satz 3 Nr. 4 BetrVG dann grundlegend ist, wenn sie sich auf den Betriebsablauf in erheblicher Weise auswirkt. Maßgeblich sei der Grad der Veränderung. Das BAG hat dies dahingehend konkretisiert, dass es entscheidend darauf ankomme, ob die Änderung einschneidende Auswirkungen auf den Betriebsablauf, die Arbeitsweise oder die Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer habe. Die Änderung müsse in ihrer Gesamtschau von erheblicher Bedeutung für den gesamten Betriebsablauf sein. Nur dann sei die mit § 111 Satz 3 Nr. 4 BetrVG verbundene Fiktion gerechtfertigt, dass die Maßnahme im Sinn von § 111 Satz 1 BetrVG wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile davon habe. (vgl. BAG aaO).
Zusammenfassend kommt es also für die Frage, ob eine Betriebsänderung durch eine grundlegende Änderung der Betriebsorganisation (§ 111 Satz 3 Nr. 4 Alt. 1 BetrVG) angenommen werden kann – anders als von der Beklagten unterstellt – nicht allein darauf an, wie viele Arbeitnehmer(innen) des Betriebs durch die Änderung der Betriebsorganisation abgebaut werden bzw. dass der damit verbundene Personalabbau den nach § 17 Abs. 1 KSchG erforderlichen Schwellenwert von 5% erreicht. Vielmehr sind die Änderungen der Betriebsorganisation darauf zu untersuchen, ob diese wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder überwiegende Teile der Belegschaft haben. Hierbei ist darauf abzustellen, ob die Änderung erhebliche Bedeutung für das betriebliche Gesamtgeschehen hat. Dabei kann die Zahl der von der Änderung betroffenen Arbeitnehmer(innen) jedoch durchaus indizielle Bedeutung erlangen. Ist ein erheblicher Teil der Belegschaft von der Änderung betroffen, so spricht dies nämlich im Zweifel auch für die erhebliche Bedeutung der Änderung für den Gesamtbetrieb. Dabei kann zur Feststellung, ob ein erheblicher Teil der Belegschaft betroffen ist, an die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vom 26.10.1982 (1 ABR 11/81 – BAGE 41, 92) und vom 6.12.1988 (1 ABR 11/87 – BAGE 60, 237-244) angeknüpft werden, indem an § 17 Abs. 1 KSchG und die darin genannten Zahlen mit der Maßgabe angeknüpft wird, dass wenigstens 5% der Gesamtbelegschaft von den Änderungen betroffen sein müssen (so auch Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Beschluss vom 20. April 2016 – 4 TaBV 70/15 -, Rn. 32, juris).
Dies berücksichtigend, kann die Kammer vorliegend keine grundlegende Änderung der Betriebsorganisation erkennen. Denn es ist nicht ersichtlich, dass die von der Klägerin dargelegten und aufgeführten Änderungen innerhalb des Betriebs N M so umfassend waren, dass sie von wesentlicher Bedeutung für den Betriebsablauf, die Arbeitsweise oder die Arbeitsbedingungen von erheblichen Teilen der Belegschaft waren. Zwar wurde die Struktur der Personalabteilung geändert, jedoch ist etwa in der Dezentralisierung des Recruitments oder der Tatsache, dass Bewerbungsgespräche oder Präsenzschulungen nicht mehr vor Ort stattfanden oder die Pflicht zur Originalunterschrift in vielen Fällen durch die digitale Form ersetzt wurde, keine Änderung zu erkennen, die entscheidende und umgreifende Auswirkungen auf die überwiegenden Teile der Belegschaft gehabt haben könnte, insbesondere auch keine wesentlichen Nachteile. Auch aus dem Vortrag des Klägervertreters in der mündlichen Verhandlung vom 28.09.2021 ergaben sich insoweit keine Anhaltspunkte für eine grundlegende Änderung. Hinzu kommt, dass weder mindestens 5% der Gesamtbelegschaft des Betriebs infolge der Maßnahmen abgebaut wurden, noch dass mindestens 5% der Gesamtbelegschaft ersichtlich negativ von den Maßnahmen betroffen waren.
Da es vorliegend mithin an einer grundlegenden Änderung der Betriebsorganisation im Sinn von § 111 Satz 3 Nr. 4 BetrVG mangelte und auch keine anderen Fallgruppen des § 111 Satz 3 BetrVG einschlägig sind, liegt eine Betriebsänderung im Sinne von § 110 Abs. 1 Satz 3 SGB III i.V.m. § 111 BetrVG nicht vor. Ein dauerhafter Arbeitsausfall nach § 111 Abs. 2 SGB III war daher zu verneinen, weshalb die Voraussetzungen für die Bewilligung bzw. zum Erlass von Transfer-KuG bzw. zum Erlass eines Anerkennungsbescheids nicht vorliegen.
Die Klage ist daher als unbegründet abzuweisen.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
3. Die Berufung ist statthaft (§ 143 SGG).


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