Arbeitsrecht

Betriebliche Altersversorgung – Betriebsrentenanpassung – angemessene Eigenkapitalrendite – Umstrukturierungsmaßnahmen

Aktenzeichen  3 AZR 489/17

Datum:
22.1.2019
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BAG
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:BAG:2019:220119.U.3AZR489.17.0
Normen:
§ 16 BetrAVG
Spruchkörper:
3. Senat

Verfahrensgang

vorgehend ArbG Stuttgart, 26. November 2015, Az: 15 Ca 3399/15, Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, 5. Juli 2017, Az: 21 Sa 13/16, Urteil

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 5. Juli 2017 – 21 Sa 13/16 – wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1
Die Parteien streiten über eine Anpassung der Betriebsrente der Klägerin zum 1. Januar 2014.
2
Die Beklagte ist ein Unternehmen der Fotoindustrie. Sie gewährt ihren ehemaligen Arbeitnehmern eine betriebliche Altersversorgung über eine rückgedeckte Unterstützungskasse. Die Anpassungsprüfung nach § 16 Abs. 1 BetrAVG für die Betriebsrenten ihrer insgesamt etwa 2.500 Versorgungsempfänger führt sie gebündelt zum 1. Januar eines Jahres durch. Die – ehemals bei der Beklagten beschäftigte – Klägerin bezieht seit dem 1. Juli 1998 eine Betriebsrente iHv. zunächst 918,28 Euro brutto monatlich. Die Beklagte passte die Betriebsrente der Klägerin zuletzt zum 1. Januar 2011 auf monatlich 1.105,08 Euro brutto an.
3
Die Beklagte ist eine 100-prozentige Tochter der K GmbH, mit der ein Gewinnabführungsvertrag besteht. Bei der K GmbH handelt es sich um eine 100-prozentige Tochter der K Holding GmbH, die einen Konzernabschluss nach deutschem Recht aufstellt, in den die Beklagte einbezogen ist. Die deutsche K-Gruppe ist in den weltweiten E K-Konzern eingebunden, dessen Leitung der E K Company (im Folgenden E K Co.) in R, Staat N, USA obliegt.
4
Ausgelöst durch veränderte Marktbedingungen und verstärkt durch die weltweite Finanzkrise 2008 befindet sich der E K-Konzern seit Jahren in wirtschaftlichen Schwierigkeiten. In der Folge wurde der Konzern umstrukturiert und im Zuge der Digitalisierung der Fotografie fast die gesamte Produktpalette ausgetauscht. Der Konzern wandte sich von bestehenden Geschäftsfeldern in der Medizintechnik ab und erschloss neue Geschäftsfelder im Bereich der graphischen Industrie. Der Anpassungsprozess führte weltweit zu einem umfangreichen Arbeitsplatzabbau und einer damit einhergehenden Reduzierung der Mitarbeiter. Der Aktienkurs der E K Co. verringerte sich erheblich. In den Jahren 2009 und 2010 erfolgten keine Dividendenauszahlungen an Aktionäre. Die Kreditwürdigkeit der Gesellschaft wurde von den Rating-Agenturen als hoch spekulativ bzw. anfällig für Zahlungsverzögerungen eingestuft.
5
Am 19. Januar 2012 beantragte die E K Co. das Insolvenzverfahren in den USA nach „Chapter 11“. Das Verfahren, das im September 2013 beendet wurde, führte zu einem weiteren Stellenabbau weltweit. Im September 2013 veräußerte die E K Co. die beiden Geschäftsbereiche „D“ und „P“. Diese Umstrukturierungsmaßnahmen wurden bereits im Jahr 2012 eingeleitet.
6
Die Beklagte vermarktet ausschließlich Produkte und Dienstleistungen des Markennamens „K“ auf dem Gebiet der analogen und digitalen Fotografie, der Kinotechnik und der Druckindustrie. Sie ist seit dem 1. Oktober 2001 in ein sog. Kommissionärsmodell einbezogen und vertreibt die Produkte und Dienstleistungen in eigenem Namen auf fremde Rechnung. Hierfür erhält sie von der Prinzipalin, der E K S.A.R.L. G – einer Schwestergesellschaft – eine umsatzbezogene Vergütung.
7
Die Mitarbeiterzahl der Beklagten reduzierte sich aufgrund von Restrukturierungsmaßnahmen in den Jahren 2003 bis Ende 2014 von über 800 Mitarbeitern auf weniger als 200 Mitarbeiter. Der Personalabbau wurde von Interessenausgleichen und Sozialplänen in den Jahren 2009 bis 2012 begleitet.
8
Die Beklagte verweigerte eine Anpassung der Betriebsrenten zum 1. Januar 2014 unter Hinweis auf ihre eigene schlechte wirtschaftliche Lage und die schlechte wirtschaftliche Lage des E K-Konzerns.
9
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Anpassungsentscheidung der Beklagten entspreche nicht billigem Ermessen. Die Schwierigkeiten des amerikanischen Mutterkonzerns würden sich nicht auf die wirtschaftliche Lage der Beklagten auswirken. Maßgeblich seien vielmehr deren wirtschaftliche Verhältnisse zum Zeitpunkt der Anpassungsentscheidung. Die Beklagte habe durchgehend eine ausreichende Eigenkapitalrendite erwirtschaftet. Sie habe stets Gewinne erzielt, die weder aufgrund der Konzernverflechtungen noch des Kommissionärsmodells zu relativieren seien. Das Kommissionärsmodell ermögliche der Beklagten, die Eigenkapitalrendite zulasten der Betriebsrentner zu manipulieren.
10
Die Klägerin hat zuletzt sinngemäß beantragt,
        
die Beklagte zu verurteilen, an sie über die derzeit gezahlte Betriebsrente von monatlich 1.069,11 Euro brutto hinaus monatlich, beginnend ab Januar 2014, weitere 92,70 Euro brutto zu zahlen.
11
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
12
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. In der Revision hat die Klägerin ihr Klagebegehren auf monatlich 56,73 Euro brutto reduziert und den Rechtsstreit im Übrigen für erledigt erklärt. Die Beklagte hat sich der Erledigungserklärung angeschlossen und verfolgt im Übrigen ihren Klageabweisungsantrag weiter.


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