Arbeitsrecht

Betriebliche Altersversorgung – Altersdiskriminierung

Aktenzeichen  3 AZR 571/09

Datum:
19.7.2011
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BAG
Dokumenttyp:
Urteil
Normen:
§ 2 Abs 1 BetrAVG
Art 21 Abs 1 EUGrdRCh
Art 1 EGRL 78/2000
Art 2 Abs 1 EGRL 78/2000
Art 6 Abs 1 EGRL 78/2000
Art 267 AEUV
§ 329 Abs 1 S 2 ZPO
§ 317 Abs 2 S 1 ZPO
Spruchkörper:
3. Senat

Verfahrensgang

vorgehend ArbG Osnabrück, 22. April 2008, Az: 3 Ca 1081/07, Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Niedersachsen, 21. April 2009, Az: 3 Sa 957/08 B, Urteil

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 21. April 2009 – 3 Sa 957/08 B – wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1
Die Parteien streiten über die Höhe der Betriebsrentenanwartschaft des Klägers, die ihm aufgrund seines vorzeitigen Ausscheidens bei der Beklagten zusteht. Der Kläger macht geltend, die im Betriebsrentengesetz vorgesehene Berechnungsmethode für die Höhe gesetzlich unverfallbarer Anwartschaften bei vorzeitigem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis sei altersdiskriminierend.
2
Der Kläger ist 1951 geboren. Er war vom 1. April 1973 bis zum 29. Februar 2004 bei der Beklagten als Arbeitnehmer tätig. Auf das Arbeitsverhältnis findet eine unter dem 1. Juli 1988 erlassene, aufgrund einer Betriebsvereinbarung in Kraft gesetzte Versorgungsordnung Anwendung, die auszugsweise wie folgt lautet:
        
„III. Wartezeit
        
Die Wartezeit ist abgelaufen, wenn der Anwärter eine anrechenbare Dienstzeit … von 10 Jahren zurückgelegt und das 35. Lebensjahr vollendet hat.
        
        
        
IV. Feste Altersgrenze
        
Die feste Altersgrenze ist bei Männern und Frauen mit der Vollendung des 65. Lebensjahres erreicht.
        
        
        
V. Anspruchsvoraussetzungen für Ruhegeld
        
1.    
Den Anspruch auf Altersrente erwirbt der Anwärter mit Erreichen der festen Altersgrenze (IV).
        
2.    
Den Anspruch auf vorzeitige Altersrente erwirbt der Anwärter, der vor Erreichen der festen Altersgrenze (IV) Altersruhegeld oder Knappschaftsruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung … in Anspruch nimmt. …
        
        
        
VII. Höhe des Ruhegeldes
        
1.    
Das monatliche Ruhegeld (Altersrente, vorzeitige Altersrente …) beträgt
        
        
–       
für jedes zurückgelegte rentenfähige Dienstjahr …
8,– DM
        
        
        
        
–       
höchstens jedoch für 25 und mehr zurückgelegte rentenfähige Dienstjahre
200,– DM
        
        
        
…       
        
        
        
        
        
        
        
        
        
        
        
        
        
XI. Unverfallbarkeit
        
        
…       
        
        
        
2.    
a)    
Hat das Arbeitsverhältnis zur Firma geendet, ohne daß ein Anspruch nach dieser Versorgungsordnung erworben wurde, bleibt eine Anwartschaft auf Firmenrente in dem im Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vorgeschriebenen Umfang aufrechterhalten. Sind dagegen bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zur Firma die gesetzlichen Voraussetzungen zur Aufrechterhaltung der Anwartschaft nicht erfüllt, so erlischt die Anwartschaft. Ein Anspruch auf Firmenrente kann dann nicht mehr entstehen.
        
        
        
…“    
        
        
3
Bei Ausscheiden des Klägers aus dem Arbeitsverhältnis ließ die Beklagte seine Betriebsrentenansprüche bezogen auf den Versorgungsfall 65. Lebensjahr errechnen. Das ergab unter Zugrundelegung einer zeitratierlichen Kürzung der höchstmöglichen Betriebsrente entsprechend dem Anteil der tatsächlichen Betriebszugehörigkeit des Klägers zur möglichen Betriebszugehörigkeit bis zur festen Altersgrenze von 65 Jahren eine monatliche Rente von 73,92 Euro.
4
Der Kläger hat mit seiner Klage die Feststellung begehrt, ihm stehe eine unverfallbare Anwartschaft mit einem Unverfallbarkeitsfaktor von 100 % zu. Er hat die Ansicht vertreten, durch die zeitratierliche Berechnung wegen seines Alters diskriminiert zu sein. Eine Betriebszugehörigkeit in jungen Jahren führe zu einer geringeren Betriebsrente als eine in späteren Jahren. Dies werde bei vorzeitigem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis deutlich. Er habe deshalb Anspruch auf die volle Betriebsrente von monatlich 200,00 DM, wie sie seiner Beschäftigungszeit entspreche.
5
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
        
die Beklagte zu verurteilen, hinsichtlich der dem Kläger zugesagten Betriebsrente bei der unverfallbaren Anwartschaft einen Unverfallbarkeitsfaktor von 100 % zugrunde zu legen.
6
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
7
Sie hat die Ansicht vertreten, eine unzulässige Altersdiskriminierung liege nicht vor.
8
Das Arbeitsgericht hat die Klage, hinsichtlich derer der Kläger zu Protokoll erklärt hat, sie sei als Feststellungsklage zu verstehen, abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Das Urteil wurde dem Kläger zu Händen seines damaligen Prozessbevollmächtigten am 22. Juli 2009 zugestellt. Nachdem der Kläger fristgemäß Revision eingelegt hatte, beantragte er, eingehend beim Bundesarbeitsgericht am 20. August 2009, die Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist um einen Monat auf den 22. Oktober 2009. In der Akte befindet sich ein Beschlussentwurf, wonach die Revisionsbegründungsfrist bis zu diesem Tag verlängert wird. Diesen Beschlussentwurf hat der seinerzeitige Senatsvorsitzende nicht unterzeichnet, er hat jedoch die Verfügung, ihn der Prozessbevollmächtigten des Klägers zuzustellen und der Beklagten zu übersenden, paraphiert. Dementsprechend wurde der Klägervertreterin eine Beschlussausfertigung zugestellt. Die Revisionsbegründung ging am 20. Oktober 2009 beim Bundesarbeitsgericht ein. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger den zuletzt gestellten Klageantrag weiter. Die Beklagte begehrt die Zurückweisung der Revision.


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