Arbeitsrecht

Beförderungswartezeit bei Übertritt in die nächsthöhere Qualifikationsebene in einem fortbestehenden Beamtenverhältnis

Aktenzeichen  M 5 K 15.4472

Datum:
6.4.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
LlbG Art. 17
BefRPolVS Nr. 4.10.2

 

Leitsatz

Der Dienstherr handelt nicht ermessensfehlerhaft, wenn er für einen Beamten, der durch Erwerb der Vorbildung und anschließender hauptberuflicher Beschäftigungszeit im Rahmen eines fortbestehenden Beamtenverhältnisses in die nächsthöhere Qualifikationsebene übertritt, eine Beförderungswartezeit zugrunde legt, wie sie im kürzesten Fall für einen Regelbewerber zur Anwendung käme, der zum gleichen Zeitpunkt in diese (höhere) Qualifikationsebene eintritt (amtlicher Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die vom Beklagten ausgesprochene Ablehnung der vom Kläger begehrten Beförderung in ein Amt der Besoldungsgruppe A 14 unter Hinweis auf eine nicht erfüllte Bewährungszeit von 36 Monaten ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf erneute Verbescheidung seines Beförderungsbegehrens unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
1. Ein Beamter hat grundsätzlich keinen Anspruch gegen seinen Dienstherrn auf Beförderung (BayVGH, B. v. 18.7.2005 – 3 ZB 04.1095 – juris, Rn. 2). Bei Vorliegen der beamten- und laufbahnrechtlichen sowie der haushaltsrechtlichen Voraussetzungen (dem Vorliegen einer freien und besetzbaren Planstelle) besteht allerdings ein Anspruch auf fehlerfreie Ermessensbetätigung hinsichtlich des Beförderungsbegehrens. Soweit Beförderungsrichtlinien vorliegen, sind diese keine Rechtsnormen, sondern Verwaltungsvorschriften, durch die sich der Dienstherr selbst bindet, um eine gleichmäßige Ermessensausübung gegenüber den Betroffenen sicherzustellen. Sie entfalten nur mittelbare Außenwirkung als „antizipierte Verwaltungspraxis“ und wirken insoweit ermessensbindend. Beförderungsrichtlinien sind als Willenserklärung unter Berücksichtigung ihrer dem Willen des Richtliniengebers entsprechenden tatsächlichen Handhabung auszulegen (BayVGH, U. v. 24.4.2015 – 3 BV 13.2043 – juris, Rn. 30).
a) Dem Beförderungsbegehren des Klägers stehen allerdings keine Beförderungsverbote nach Art. 17 des Gesetzes über die Leistungslaufbahn und die Fachlaufbahnen der bayerischen Beamten und Beamtinnen (Leistungslaufbahngesetz/LlbG) entgegen. Nach Art. 17 Abs. 1 Satz 3 darf eine Beförderung nicht erfolgen
1. während der Probezeit,
2. vor Ablauf eines Jahres nach der letzten Beförderung,
3. vor Ablauf einer Dienstzeit von drei Jahren, bei einem Einstieg in der ersten oder zweiten Qualifikationsebene bis zu einem Amt der Besoldungsgruppe A 9 mit Amtszulage von zwei Jahren nach der letzten Beförderung oder nach Dienstzeitbeginn bei Einstellung in einem Beförderungsamt, es sei denn, dass das bisherige Amt nicht durchlaufen zu werden brauchte; dies gilt nicht, wenn ein einer höheren Besoldungsgruppe angehörendes Eingangsamt oberhalb derselben Qualifikationsebene oder ein Eingangsamt der nächsthöheren Qualifikationsebene nach Erwerb der Qualifikation gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1, 2 oder Nr. 5 übertragen wird.
Dabei ist die Sonderkonstellation des Klägers in den Blick zu nehmen, der in einem bestehenden Beamtenverhältnis der dritten Qualifikationsebene durch Erwerb der Vorbildung für die vierte Qualifikationsebene in Verbindung mit einer anschließenden hauptberuflichen Tätigkeit nachträglich als Regelbewerber die Qualifikation für die vierte Qualifikationsebene der Fachlaufbahn Polizei und Verfassungsschutz erworben hat. In dieser Konstellation greift ersichtlich weder das Beförderungsverbot nach Art. 17 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 LlbG, noch nach Nr. 2 der genannten Vorschrift. Denn der Kläger befindet sich weder in der Probezeit, noch im Zeitraum eines Jahres nach der letzten Beförderung.
Aber auch Art. 17 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 LlbG bildet in der gegebenen Konstellation kein Beförderungshindernis. Dies schon allein deshalb, weil auch hier Bezugspunkt der drei- bzw. zweijährigen Wartezeit die letzte Beförderung oder der Dienstzeitbeginn (bei Einstellung in ein Beförderungsamt) ist. Beide Ereignisse liegen im Fall des Klägers länger als die genannte Wartezeit zurück. Weitergehende Beförderungswartezeiten sind Art. 17 LlbG nicht zu entnehmen. Insbesondere verlangt Art. 17 Abs. 6 Satz 2 LlbG nur für den Fall des Erwerbs der Qualifikation im Wege der modularen Qualifizierung eine zehnjährige Wartezeit.
b) Auch die Beförderungsrichtlinien, insbesondere Ziffer 4.10.2 der Beförderungsrichtlinien für die Beamten und Beamtinnen der bayerischen Polizei und des Landesamts für Verfassungsschutz/BefRPolVS, regeln nicht die beim Kläger vorliegende Konstellation. Neben Ziffer 4.10.1 (die die Wartezeit bei einem Qualifikationserwerb im Wege der Ausbildungsqualifizierung regelt) und Ziffer 4.10.3 (die die Wartezeit bei einem Qualifikationserwerb im Wege der modularen Qualifizierung regelt), betrifft die genannte Vorschrift Beamte, die in die vierte Qualifikationsebene „eingestiegen“ sind. Einstieg in diesem Sinne (vgl. auch Art. 7 Abs. 1 LlbG) ist der Eintritt in eine Qualifikationsebene durch Nachweis der entsprechenden Vorbildung verbunden mit der Begründung eines dementsprechenden Beamtenverhältnisses. Der Kläger ist jedoch nicht in ein neues Beamtenverhältnis eingestiegen, sondern es wurde durch Erklärung des Dienstherrn im Rahmen eines fortbestehenden Beamtenverhältnisses zum 1. Oktober 2014 festgestellt, dass er die Qualifikation für Ämter der vierten Qualifikationsebene erworben habe. Dementsprechend fehlt es auch im Fall des Klägers an dem in der genannten Regelung vorgesehenen Anknüpfungspunkt des allgemeinen Dienstzeitbeginns, d. h. der Begründung eines Beamtenverhältnisses auf Lebenszeit (vgl. Art. 15 Abs. 1 Satz 1 LlbG i. V. m. Ziffer 3.1.1 BefRPolVS), für die Berechnung der jeweils einschlägigen Bewährungszeit.
Auch der Beklagte, auf dessen Verständnis es, wie oben ausgeführt, maßgeblich ankommt, versteht die Regelung der Ziffer 4.10.2 BefRPolVS im vorstehend dargestellten Sinne (vgl. hierzu auch S. 3 der Niederschrift vom 6.4.2016).
c) Der Beklagte handelt schließlich nicht ermessensfehlerhaft, wenn er in der beim Kläger gegebenen Konstellation im Gleichklang zu einem Beamten, der als Regelbewerber in die vierte Qualifikationsebene einsteigt, seine Wartezeit so bemisst, wie es kürzestenfalls für einen derartigen Regelbewerber in Betracht käme.
Zwar ist dem Kläger zuzugeben, dass in seinem Fall eine Beurteilung seiner Bewährung bereits im Rahmen der hauptberuflichen Tätigkeit auf dem ihm seit dem 1. Oktober 2011 zugewiesenen Dienstposten der Wertigkeit A 13/A 14 rein faktisch möglich gewesen ist. Allerdings dient diese hauptberufliche Tätigkeit dem Erwerb der Qualifikation für die vierte Qualifikationsebene (Art. 39 Abs. 2 und 3 LlbG) und kann nach dem in Art. 15 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 Nr. 1 LlbG zum Ausdruck kommenden Rechtsgedanken, wonach nur Zeiten nach Erwerb der Qualifikation berücksichtigungsfähig sind, nicht für die Bewährung in der höheren Qualifikationsebene herangezogen werden. Hinzu kommt, dass es nicht sachwidrig ist, wenn der Beklagte die Beförderungswartezeit für die Konstellation eines Beamten, der wie der Kläger im Rahmen eines fortbestehenden Beamtenverhältnisses als Regelbewerber gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LlbG in die nächsthöhere Qualifikationsebene übertritt, an der Wartezeit ausrichtet, wie sie kürzestenfalls beim Einstieg eines vergleichbaren Regelbewerbers in Betracht kommt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein Beamter im Rahmen seines bestehenden Beamtenverhältnisses keinen Anspruch gegen seinen Dienstherrn hat, bei Nachweis einer weiter qualifizierenden Vorbildung in eine höhere Qualifikationsebene übernommen zu werden. Der Dienstherr könnte vielmehr die Vergabe eines Amtes der höheren Qualifikationsebene einem Besetzungsverfahren vorbehalten und den Beamten der Konkurrenz anderer Einstiegsbewerber unterwerfen. Unter Berücksichtigung dessen erscheint es zumindest vertretbar, auch im Interesse der Chancengleichheit gegenüber Beamten, die zum gleichen Zeitpunkt wie der Kläger in die vierte Qualifikationsebene eingestiegen sind, eine (fiktiv auf die gesetzlich kürzestmögliche reduzierte) Mindestprobezeit von 12 Monaten und eine Mindestbewährungszeit von 24 Monaten im Amt der vierten Qualifikationsebene (entsprechend Ziffer 4.10.2 BefRPolVS), hier also beginnend ab dem 1. Oktober 2014, zu verlangen.
Nach den Erklärungen des Beklagten entspricht es der von ihm geübten Praxis, in den (seltenen) Fällen der genannten Art, eine derartige Mindestbewährungszeit zugrunde zu legen. Dies hat der Kläger auch nicht in Zweifel gezogen. Diese Praxis widerspricht nicht dem Gesetz. Sie ist auf sachliche Erwägungen gestützt und daher vom Gericht nicht zu beanstanden (§ 114 Satz 1 VwGO).
d) Schließlich steht eine – leistungsbezogene – Wartezeit von drei Jahren, die noch innerhalb des Beurteilungszeitraums für eine periodische Beurteilung liegt bzw. dieser entspricht, auch verfassungsrechtlich mit Art. 33 Abs. 2 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland/GG (noch) im Einklang, wenn sie der sachgerechten Anwendung des Leistungsgrundsatzes zu dienen bestimmt ist (vgl. hierzu BayVGH, B. v. 25.10.2013 – 3 CE 13.1839 – juris, Rn. 37).
2. Der Kläger hat als unterlegener Beteiligter nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung/ZPO.


Ähnliche Artikel

Mobbing: Rechte und Ansprüche von Opfern

Ob in der Arbeitswelt, auf Schulhöfen oder im Internet – Mobbing tritt an vielen Stellen auf. Die körperlichen und psychischen Folgen müssen Mobbing-Opfer jedoch nicht einfach so hinnehmen. Wir klären Rechte und Ansprüche.
Mehr lesen

Das Arbeitszeugnis

Arbeitszeugnisse dienen dem beruflichen Fortkommen des Arbeitnehmers und helfen oft den Bewerbern in die engere Auswahl des Bewerberkreises zu gelangen.
Mehr lesen


Nach oben