Arbeitsrecht

Befristung gem. WissZeitVG – Zugehörigkeit eines Lehrkoordinators an einer medizinischen Fakultät zum wissenschaftlichen Personal

Aktenzeichen  2 Sa 293/15

Datum:
29.3.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
LSK – 2017, 118548
Gerichtsart:
LArbG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Arbeitsgerichtsbarkeit
Normen:
WissZeitVG § 1, § 2
GG Art. 5 Abs. 3
BayHSchPG  Art. 5 Abs. 1 S. 2, Art. 21 Abs. 1, Art. 22 Abs. 1, Abs. 2

 

Leitsatz

1. Zur Frage, ob ein „als Lehrkoordinator“ an einer medizinischen Fakultät für die Bereiche Chirurgie und Innere Medizin beschäftigter Theologe zum wissenschaftlichen Personal im Sinne von § 1 WissZeitVG i.d.F. vom 18.4.2007 gehört. (Rn. 66 – 121)
2. Die im Fall im ersten Arbeitsverhältnis (Innere Medizin) vertraglich übertragenen Aufgaben der Organisation und Koordination von Lehrveranstaltungen sowie der Evaluation und Weiterentwicklung der theoretischen und praktischen Inhalte der Lehrveranstaltungen (ohne wissenschaftlichen Schwerpunkt etwa in der Medizindidaktik) stellt keine wissenschaftliche Dienstleistung iSv § 1 Abs. 1 S. 1 WissZeitVG dar. (Rn. 80 – 86) (red. LS Ulf Kortstock)
3. Im zweiten Arbeitsverhältnis (Chirurgie) ist die Tätigkeit als Lehrkoordinator hingegen im Wesentlichen eine wissenschaftliche Dienstleistung; dies betrifft die vertraglich vereinbarte Analyse, Evaluation und Verbesserung von Lehrveranstaltungen, die Entwicklung und Umsetzung innovativer Lehrangebote sowie die Curriculumsentwicklung und besonders die Schulung von Dozenten. (Rn. 104 – 116) (red. LS Ulf Kortstock)
4. Darauf, ob der Arbeitnehmer, dem vertraglich eine wissenschaftliche Dienstleistung übertragen wurde, tatsächlich wissenschaftlich tätig wird, kommt es schon deshalb nicht an, weil der Arbeitnehmer sonst selbst die Befristung des Arbeitsverhältnisses beseitigen könnte. (Rn. 121) (red. LS Ulf Kortstock)

Verfahrensgang

1 Ca 1775/14 2015-06-03 Endurteil ARBGWUERZBURG ArbG Würzburg

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des Arbeitsgerichts Würzburg vom 03.06.2015, Az. 1 Ca 1775/14, teilweise abgeändert und insgesamt zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:
1. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien mit Arbeitsvertrag vom 09.12.2010 begründete Arbeitsverhältnis nicht aufgrund Befristung vom 16.11.2012 am 15.01.2015 geendet hat.
2. Der Beklagte wird verurteilt, den Kläger bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Bestand des Arbeitsverhältnisses zu den Arbeitsbedingungen des Arbeitsvertrags vom 16.11.2012 als Lehrkoordinator am Dekanat der Medizinischen Fakultät des Universitätsklinikums Würzburg weiter zu beschäftigen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

A.
Die Berufung der Klagepartei ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG iVm § 520 ZPO).
B.
Die Berufung ist teilweise begründet. Das Arbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht erkannt, dass die Befristung vom 28.05.2013 wirksam ist und das mit Arbeitsvertrag vom 30.09.2011 begründete Arbeitsverhältnis, das der Beschäftigung des Klägers als Lehrkoordinator der Fakultät Innere Medizin zu Grunde lag, mit dem 15.10.2015 beendet hat. Insoweit lagen die Voraussetzungen für eine wirksame Befristung nach dem WissZeitVG in der vom 18.04.2007 – 16.03.2016 geltenden Fassung vor. Insoweit war die Berufung daher zurückzuweisen. Die Befristung vom 16.11.2012 hingegen ist unwirksam und hat das mit Arbeitsvertrag vom 09.12.2010 begründete Arbeitsverhältnis, auf Grund dessen der Kläger ab 16.10.2011 nur mehr als Lehrkoordinator an der chirurgischen Fakultät beschäftigt wurde, nicht beendet. Insoweit lagen die Voraussetzungen des WissZeitVG nicht vor.
I.
Die in den Arbeitsverträgen vom 16.12.2013 (Chirurgie) und vom 28.05.2013 (Innere Medizin) vereinbarten Befristungen zum 15.01.2015 (Chirurgie) bzw. 15.10.2015 (Innere Medizin) gelten nicht nach § 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 7 Halbs. 1 KSchG als wirksam. Der Kläger hat die Rechtsunwirksamkeit der Befristungen mit der am 03.12.2014 beim Arbeitsgericht eingegangenen und dem beklagten Land am 08.12.2014 zugestellten Befristungskontrollklage rechtzeitig nach § 17 Satz 1 TzBfG geltend gemacht. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wahrt auch die Erhebung einer Klage vor dem Ablauf der vereinbarten Vertragslaufzeit die Klagefrist des § 17 Satz 1 TzBfG (BAG 28.09.2016 – 7 AZR 549/14, Rn 9 mwN).
II.
Das Arbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der betriebliche Geltungsbereich für die Anwendung des WissZeitVG eröffnet ist, die Befristungen dem Zitiergebot des § 2 Abs. 4 Satz 1 WissZeitVG genügen und dass die nach § 2 Abs. 1 Satz 1 und Satz 4 WissZeitVG zulässige Befristungshöchstdauer gewahrt ist.
1. Der betriebliche Geltungsbereich von § 2 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG ist eröffnet. Es handelt sich um den Abschluss eines Arbeitsvertrags für eine bestimmte Zeit an einer Einrichtung des Bildungswesens, die nach Landesrecht eine staatliche Hochschule ist. Gemäß Art. 1 Abs. 2 Nr. 1 BayHG vom 23.05.2006 ist die Ju…-Universität W… eine Hochschule des Freistaates Bayern. Voraussetzung der Anwendbarkeit von § 2 WissZeitVG auf befristete Arbeitsverträge ist nicht, dass die staatliche Hochschule Vertragsarbeitgeber ist. Das beklagte Land kann als Träger der Hochschule zur Befristung von Arbeitsverträgen mit wissenschaftlichem Personal von den Möglichkeiten des WissZeitVG Gebrauch machen (BAG 28.09.2016 – 7 AZR 549/14, Rn 13 mwN).
2. Die vereinbarten Befristungen genügen dem Zitiergebot des § 2 Abs. 4 Satz 1 WissZeitVG. Danach ist im Arbeitsvertrag anzugeben, ob die Befristung auf den Vorschriften des WissZeitVG beruht. Diese Voraussetzung ist hier erfüllt. Die schriftlichen Arbeitsverträge vom 16.12.2012 (Chirurgie) und vom 28.05.2013 (Innere Medizin) nehmen jeweils in § 1 auf § 2 WissZeitVG Bezug. Die Angabe der einzelnen Befristungsnormen ist nicht erforderlich (BAG 29.04.2015 – 7 AZR 519/14, Rn 11 mwN).
3. Die Befristungen überschreiten nicht die Befristungshöchstdauer nach § 2 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG. Diese beträgt für nicht promoviertes wissenschaftliches Personal wie den Kläger sechs Jahre. § 2 Abs. 1 Satz 4 WissZeitVG lässt innerhalb der zulässigen Befristungsdauer Verlängerungen eines befristeten Arbeitsvertrags zu. Diese Höchstfrist ist hier eingehalten. Unter Berücksichtigung der Laufzeiten der Arbeitsverträge Chirurgie vom 16.01.2010 bis 15.01.2015 und der Arbeitsverträge Innere Medizin vom 16.10.2010 bis 15.10.2015 ergibt sich jeweils lediglich eine Gesamtbefristungsdauer von fünf Jahren. Auch wenn man auf die Laufzeit der Verträge insgesamt abstellt, beträgt die Gesamtbefristungsdauer fünf Jahre und 9 Monate und liegt damit unter der zulässigen Höchstfrist.
III.
Der persönliche Geltungsbereich des WissZeitVG ist für den Kläger nur hinsichtlich des auf die Innere Medizin bezogenen Arbeitsvertrags vom 28.05.2013 eröffnet. Nur bezogen auf diesen Arbeitsvertrag gehört der Kläger zum wissenschaftlichen Personal iSv § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG, nicht jedoch bezogen auf den Arbeitsvertrag vom 16.12.2012 (Chirurgie).
1. Der Begriff des „wissenschaftlichen und künstlerischen Personals“ iSv. § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG bestimmt sich inhaltlich-aufgabenbezogen. Anknüpfungspunkt ist die Art der zu erbringenden Dienstleistung. Zum „wissenschaftlichen Personal“ nach § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG gehört derjenige Arbeitnehmer, der wissenschaftliche Dienstleistungen erbringt. Es kommt nicht auf dessen formelle Bezeichnung an, sondern auf den wissenschaftlichen Zuschnitt der von ihm auszuführenden Tätigkeit. Das Adjektiv „wissenschaftlich“ bedeutet, „die Wissenschaft betreffend“. Wissenschaftliche Tätigkeit ist alles, was nach Inhalt und Form als ernsthafter, planmäßiger Versuch zur Ermittlung der Wahrheit anzusehen ist. Sie ist nach Aufgabenstellung und anzuwendender Arbeitsmethode darauf angelegt, neue Erkenntnisse zu gewinnen und zu verarbeiten, um den Erkenntnisstand der jeweiligen wissenschaftlichen Disziplin zu sichern oder zu erweitern (BAG 28.09.2016 – 7 AZR 549/14, Rn 18 mwN).
Zur wissenschaftlichen Dienstleistung kann auch die Vermittlung von Fachwissen und praktischen Fertigkeiten an Studierende und deren Unterweisung in der Anwendung wissenschaftlicher Methoden gehören. Die wissenschaftliche Lehrtätigkeit ist dabei von einer unterrichtenden Lehrtätigkeit ohne Wissenschaftsbezug abzugrenzen. Bei Mischtätigkeiten ist es erforderlich, dass die wissenschaftlichen Dienstleistungen zeitlich überwiegen oder zumindest das Arbeitsverhältnis prägen. Überwiegend mit der bloßen Vermittlung von Sprachkenntnissen betraute Fremdsprachenlektoren gehören deshalb in der Regel nicht zum wissenschaftlichen Personal nach § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG. Die Wissenschaftlichkeit der Lehre setzt voraus, dass dem Lehrenden die Möglichkeit zur eigenständigen Forschung und Reflexion verbleibt. Das bedeutet nicht, dass wissenschaftliche Lehre iSv. § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG das Hervorbringen eigener Forschungsergebnisse und deren Vermittlung an die Studierenden verlangt. Für eine wissenschaftliche Lehre ist es nicht erforderlich, dass sich der Lehrende um eigene, neue wissenschaftliche Erkenntnisse bemüht. Es kann vielmehr ausreichen, dass wissenschaftliche Erkenntnisse Dritter vermittelt werden. Unter Berücksichtigung des Zwecks der durch § 2 Abs. 1 WissZeitVG eröffneten besonderen Befristungsmöglichkeiten im Hochschulbereich ist jedoch nicht jede Vermittlung wissenschaftlicher Erkenntnisse als wissenschaftliche Dienstleistung anzusehen. Die Befristungsmöglichkeit in § 2 Abs. 1 WissZeitVG dient der Wahrung der durch Art. 5 Abs. 3 GG garantierten Wissenschaftsfreiheit im Interesse der Nachwuchs- und Qualifikationsförderung und der Sicherung der Innovation in Forschung und Lehre (BT-Drs. 15/4132 S. 17). Dem Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 GG unterfällt auch eine Lehre, die nicht auf eigenen, neuen Forschungserkenntnissen basiert, sondern allein die ständige Reflexion fremder wissenschaftlicher Ergebnisse verlangt. Entscheidend ist, dass der Lehrende Forschungs- und Erkenntnisentwicklungen auf seinem jeweiligen Wissenschaftsgebiet permanent verfolgen, reflektieren und kritisch hinterfragen muss, um diese für seine Lehre didaktisch und methodisch zu verarbeiten. Würde man wissenschaftliche Lehre nur dann annehmen, wenn sie sich als Resultat eigener Forschung darstellt, wäre auch ein Großteil der Lehre an Universitäten nicht als wissenschaftlich zu qualifizieren, was dem Grundrechtsschutz für die Freiheit der Lehre nicht gerecht würde (BAG 28.09.2016 – 7 AZR 549/14, Rn 19 mwN). Unter Berücksichtigung dessen ist eine Lehrtätigkeit, die sich nach dem vereinbarten Vertragsinhalt auf eine rein repetierende Wiedergabe vorgegebener Inhalte beschränkt, nicht als wissenschaftliche Lehre anzusehen, während eine Lehrtätigkeit auch dann eine wissenschaftliche Dienstleistung ist, wenn zwar keine eigenen Forschungsergebnisse gelehrt, sondern Erkenntnisse Dritter vermittelt werden, von dem Lehrenden aber nach dem Vertragsinhalt erwartet wird, dass er diese Erkenntnisse kritisch hinterfragt, sich damit auseinandersetzt und dass er diese eigenen Reflexionen in seine Lehrtätigkeit einbringt. Dies kann von dem Lehrenden allerdings nur erwartet werden, wenn ihm während seiner Arbeitszeit die Gelegenheit und insbesondere die erforderliche Zeit zu eigener Reflexion verbleibt. Die Möglichkeit der Nutzung wissenschaftlicher Einrichtungen außerhalb der Dienstzeit genügt nicht (BAG 28.09.2016 -7 AZR 549/14, Rn 20 mwN).
Für die Beurteilung, ob die Tätigkeit eines Mitarbeiters insgesamt wissenschaftliches Gepräge hat, kommt es auf die Umstände bei Vertragsschluss an. Maßgeblich ist, was von dem Arbeitnehmer aufgrund des Arbeitsvertrags, einer Dienstaufgabenbeschreibung oder sonstiger Umstände nach objektiven Gesichtspunkten bei Vertragsschluss erwartet wird. Die Parteien haben es nicht selbst in der Hand, durch eine Modifizierung der vertraglichen Aufgaben die Wissenschaftlichkeit nachträglich herbeizuführen oder zu beseitigen. Andernfalls könnte der Arbeitnehmer beispielsweise selbst der Befristung die Grundlage entziehen, indem er entgegen der vertraglichen Vereinbarungen keine wissenschaftlichen Dienstleistungen erbringt. Ebenso wenig kann der Arbeitgeber durch die Zuweisung wissenschaftlicher Tätigkeiten nach Vertragsschluss den personellen Anwendungsbereich des WissZeitVG nachträglich herbeiführen (BAG 28.09.2016 – 7 AZR 549/14, Rn 21 mwN).
2. Die Verträge Chirurgie und Innere Medizin sind jeweils getrennt zu betrachten. Die entsprechenden Lehrkoordinatorenstellen sind zu unterschiedlichen Zeitpunkten mit unterschiedlichen Inhalten ausgeschrieben worden. Die Verträge sind auch jeweils getrennt voneinander verlängert worden. Unschädlich ist, dass in der Zeit vom 16.10.2010 bis 15.01.2011 die ursprünglich zwei Verträge in einem Vertrag zusammengefasst wurden. Denn zum einen erfolgte ab 16.10.2011 wieder die Trennung in zwei Verträge, die dann mit Vertrag vom 16.11.2012 (Chirurgie) und Vertrag vom 28.05.2013 (Innere Medizin) auch jeweils für sich verlängert wurden. Zum anderen wurden die Arbeitszeiten in den Verträgen vom 12.10.2010 und vom 09.12.2010 von vornherein nach einem bestimmten Zeitraum halbiert, um die Befristung der jeweiligen Beschäftigung in den einzelnen Fachbereichen zu gewährleisten. Außerdem ist entscheidend für die Wirksamkeit der Befristungen der jeweilige Abschluss des jeweils letzten befristeten Vertrages. Zu diesen Zeitpunkten waren die Verträge Chirurgie und Innere Medizin getrennt und sollten auch zu unterschiedlichen Zeitpunkten enden. Auch in der auf der Homepage veröffentlichten Tätigkeitsbeschreibung für die Lehrkoordination an der medizinischen Fakultät (Blatt 16 der Akte) findet sich der Hinweis, dass „der Tätigkeitsbereich ja nach medizinischem Fachbereich unterschiedlich“ ist und „u.a. folgende Bereiche“ umfasst. Damit korrespondiert auch die Aussage von Prof. De…, wonach die Aufgabenstellung bei den einzelnen Lehrkoordinatoren in den unterschiedlichen Fächern je nach dem, was die einzelnen Bereiche jeweils den Lehrkoordinatoren zuwiesen, unterschiedlich und in den einzelnen Fachbereichen insbesondere von den Lehrbeauftragten entschieden worden sei (Blatt 759 d.A.). Zwar hat Prof. De… übergeordnete Themen genannt, für die er als Studiendekan verantwortlich gewesen sei, z.B. Curriculumsentwicklung oder Vermittlung von Medizindidaktik-Angeboten für die Lehrenden. Ob und welche solcher Aufgaben er gerade dem Kläger zugewiesen hatte, ergibt sich hieraus jedoch nicht.
3. Ob der Kläger zum wissenschaftlichen Personal gehörte, ist für den Fachbereich Chirurgie nach den Umständen im Zeitpunkt des letzten Vertragsabschlusses am 16.11.2012 und für den Bereich Innere Medizin am 28.05.2013 zu beurteilen. Dabei ist zwischen den Parteien unstreitig, dass der Kläger jedenfalls nicht ausschließlich wissenschaftlich tätig sein sollte. Der Beklagte geht von einer Mischtätigkeit aus, die wissenschaftlich zwar nicht im medizinischen, aber im medizindidaktischen Bereich geprägt sei. Der Kläger geht von einer nicht-wissenschaftlichen Prägung aus.
a. Die arbeitsvertraglichen Vereinbarungen sind wenig aussagekräftig. Dort sind die Dienstaufgaben in den jeweiligen § 2 der Arbeitsverträge durch Verweisung auf die Art. 22 Abs. 1, 21 Abs. 1 und 5 Abs. 1 Satz 2 BayHSchPG definiert. Danach werden die wissenschaftlichen Mitarbeiter nach Anordnung und fachlicher Betreuung durch die Leitung der Organisationseinheit oder der Hochschullehrer oder Hochschullehrerinnen, denen sie zugeordnet sind, tätig. Darüber hinaus hatte der Kläger auf Verlangen der Vorgesetzten in Forschung und Lehre mitzuwirken (§ 2 Satz 2 der Arbeitsverträge).
Unstreitig konnte sich eine wissenschaftliche Tätigkeit des Klägers im Bereich der Forschung nur auf das Gebiet der Medizindidaktik beziehen, da der Kläger keine medizinische Ausbildung besitzt. Die Medizindidaktik ist ein noch sehr junger Wissenschaftsbereich, für den an der Universität W… zum Zeitpunkt der Abschlüsse der Arbeitsverträge – auch der beiden letzten vom 16.11.2012 und 28.05.2013 – ein Forschungsbereich noch nicht gebildet war. Der Lehrstuhl für Medizindidaktik wurde erst später eingerichtet. Nach Aussage von Prof. De… (Blatt 759 d.A.) hatten weder er, noch die lehrverantwortlichen Professoren D… (Chirurgie) und S… (Innere Medizin) eine medizindidaktische Ausbildung oder Fortbildung. Der Beklagte konnte somit von vorneherein eine fachliche Betreuung des Klägers durch einen Hochschullehrer oder den Studiendekan als Leiter der Organisationseinheit nicht gewährleisten, um wissenschaftlich auf dem Gebiet der Medizindidaktik tätig zu werden.
Dass der Kläger arbeitsvertraglich verpflichtet war, auf Verlangen an Forschung und Lehre mitzuwirken, bringt keinen Erkenntnisgewinn. Denn es ist gerade der Umfang und die Intensität der Mitwirkung an Forschung und Lehre, die die Tätigkeit des Klägers als Teil des wissenschaftlichen Personals im Sinne des WissZeitVG als wissenschaftlich erscheinen ließe. Konkrete Verlangen der Vorgesetzten bezogen auf einzelne Projekte sind auch nicht vorgetragen worden, sondern nur Tätigkeiten, die der Kläger gemacht hat, und Erwartungen.
b. Für die Zeitpunkte 16.11.2012 und 28.05.2013 sind inhaltlich keine neuen Arbeitsverträge geschlossen oder Aufgabenbeschreibungen erstellt worden. Auch sonstige zu diesen Zeitpunkten neue Umstände, die die Erwartungen an den Kläger ggf. neu definiert hätten, sind nicht erkennbar. Zwar hat der Zeuge Prof. De… erklärt, dass er am 5.2.2013 mit dem Kläger ein Kritikgespräch geführt habe. Dass hierin aber etwa die Erwartungen bezogen auf geforderte wissenschaftliche Tätigkeiten Thema gewesen wären, ist nicht ersichtlich. Anlass für das Gespräch wie auch vom Beklagten behaupteter weiterer Gespräche seien vielmehr vermehrte Beschwerden insbesondere im Jahr 2013 gewesen in der Hoffnung auf Besserung. Hieraus lässt sich bezogen auf die dem Kläger obliegenden Aufgaben nichts Konkretes ableiten. Auch haben weder der Kläger noch der Beklagte behauptet, dass sich an der Aufgabenstellung anlässlich der letzten Vertragsschlüsse etwas geändert hätte.
4. Ob die Tätigkeit des Klägers zum Zeitpunkt der letzten Vertragsschlüsse wissenschaftlich im Sinne des WissZeitVG geprägt war, kann daher entscheidend nur aus der Vorgeschichte abgeleitet werden, insbesondere den Umständen bei den Einstellungen des Klägers für die jeweiligen Fachbereiche Chirurgie und Innere Medizin.
a. Im Bereich Chirurgie war die Aufgabenstellung des Klägers nicht wissenschaftlich im Sinne des WissZeitVG geprägt. Der Beklagte hat einen entsprechenden Nachweis nicht zur Überzeugung des Gerichts führen können.
(1) Aus dem am 15.12.2009 geschlossenen ersten Arbeitsvertrag kann nicht abgeleitet werden, dass der Kläger wissenschaftlich im Sinne des WissZeitVG tätig werden sollte. Der Begriff des wissenschaftlichen Personals im Sinne des WissZeitVG ist bundesrechtlich eigenständig geregelt. Die Einstellung als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Sinne von Art. 22 Abs. 1 und 2 BayHSchPG ist daher unerheblich. Die Bedeutung der landesrechtlichen Vorschriften ist darauf beschränkt, den Rahmen zu bestimmen, in dem das Land einem Angestellten bestimmte Tätigkeiten übertragen darf (BAG 20.01.2016 – 7 AZR 376/14, Rn 28 mwN). Der Arbeitsvertrag selbst enthält keine konkrete Aufgaben- oder Tätigkeitsbeschreibung. Dies gilt im Übrigen auch für die folgenden Arbeitsverträge. Allein die Eingruppierung in die Entgeltgruppe E 13 besagt nicht, dass der Kläger wissenschaftlich tätig werden sollte.
(2) Für den Bereich Chirurgie wurde vom Beklagten keine Dienstaufgabenbeschreibung gefertigt, die die vertraglichen Pflichten insbesondere bezogen auf Arbeitsvorgänge und deren Zeitanteile näher hätte konkretisieren können. Dies hat auch Prof. De… in seiner Zeugenaussage bestätigt (Blatt 760 d.A.). Welche Zeitanteile für welche Tätigkeiten bei Vertragsschluss vom Kläger erwartet wurden, ist völlig unklar. Dies obwohl die Tätigkeit des Klägers als Lehrkoordinator auch nach Auffassung des Beklagten gerade keine rein wissenschaftliche Tätigkeit sein sollte, sondern in erheblichem Umfang auch andere Aufgaben umfassen, also eine sog. Mischtätigkeit sein sollte.
(3) Die Stellenausschreibung für das Fach Chirurgie vom September 2009 deutet ebenfalls nicht auf eine wissenschaftlich geprägte Aufgabenstellung hin.
Dort sind an erster Stelle die Organisation und Koordination sämtlicher Lehrveranstaltungen der drei chirurgischen Lehrstühle genannt. Dies sind keine Aufgabenstellungen, die auf die Gewinnung neuer Erkenntnisse angelegt ist, um den Erkenntnisstand irgendeiner wissenschaftlichen Disziplin zu sichern oder zu erweitern. Angesichts der Nennung an erster Stelle wird man dieser Aufgabe auch eine nicht untergeordnete Bedeutung bemessen können.
Desweiteren ist in der Stellenausschreibung als Tätigkeit die „Evaluation und Weiterentwicklung der theoretischen und praktischen Inhalte“ angesprochen. Damit wird das Erfassen der bisherigen theoretisch (etwa in Vorlesungen und Lehrbüchern) und praktisch (etwa Übungen am Patienten oder an Leichen) vermittelten Inhalte gemeint sein, die dann auf dieser Basis zur Verbesserung der Lehre weiterentwickelt werden sollen. Hieraus wird deutlich, dass der Lehrkoordinator nicht auf medizinischem Gebiet forschen, sondern an der Verbesserung der Wissensvermittlung mitarbeiten soll. Hierin liegt ein klarer Hinweis zur Medizindidaktik. Dass hier allerdings das prägende Element der Stelle als wissenschaftliche Tätigkeit begründet liegen sollte, ist nicht eindeutig. Außerdem wird hieraus nicht deutlich, dass der Bewerber insoweit wissenschaftlich tätig sein sollte, um neue Erkenntnisse zu gewinnen und zu verarbeiten, um den Erkenntnisstand der jeweiligen wissenschaftlichen Disziplin zu sichern oder zu erweitern. Auch die Bezeichnung der Stelle als Lehrkoordinator hebt die Koordination (= Verwaltungstätigkeit) hervor und eben nicht wissenschaftliches Tätigwerden.
(4) Die Beweisaufnahme hat nach Überzeugung des Gerichts letztlich nicht ergeben, dass die Tätigkeit des Klägers als Lehrkoordinator im Bereich Chirurgie wissenschaftlich geprägt sein sollte.
Vorauszuschicken ist, dass das Gericht die Aussagen der beiden Zeugen Prof. De… und Prof. D… als glaubwürdig einstuft. Sie stimmen in den wesentlichen Aussagen überein – auch wenn es überrascht, dass sich Prof. D… an die Teilnahme am Einstellungsgespräch nicht mehr erinnern konnte. Auch die Parteien haben an der Glaubwürdigkeit der Zeugen keinerlei Zweifel geäußert.
Die Zeugenaussagen haben übereinstimmend ergeben, dass der Kontakt zwischen dem Kläger und Prof. De… über Prof. D… zustande kam. Nach Aussage von Prof. D… hatte er den Kläger wegen seiner Erfahrungen im Bereich der Medizinethik und Medizindidaktik empfohlen. Er habe gewusst, dass der Kläger Mitglied der Gesellschaft für medizinische Ausbildung (GMA) sei. Kennengelernt habe er den Kläger im Rahmen einer Veranstaltung zum Thema Vermittlung von schwierigen Nachrichten an Patienten, sog. „breaking bad news“, die er in E… und W… durchgeführt habe. Empfohlen habe er den Kläger, weil man die Kooperation mit nicht-medizinischen Fakultäten brauche. Er, Prof. D…, habe es als Glücksfall angesehen, einen Theologen zu finden, der in der medizinisch-curricularen Entwicklung habe mitarbeiten können. Das Instrument der Evaluation der Studierenden, also ein Feedback für die Dozenten, sei bereits vor der Einstellung des Klägers entstanden gewesen. An neuen Konzepten und Strukturen hätten der Kläger und Prof. D… dann intensiv gearbeitet. Vor Vertragsschluss hätten beide eine gemeinsame Vision ausgearbeitet, in welche Richtung sie wollten. Der Kläger habe vor Vertragsschluss wissen können, dass sie beide die Lehre in der Chirurgie neu hätten konzeptionieren müssen. Der Kläger habe sich als Wissenschaftler gesehen. Andererseits wusste Prof. D… nicht, ob er dies vor Vertragsschluss mit dem Kläger besprochen habe. Er, Prof. D…, mache sich auch keinen Vorwurf, dass er die Dinge nicht so konkret angesprochen habe. Ein Vorstellungsgespräch mit ihm, in dem die Aufgaben des Klägers klargestellt worden seien, habe nicht stattgefunden. Aus den Aussagen von Prof. D… ergibt sich für das Gericht in Summe nicht mit der erforderlichen Klarheit, dass die Tätigkeit des Klägers als Lehrkoordinator Chirurgie wissenschaftlich geprägt sein sollte in dem Sinne, dass sie nach Aufgabenstellung und anzuwendender Arbeitsmethode darauf angelegt wäre, neue Erkenntnisse zu gewinnen und zu verarbeiten, um den Erkenntnisstand der Medizindidaktik zu sichern oder zu erweitern. Nicht jede konzeptionelle Arbeit ist wissenschaftliche Arbeit.
Auch die Aussage von Prof. De… hat beim erkennenden Gericht nicht zur Überzeugung geführt, dass die Tätigkeit des Klägers als Lehrkoordinator Chirurgie wissenschaftlich geprägt sein sollte. Zunächst ist nochmals festzuhalten, dass eine mögliche wissenschaftliche Tätigkeit nicht auf dem Gebiet der Medizin erwartet wurde. Dies ist zwischen den Parteien unstreitig und durch die Aussage von Prof. De… bestätigt worden. Er habe der Einstellung des Klägers zugestimmt, weil er im medizindidaktischen Bereich aus Erlangen die Vorerfahrungen gehabt habe und das Team der Lehrkoordinatoren insbesondere im Bereich der Medizinethik habe bereichern sollen (Blatt 759 d.A.). Auch habe der Kläger sich für gut geeignet gehalten, wissenschaftliche Erkenntnisse aus der Medizindidaktik in die praktische Lehre zu transferieren. Andererseits waren nach Aussage von Prof. De… Zeitanteile, in denen andere Forschungsergebnisse für die eigene Tätigkeit rezipiert und umgesetzt werden sollten, nicht festgelegt und variierten im Laufe des Arbeitsverhältnisses. Auch sei in den einzelnen Fachbereichen entschieden worden, an welchen Projekten, ggf. wissenschaftlichen Projekten, die jeweiligen Lehrkoordinatoren arbeiten sollten. Hieraus lässt sich nach Überzeugung des Gerichts nicht ableiten, dass im Vorstellungsgespräch eine möglicherweise gewollte wissenschaftliche Prägung der Tätigkeit des Lehrbeauftragten gerade im Bereich Chirurgie hinreichend deutlich wurde. So ist der Transfer bereits vorhandener wissenschaftlicher Erkenntnisse der Medizindidaktik in die Lehre nach Überzeugung des Gerichts nicht unbedingt eigene wissenschaftliche Arbeit. Es kann auch bloße Umsetzung des Erlernten sein. Auch wenn für Prof. De… die wissenschaftliche Tätigkeit im Vordergrund gestanden haben mag (vgl. Blatt 761 d.A.), so hat er sich nicht eindeutig festgelegt, ob die wissenschaftliche oder die nicht-wissenschaftliche Tätigkeit des Klägers prägend sein sollte. Vielmehr antwortete er: „Eigentlich beides“ (Blatt 761 d.A.). Für die Prägung kommt es im Übrigen nicht auf die subjektive Sicht, sondern auf objektive Gesichtspunkte an.
(5) Die Arbeitsplatzbeschreibung von Prof. S… vom 12.10.2010 (Blatt 15 d.A.) kann für die vom Kläger im Bereich Chirurgie erwartete Tätigkeit nicht herangezogen werden. Sie ist vom Lehrbeauftragten für die Innere Medizin erstellt, und bezieht sich nach Überschrift und nach Aussage von Prof. De… auch nur auf diesen Bereich (Bl. 760 d.A.).
(6) Auch aus dem Internetauftritt der Universität W…, in dem die Lehrkoordination an der medizinischen Fakultät beschrieben ist (Blatt 16 d.A.), ergibt sich letztlich nicht zur Überzeugung des Gerichts, dass gerade das Arbeitsverhältnis des Klägers im Bereich Chirurgie wissenschaftlich geprägt sein sollte. Allerdings ist diese Beschreibung durchaus relevant, denn sie war nach der Aussage von Prof. De… „eventuell von Prof. Dre… in seiner Zeit als Studiendekan in Auftrag gegeben“ (Blatt 761 d.A.). Prof. Dre… war der Vorgänger von Prof. De… als Studiendekan. Auch die Parteien gehen davon aus, dass hier auch Tätigkeitsbereiche aufgeführt sind, die zu den Aufgaben des Klägers zählten. So nennt sie als Tätigkeit „die Analyse, Evaluation und Verbesserung von Lehrveranstaltungen sowie die Anregung von innovativen Lehrangeboten“. Im Weiteren heißt es jedoch, dass der Tätigkeitsbereich je nach medizinischem Fachbereich unterschiedlich ist und „u.a. folgende Bereiche“ umfasst. Aus dem Hinweis auf die je nach Fachbereich unterschiedlichen Tätigkeiten wird deutlich, dass es letztlich auf die konkreten Umstände bei Vertragsschluss bezogen auf die für den einzelnen Fachbereich ausgeschriebene Stelle eines Lehrkoordinators ankommt. Auch nach dem Internetauftritt ist entscheidend, ob die konkrete Stelle in einem bestimmten Fachbereich und nicht die Stellen der Lehrkoordinatoren allgemein wissenschaftlich geprägt sein sollten.
Die Unterschiedlichkeit wird deutlich an den vorliegenden Stellenausschreibungen. So ist gleichzeitig (also im September 2009) eine Lehrkoordinatorenstelle für den Lehrbereich Allgemeinmedizin ausgeschrieben worden (Blatt 146 d.A.). Dort wurde als Aufgabenbereich genannt: Koordination der studentischen Lehre (Vorlesung, Seminare, Blockpraktikum, Evaluation) im Fach Allgemeinmedizin des Studiengangs Humanmedizin sowie Betreuung der Lehrarztpraxen, die an der praktischen Ausbildung der Studierenden beteiligt sind. Diese Stelle ist offensichtlich nicht wissenschaftlich geprägt. Die Koordinations- und Verwaltungsaufgaben überwiegen eindeutig, obwohl auch hier ein abgeschlossenes Studium der Humanmedizin gefordert wurde. Daran ändert nichts, dass diese Stelle nach Aussage von Prof. De… ein Sonderfall gewesen sei.
Auf der anderen Seite steht die Stellenausschreibung für eine(n) Lehrkoordinator(in) im Bereich Innere Medizin vom September 2010, also ca. ein Jahr später. Diese Ausschreibung hat einen überwiegend wissenschaftlichen Bezug (hierzu im einzelnen unten).
(7) Ob und in welchem Umfang vom Kläger wissenschaftliche Tätigkeit erwartet wurde, ist auch nicht aus dem Tätigkeitsbericht des Klägers vom 18.03.2011 (Blatt 117 d.A.) ableitbar. Der Tätigkeitsbericht ist vom Kläger auf Anregung von Prof. D… erstellt, von Prof. S… als vollständig erachtet (Blatt 336 d.A.) und vom Kläger an Prof. De… mit Hinweis auf das Mitarbeitergespräch vom 22.3.2011 weitergeleitet worden. Zunächst ist festzuhalten, dass der Tätigkeitsbericht nach Auffassung des erkennenden Gerichts überwiegend nicht wissenschaftliche Tätigkeiten enthält. Das gilt sowohl für die Aufgaben, die das gesamte Lehr- und Prüfungsangebot betreffen (Blatt 119 d.A.), als auch für die Bereiche Chirurgie (Blatt 120 – 122 d.A.) und Innere Medizin (Blatt 123 f. d.A.). Dies sieht auch der Beklagte so, auch wenn er insbesondere im Schriftsatz vom 12.10.2016 (Blatt 638 ff d.A.) darauf hinweist, dass der Tätigkeitsbericht selbst auch wissenschaftliche Aufgaben enthalte, die zwar nicht quantitativ, jedoch zeitlich überwiegen würden.
Jedenfalls – dies hat die Zeugeneinvernahme von Prof. De… ergeben – hat der Tätigkeitsbericht nicht zu einer Änderung der Aufgabenstellung geführt. Der Tätigkeitsbericht und die einzelnen Tätigkeiten des Klägers seien nicht Grundlage für die Vertragsverlängerungen gewesen (Blatt 762 d.A.). Entscheidend seien allein die positiven Rückmeldungen seitens der Chirurgie und der Inneren Medizin gewesen. Der Kläger habe im Gespräch vom 22.03.2011 hören wollen, ob er, Prof. De…, mit ihm zufrieden sei. Dies habe ohnehin außer Frage gestanden. Welche Tätigkeiten er im Einzelnen habe machen sollen, habe der Kläger mit Prof. D… klären sollen (Blatt 762, 763 d.A.).
(8) Es ist nicht ersichtlich, dass sich die Aufgabenstellung im Laufe der Tätigkeit als Lehrkoordinator Chirurgie geändert hätte. Ausschlaggebend für die jeweiligen Verlängerungen der Arbeitsverträge bzw. die Neuabschlüsse war für den Studiendekan die Zufriedenheit der Fachbereiche. Eine Verschiebung der Aufgabenstellung hin zu mehr wissenschaftlicher Tätigkeit oder weg von wissenschaftlicher Tätigkeit vor den jeweiligen Vertragsverlängerungen bzw. Neuabschlüssen liegt nicht vor.
(9) Soweit der Beklagte unter Angabe von Zeitanteilen vorträgt, für welche Aufgaben vom Kläger wissenschaftliches Tätigwerden erwartet worden ist, ist zunächst nicht ersichtlich, wie diese auf eine halbe Wochenstunde genauen Zeitanteile ermittelt worden sein sollen. Es ist auch nicht differenziert nach Chirurgie und Innerer Medizin.
Jedoch auch wenn man von den vom Beklagten vorgetragenen Zeitanteilen ausginge, ergibt sich für den Bereich Chirurgie keine überwiegend wissenschaftliche Tätigkeit oder eine wissenschaftliche Prägung. Denn insoweit wären lediglich 7 Wochenstunden an geforderter bzw. erwarteter wissenschaftlicher Tätigkeit dem Bereich Chirurgie zuzuordnen. Das ist weniger als 1/3 der auf die Chirurgie entfallenden Arbeitsstunden von 19,25 Wochenstunden.
(a) Als Aufgaben- bzw. Tätigkeitsbereiche des Klägers haben sich im Laufe des Verfahrens stichwortartig heraus kristallisiert:
– Lehrtätigkeit mit den Seminaren „Anamneseschnipsel“ und „Ärzte an Grenzen“
– Curriculumsentwicklung/Erstellung eines durchgängigen Lehrkonzepts
– Auf-/Ausbau E-Learning
– Eigene Fortbildung bezüglich neuester medizindidaktischer Entwicklungen; Verbesserung der Prüfungsqualität; Schulung und Weiterbildung der Dozenten
– Analyse, Evaluation und Verbesserung von Lehrveranstaltungen
– Ansprechpartner für Studierende
– Organisation und Koordination einschließlich Zusammenstellen von Klausuren Strittig ist allerdings, in welchem Umfang die jeweilige Aufgabenstellung anfiel und ob insoweit wissenschaftliche Tätigkeit gefordert bzw. erbracht wurde.
(b) Die Lehrtätigkeit wurde vom Kläger erwartet; er hat sie auch unstreitig erbracht. Der Kläger hat die Seminare selbst konzipiert und war für deren Inhalt verantwortlich. Nach dem Tätigkeitsbericht war das Seminar „Anamneseschnipsel“ Teil des Blockpraktikums Chirurgie im 10. Semester und damit Teil der wissenschaftlichen Lehre. Auch das Seminar „Ärzte an Grenzen“ war schon seit 2008 ein Angebot für PJ-Studierende und wurde lt. Tätigkeitsbericht aus der Chirurgie in die Innere Medizin verlegt. Auch hier handelt es sich eindeutig um einen Teil der wissenschaftlichen Lehre. Auch wenn der Kläger vorträgt, die Seminare freiwillig gehalten zu haben, so ist das Gericht dennoch überzeugt, dass diese Lehrtätigkeit zu seinem Aufgabenkreis gehörte und erwartet wurde. Denn auch in der Stellenausschreibung (Blatt 146 d.A.) ist die Durchführung von Seminaren für Studierende im chirurgischen Blockpraktikum als Aufgabe genannt. Die Lehrtätigkeit nahm nach Angaben des Beklagten nur 3,5 h/W in Anspruch, wobei auf die Chirurgie nur ca. die Hälfte der Zeit, also max. 2 h/W, entfallen dürfte, nach dem das Seminar „Ärzte an Grenzen“ zur Inneren Medizin hinüber wechselte. Der Kläger hat hier insgesamt sogar nur 1 h/W pro Seminar angesetzt.
(c) Die Curriculumsentwicklung und die Erstellung eines durchgängigen Lehrkonzepts als Aufgabe ist nicht in der Stellenausschreibung Chirurgie enthalten. Auch die Beweisaufnahme hat hierzu keine konkreten Hinweise erbracht. Prof. De… hat insoweit lediglich ausführen können, dass mit dem Begriff Curriculum in den Ausschreibungen in erster Linie der fachspezifische Lehrplan gemeint sei (Blatt 760 d.A.) und er als Studiendekan für die Curriculumsentwicklung verantwortlich gewesen sei (Blatt 759 d.A.). Dass dies für den Bereich Chirurgie zu den konkret erwarteten Aufgaben des Klägers gehörte, ist nicht ersichtlich. Soweit sich der Beklagte auf die Mitarbeit des Klägers beim 5-Punkte-Plan Curriculumsentwicklung 2014 beruft, die auf Initiative des Klägers unter seiner profunden Mitwirkung bis zum 8. Semester auch umgesetzt worden sei, so kann er hieraus für eine geforderte wissenschaftliche Tätigkeit im Bereich Chirurgie nichts Entscheidendes ableiten. Zwar kann eine dem äußeren Anschein nach erfolgte bloße Stundenplanänderung (wie es der Kläger nennt) auf wissenschaftlichen Erkenntnissen der Medizindidaktik, die der Kläger in eigener Reflexion sich erarbeitet und mit umgesetzt hat, erfolgt sein. Allerdings wäre diese Tätigkeit erst deutlich nach der letzten Verlängerung des Arbeitsvertrags im Bereich Chirurgie (16.11.2012) erfolgt. Damit können im Bereich Chirurgie wohl keine Wochenstunden für Curriculumsentwicklung als prägende wissenschaftliche Tätigkeit in Ansatz gebracht werden.
(d) Der Auf-/Ausbau des E-Learning ist für den Bereich Chirurgie nicht in der Stellenausschreibung enthalten und war nach Aussage von Prof. De… auch nicht Thema beim Einstellungsgespräch (Blatt 760 d.A.). Zwar war die Universität W… im medizindidaktischen Bereich für das E-Learning Schwerpunkt-Universität (so Prof. De…, Blatt 758 d.A.). Hierfür sei aber eine Biologin mit speziellen Informatikkenntnissen eingestellt worden. Es ist für das Gericht daher nicht erkennbar, dass der Kläger als Lehrkoordinator Chirurgie überhaupt im Bereich des E-Learning arbeiten sollte. Auch insoweit kann hier ein Zeitanteil nicht in Ansatz gebracht werden.
(e) Zu Gunsten des Beklagten kann für die Bereiche „Eigene Fortbildung bezüglich neuester medizindidaktischer Entwicklungen; Verbesserung der Prüfungsqualität; Schulung und Weiterbildung der Dozenten“ und „Analyse, Evaluation und Verbesserung von Lehrveranstaltungen“ angenommen werden, dass eine geforderte wissenschaftliche Tätigkeit gefordert wurde. Der Beklagte gibt für beide Bereiche zusammen 10 Wochenstunden an; für den Bereich Chirurgie damit ca. 5 Wochenstunden.
(f) Die Tätigkeitsbereiche „Ansprechpartner für Studierende“ und „Organisation und Koordination einschließlich Zusammenstellen von Klausuren“ unterfallen unstreitig nicht dem wissenschaftlichen Bereich.
b. Im Bereich Innere Medizin war die Aufgabenstellung des Klägers hingegen wissenschaftlich im Sinne des WissZeitVG geprägt. Dies folgt insbesondere aus der Stellenausschreibung vom September 2010 (Blatt 14 d.A.) und der Arbeitsplatzbeschreibung von Prof. S… vom 12.10.2010 (Blatt 15 d.A.), dem Lehrbeauftragten des Bereiches Innere Medizin.
(1) Aus dem Arbeitsvertrag vom 08.10.2010, der der Tätigkeit des Klägers im Bereich Innere Medizin zu Grunde liegt, sowie den folgenden Arbeitsverträgen können insoweit keine Rückschlüsse gezogen werden, ob das Arbeitsverhältnis wissenschaftlich im Sinne des WissZeitVG geprägt war. Es gilt hier das Gleiche wie zu den auf den Bereich Chirurgie bezogenen Arbeitsverträgen (s.o. III.4.a.(1)).
(2) Im Gegensatz zur Stellenausschreibung Chirurgie vom September 2009 ist die Stellenausschreibung für die Lehrkoordinatorenstelle im Bereich Innere Medizin vom September 2010 deutlich wissenschaftlich geprägt.
(a) Bereits an erster Stelle ist die „Analyse, Evaluation und Verbesserung von Lehrveranstaltungen“ als Aufgabe genannt. Dieselbe Formulierung findet sich im Internetauftritt (Blatt 16 d.A.).
Analyse ist eine Untersuchung, bei der etwas zergliedert, ein Ganzes in seine Bestandteile zerlegt wird (Duden, Deutsches Universalwörterbuch) bzw. die ganzheitliche, systematische Untersuchung, bei der das untersuchte Objekt zergliedert und in seine Bestandteile zerlegt wird und diese anschließend geordnet, untersucht und ausgewertet werden, wobei auch die Beziehungen der einzelnen Elemente und deren Integration berücksichtigt werden (https://de.wiktionary.org/wiki/Analyse). Bereits die geforderte Analyse von Lehrveranstaltungen setzt daher wissenschaftliches Arbeiten voraus. Auch wenn sich die Stellenausschreibung an Ärzte wandte, so war ersichtlich weniger die wissenschaftliche Analyse der medizinischen Inhalte der Lehrveranstaltung gefordert, sondern eine Analyse aus medizindidaktischer Sicht. Dies umfasst sowohl die Analyse einer einzelnen Veranstaltung als auch mehrerer Lehrveranstaltungen im sinnvollen didaktischen Zusammenspiel. Das Ziel einer solchen Analyse ist regelmäßig die Feststellung eines Ist-Zustandes oder die Erforschung von Ursachen dieses Ist-Zustandes. Bereits aus der Verwendung des Begriffes Analyse ergibt sich aus Sicht des erkennenden Gerichts, dass insoweit systematisch wissenschaftliches Vorgehen verlangt war, um den Stand der Lehrveranstaltungen aus medizindidaktischer Sicht zu erfassen.
Unter Evaluation oder Evaluierung wird regelmäßig die Bewertung bzw. Begutachtung von Projekten, Prozessen und Organisationseinheiten verstanden. Dabei können Kontext, Struktur, Prozess, Aufwand und Ergebnis einbezogen werden. Im Allgemeinen lässt sich als Evaluation auch die grundsätzliche Untersuchung begreifen, ob und inwieweit etwas geeignet erscheint, einen angestrebten Zweck zu erfüllen. Im Sprachgebrauch werden auch Evaluation, Untersuchung und Analyse gleichbedeutend im Sinne einer Bestandsaufnahme ohne besondere Zweckorientierung gebraucht. Anwendungsbereiche der Evaluation sind etwa Bildung, Soziale Arbeit, Verwaltung, Wirtschaft oder Politikberatung. Für eine Evaluation werden Daten methodisch erhoben und systematisch dokumentiert, um die Untersuchung, das Vorgehen und die Ergebnisse nachvollziehbar und überprüfbar zu machen. Standardverfahren zur internen und externen Datenerfassung sind Befragung, Beobachtung, Monitoring, Test, Fragebogen und Materialanalyse. Die Bewertung erfolgt durch den Vergleich der ermittelten Ist-Werte mit vorher explizit festgelegten, operationalisierten und begründeten Soll-Werten anhand festgelegter Indikatoren. Evaluation muss bestimmte Gütekriterien erfüllen: neben den Grundvoraussetzungen Nützlichkeit und Objektivität sind dies Reliabilität, Validität, Ökonomie und Normierung. Evaluation dient der rückblickenden Wirkungskontrolle, der vorausschauenden Steuerung und dem Verständnis von Situationen und Prozessen. Anhand der Evaluationsdaten können untersuchte Prozesse angepasst und optimiert werden (https://de.wikipedia.org/wiki/Evaluation#cite _note-1). Dass die Evaluierung von Lehrveranstaltungen damit wissenschaftlichen Charakter haben sollte, also nach Aufgabenstellung und anzuwendender Arbeitsmethode darauf angelegt sein sollte, neue Erkenntnisse zu gewinnen und zu verarbeiten, um den Erkenntnisstand der Medizindidaktik als – wenn auch junger – wissenschaftlichen Disziplin zu sichern oder zu erweitern, steht für das Gericht außer Frage.
Das Gleiche gilt für die geforderte Weiterentwicklung der Lehrveranstaltungen, die auf Basis der durch Analyse und Evaluation gewonnenen Erkenntnisse erfolgen sollte.
(b) An zweiter Stelle war in der Stellenausschreibung „Entwicklung und Umsetzung innovativer Lehrangebote“ als Aufgabe genannt. Auch hierin liegt ein eindeutiger Bezug zu wissenschaftlicher medizindidaktischer Tätigkeit. Wer Lehrangebote entwickeln soll, kann dies nur in genauer Kenntnis vorhandener Lehrangebote und deren didaktischer Vor- und Nachteile. Dabei ist diese Kenntnis gerade nicht beschränkt auf die in W… bereits vorhandenen Angebote. Dies liegt zum einen auf der Hand und wurde vom Kläger auch durch seine Zusammenarbeit und den Austausch mit anderen Universitäten so verstanden. Zum anderen ergibt sich dies auch und gerade daraus, dass die Lehrangebote innovativ, also unter Einbeziehung von Neuem, sein sollten. Dies wiederum setzt auch voraus, dass der Stelleninhaber sich selbst auf dem neuesten Stand der Medizindidaktik halten sollte, um überhaupt sinnvollerweise innovative Lehrangebote entwickeln zu können. Welche der so gewonnenen Erkenntnisse dann in die Praxis der Lehre in W… umgesetzt werden (und welche eben nicht), bedarf vorher einer kritischen Auseinandersetzung und Reflexion, also einer wissenschaftlichen Auseinandersetzung. Jedenfalls geht aus der Stellenausschreibung hervor, dass dies vom Stelleninhaber gerade auch im medizindidaktischen Bereich erwartet wurde. Auch im Internetauftritt ist die eigene Weiterbildung im Hinblick auf neueste Entwicklungen der medizinischen Didaktik ausdrücklich erwähnt.
(c) Ähnliches gilt für die dritte in der Stellenausschreibung genannte Aufgabe, die Curriculumsentwicklung. Curriculum ist ein Lehrplan oder Lehrprogramm, das auf einer Theorie des Lehrens und Lernens (Didaktik) aufbaut. Ein Lehrplan ist in der Regel auf die Aufzählung der Unterrichtsinhalte beschränkt. Das Curriculum orientiert sich hingegen mehr an Lehrzielen und am Ablauf des Lehr- und Lernprozesses oder des Studiengangs. Insbesondere enthält es auch Aussagen über die Rahmenbedingungen des Lernens. Neben den Lehrinhalten werden auch „lern- und entwicklungspsychologische Möglichkeiten der Adressaten“ berücksichtigt (https://de.wikipedia.org/wiki/Curriculum_(P%C3%A4dagogik). Schon der Begriff des Curriculums enthält somit eine deutliche didaktische Komponente. Dass diese gerade der Lehrkoordinator einbringen soll – hierfür wurden die Stellen ja nach Aussage von Prof. De… im Jahre 2007 überhaupt geschaffen (Blatt 758 d.A.) – liegt auf der Hand. Curriculumsentwicklung ist eben nicht nur die Aufstellung eines Stundenplans. Um hier sinnvoll als Didaktiker mitarbeiten zu können, ist die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Inhalt des zu vermittelnden Stoffes zwar hilfreich, aber nicht notwendig und konnte vom Kläger nicht erwartet werden. Hierfür waren die Lehrbeauftragten der jeweiligen Fakultäten (etwa Prof. D… für die Chirurgie und Prof. S… für die Innere Medizin) die Ansprechpartner. Das didaktische Wissen aber, etwa für welchen Stoff sich welche Vermittlung (Vorlesung, Übung, Praktikum, Selbststudium, E-Learning etc.) am besten eignet, sollte angesichts der Stellenausschreibung insbesondere der Lehrkoordinator einbringen. Das musste deshalb nicht zwingend ein Mediziner sein, auch wenn sich die Stellenausschreibung an Mediziner wandte. Um hier sinnvolle und fundierte Vorschläge zur Entwicklung eines Curriculums machen zu können, muss sich ein Lehrkoordinator selbst auf dem neuesten Stand der Medizindidaktik halten und sich kritisch und reflektierend, also wissenschaftlich, mit den theoretisch zur Verfügung stehenden Möglichkeiten auseinandersetzen. Auch im Internetauftritt ist die Mitarbeit an der Curriculumsentwicklung ausdrücklich genannt.
(d) Die vierte Aufgabenstellung, die Konzeption von Lehrveranstaltungen und deren Betreuung, erfordert ebenfalls eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit medizindidaktischen Erkenntnissen. Konzeption heißt in diesem Zusammenhang, Lehrveranstaltungen neu zu entwerfen im Gegensatz zur Analyse, Evaluation und Weiterentwicklung (bestehender) Lehrveranstaltungen (= erste Aufgabe). Hier ist zwar zunächst zu klären, welcher medizinische Inhalt vermittelt werden soll. Die Art und Weise, also das didaktische Konzept, sollte aber Aufgabe des Lehrkoordinators sein. Auch um insoweit sinnvoll und fundiert zu arbeiten muss sich der Lehrkoordinator selbst auf dem neuesten Stand der Medizindidaktik halten und sich kritisch und reflektierend, also wissenschaftlich, mit den theoretisch zur Verfügung stehenden Möglichkeiten auseinandersetzen. Ob dies auch für die Betreuung einer solchen Lehrveranstaltung zutrifft, mag zweifelhaft sein. Allerdings liegt hier nahe, dass über die Instrumente der Analyse und Evaluation (erste Aufgabenstellung) die Lehrveranstaltung verbessert, verändert oder vielleicht auch wieder eingestellt wird, wenn sich das Konzept eben nicht bewährt. Konzeption von Lehrveranstaltungen und deren Betreuung sind auch im Internetauftritt als Aufgabenstellung genannt.
(e) Somit ist lediglich die fünfte Aufgabenstellung der Stellenausschreibung „Ansprechpartner für Studierende“ nicht wissenschaftlich geprägt.
(3) Auch die Arbeitsplatzbeschreibung von Prof. S… vom 12.10.2010 (Blatt 15 d.A.) gibt deutliche Hinweise auf die wissenschaftlich ausgerichtete Aufgabenstellung. Diese Arbeitsplatzbeschreibung bezieht sich ausschließlich auf den Bereich Innere Medizin (s.o.) und ist im Zusammenhang – nämlich nur fünf Tage nach Vertragsabschluss, aber vor Beginn der Tätigkeit des Klägers als Lehrkoordinator Innere Medizin – erstellt worden.
(a) Explizit wird die Curriculumsentwicklung in der Arbeitsplatzbeschreibung an erster Stelle genannt. Notwendig sei ein strukturierter Plan zu den Lehrinhalten und zu den Methoden der Kurse/Praktika. Mit „Methoden“ ist eindeutig der didaktische Bezug hergestellt.
(b) Ebenso ist hier der Ausbau des E-Learning genannt – ein Bereich der Medizindidaktik, in dem die Universität W… innerhalb der bayerischen Universitäten nach Aussage von Prof. De… den Schwerpunkt hatte. Auch wenn der Kläger insoweit nicht federführend tätig sein musste, da hier andere Lehrkoordinatoren den Schwerpunkt hatten, so war im Bereich der Inneren Medizin doch die Mitarbeit gefordert an diesem wohl auch wissenschaftlich zu bearbeitenden Projekt. Im Internetauftritt ist die curriculare Einbindung des E-Learning Angebots in die Präsenzlehre auch als Aufgabe genannt. Das Gericht geht daher davon aus, dass der Kläger jedenfalls die didaktischen Möglichkeiten des E-Learning erkennen und dahingehend zu reflektieren hatte, wie diese aus didaktischer Sicht am besten in die Lehre integriert werden könnten. Auch insoweit war daher eine wissenschaftliche Herangehensweise gefordert.
(c) Weiterhin ist die Schulung der Dozenten genannt. Gerade die Schulung der Dozenten kann sich nach Ansicht des Gerichts nicht in der unreflektierten Vermittlung von didaktischen Methoden erschöpfen. Vielmehr ist auch hier erforderlich – gerade weil insoweit ein akademischer Überbau, etwa ein Lehrstuhl für Medizindidaktik, fehlte -, dass der Lehrkoordinator selbst entscheidet, welche Lehrmethoden er für welche Lehrveranstaltungen für sinnvoll hält ggf. unter Berücksichtigung der jeweiligen Stärken und Schwächen der Dozenten. Das Weitertragen des neuesten didaktischen Wissens an die Lehrenden ist ebenfalls als Aufgabe im Internetauftritt genannt.
(d) Die übrigen in der Arbeitsplatzbeschreibung genannten Punkte dürften eher nicht wissenschaftlichen Charakter haben. Allerdings nehmen diese Punkte der vom Kläger geforderten Lehrkoordinatorentätigkeit nicht die wissenschaftliche Prägung. So sollen beispielsweise die Aufgaben „Koordination und Organisation von Veranstaltungen“ und „Ansprechpartner für die Studenten“ zusammen mit der Sekretärin Frau M… durchgeführt werden und eben nicht vom Kläger alleine.
(4) Der Kläger kann hinsichtlich der medizindidaktischen Aufgabenstellungen nicht einwenden, dass er als Theologe nicht in der Lage gewesen wäre, auf medizindidaktischem Gebiet entsprechend wissenschaftlich zu arbeiten und dass dies bekannt gewesen sei. Zum einen genügt insoweit die Mitarbeit an einer solchen Aufgabenstellung. Zum anderen war dem Kläger klar, dass die von ihm und auch Prof. D… mit in den Vordergrund gestellten Kenntnisse und Fähigkeiten im medizindidaktischen Bereich bereits wesentlich für seine Einstellung als Lehrkoordinator Chirurgie gewesen waren, auch wenn diese Stelle nicht wissenschaftlich geprägt im Sinne des WissZeitVG war (s.o.). Dies folgt ganz eindeutig aus der Einvernahme von Prof. De… und Prof. D… So hat Prof. De… erklärt, dass sowohl Prof. D… als auch der Kläger hervorgehoben hätten, dass der Kläger schon Vorerfahrungen im Bereich der Medizindidaktik habe (Blatt 758 d.A.). Wegen dieser Vorerfahrungen sei er eingestellt worden (Blatt 759 d.A.). Die Bedenken von Prof. De… gegen die Einstellung seien genau mit dem Argument ausgeräumt worden, dass der Kläger den medizindidaktischen Bereich habe weiterentwickeln können und dies Thema im Vorstellungsgespräch gewesen sei (Blatt 761 d.A.). Der Kläger hatte sich mit diesem Argument auch beworben. Im Bewerbungsschreiben wies er ausdrücklich auf die Mitgliedschaft in der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA) hin. Der Hinweis darauf, dass ihn ein Promotionsvorhaben im Bereich der medizinischen Ausbildungsforschung interessieren würde, zeigt mit kaum zu überbietender Deutlichkeit, dass er sich für fähig hielt, wissenschaftlich im Bereich der Medizindidaktik tätig zu werden (vgl. Bewerbungsschreiben vom 11.11.2009, Blatt 13 d.A.). Auch in seiner Bewerbung für die Lehrkoordinatorenstelle Innere Medizin vom 01.09.2010 (Blatt 339 d.A.) führte der Kläger aus, dass es spannend sei, die ärztliche Ausbildung mitgestalten zu können und er bereits seit 2007 Mitglied der GMA sei.
(5) Der Tätigkeitsbericht vom 18.03.2011 und das Mitarbeitergespräch vom 22.03.2011 haben nicht zu einer Änderung der Aufgabenstellung geführt. Insoweit wird auf die Ausführungen unter II.4.a.(7) verwiesen.
(6) Ebenso wie im Bereich Chirurgie ist auch für den Bereich Innere Medizin nicht ersichtlich, dass sich die Aufgabenstellung im Laufe der Tätigkeit als Lehrkoordinator geändert hätte. Ausschlaggebend für die jeweiligen Verlängerungen der Arbeitsverträge bzw. die Neuabschlüsse war für den Studiendekan die Zufriedenheit der Fachbereiche. Eine Verschiebung der Aufgabenstellung hin zu mehr wissenschaftlicher Tätigkeit oder weg von wissenschaftlicher Tätigkeit vor den jeweiligen Vertragsverlängerungen bzw. Neuabschlüssen liegt nicht vor. Dass die Prof. Er… und Ei… als Leiter der Medizinischen Kliniken am 14.09.2011 (Blatt 341 d.A.) und am 08.05.2013 (Blatt 344 d.A.) mit den jeweiligen Vertragsverlängerungen einverstanden waren, ändert hieran nichts. Es ist nicht ersichtlich, dass sie sich irgendwie mit einer Änderung der Aufgabenstellung des Klägers Weg von der wissenschaftlichen Prägung beschäftigt hätten.
(7) Irrelevant ist, inwieweit der Kläger dann tatsächlich wissenschaftlich tätig wurde. Die Parteien haben es – wie bereits oben ausgeführt – nicht selbst in der Hand, durch eine Modifizierung der vertraglichen Aufgaben die Wissenschaftlichkeit nachträglich herbeizuführen oder zu beseitigen. Andernfalls könnte der Arbeitnehmer beispielsweise selbst der Befristung die Grundlage entziehen, indem er entgegen der vertraglichen Vereinbarungen keine wissenschaftlichen Dienstleistungen erbringt.
IV.
Der Beklagte ist verpflichtet, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits über die Wirksamkeit der Befristung des Arbeitsvertrags vom 16.11.2012 als Lehrkoordinator am Dekanat der Medizinischen Fakultät des Universitätsklinikums W… weiter zu beschäftigen, also in Teilzeit mit einem Anteil von 50% einer Vollzeitkraft. Der Weiterbeschäftigungsanspruch ist entsprechend dem zuletzt ausgeübten Direktionsrecht zu tenorieren. Es kann daher offen bleiben, ob die Beschäftigung des Klägers als Lehrkoordinator Inhalt des Arbeitsvertrags geworden ist.
Im Fall eines Kündigungsrechtsstreits besteht ein Weiterbeschäftigungsanspruch dann, wenn das Interesse des gekündigten Arbeitnehmers an einer Weiterbeschäftigung über den Ablauf der Kündigungsfrist hinaus das Interesse des kündigenden Arbeitgebers an einer Nichtbeschäftigung überwiegt. Das ist regelmäßig der Fall, wenn die Unwirksamkeit der Kündigung und damit der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses durch ein die Instanz abschließendes Urteil festgestellt werden. Anderes gilt nur dann, wenn neben der Ungewissheit über den Prozessausgang zusätzliche, den Arbeitgeber besondere belastende Umstände vorliegen, die ein überwiegendes Interesse des Arbeitgebers an einer Nichtbeschäftigung des Arbeitsnehmers begründen. Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn über die Wirksamkeit einer Befristung gestritten wird (BAG, Urteil vom 26.06.1996 – 7 AZR 674/95).
Dass es nach Vortrag des Beklagten am Ende des Arbeitsverhältnisses zu Beschwerden über den Kläger kam, kann zu Gunsten des Beklagten als wahr unterstellt werden. Es führt aber nicht zu einer Unzumutbarkeit der vorläufigen Weiterbeschäftigung.
C.
Da beide Parteien in gleichem Maße obsiegt haben bzw. unterlegen sind, waren die Kosten des Rechtsstreits sowohl in erster Instanz als auch im Berufungsverfahren gegeneinander aufzuheben (§ 92 ZPO).
Gründe, die Anlass zur Zulassung der Revision geben könnten, liegen nicht vor (§ 72 Abs. 2 ArbGG). Das Gericht hat in Anwendung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum WissZeitVG einen Einzelfall entschieden.


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