Arbeitsrecht

BAföG nach abgebrochenem Studium an einen kanadischem College

Aktenzeichen  6 K 220/21 Ge

Datum:
14.12.2021
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG Gera 6. Kammer
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:VGGERA:2021:1214.6K220.21GE.00
Normen:
§ 1 BAföG
§ 2 Abs 1 BAföG
§ 4 BAföG
§ 5a Abs 1 BAföG
§ 7 Abs 3 BAföG
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Spruchkörper:
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Tenor

1. Der Vorbescheid des Beklagten vom 15. Oktober 2020 und der Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 8. Februar 2021 werden aufgehoben.
2. Der Beklagte wird verpflichtet festzustellen, dass die Klägerin dem Grunde nach Anspruch auf Ausbildungsförderung für ihre andere Ausbildung „Kindheitspädagogik“ an der I … (I …, vormals: I … ) ab dem Wintersemester 2020/2021 hat.
3. Der Beklagte hat die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens zu tragen.
4. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung der Kosten der Klägerin gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der noch festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin für ihr Bachelor-Fachhochschulstudium der Kindheitspädagogik, das sie nach einer nicht abgeschlossenen Psychologie-Ausbildung an einem kanadischen College und einem davor zwei Semester lang betriebenen Bachelor-Universitätsstudium aufgenommen hat, Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) beanspruchen kann.
Die 1996 geborene Klägerin besitzt nach ihren Angaben die deutsche und kanadische Staatsangehörigkeit. Sie erlangte im Juni 2016 an einem Gymnasium in S … die allgemeine Hochschulreife. Im Anschluss daran betreute sie ein Jahr lang in Kanada als Au-pair-Mädchen Kinder. Ab dem Wintersemester 2017/2018 studierte sie an der Universität E … den Bachelor-Studiengang Lehr-, Lern- und Trainingspsychologie (LLT-Psychologie, Hauptfach) und Erziehungswissenschaften sowie Studium Fundamentale (Nebenfächer). Der Beklagte bewilligte ihr für dieses Studium Ausbildungsförderung. Die Klägerin gab dieses Studium zum Ende des zweiten Fachsemesters auf; die Universität exmatrikulierte sie antragsgemäß zum Ablauf des Sommersemesters 2018 (30. September 2018).
Die Klägerin arbeitete nach ihren Angaben von August bis November 2018 als Aushilfskraft und bereitete sich ab November 2018 in Kanada auf einen dortigen Studienaufenthalt vor.
Sie studierte sodann von Januar 2019 bis April 2020 im kanadischen V … am dortigen L … Psychologie (angestrebte Qualifikation: „Associate of Arts Degree“, „Außerordentlicher Grad der Geisteswissenschaften“, Beiakte, Blatt 121). Sie besuchte dabei auch Veranstaltungen des Studiengangs „Family Studies“.
Die Klägerin hatte für die Ausbildung in Kanada mit am 8. Oktober 2018 unterschriebenen Antrag bei dem Beklagten um Ausbildungsförderung nachgesucht (BA, Bl. 95, 96). Diesen Antrag hatte der Beklagte durch den – nicht streitgegenständlichen – Bescheid vom 24. April 2019 bestandskräftig abgelehnt. Die Klägerin würde die Voraussetzungen für die Förderung eines Auslandsstudiums nicht erfüllen (vgl. § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BAföG). Sie sei nicht an einer Hochschule im Inland immatrikuliert und strebe einen ausländischen Hochschulabschluss an.
Seit dem Wintersemester 2020/2021 studiert die Klägerin im Wege des Fernstudiums an der staatlich anerkannten privaten I … (I …, vormals: I … ), einer Fachhochschule mit Sitz in E …, den dualen Bachelor-Studiengang „Kindheitspädagogik“. Dazu wurde sie in das erste Fachsemester eingestuft. Ausbildungsbetrieb ist eine in D … ansässige Gesellschaft.
Die Klägerin beantragte bei dem Beklagten am 18. Juni 2020 die Bewilligung von Ausbildungsförderung für dieses Studium einschließlich der Genehmigung eines zweimaligen Fachrichtungswechsels. Zur Begründung führte sie an (BA, Bl. 141R):
„Da ich während meines Studiums an der Universität E … mein Interesse für Psychologie bestätigt hatte, wollte ich mit meinem weiteren Studium im Bereich der Psychologie bleiben. Da ich dennoch Auslandserfahrung in mein Studium integrieren wollte, entschloss ich mich, am L … in Kanada weiterhin Psychologie zu studieren. … am L … hatte ich die Möglichkeit, Kurse verschiedener Fachrichtungen als „Elective“ [Wahlkurse] zu belegen … während meine übergeordnete Fachrichtung weiterhin die Psychologie blieb. Als ich in Kanada viel mit Kindern arbeitete, um mir finanzielle Mittel für mein Studium zu beschaffen, merkte ich, dass ich die Arbeit mit Kindern zu meinem künftigen Beruf machen wollte.…Die endgültige Sicherheit [die Fachrichtung zu wechseln] kam erst mit der Arbeit mit Kindern, die ich erst ab dem 3. Semester erlebte.“
Der Beklagte lehnte durch den Bescheid vom 15. Oktober 2020 dem Grunde nach die Bewilligung von Ausbildungsförderung ab. Die Klägerin habe mit den Übergängen vom Studium an der Universität E … zum Studium an dem L … und von dort weiter zum Studium an der I … … jeweils die Fachrichtung gewechselt. Zwar liege mit dem Ende des Sommersemesters 2018 bei der Klägerin zu Tage getretenen Neigungswandel der vom Gesetz geforderte wichtige Grund für den ersten Fachrichtungswechsel vor (vgl. § 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BAföG). Auch wenn sie vorgetragen habe, dass sich ihr Interesse an Psychologie nicht verändert habe, so sei bei der Klägerin doch ein Neigungs- bzw. Interessenwandel gegeben, nämlich an Stelle von LLT-Psychologie „reine“ Psychologie zu studieren. Allerdings könne sich die Klägerin für den Übergang ihres Studiums vom L … zu der jetzigen Ausbildung an der I … … nicht nochmals auf den wichtigen Grund des Neigungswandels berufen. Vom Auszubildenden werde erwartet, dass er bei seiner Studienwahl gewissenhaft und sorgfältig vorgeht. Beide Fachrichtungswechsel der Klägerin seien auch nicht durch einen unabweisbaren Grund (vgl. § 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BAföG) gerechtfertigt. Es fehle dafür an der Voraussetzung, dass dem Auszubildenden objektiv und subjektiv nur die Wahl zwischen Wechsel und dem Abbruch der Ausbildung bleibe. Die Klägerin hätte die jeweilige Ausbildung fortführen können.
Die Klägerin erhob gegen die ablehnende Entscheidung am 12. November 2020 Widerspruch. Sie machte begründend im Wesentlichen geltend, mit dem Abbruch des Studienganges LLT-Psychologie, Erziehungswissenschaften sowie Studium Fundamentale und der Aufnahme des Bachelorstudiengangs Kindheitspädagogik an der I … … im Anschluss an ihren Auslandsaufenthalt zum ersten Mal die Fachrichtung gewechselt zu haben. Es sei allgemein anerkannt, dass bei der Prüfung eines Fachrichtungswechsels im Sinn des § 7 Abs. 3 BAföG die Vergünstigung des § 5a Satz 1 BAföG zur Anwendung kommen müsse. Das bedeute für sie, dass ihre Auslandsausbildung bei einem Fachrichtungswechsel außer Betracht zu bleiben hätte. Für die Aufnahme des Bachelorstudiengangs „Kindheitspädagogik“ an der I … … werde gemäß § 7 Abs. 3 Satz 4 BAföG in der Regel vermutet, dass ein wichtiger Grund für den Fachrichtungswechsel vorliege.
Der Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin durch Widerspruchsbescheid vom 8. Februar 2021 zurück. Zur Begründung wiederholte er im Wesentlichen die Gründe des ablehnenden Bescheides vom 15. Oktober 2020. Die Klägerin habe zweimal die Fachrichtung gewechselt oder das Studium abgebrochen. Bereits für den ersten Abbruch oder Fachrichtungswechsel habe der wichtige Grund im Sinn des § 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BAföG gefehlt. Die im Rahmen dieser Bestimmung vorzunehmende Interessenabwägung zwischen dem öffentlichen und dem persönlichen Interesse des Auszubildenden falle zu ihren Lasten aus. Die Klägerin habe den an der Universität E … studierten Studiengang nicht aus einem anerkannten wichtigen Grund aufgegeben, sondern weil sie vorrangig Auslandserfahrungen habe sammeln wollen. Für den zweiten Abbruch des Studiums bzw. Fachrichtungswechsel greife § 5a Satz 1 BAföG nicht ein, weil die Ausbildung im Ausland länger als ein Jahr gedauert habe.
Die Klägerin hat am 1. März 2021 Klage erhoben, mit der sie ihr Begehren weiter verfolgt. Zur Begründung vertieft sie ihren vorprozessualen Vortrag. § 5a Satz 1 BAföG komme zu ihren Gunsten zur Anwendung, da sie zwar sechzehn Monate dem kanadischen College angehört habe, tatsächlich dort aber nur ein Jahr Kurse besucht habe.
Die Klägerin beantragt,
1. den Vorbescheid des Amtes für Ausbildungsförderung vom 15. Oktober 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Februar 2021, zugegangen am 11. Februar 2021, aufzuheben,
2. den Beklagten zu verpflichten, sie positiv zu bescheiden, indem er die Gewährung von Ausbildungsförderung für das anvisierte Studium der Kindheitspädagogik an der I … ab dem Wintersemester 2020/2021 in gesetzlicher Höhe zusichert.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verteidigt die getroffene Entscheidung und verweist dazu vor allem auf die Begründungen des Ausgangs- sowie des Widerspruchsbescheides. Für § 5a Satz 1 BAföG komme es allein auf die Zugehörigkeit zu der ausländischen Bildungseinrichtung an. Die Klägerin habe dem College länger als ein Jahr angehört.
Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und den vom Beklagten vorgelegten Aktenvorgang verwiesen. Die Akten sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage, über die die Kammer mit Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden durfte (vgl. § 101 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO -), hat Erfolg.
Dabei hat das Gericht den Klageantrag zu 2 auf der Grundlage des Vortrags der Klägerin in der Weise verstanden und dahin gefasst (vgl. § 88 VwGO), dass sie den Beklagten zu der Feststellung verpflichtet wissen will, dass sie dem Grunde nach Anspruch auf Ausbildungsförderung für ihr nunmehriges Studium der Kindheitspädagogik hat.
Die Klage ist zulässig und begründet.
Der Beklagte hat durch den Bescheid vom 15. Oktober 2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Februar 2021 der Klägerin zu Unrecht dem Grunde nach die Bewilligung von Ausbildungsförderung versagt (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Klägerin hat Anspruch darauf, dass der Beklagte gemäß § 46 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 BAföG die Fördervoraussetzungen ihres Bachelor-Studiums „Kindheitspädagogik“ an der I … positiv feststellt.
Nach dieser Bestimmung hat das Amt für Ausbildungsförderung dem Grunde nach vorab zu entscheiden, ob die Fördervoraussetzungen für eine nach Fachrichtung und Ausbildungsstätte bestimmt bezeichnete andere Ausbildung nach § 7 Abs. 3 BAföG vorliegen.
Nach § 7 Abs. 3 Satz 1 BAföG wird bei einem Abbruch der Ausbildung oder einem Fachrichtungswechsel Ausbildungsförderung für eine andere Ausbildung geleistet, wenn der Abbruch der Ausbildung oder der Fachrichtungswechsel aus einem wichtigen Grund (Nr. 1) oder unabweisbaren Grund (Nr. 2) erfolgte; bei Auszubildenden an Höheren Fachschulen, Akademien und Hochschulen genügt gemäß § 7 Abs. 3 Satz 1, 2. Halbsatz BAföG ein wichtiger Grund nur bis zum Beginn des vierten Fachsemesters.
Ob ein Abbruch einer Ausbildung oder ein Fachrichtungswechsel anzunehmen ist, hängt maßgeblich von dem erklärten Willen des Auszubildenden ab, wie er nach außen erkennbar wird (BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1985 – 5 C 56.82 – FamRZ 1986, 731, juris Rn. 13). Ein Auszubildender bricht die Ausbildung ab, wenn er den Besuch von Ausbildungsstätten einer bestimmten Art von Ausbildungsstätten einschließlich der im Zusammenhang hiermit geforderten Praktika endgültig aufgibt (§ 7 Abs. 3 Satz 2 BAföG). Als Ausbildungsstätten derselben Art sind jeweils die in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 6 BAföG aufgezählten Ausbildungsstätten zu verstehen. Ein Auszubildender wechselt die Fachrichtung, wenn er einen anderen berufsqualifizierenden Abschluss oder ein anderes bestimmtes Ausbildungsziel eines rechtlich geregelten Ausbildungsganges an einer Ausbildungsstätte derselben Art anstrebt (§ 7 Abs. 3 Satz 3 BAföG).
Die Klägerin hat nicht die Fachrichtung gewechselt, sondern die erste Ausbildung, das Universitäts-Bachelor-Studium LLT-Psychologie, Erziehungswissenschaften sowie Studium Fundamentale, aus einem wichtigen Grund abgebrochen (siehe nachfolgend unter 1.). Die anschließende Aufgabe der Psychologie-Ausbildung am kanadischen College (Qualifikation „Associate Degree“) sowie die dann folgende Aufnahme des Fachhochschul-Bachelor-Studiums Kindheitspädagogik stehen der beantragten Förderung nicht entgegen, weil es sich dabei weder um einen Ausbildungsabbruch noch um einen Fachrichtungswechsel handelt (siehe nachfolgend unter 2.). Schließlich kommt es auf § 5 a Satz 1 BAföG (unberücksichtigte Ausbildungszeiten im Ausland) nicht an (siehe nachfolgend unter 3.).
1. Die Klägerin hat zum Ablauf des 30. September 2018 ihr Bachelor-Studium LLT-Psychologie, Erziehungswissenschaften und Studium Fundamentale an der Universität E … nach zwei Fachsemestern aus einem wichtigen Grund aufgegeben.
a) Das ist ein Abbruch der bisherigen Ausbildung im Sinn des § 7 Abs. 3 Satz 2 BAföG.
Der Abbruch der Ausbildung beruhte auf der Exmatrikulation der Klägerin (vgl. § 75 Abs. 2 des Thüringer Hochschulgesetzes). Diese gehörte mit dem Wirksamwerden der Exmatrikulation zum Ablauf des 30. September 2018 nicht mehr der Universität E … an. Damit ging der klägerische Ausbildungsabbruch einher.
Der Abbruch des Universitäts-Bachelor-Studiums ist auch nicht erst im Januar 2019 nach außen zum Ausdruck gekommen. Seinerzeit hatte die Klägerin die Psychologie-Ausbildung am College aufgenommen. Sie hatte aber bereits vorher nach außen deutlich gemacht, nicht an eine inländische Hochschule (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 BAföG) mehr zurückkehren zu wollen. Die Klägerin bereitete sich ab August in Deutschland und ab November in Kanada auf die neue Ausbildung am kanadischen L … vor. Sie hat bereits am 8. Oktober 2018 ihren an den Beklagten gerichteten Antrag auf Ausbildungsförderung für die College-Ausbildung unterschrieben (BA, Bl. 95). Sie machte auch damit deutlich, die Inlandsausbildung abgebrochen zu haben und zugleich, dass sie im Ausland eine andere Ausbildung aufnehmen werde. Die Klägerin hatte offenbar bereits zuvor die Zulassung zu der Ausbildung am kanadischen College beantragt und dann auch erhalten.
b) Der Abbruch des Bachelor-Studiums LLT-Psychologie, Erziehungswissenschaften und Studium Fundamentale an der Universität E … nach zwei Fachsemestern beruht auch auf einem wichtigen Grund (§ 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BAföG).
Ein “wichtiger Grund” in diesem Sinne ist gegeben, wenn dem Auszubildenden die Fortsetzung der bisherigen Ausbildung nicht mehr zugemutet werden kann (BVerwG, Urteil vom 21. Juni 1990 – 5 C 45/87 – BVerwGE 85, 194 [195]). Sachverhalte, die einen wichtigen Grund nach § 7 Abs. 3 BAföG ausmachen können, beschränken sich nicht auf die Eignung, Neigung und Leistung des Auszubildenden. Es können auch andere Umstände aus dem Lebensbereich des Auszubildenden, die mit der Ausbildung in unmittelbarem Zusammenhang stehen, berücksichtigt werden. Ebenso sind die bedeutsamen Umstände heranzuziehen, die aus der Interessenlage des Förderungsträgers stammen, z. B. die Anzahl der bisher absolvierten Semester und die auf die Ergebnisse des bisherigen Ausbildungsstandes gegründeten Erwartung eines berufsqualifizierenden Abschlusses der geförderten Ausbildung. Hierfür ist eine Interessenabwägung unter Einbeziehung aller im Rahmen der Bewilligung von Ausbildungsförderung erheblichen Umstände vorzunehmen. Abzuwägen sind die am Ziel und Zweck der Ausbildungsförderung orientierten öffentlichen Interessen – nämlich die effektive Ausnutzung der vorhandenen Studienplätze und der wirtschaftliche Einsatz der Fördermittel -, und die Interessen des Auszubildenden (BVerwG, Urteil vom 22. Juni 1989 – 5 C 43/88 – BVerwGE 82, 163 [164]).
Vor allem ist aber zu berücksichtigen, dass beim erstmaligen Abbruch der Ausbildung an einer Hochschule bis zum Beginn des dritten Fachsemesters in der Regel vermutet wird, dass der Abbruch aus einem wichtigen Grund erfolgt ist (vgl. § 7 Abs. 3 Satz 4 BAföG). Ausnahmsweise dann, wenn ohne weitere Aufklärung des Sachverhalts offen und klar zu Tage liegt, dass ein wichtiger Grund überhaupt nicht gegeben ist, ist die Regelvermutung widerlegt und ist die andere Ausbildung nicht förderungsfähig. Solche Fälle kommen kaum vor. Zu denken ist dafür an Missbräuche. Angesichts des eindeutigen Gesetzeswortlauts und des im Wesentlichen auf die Missbrauchsverhinderung beschränkten Normzwecks, sind an die Widerlegung der Vermutung hohe Anforderungen zu stellen (Buter, in Rothe/Blanke, Bundesausbildungsförderungsgesetz, Teil 2, 5. Aufl., 45. Lieferung 2019, § 7 Rn. 51; Steinweg, in: Ramsauer/Stallbaum, BAföG, a. a. O., § 7 Rn. 158).
Bei Anwendung dieser Maßstäbe greift die Regelvermutung zugunsten der Klägerin ein.
Zwar ist dem Beklagten zuzugeben, dass ihr Wunsch, im Ausland zu studieren, für den Abbruch des Studiums mitbestimmend war. Das ist wohl auch ein Umstand, der nicht die Ausbildung zum Beruf selbst betrifft, sondern eher persönlicher Natur ist. Ein willkürlicher Ausbildungsabbruch liegt bei der Klägerin – und das ist entscheidend – aber nicht vor. Anhaltspunkte dafür, dass sie in den beiden ersten Semestern ohne ernsthafte Abschlussabsicht studiert hätte, gibt es nicht. Ohne dass es weiter darauf ankommt und dieser Punkt abschließend geklärt werden müsste, haben wohl die bereits 2018 bei der Klägerin unterschwellig vorhandenen Zweifel, ob das LLT-Psychologie Studium im Schwerpunkt weiter für sie die richtige und passende Ausbildung ist, zum seinerzeitigen Studienabbruch beigetragen. In diesem Sinn lässt sich ihre im Verwaltungsverfahren abgegebene Erklärung verstehen, wonach die Zweifel an den bisherigen Psychologie-Ausbildungen 2019 der „endgültigen Sicherheit“ gewichen seien, einen Studiengang studieren zu wollen, bei dem die Arbeit mit Kindern im Mittelpunkt steht.
2. Die Aufgabe der Psychologie-Ausbildung am kanadischen College (Qualifikation: „Associate Degree“) sowie die anschließende Aufnahme des Fachhochschul-Bachelor-Studiums Kindheitspädagogik stehen der beantragten Förderung nicht entgegen, weil es sich weder um einen Ausbildungsabbruch noch um einen Fachrichtungswechsel handelt.
Die Vorschriften über den Studienabbruch bzw. den Fachrichtungswechsel (§ 7 Abs. 3 Satz 1 bis 3 BAföG) setzen nach der Systematik des Bundesaubildungsförderungsgesetzes grundsätzlich voraus, dass die Ausbildung an einer der in § 2 Abs. 1 oder 2 BAföG genannten inländischen Arten von Ausbildungsstätten betrieben wird. Denn nach § 4 BAföG wird Ausbildungsförderung grundsätzlich für die Ausbildung im Inland geleistet. Um eine solche Ausbildung ging es bei der Klägerin mit dem Besuch des kanadischen Colleges nicht.
Für im Ausland verbrachte Ausbildungszeiten hat das Bundesverwaltungsgericht vor allem durch das Urteil vom 4. Dezember 1997 (5 C 28/97 – BVerwGE 106, 5-13, juris Rn. 18 unter Bezugnahme auf das Urteil vom 30. April 1981 – 5 C 36/79 – BVerwGE 62, 174-180, juris Rn. 23) ausgeführt, dass diese Zeiten
„förderungsrechtlich dann als Ausbildung, in Bezug auf einen Fachrichtungswechsel als mögliche bisherige Ausbildung, zu berücksichtigen [sind], wenn und soweit der Auszubildende dort eine auf die Qualifikation zu einem Beruf ausgerichtete Ausbildung absolviert hat und die ausländische Ausbildungsstätte den inländischen Ausbildungsstätten nach Zugangsvoraussetzungen, Art und Inhalt der Ausbildung sowie dem vermittelten Ausbildungsabschluss „vergleichbar“ ist, was jedenfalls dann der Fall ist, wenn die ausländische Ausbildungsstätte den in § 2 Abs. 1 und 2 bezeichneten oder nach § 2 Abs. 3 BAföG bestimmten Ausbildungsstätten im Sinne von § 5 Abs. 4 BAföG „gleichwertig“ ist. Diese Beurteilung setzt mithin einen an der Aufzählung der Ausbildungsstätten in § 2 BAföG orientierten wertenden Vergleich des Ausbildungsgangs und der durch diesen vermittelten Berufsqualifikation voraus, wie sie von der ausländischen Ausbildungsstätte einerseits und den unter jene Vorschrift fallenden inländischen Ausbildungsstätten andererseits angeboten und vermittelt werden. Hierbei ist die Anrechenbarkeit von Ausbildungszeiten und Leistungsnachweisen ein gewichtiges Indiz für die Gleichwertigkeit. Von der Prüfung dieser Vergleichbarkeit bzw. Gleichwertigkeit hängt es ab, ob Ausbildungszeiten für die Förderung der vom Auszubildenden angestrebten Inlandsausbildung von Bedeutung sind. Ausbildungszeiten an einer nicht in diesem Sinne gleichwertigen ausländischen bleiben förderungsrechtlich außer Betracht. Dagegen sind Ausbildungszeiten an einer gleichwertigen ausländischen Ausbildungsstätte grundsätzlich förderungsrechtlich bei einer Ausbildung im Inland zu berücksichtigen, sei es, dass die im Ausland betriebene Ausbildung im Inland fortgesetzt wird, sei es, dass die Auslandsausbildung abgebrochen und im Inland eine andere Ausbildung aufgenommen wird, oder sei es, dass mit dem Wechsel von der Auslands- zu der Inlandsausbildung die Fachrichtung im Sinne des § 7 Abs. 3 Satz 3 BAföG gewechselt wird.“
Nach diesen Kriterien ist die aufgegebene Psychologie-Ausbildung am L … (Qualifikation: „Associate Degree“) kein Abbruch einer bisherigen Ausbildung oder ein Fachrichtungswechsel im Sinn des § 7 Abs. 3 Satz 2 und 3 BAföG. Nach der Tatsachen- und Erkenntnislage (siehe nachfolgend unter a) ist diese ausländische Ausbildung nicht mit einer inländischen Hochschulausbildung vergleichbar (siehe nachfolgend unter b). Die Ausbildung am L … steht auch unter dem Gesichtspunkt der etwaigen Gleichwertigkeit mit einer inländischen Schulausbildung der erneuten Förderung der Klägerin nicht entgegen (siehe nachfolgend unter c).
a) In Kanada existieren ca. 150 öffentliche und private Universitäten und University Colleges sowie etwa 230 öffentliche und private Colleges. Die Volluniversitäten haben grundständige und weiterführende Studiengänge (Bachelor bzw. Master) sowie Doktorandenprogramme. Dagegen bieten Colleges vorrangig berufsbezogene Abschlüsse an (Diploma, Certificate). Dort führen nur wenige Studiengänge bis zum Bachelor
(vgl. Deutscher Akademischer Austauschdienst, DAAD-Ländersachstand, Kanada – kurze Einführung in das Hochschulsystem und die DAAD-Aktivitäten, 2019, S. 3).
Das L … ist eines der öffentlichen Colleges in Kanada. Ihm gehören ca. 22.000 Studierende an. Es bietet Universitäts-, Berufs- und Weiterbildungsprogramme in den Kategorien „Arts“ (Künste), „Business“ (Wirtschaft), „Science & Technology“ (Gesellschaft und Technik), „Humanities & Social Science“ (Sozial- und Geisteswissenschaften) sowie „Health“ (Gesundheit) an. Im Rahmen der Kategorie „Humanities & Social Science“ gibt es den Studiengang (Programm) Psychology (Psychologie), der mit der Qualifikation („credential“) „Associate of Arts Degree“ abgeschlossen wird. Es gibt daneben in anderen Studiengängen auch Programme, die mit der Qualifikation „Bachelor“ abgeschlossen werden
(vgl. https://l … .ca/programs-and-courses/index.html; https://en.wikipedia.org/wiki/L … … College; https://workstudyvisa.com/de/l … -college-admission-requirements-in-v … -canada).
Die Erlangung eines „Associate Degree“ setzt als Zugang in der Regel den Abschluss an einer High School voraus. Das ist ein Schulbesuch von zwölf Schuljahren, wobei die letzten vier an einer High School selbst absolviert werden. Für das L … – jedenfalls gilt das für ausländische Schüler – müssen die Schüler regulär mindestens zwölf Schuljahre eine Schule besucht haben und mindestens 19 Jahre alt sein
(vgl. https://workstudyvisa.com/de/l … -college-admission-requirements-in-v … -canada).
Die meisten nordamerikanischen und kanadischen High School-Abschlüsse reichen für einen direkten Hochschulzugang in Deutschland nicht aus. Der High-School-Abschluss wird in Deutschland daher grundsätzlich als Realschulabschluss anerkannt. Für bestimmte Fächerkombinationen kann ihm auch die Wertigkeit der Fachhochschulreife zuerkannt werden. Der an einer High School erlangte Abschluss berechtigt in den USA und in Kanada ebenfalls nicht automatisch zum dortigen Studium an einer staatlichen oder privaten Universität. Dafür werden in der Regel noch Einstufungstests verlangt
(vgl. Deutscher Akademischer Austauschdienst, DAAD-Ländersachstand, Kanada – kurze Einführung in das Hochschulsystem und die DDAD-Aktivitäten, 2019, S. 3; https://de.wikipedia.org/wiki/High … School … Diploma).
Der „Associate Degree“ – auch der am L … vergebene – wird nach einer zweijährigen Ausbildung erreicht. In Deutschland wird dieser Collegeabschluss nicht als Hochschulabschluss anerkannt
(vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 4. November 2015 – 12 A 829/15 – juris Rn. 5; vgl. auch Deutscher Akademischer Austauschdienst, DAAD-Ländersachstand, Kanada – kurze Einführung in das Hochschulsystem und die DDAD-Aktivitäten, 2019, S. 3).
Wenn ein „Associate Degree“ in einer bestimmten Fachrichtung allerdings eine gewisse vorgeschriebene Fächerbreite besitzt, wie der „Associate of Arts-Degree“ kann er als Äquivalent zur deutschen allgemeinen Hochschulreife anerkannt werden
(vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Associate … Degree).
Die Ausbildung zum Psychologen erfolgt in Kanada nicht an Colleges, sondern an den Universitäten. Dort kann nach einem grundständigen Studium von mindestens vier Jahren zunächst der Abschluss „Honours Bachelor of Arts“ (Honours B.A.), darauf aufbauend nach einem weiteren Studium von mindestens zwei Jahren der „Masters degree“ (M.A.) und nach weiteren drei bis fünf Jahren des Doktoranden-Studiums der Doktorgrad „Doctor of Philosophy“ (Ph.D.) erreicht werden
(vgl. https://l … .ca/programs-and-courses/programs/psychology/career-opportunities.html).
b) Auf der Grundlage dieser Fakten und Erkenntnisse ist das Associate-Studium der Klägerin eindeutig nicht mit einem inländischen Hochschulstudium vergleichbar.
Das Associate-Studium setzt weder die allgemeine noch die fachgebundene Hochschulreife voraus, sondern verlangt nur einen zwölf Jahre dauernden Schulbesuch. Der Associate-Abschluss entspricht auch nicht einem Abschluss an einer inländischen Hochschule im Sinn des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 BAföG, sondern kann allenfalls als der deutschen allgemeinen Hochschulreife gleichwertig anerkannt werden. Der Associate-Abschluss in Kanada vermittelt dort keinen Zugang zum Beruf des Psychologen. Er kann möglicherweise im Rahmen des Zugangs zu einem Universitätsstudium des Fachgebiets Psychologie hilfreich sein. Im Inland eröffnet der Associate-Abschluss ebenso keine akademische Berufsqualifikation, insbesondere nicht auf dem Fachgebiet der Psychologie.
c) Der Klägerin kann auch nicht begründet entgegen gehalten werden, dass die abgebrochene Psychologie-Ausbildung am L … (Qualifikation „Associate Degree“) einer förderfähigen inländischen Schulausbildung, die zu einer beruflichen Qualifikation führt, gleichwertig ist und deshalb im Rahmen von § 7 Abs. 3 BAföG berücksichtigt werden müsste.
Dem steht als Haupteinwand bereits entgegen, dass für die Klägerin der etwaige Nutzen einer College-Ausbildung für eine inländische Schulausbildung ohne Belang ist. Sie hat die Schulausbildung seit längerem abgeschlossen. Die Klägerin verfügt seit Juni 2016 über die allgemeine Hochschulreife. Sie verfolgt im Inland eine Hochschulausbildung und nicht etwa eine erneute berufliche Schulausbildung; auch nicht eine solche, mit der eine berufliche Qualifikation verbunden ist.
Aber selbst dann, wenn darauf abgestellt würde, dass es allein darauf ankommt, ob für die Klägerin die ausländische Ausbildung im Inland an einer der verschiedenen in § 2 Abs. 1 BAföG aufgezählten Ausbildungsstätten – dazu zählen auch Schulen – abstrakt von Nutzen wäre, so ist die erforderliche Gleichwertigkeit der Ausbildungen aus folgenden Gründen zu verneinen:
Nach den Zugangsvoraussetzungen – 12 Jahre Schulbesuch an einer High School oder an einer ausländischen Schule, ohne zwingend die allgemeine Hochschulreife zu besitzen – könnte die Psychologie-Ausbildung am L … (Qualifikation: „Associate Degree“) wohl am ehesten mit der Ausbildung an einer Höheren Fachschule im Sinn von § 2 Nr. 5 BAföG verglichen werden. Die Höhere Fachschule oder Fachoberschule führt im Anschluss an den Realschulabschluss zu einer beruflichen Qualifikation; es kann zusätzlich die Fachhochschulreife erworben werden (vgl. § 8 Abs. 5 des Thüringer Schulgesetzes).
Allerdings sind Art und Inhalt der Psychologie-Ausbildung am L … (Qualifikation: „Associate Degree“) bei dem gebotenen wertenden Vergleich nicht mit einer Ausbildung an einer inländischen höheren Fachschule vergleichbar. Am College werden in Psychologie vor allem folgende Kurse unterrichtet (vgl. https://l … .ca/programs-and-courses/programs/psychology/program-curriculum.html):
– Einführung in die biologische, kognitive und Entwicklungspsychologie
– Einführung in die Sozial-, Persönlichkeits- und abnorme Psychologie
– Psychologie des außergewöhnlichen Kindes
– Erkenntnismethoden der Psychologie
– Entwicklungspsychologie (frühe Kindheit)
– Psychische Störungen und psychische Gesundheit
Auch die Klägerin hat ausweislich der Eintragungen ihres Studienbuchs einen Teil dieser Kurse besucht.
Allerdings existiert an deutschen höheren Fachschulen inhaltlich keine abstrakt vergleichbare Psychologie-Ausbildung. Die deutschen Fachoberschulen decken bestimmte Fachrichtungen ab, nämlich Wirtschaft und Verwaltung, Technik, Gesundheit und Soziales, Gestaltung, Ernährung und Haushaltswirtschaft sowie Agrarwirtschaft (vgl. Avenarius/Hanschmann, Schulrecht, 9. Aufl. 2019, Rn. 3.513). Die Psychologie-Ausbildung kann grob der Ausbildung an einer höheren Fachschule der Fachrichtung „Gesundheit und Soziales“ zugeordnet werden. Sie ist ihr aber nicht vergleichbar. An den höheren Fachschulen werden nach der Fächertafel vor allem Biologie, Chemie, Deutsch, Englisch, Mathematik, Sozial- und Erziehungswissenschaften sowie Wirtschaft unterrichtet (vgl. etwa den durch Runderlass des Ministeriums für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen vom 15. März 2016 -312.6.08.1-114137 festgelegten Bildungsplan für den Fachbereich Gesundheit/Soziales der höheren Fachschule). Die in Rede stehende Psychologie-Ausbildung ist demgegenüber weitaus spezieller als die vorgenannte Ausbildung an einer höheren Fachschule. Die Inhalte beider Ausbildungen liegen deutlich auseinander. Im Inland ist das Studiengebiet der Psychologie den Hochschulen überlassen. Es gibt daneben, soweit ersichtlich, nur eine 18 Monate dauernde Ausbildung zum psychologischen Berater, Personal Coach an privaten Fernschulen (z.B. I … e.V., Fernschule für Gesundheitsberufe). Das ist allerdings keine Ausbildung an einer Ausbildungsstätte im Sinn des § 2 Abs. 1 BAföG.
Damit ist festzuhalten, dass die Klägerin die während der Psychologie-Ausbildung am L … erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten sich an einer inländischen Ausbildungsstätte im Sinn des § 2 Abs. 1 BAföG nicht zunutze machen könnte.
3. Demgegenüber kommt es auf § 5a Satz 1 BAföG, über dessen Auslegung die Beteiligten uneinig sind, für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht an.
Nach der Vorschrift bleibt bei der Leistung von Ausbildungsförderung für eine Ausbildung im Inland die Zeit einer Ausbildung, die der Auszubildende im Ausland durchgeführt hat, längstens jedoch bis zu einem Jahr, unberücksichtigt. § 5a BAföG zielt darauf, den im Ausland Studierenden die Sorge zu nehmen, dass sie mit ihrem Gesamtstudium infolge der im Ausland durchgeführten Ausbildungsphase die Förderungshöchstdauer überschreiten und deshalb während des letzten Abschnitts ihres Studiums nicht mehr gefördert werden können (vgl. Pesch/Schaller, in Ramsauer/Stallbaum, BAföG, a. a. O., § 5a Rn. 2).
Zwar erfasst § 5a Satz 1 BAföG auch Zeiten fachfremder Studien und bewirkt, dass bei einem Wechsel von einem Auslandsstudium in ein Inlandsstudium nicht zu prüfen ist, ob der Auszubildende die Fachrichtung gewechselt hat oder die Abbildung abgebrochen hat (BVerwG, Urteil vom 18. Oktober 1990 – 5 C 67/86 – Buchholz 436.36 § 7 BAföG Nr. 96, juris Rn. 10). Die Vorschrift setzt aber stets voraus, dass der Auszubildende im Ausland eine Ausbildungsstätte besucht hat, die einer der in § 2 Abs. 1 und 2 oder nach § 2 Abs. 3 BAföG in den Förderungsbereich einbezogenen, im Inland gelegenen Ausbildungsstätten im Sinn von § 5 Abs. 4 BAföG „gleichwertig“ ist. Andere Auslandaufenthalte sind von vorneherein unerheblich (Pesch/Schaller, in Ramsauer/Stallbaum, a. a. O. § 5a Rn. 6).
Wie ausgeführt, hat die Klägerin in Kanada keine, mit einer im Inland vergleichbaren Ausbildung, absolviert. Die einen Auszubildenden begünstigende Regelung des § 5a Satz 1 BAföG kommt damit, ohne dass dies der Klägerin zum Nachteil gereicht, nicht zum Tragen.
Nach allem hat die Klage Erfolg.
Der Beklagte hat als unterlegener Beteiligter die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 1, § 188 Satz 2 VwGO).
Die Kammer lässt gegen das Urteil nicht gemäß § 124a Abs. 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4 VwGO die Berufung zu. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung, da die entscheidungserhebliche Frage, ob eine im Ausland verbrachte Ausbildungszeit als bisherige Ausbildung im Sinn des § 7 Abs. 3 BAföG zu bewerten ist, seit längerem in der höchstrichterlichen Rechtsprechung geklärt ist. Das Urteil weicht von dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung auch nicht ab.
Die weiteren Nebenentscheidungen folgen aus § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11, § 711 Satz 1 der Zivilprozessordnung.


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