Arbeitsrecht

Ausbildungszeiten, Ausbildungsstand, Vergleichbare Ausbildung, Ausbildungsnachweis, Ausbildungsvermittlung, Ausbildungsdauer, Ausbildungsinhalt, Verwaltungsgerichte, Erteilung der Approbation, Befähigung zum Richteramt, Gutachter, Weiterbildungsassistenten, Zahnarzthelfer, Gleichwertigkeitsprüfung, Rechtsmittelbelehrung, Weiteres Gutachten, Streitwertfestsetzung, Approbationserteilung, zahnmedizinische Versorgung, Sachverständige

Aktenzeichen  AN 4 K 18.01521

Datum:
19.10.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 39000
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
ZHG § 2

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

Die zulässige Klage ist sowohl hinsichtlich des Haupt-, als auch des Hilfsantrags nicht begründet. Die Unterlassung der Erteilung der Approbation durch den Beklagten ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung hat die Klägerin keinen Anspruch auf Erteilung der Approbation als Zahnärztin aus § 2 Abs. 1 Satz 1 ZHG i.V.m. § 2 Abs. 3 Satz 1 ZHG.
A.
Die Voraussetzungen für die Erteilung der Approbation nach § 2 Abs. 1 Satz 1 ZHG liegen nicht vor. Nachdem die Klägerin ihr Studium in Syrien (und somit in einem Drittland i.S.d. § 2 Abs. 3 Satz 1 ZHG) absolviert hat, besteht ein Anspruch nur dann, wenn die Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes gegeben ist. Für die Prüfung der Gleichwertigkeit gelten die Vorschriften des § 2 Abs. 2 ZHG (für Antragsteller, die ihre zahnärztliche Ausbildung in einem der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz abgeschlossen haben und nicht unter Abs. 1 oder § 20a fallen) entsprechend mit dem Unterschied, dass sich die Eignungsprüfung bei Fehlen der Gleichwertigkeit nicht nur auf die Fächer beschränkt, bei denen die Gleichwertigkeit fehlt, sondern sich diese auf den (gesamten) Inhalt der staatlichen Abschlussprüfung bezieht (§ 2 Abs. 3 Satz 2 ZHG). Die hiernach erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten sind auch nachzuweisen, wenn die Prüfung nur mit unangemessenem zeitlichen oder sachlichen Aufwand möglich ist, weil die erforderlichen Unterlagen und Nachweise aus Gründen, die nicht in der Person der Antragsteller liegen, von diesen nicht vorgelegt werden können (§ 2 Abs. 3 Satz 4 ZHG).
Als gleichwertig ist dabei nach § 2 Abs. 2 Satz 2 ZHG ein Ausbildungsstand anzusehen, wenn die Ausbildung eines Antragstellers keine wesentlichen Unterschiede gegenüber der nach dem ZHG geregelten Ausbildung aufweist. Wesentliche Unterschiede nach Satz 2 liegen nach Satz 3 vor, wenn (1.) die Ausbildung der Antragsteller hinsichtlich der beruflichen Tätigkeit Fächer umfasst, die sich wesentlich von der deutschen Ausbildung unterscheiden, oder (2.) der Beruf des Zahnarztes eine oder mehrere reglementierte Fähigkeiten umfasst, die in dem Staat, der den Ausbildungsnachweis ausgestellt hat, nicht Bestandteil des Berufs des Zahnarztes sind, und die deutsche Ausbildung Fächer umfasst, die sich wesentlich von denen unterscheiden, die von dem Ausbildungsnachweis der Antragsteller abgedeckt werden. Nach § 2 Abs. 2 Satz 4 ZHG unterscheiden sich Fächer wesentlich, bei denen Kenntnis und Fähigkeiten eine wesentliche Voraussetzung für die Ausübung des Berufs sind und bei denen die Ausbildung der Antragsteller gegenüber der deutschen Ausbildung wesentliche Abweichungen hinsichtlich des Inhalts aufweist. Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 5 ZHG können wesentliche Unterschiede ganz oder teilweise durch Kenntnisse ausgeglichen werden, die die Antragsteller im Rahmen ihrer zahnärztlichen Berufspraxis in Voll- oder Teilzeit oder durch lebenslanges Lernen erworben haben, sofern die durch lebenslanges Lernen erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten von einer dafür in dem jeweiligen Staat zuständigen Stelle formell als gültig anerkannt wurden; dabei ist nicht entscheidend, in welchem Staat diese Kenntnisse und Fähigkeiten erworben worden sind.
Die Regelung des § 2 Abs. 3 Satz 1 ZHG setzt den durch die RL 2013/55/EU neugefassten Art. 14 Abs. 1, 4 und 5 der RL 2005/36/EG um und geht davon aus, dass der Begriff der „wesentlichen Unterschiede“ hierbei neu definiert wurde und insbesondere die Ausbildungsdauer nicht mehr als Kriterium vorgesehen ist (vgl. BT-Drs. 493/15, S. 109 ff.). Dabei bezieht sich der Wegfall des Kriteriums der Ausbildungsdauer sowohl auf die Ausbildung als solche als auch auf das einzelne Fach; Ziel dieser Änderung ist es jedoch nicht, die Ausbildungsanforderungen der ärztlichen Grundausbildung zu bewirken (Erwägungsgrund 18 der RL 2013/55/EU). Die Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes ist deshalb anhand des Inhalts der Ausbildung und insbesondere der Ausbildungsstände zu bemessen, wobei auch der Wirksamkeit der Ausbildungsvermittlung eine Bedeutung zukommt. Hierfür kann allerdings die Ausbildungsdauer weiterhin ein bedeutendes, wenn auch nicht das einzige Indiz sein (OVG Münster, U.v. 11.07.2016, Az. 13 A 897/15, Rdnr. 31 f., juris unter Bezugnahme auf BVerwG, U.v. 18.02.1993, Az. 3 C 64.90, Rdnr. 33, juris).
B.
Hieran gemessen ist die zahnärztliche Ausbildung der Klägerin dabei nicht als gleichwertig mit der deutschen Ausbildung anzusehen, weil wesentliche Unterschiede gegenüber der deutschen Ausbildung vorliegen (§ 2 Abs. 3 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 ZHG).
1. Dabei durfte sich die nach § 16 Abs. 2 Satz 1 ZHG i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 HeilBZustV zuständige Regierung … auf die Einschätzung des Gutachters Dr. … hinsichtlich der Ausbildungsunterschiede nach Studienvergleich stützen, weil die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen zu ihrem Studium der Zahnmedizin in Syrien allein nicht für eine ausreichende Beurteilung genügen.
Die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen über ihr Studium in Syrien erschöpfen sich dabei in einer fünfseitigen Auflistung der Universität …, Fakultät der Zahnmedizin, mit der tabellarischen, nach Semestern geordneten Auflistung aller Studienfächer mit Semester- und Wochenstundenzahl vom 13.12.1979/04.07.1987 (in der deutschen Übersetzung Bl. 1121-1125 d.A.) und in der dreiseitigen Notenaufstellung vom 13.02.2000 über die Studienleistungen der Klägerin von den Studienjahren 1984/1985 bis 1988/1989 (in der deutschen Übersetzung Bl. 1127-1129 d.A.). Weitere Unterlagen, aus denen sich die Studieninhalte oder insbesondere die Lehrmethoden ergeben könnten, wurden nicht vorgelegt bzw. konnten nicht vorgelegt werden. Somit ist im konkreten Einzelfall ausgeschlossen, eine Vergleichbarkeit der Ausbildungsstände unter völliger Außerachtlassung der Ausbildungszeiten festzustellen, weil ohne detailliertere Erläuterungen schon nicht festgestellt werden kann, ob aus der bloßen Fächerbenennung in den Notenübersichten ein inhaltlicher Gleichlauf zwischen den an der Universität … so benannten Fächern und den gleichlautenden Fächern an deutschen zahnmedizinischen Fakultäten folgt. Dagegen spricht beispielsweise, dass im Curriculum der Universität … eine Aufschlüsselung von Fächern „Zahnprothetik“ und „Kronen/Brücken“ stattfindet, was nach den hiesigen Studienordnungen gemeinsam der Zahnersatzkunde (zahnärztliche Prothetik) zusammengefasst ist, wozu Fächer wie Propädeutik, Phantomkurse I und II, Zahnersatzkunde I und II, zuzüglich weiterer Vorlesungen und Seminare zählen (vgl. insoweit beispielhaft die Ausführungen des Prof. Dr. … zur Studienordnung der Universität … im Gutachten vom 27.10.2015, S. 2). Auch bei den in der Ausbildung der Klägerin enthaltenen Fächern „Biostatistik“, „Psychologie und Soziologie“, „Nationale und sozialistische Kultur“, „Arabische Sprache“ und „Fremdsprache“ spricht vieles dafür, dass auch Fächer umfasst sind, die sich wesentlich von der deutschen Ausbildung unterscheiden. Daraus ergibt sich, dass ein rein qualitativer Vergleich der Ausbildungen notwendigerweise ausgeschlossen ist und die Feststellung einer Gleichwertigkeit allenfalls durch eine Anknüpfung an Hilfstatsachen in Betracht kommen könnte, zu denen notwendigerweise auch die Ausbildungsdauer in den einzelnen Studienfächern zu zählen ist. Die Notwendigkeit einer gutachterlichen Würdigung ergibt sich somit aus der fehlenden Beurteilungsmöglichkeit anhand der Papierform.
Dabei durfte sich der Beklagte auf das Gutachten des Herrn Dr. … hinsichtlich der festgestellten Ausbildungsunterschiede beziehen. Insbesondere gilt dies auch für die Reichweite der festgestellten Unterschiede in den Fächern „Zahnersatzkunde/Prothetik, Kieferorthopädie, Chemie, Pharmakologie I und II, Biochemie, Physiologie, sowie Mikroskopische und Makroskopische Anatomie“ und auch, soweit sie über die im Gutachten von Prof. Dr. … festgestellten wesentlichen Unterschiede hinausgehen.
2. Die Regierung … war berechtigt, neben dem ersten Gutachten des Prof. Dr. … noch ein weiteres Gutachten einzuholen, weil zum einen nicht alle sich aufdrängenden Fragen auch nach Rückfrage durch die Regierung geklärt worden waren und die Klägerin zum anderen der Einholung eines weiteren Gutachtens zugestimmt hat, indem sie sogar selbst die Einholung angeregt hat.
3. Das Gutachten des Herrn Dr. … kann für die Beurteilung der Gleichwertigkeit herangezogen werden, nachdem keine Zweifel hinsichtlich der Eignung des Gutachters bestehen (a), dieser von einer zutreffenden Tatsachengrundlage ausgegangen ist (b) und er vertretbare Schlüsse gezogen hat (c). Weitere Ermittlungen zur Beurteilung der Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes sind danach nicht angezeigt (d).
(a) Anlass zu Zweifeln an der Eignung des Gutachters Dr. …, der als akademischer Oberrat des Freistaats Bayern an der Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik der … tätig ist, die stellvertretende Leitung Vorklinische Kurse und operative Leitung der Privatambulanz innehat und als staatlich bestellter Prüfer im Fach Zahnersatzkunde fungiert, ergeben sich hierbei nicht und wurden auch von den Beteiligten nicht vorgebracht.
(b) Der Gutachter ist dabei – entgegen dem klägerischen Vorbringen – von einer zutreffenden Tatsachenbasis ausgegangen, indem er die vorliegenden Studienunterlagen zu Grunde gelegt (i.), der Tätigkeit der Klägerin als Gastzahnärztin keine maßgebliche Bedeutung zugemessen (ii.), die Beschäftigung der Klägerin im Dental Care Center in …, Syrien nicht als genügenden Ausgleich von Defiziten gewertet (iii.) und die absolvierten Fortbildungen der Klägerin wie durchgeführt berücksichtigt hat (iv.).
(i.) Alle von der Klägerin vorgelegten Unterlagen zu Art und Umfang ihres Studiums, sowie die entsprechenden Leistungsnachweise wurden zugrunde gelegt. Soweit vom Bevollmächtigten der Klägerin vorgetragen wurde, der Gutachter sei von der Nichtexistenz von Abschlussprüfungen ausgegangen, bleibt festzuhalten, dass dieser lediglich vermerkt hat, dass zu Art, Inhalt und Umfang stattgefundener Leistungskontrollen keine Angaben gemacht würden und dass sich kein Hinweis auf eine Staatsprüfung zur abschließenden Wissenskontrolle nach jeweils beendetem Studienabsschnitt analog der naturwissenschaftlichen Vorprüfung, der zahnärztlichen Vorprüfung und der zahnärztlichen Prüfung in Deutschland finde (Gutachten Dr. …, S. 25 und S. 40). Nachdem klägerseits der Hinweis auf die vermeintliche diesbezügliche Aussage der Zentralstelle für ausländische Bildung beim Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder korrigiert wurde, kann die Aussage des Gutachters zum einen in ihrer Differenziertheit nicht in Zweifel gezogen werden, nachdem sich zutreffend aus den vorgelegten Unterlagen keine diesbezüglichen gesonderten Prüfungen ergeben. Zum anderen ist darauf zu verweisen, dass sich die diesbezügliche Äußerung des Gutachters lediglich im darstellenden Teil befindet und der Gutachter in seiner abschließenden Stellungnahme dies nicht als erheblich für seine Einschätzung bezeichnet.
(ii.) Der Gutachter hat richtigerweise nicht die Tätigkeit der Klägerin als Gastzahnärztin an der Poliklinik für Zahnerhaltung und Parodontologie … vom …bis …als geeigneten Ausgleich von Defiziten herangezogen, weil insoweit schon keine geeignete und insoweit notwendige Bescheinigung über die Tätigkeit vorgelegt wurde. Weder die Tätigkeitsbescheinigung durch Prof. Dr. …, noch die Auflistung der damaligen Tätigkeiten durch die Klägerin selbst sind geeignet, als Nachweise für eine geeignete praktische zahnmedizinische Tätigkeit herangezogen zu werden.
Insbesondere kann bezüglich dieser Tätigkeit kein Beweisnotstand angenommen werden, welcher ausnahmsweise die Berücksichtigung einer selbst verfassten Tätigkeitsbeschreibung rechtfertigen würde. Soweit in der Rechtsprechung davon ausgegangen wird, dass zum Nachweis der berücksichtigungsfähigen zahnärztlichen Berufspraxis im Einzelfall auch auf entsprechende Erklärungen und Bekundungen eines Antragstellers abgestellt werden könne, ist hierfür Voraussetzung, dass der Antragsteller die erforderliche Bescheinigung über die von ihm erworbene Berufserfahrung aus Gründen, die nicht in seiner Person liegen, nicht oder nur schwer beschaffen kann (BVerwG, B.v. 06.06.2017, Az. 3 B 42/16, Rdnr. 3, juris). Vom Vorliegen derartiger Gründe kann hier allerdings nicht ausgegangen werden. Anders als beispielsweise in Auslandsfällen ist für die Bestätigung zuständige Direktor der Poliklinik für Zahnerhaltung und Parodontologie der …Universität … ausweislich deren aktuellem Internetauftritt nicht nur weiterhin überhaupt an der Universität tätig, sondern sogar in der gleichen Stadt der beruflichen Tätigkeit der Klägerin; eine Aufklärung ihrerseits hätte sich bei ihrer behaupteten weitreichenden Tätigkeiten in ihrer Zeit als Gastzahnärztin durch Kontaktaufnahme zu Prof. Dr. … geradezu aufgedrängt. Soweit andere Gründe vorgelegen haben sollten, die es Herrn Prof. Dr. … (nach zugegeben sehr langer Zeit) unmöglich machen würden, über die Tätigkeit der Klägerin in den Jahren … und … eine detailliertere Aussage zu treffen, wäre es diesbezüglich die Obliegenheit der Klägerin gewesen, die konkreten Gründe hierfür weitergehend zu substantiieren. Ohne derartige Anhaltspunkte konnten weder der Gutachter, noch das Gericht davon ausgehen, dass die Tätigkeit der Klägerin derart weitreichend wie in der selbst verfassten Tätigkeitsbeschreibung war, zumal die Arbeit als Gastzahnärztin und das vorgelegte einfache Arbeitszeugnis eher nahelegen, dass es sich hier eher um eine Art Berufspraktikum für ausländische Ärzte ohne eigene Verantwortlichkeit gehandelt haben dürfte.
(iii.) Hinsichtlich der Tätigkeit der Klägerin im Dental Care Center in … in den Jahren … bis … ist der Gutachter – anders als noch der erste Gutachter Dr. … – zutreffend vom Vorliegen entsprechender Tätigkeiten ausgegangen. Insoweit sieht es die Kammer als unschädlich an, dass die entsprechende Bescheinigung des Dr. … … erst am 14.05.2015 erstellt wurde und von ihm als Orthopäden unterzeichnet wurde. Insoweit verweist die Klägerin zutreffend darauf, dass dieser nicht in seiner Funktion als Facharzt unterschrieben haben dürfte, sondern als Manager des Dental Care Centers. Auch die vom ersten Gutachter angeführten Bedenken hinsichtlich Überschneidungen mit anderen beruflichen Tätigkeiten in Deutschland scheinen nach den detaillierten Angaben der Klägerin hierzu ausgeräumt.
Anhaltspunkte für eine Gefälligkeitsbescheinigung liegen aus Sicht der Kammer nicht vor, nachdem auch beide Gutachter nicht davon ausgegangen sind, die bescheinigte Anzahl der Behandlungen sei für die entsprechenden Tätigkeitszeiträume als unplausibel anzusehen. Allerdings wird zutreffend von den Gutachtern darauf hingewiesen, dass die Anzahl der von der Klägerin durchgeführten Behandlungen als eher gering anzusehen ist (vgl. in Bezug auf das wöchentliche Pensum eines Vorbereitungsassistenten in Vollzeit die ergänzende Stellungnahme von Prof. Dr. …, Bl. 594 d.A.). Dies führt zusammen mit dem Einwand des Dr. …, dass für die in diesem Rahmen absolvierten Tätigkeiten gegenwärtig belastbare Nachweise fehlen, was auf die qualitativen Inhalte der genannten Tätigkeiten hindeutet und nicht auf die Quantität, dazu, dass das Gericht auch durch die Tätigkeit der Klägerin keinen Ausgleich wesentlicher Unterschiede anzunehmen vermag.
(iv.) Der Sachverständige Dr. … hat dabei nach Würdigung durch Kammer eine zutreffende Beurteilung der von der Klägerin absolvierten Fortbildungen vorgenommen. So erscheint vor allem die Herangehensweise des Gutachters gut nachvollziehbar, dass bei der Betrachtung der einzelnen Veranstaltungen berücksichtigt wurde, welchen fachlichen Schwerpunkt die jeweiligen Veranstaltungen hatten, und welche Auswirkungen sich auf welches der zahnmedizinischen Fachgebiete auf die Berücksichtigung eines Ausgleichs von Unterschieden ergeben können. In nachvollziehbarer Weise kommt er dabei zum Ergebnis, dass die Vielzahl der besuchten Fortbildungsveranstaltungen zum Bereich der Kieferorthopädie maßgeblich (zusammen mit den sonstigen beruflichen Tätigkeiten der Klägerin) dazu beitragen, dass hinsichtlich dieses Faches inzwischen ein Unterschiedsausgleich anzunehmen ist. Dabei ist der Denkansatz auch vom Gutachter selbst nur als „rein hypothetische Überlegung“ und „eine mögliche Denk- und Berechnungsvariante“ angesehen worden; daraus ergibt sich, dass der Gutachter nicht von einer formalen „Verrechenbarkeit“ ausgegangen ist, sondern – in Ermangelung sonstiger Anhaltspunkte – nur eine möglichst weite Objektivierung angestrebt hat. Auch vor dem Hintergrund, dass man bei einer praktisch tätigen Zahnärztin mit mehrjähriger Berufserfahrung davon ausgehen kann, dass der inhaltliche Mehrwert einer Fortbildungsveranstaltung höher sein kann als bei gleicher (Unterrichts-)Zeit noch vor Abschluss des Studiums. Gemessen an dem deutlich untergeordneten Anteil nicht-kieferorthopädischer Fortbildungen bestehen seitens des Gerichts aber keine Bedenken, dass durch den Besuch dieser Veranstaltungen nicht vom Ausgleich wesentlicher Unterschiede (insbesondere hinsichtlich des Faches „Zahnersatzkunde/Prothetik“) ausgegangen worden ist.
Soweit der Sachverständige angenommen hat, dass einzelne Fortbildungen bei der Beurteilung lebenslangen Lernens nicht zu berücksichtigen seien, wenn es sich bei den Fortbildungen schwerpunktmäßig um humanmedizinische oder Abrechnungsfragen handelt, ist diese Würdigung nicht anzuzweifeln.
Der Sachverständige hat dabei auch die Tatsache gewürdigt, dass eine Mehrzahl der Fortbildungen, die von der Klägerin besucht wurden, von ihrem Ehemann moderiert worden sind, und kommt dabei zum Ergebnis, dass allein diese Tatsache nicht dazu führen könne, dass ein entsprechender Wissenstransfer ausgeschlossen sein sollte. Insofern erübrigen sich hierzu weitere gerichtliche Ausführungen, weil auch unter vollständiger Zugrundelegung all dieser Veranstaltungen in den nicht-kieferorthopädischen Fächern kein Ausgleich angenommen wird.
Soweit beide Gutachter angemerkt haben, dass bestimmte Fortbildungsunterlagen einfach und andere mehrfach vorgelegt wurden, misst das Gericht diesem Umstand keinerlei für die Klägerin nachteilige Bedeutung zu. Insbesondere vor dem Hintergrund der Aktenführung der Gesamtakte, die in nachvollziehbarer Weise aus verschiedenen Aktenbestandteilen verschiedener Behörden und Gutachter aus fast zwei Jahrzehnten (wenn man nur die Zeit der ersten Gleichwertigkeitsprüfung bis zum aktuellen Verfahren berücksichtigt) entstanden ist und so naturgemäß eine Vervielfältigung vieler Aktenbestandteile beinhaltet, kann hier von der Klägerin nicht erwartet werden, darüber Buch zu führen, welche Fortbildungsbescheinigung wann bereits vorgelegt wurde.
(c) Nachdem der Gutachter Dr. … von einer zutreffenden Tatsachengrundlage für die Beurteilung der Frage wesentlicher Unterschiede ausgegangen ist, sind auch die von ihm vorgenommenen Schlussfolgerungen als nachvollziehbar anzusehen, weshalb sich die Kammer diesen anschließt. Dies gilt insbesondere hinsichtlich des argumentativen Ansatzpunktes, in Ermangelung belastbarer Erkenntnisse über den Inhalt der zahnmedizinischen Ausbildung der Klägerin in Syrien müsse der Quantität der Ausbildung eine stärkere Bedeutung zukommen. Auch wenn die Kammer davon ausgeht, dass die Neufassung des § 2 Abs. 3 Satz 1 ZHG gerade nicht mehr auf die Ausbildungsdauer abstellt, bedeutet diese Betrachtung der Quantität eine (argumentative) Besserstellung der Klägerin, weil ihr ansonsten wegen der fehlenden Erkenntnisse über die Inhalte der Wissensvermittlung in ihrem Studium eine Feststellung der Gleichwertigkeit der Ausbildung ohne Ablegen einer gesonderten Prüfung von vornherein verwehrt worden wäre.
Auch hinsichtlich der sonstigen Aspekte, insbesondere der Würdigung der Tätigkeit der Klägerin als Gastzahnärztin an der Universität …, der Tätigkeit im Dental Care Center in Syrien und hinsichtlich der von der Klägerin absolvierten Fortbildungen erkennt das Gericht keine rechtsfehlerhafte Würdigung des Gutachters.
(d) Schließlich waren auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des Bevollmächtigten der Klägerin im Verfahren keine weiteren Ermittlungen angezeigt. Dabei wurde das Gutachten des Dr. … inhaltlich nicht substantiiert in Frage gestellt, auch drängen sich für die Kammer keine Zweifel am Gutachten auf.
Insbesondere ergeben sich Zweifel nicht dadurch, dass vom Gutachter Dr. … weitergehende Unterschiede der Ausbildung der Klägerin im Vergleich zur deutschen Ausbildung ausgemacht wurden als es sich nach dem Gutachten des Prof. Dr. … dargestellt hat. Vielmehr zeigt sich, dass beide Gutachter einen grundlegend vergleichbaren Ansatz gewählt haben und hinsichtlich des Faches „Zahnersatzkunde (zahnärztliche Prothetik)“ wesentliche Unterschiede im Ausbildungsstand ausgemacht wurden. Soweit der Gutachter Dr. … noch weitere Fächer aufführt, hinsichtlich derer wesentliche Unterschiede zu erkennen seien, steht dies nicht im Widerspruch zum Gutachten des Prof. Dr. …, weil dieser schon durch seine Formulierung, die Defizite würden zum Beispiel in einem der vier Kernfächer deutlich, betont, dass das von ihm festgestellte Defizit nicht als abschließend anzusehen ist.
Darüber hinaus ergeben sich auch keine Zweifel unter Berücksichtigung der im Jahr 2003 durchgeführten Gleichwertigkeitsprüfung, in der vor allem Defizite im Fach „Kieferorthopädie“ festgestellt wurden, die Klägerin andere Teilfächer jedoch bestanden hat. Nachdem jede Prüfung nur einen kleinen Ausschnitt eines Faches zum Gegenstand haben kann, werden die im Gutachten von Dr. … festgestellten Defizite auch durch das Bestehen einzelner Teilprüfungen in Frage gestellt. Dabei ist insbesondere zu beachten, dass die Systematik der § 2 Abs. 2 und 3 ZHG deutlich macht, dass entweder von einer Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes nach Vergleich der Ausbildungen auszugehen ist oder nach Absolvierung einer Gleichwertigkeitsprüfung, die sich (im Falle eines Studiums in einem Drittstaat) nach § 2 Abs. 3 Satz 3 ZHG auf den gesamten Inhalt der staatlichen Abschlussprüfung beziehen muss. Damit ist es ausgeschlossen, die Gleichwertigkeit zu Teilen aus einer vergleichbaren Ausbildung zu begründen und hinsichtlich der übrigen Teile aus Teilprüfungen einer Gleichwertigkeitsprüfung.
4. Für die Kammer steht daher – mit dem Gutachter Herrn Dr. … – fest, dass ein Ausgleich wesentlicher Ausbildungsunterschiede in anderen Fächern als der Kieferorthopädie nicht angenommen werden kann. Sie schließt sich insoweit den Schlussfolgerungen des Gutachters an, dass in Ermangelung anderweitiger Informationen über die zahnmedizinische Ausbildung der Klägerin ausnahmsweise vom Umfang der Studienfächer auf die Inhalte geschlossen werden muss und dass hinsichtlich der Fächer „Zahnersatzkunde/Prothetik, Chemie, Pharmakologie I und II, Biochemie, Physiologie, sowie Mikroskopische und Makroskopische Anatomie“ kein Ausgleich anzunehmen ist.
Schließlich ist das vorliegend nach § 2 Abs. 3 Satz 1 und 2 ZHG ermittelte Ergebnis der fehlenden Gleichwertigkeit der Ausbildungsinhalte mit der Folge, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Erteilung der zahnärztlichen Approbation nach § 1 Abs. 1 Satz 1 ZHG hat, auch vor dem Hintergrund der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG nicht als unverhältnismäßig anzusehen.
Die (hohen) fachlichen Anforderungen der § 2 Abs. 3 Sätze 2 und 3 ZHG rechtfertigen sich dabei durch das wichtige Gemeinschaftsgut der Gesundheit der Bevölkerung, indem die zahnärztliche Approbation eine Ausbildung erfordert, die grundlegende Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten in allen Fächern, die für die zahnmedizinische Versorgung erforderlich sind (vgl. § 1 Abs. 2 Satz 1 ZApprO bzw. ähnlich in den bis 30.09.2020 gültigen §§ 1, 2 ZÄPrO), voraussetzt. Dem stehen auch die unionsrechtlichen Anerkennungsvorschriften nicht entgegen, die in Art. 34 Abs. 2 und 3, sowie Art. 14 Abs. 3 RL 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 (geändert durch RL 2015/55/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. November 2013) gerade diesen Gleichwertigkeitsvergleich erforderlich machen.
Auch kann zugunsten der Klägerin kein irgend gearteter Vertrauensschutz dahingehend bestehen, dass entweder die Approbation zu erteilen wäre oder zumindest die fehlende Gleichwertigkeit auf nur einen eingeschränkteren Kreis zu beschränken wäre. Insbesondere steht dem Ergebnis nicht entgegen, dass die Klägerin seit nunmehr fast 20 Jahren mit beschränken Erlaubnissen zur vorübergehenden Ausübung der Zahnheilkunde nach § 13 Abs. 1 ZHG tätig war, nachdem schon den Genehmigungsvoraussetzungen dieser Vorschrift immanent ist, dass damit nur eine zeitlich befristete Erlaubnis und hiermit nur eine zeitlich befristete Ausnahme vom Approbationserfordernis verbunden ist, wie sich aus § 13 Abs. 3 Satz 1 ZHG ergibt.
Schließlich führt die Rechtsfolge der Feststellung wesentlicher Unterschiede auch zu keinem endgültigen Verlust der erreichten Kenntnisse der (abhängigen) zahnärztlichen Tätigkeit in Deutschland, nachdem der Klägerin der Weg zur Approbationserteilung nach § 2 Abs. 3 Satz 3 ZHG durch eine Eignungsprüfung weiterhin offensteht.
Schließlich kann sich die Klägerin auch nicht darauf berufen, dass zahnärztliche Kollegen mit gleichem Studium ihre Approbation erhalten hätten, nachdem die Gleichwertigkeit ihrer Ausbildung festgestellt worden sei. Abgesehen davon, dass diese Behauptung nicht mit konkreten Sachverhalten belegt wurde, ist dieser Vortrag bereits ungeeignet, einen Anspruch zu begründen. Selbst wenn bei einem ähnlichen Sachverhalt eine ähnliche Schlussfolgerung getroffen worden wäre, bestünde kein Anspruch aus Gründen der Gleichbehandlung. Vielmehr ist auch dann – wie hier geschehen – eine Betrachtung des konkreten Einzelfalls erforderlich.
C.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
D.
Gründe, die Berufung nach § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO zuzulassen, liegen nicht vor.


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