Arbeitsrecht

Betriebliche Altersversorgung – Gleichbehandlung

Aktenzeichen  3 AZR 518/16

Datum:
14.11.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BAG
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:BAG:2017:141117.U.3AZR518.16.0
Normen:
Art 3 Abs 1 GG
§ 1b Abs 1 S 4 BetrAVG
Spruchkörper:
3. Senat

Verfahrensgang

vorgehend ArbG Lübeck, 21. Oktober 2015, Az: 4 Ca 1315/15, Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, 23. Juni 2016, Az: 5 Sa 509/15, Urteil

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 23. Juni 2016 – 5 Sa 509/15 – wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1
Die Parteien streiten darüber, ob bei der Berechnung der Betriebsrente des Klägers Beschäftigungszeiten nach dem 31. Dezember 1994 zu berücksichtigen sind.
2
Der im Juli 1958 geborene Kläger ist bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerinnen – ua. der W GmbH – seit dem 25. Februar 1977 beschäftigt. Bei der W GmbH bestand eine Betriebsvereinbarung Nr. 2/88 über die betriebliche Altersversorgung (BV 2/88), deren Bestandteil eine als Anlage beigefügte Versorgungsordnung (VO) war. Nach Abschnitt VI Nr. 1 Buchst. a VO beträgt die monatliche Alters- und Invalidenrente nach einer anrechenbaren Dienstzeit von 40 vollendeten Jahren für außertarifliche Mitarbeiter 400,00 DM, für Mitarbeiter der Tarifgruppen K/T 6 und M 4 300,00 DM und für die übrigen Mitarbeiter 200,00 DM. Die anrechenbare Dienstzeit ist nach Abschnitt VII Nr. 1 Buchst. a VO die Zeit, während der in ununterbrochener Folge bis zum Erwerb eines Anspruchs auf Betriebsrente ein Arbeits- oder Berufsausbildungsverhältnis zum Unternehmen bestanden hat.
3
Die W GmbH kündigte die BV 2/88 unter dem 30. Juni 1993 schriftlich mit Wirkung zum 31. Dezember 1994. In der Annahme hierzu verpflichtet zu sein, gewährte sie – ebenso wie nachfolgend die Rechtsvorgängerin der Beklagten – auch nach Ablauf der Kündigungsfrist der BV 2/88 den ausgeschiedenen Mitarbeitern bei Vollendung des 65. Lebensjahres zunächst eine Betriebsrente, bei deren Berechnung sie eine anrechenbare Dienstzeit bis zum Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis zugrunde legte. Den vorzeitig ausgeschiedenen Arbeitnehmern wurden zumindest teilweise entsprechende Anwartschaftsbescheinigungen erteilt.
4
Anfang September 2010 übertrug die W GmbH – inzwischen nur noch firmierend als F GmbH – durch Spaltungs- und Übernahmevertrag vom 18. August 2010 den Teilbetrieb Shared Services auf die Rechtsvorgängerin der Beklagten, die Shared Services GmbH & Co. KG. Zeitgleich wurden aufgrund zweier Spaltungs- und Übernahmeverträge vom 18. August 2010 der Teilbetrieb Werkzeugtechnik auf die Werkzeugtechnik GmbH & Co. KG (im Folgenden Werkzeugtechnik KG) und der Teilbetrieb Compacting auf die Compacting GmbH (im Folgenden Compacting GmbH) übertragen. Im Spaltungs- und Übernahmevertrag wurden der Rechtsvorgängerin der Beklagten keine laufenden Versorgungsverbindlichkeiten nach der BV 2/88 zugewiesen.
5
Im Rahmen der Vorbereitung der Unternehmensspaltung fiel einer Mitarbeiterin der Personalabteilung der F GmbH auf, dass die in einem Gutachten einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ausgewiesenen künftigen Betriebsrenten nach der BV 2/88 wesentlich geringer waren als die von ihr errechneten. Auf Rückfrage teilte die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mit, dass die Mitarbeiter, die Ende 1994 noch keine Betriebsrente bezogen, nur noch Anspruch auf eine quotierte Betriebsrente hätten. Die Geschäftsführung der Compacting GmbH und der Werkzeugtechnik KG entschieden daraufhin zum Jahreswechsel 2010/2011 den ehemaligen Mitarbeitern, die bereits eine Betriebsrente erhielten, diese in voller Höhe weiter zu gewähren. Ferner sollten diejenigen ehemaligen Arbeitnehmer, die im Rahmen der mit der Unternehmensspaltung verbundenen Betriebsänderung im Jahr 2010 aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden waren, eine auf den Zeitpunkt ihres Ausscheidens quotierte Rente erhalten. Den übrigen Betriebsrentenanwärtern, die nach dem 31. Januar 2011 eine Rente nach der BV 2/88 in Anspruch nehmen, sollte diese nur noch unter Zugrundelegung der bis zum 31. Dezember 1994 erbrachten Dienstzeit gewährt werden. Die Beklagte, die bis Ende Januar 2011 keine Versorgungsempfänger hatte, beschloss nur denjenigen fünf Arbeitnehmern, die im Rahmen der Betriebsänderung im Jahr 2010 vorzeitig ausgeschieden waren, bei Eintritt des Versorgungsfalls eine auf den Zeitpunkt ihres Ausscheidens quotierte Rente zu gewähren. Den übrigen Betriebsrentenanwärtern sollte die Betriebsrente nur noch gekürzt unter Zugrundelegung der bis zum 31. Dezember 1994 erbrachten Dienstzeit gewährt werden.
6
Der Betriebsrat der Rechtsvorgängerin der Beklagten leitete im Jahr 2012 ein Beschlussverfahren ein, in dem er die Feststellung begehrte, „dass durch die Kündigung vom 30. Juni 1993 der Betriebsvereinbarung Nr. 2/88 über die betriebliche Altersversorgung … durch die W GmbH … nicht dergestalt in die erworbenen Betriebsrentenanwartschaften und die Betriebsrenten der Arbeitnehmer, die bis zum 31. Dezember 1994 unter die Betriebsvereinbarung Nr. 2/88 über die betriebliche Altersversorgung … fallen, eingegriffen wurde, dass die zu gewährende Betriebsrente quotal auf den 31. Dezember 1994 berechnet wird“. An dem Verfahren waren neben der Rechtsvorgängerin der Beklagten auch die Compacting GmbH und die Werkzeugtechnik KG beteiligt. Das Landesarbeitsgericht wies den Antrag des Betriebsrats durch rechtskräftigen Beschluss vom 2. Mai 2013 ab.
7
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei aufgrund des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes verpflichtet, bei der Berechnung seiner künftigen Betriebsrente auch seine nach dem 31. Dezember 1994 zurückgelegten Dienstzeiten zu berücksichtigen. Er könne nicht nur eine Gleichbehandlung mit den im Rahmen der Betriebsänderung im Jahr 2010 ausgeschiedenen Arbeitnehmern, sondern auch mit den Versorgungsempfängern der Werkzeugtechnik KG und der Compacting GmbH verlangen. Die unterschiedliche Behandlung der verschiedenen Personengruppen bei der Entscheidung, die Betriebsrente freiwillig auch unter Zugrundelegung der nach dem 31. Dezember 1994 erbrachten Dienstzeiten zu gewähren, sei sachlich nicht gerechtfertigt.
8
Der Kläger hat zuletzt beantragt
        
festzustellen, dass für die Berechnung seiner betrieblichen Altersversorgung der Zeitraum vom 25. Februar 1977 bis zum Tag der letzten mündlichen Verhandlung in dieser Sache zugrunde zu legen ist.
9
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat geltend gemacht, der Kläger könne keine Gleichbehandlung mit den Versorgungsempfängern der Werkzeugtechnik KG und der Compacting GmbH verlangen. Jedenfalls sei die vorgenommene Differenzierung zwischen den Versorgungsempfängern und den Versorgungsanwärtern wegen der unterschiedlichen Lage dieser Personengruppen sachlich gerechtfertigt. Auch die Begünstigung der im Rahmen der Unternehmensspaltung im Jahr 2010 vorzeitig ausgeschiedenen Arbeitnehmer sei nicht zu beanstanden. Die Gewährung einer ungekürzten Betriebsrente an diese Arbeitnehmer solle – zusätzlich zur Sozialplanabfindung – den Verlust des sozialen Besitzstandes kompensieren, der durch den Wegfall des Arbeitsplatzes entstanden sei.
10
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.


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