Arbeitsrecht

Betriebsbedingte Kündigung – Ernsthafte und endgültige Stilllegungsabsicht bezüglich des Restbetriebes nach Teilbetriebsübergang

Aktenzeichen  3 Ca 46/21

Datum:
7.12.2021
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
ArbG Gera 3. Kammer
Dokumenttyp:
Urteil
Normen:
§ 1 Abs 2 KSchG
§ 613a BGB
§ 113 S 2 InsO
Spruchkörper:
undefined

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 7.875 € festgesetzt.
4. Soweit die Berufung nicht kraft Gesetztes statthaft ist, wird sie nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin war seit dem 14.05.2003 als Sachbearbeiterin/Serviceassistentin zunächst bei der A. OHG und im Wege des Betriebsübergangs auf die B. GmbH seither bei dieser im Autohaus in S. beschäftigt. Als Arbeitsort vereinbarten die Parteien ausschließlich S.. Ihr durchschnittliches Bruttomonatsentgelt betrug zuletzt 1.575,- €.
Die B. GmbH wurde durch den alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer und Alleingesellschafter Herrn K. vertreten. Sie betrieb 7 Autohäuser in G., O., T., P., S. und zwei in L.. Hauptsitz war G.. Zur Sicherung des Schuldnervermögens der B. GmbH wurde durch das Amtsgericht G., AZ.: 8 IN 214/20, die vorläufige Insolvenzverwaltung angeordnet und der Beklagte zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. Mit Beschluss vom 19.11.2020 wurde dem bisherigen Geschäftsführer der Schuldnerin Herrn K. ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt und die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf den Beklagten übertragen. Über das Vermögen der B. GmbH wurde mit Beschluss des Amtsgerichts G. vom 01.01.2021 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt.
Zum Zeitpunkt der Antragstellung beschäftigte die Schuldnerin 148 Mitarbeiter, wovon bis zur Verfahrenseröffnung 5 Mitarbeiter ausschieden. Nach Anordnung der vorläufigen Insolvenzverwaltung führte der Beklagte sämtliche Autohäuser zunächst fort, wobei er eine Insolvenzgeldvorfinanzierung für sämtliche Mitarbeiter, die seit Oktober 2020 kein Entgelt mehr erhalten hatten, organisierte. Mit den Automobilherstellern, die mit Bekanntwerden der Insolvenz die Händlerverträge aufgekündigt hatten, schloss er bis Januar befristete Serviceverträge, wodurch er den Geschäftsbetrieb bis Ende Januar vorläufig aufrecht hielt. Es gelang, die drei Autohäuser in G., O. und T. zum 01.02.2021 an die Firma A. GmbH zu übertragen.
Hinsichtlich der anderen vier Autohäuser blieb die Suche nach einem Betriebsübernehmer erfolglos. Am 22.01.2021 veranlasste der Beklagte die Massenentlassungsanzeige an die Bundesagentur für Arbeit hinsichtlich der Arbeitnehmer, die nicht von dem Übergang auf die A.GmbH erfasst waren. Mit Bescheid vom 22.01.2021 wurde eine Entlassungssperre bis zum 20.02.2021 und eine Entlassungsfrist bis zum 32.05.2021 angeordnet. Auf Anlage B 4 wird verwiesen.
Soweit kein Sonderkündigungsschutz bestand, wurden mit Datum vom 25.01.2021 sämtliche Arbeitsverhältnisse der in den Niederlassungen P., S. und L. beschäftigten Arbeitnehmer unter Berücksichtigung der insolvenzrechtlichen Spezialkündigungsfrist bzw. kürzerer vertraglicher Kündigungsfristen gekündigt. Für die besonderem Kündigungsschutz unterliegenden Arbeitnehmer wurde die Anhörung des Integrationsamtes zum Zwecke der Kündigung eingeleitet. Mit Schreiben vom 25.01.2021 kündigte der Beklagte auch das Arbeitsverhältnis der Klägerin zum 30.04.2021, vgl. Anlage K1.
In einer Pressemitteilung vom 25.01.2021 informierte der Beklagte darüber, eine Investorenlösung für Teile der B. GmbH erzielt zu haben durch Veräußerung der Standorte G., T. und O.. Die weiteren Standorte in L., S. und P. würden bis auf weiteres fortgeführt. Für diese Standorte würden Gespräche mit weiteren Interessenten laufen, vgl. Anlage K 3.
Nach Ausspruch der Kündigung wurden die Arbeitnehmer bis zum Ablauf der Kündigungsfristen nur noch mit Abwicklungs- und Aufräumtätigkeiten beschäftigt.
Auch die weiteren Vertragsverhältnisse an den betroffenen Standorten, z.B. hinsichtlich der Medien Strom, Gas, Telefon, wurden noch im Januar 2021 gekündigt bzw. der Nichteintritt in laufende Verträge gemäß § 113 InsO erklärt. Es wurden die Vertragspartner informiert und die Akquise eingestellt. Die Lieferanten wurden aufgefordert, die im Fremdeigentum stehenden Objekte abzuholen.
Die Räumlichkeit der Niederlassung P. wurde zum 01.03.2021 an den Vermieter übergeben. Die Mietverträge für die Niederlassungen in L. wurden zum 30.04.2021 gekündigt. Der Mietvertrag der Niederlassung S. wurde ebenfalls zum 30.04.2021 gekündigt und zu diesem Zeitpunkt an die Eigentümer der Immobilie Eheleute I. und R. S. übergeben.
Am 24.01.2021 vergab der Beklagte einen Auftrag zur Verwertung der Betriebs- und Geschäftsausstattung. Der beauftragte Verwerter veräußerte am 19.03.2021 das in dem Autohaus S. befindliche, nicht Drittsicherungsrechten bzw. Fremdeigentum unterliegende Inventar an die Firma S.A. GmbH.
Ausweislich des Handelsregisters des Amtsgerichts Jena, HRB 517783 wurde die Firma S.A. GmbH am 18.12.2020 durch den Alleingesellschafter Herrn K. mit Geschäftsanschrift H.- Straße 62 in S. und dem Geschäftsgegenstand: „Kfz-Handel und Autovermietung“ gegründet. Zum alleinigen Geschäftsführer wurde sein Sohn Herr E. K. berufen. Beide waren nicht vormalige Gesellschafter oder Geschäftsführer der Schuldnerin. Am 07.05.2021 beschloss diese Firma die Erweiterung des Geschäftsgegenstandes und die Verlegung der Geschäftsanschrift auf H.-Straße 58 c in S., dem Sitz der vormaligen Niederlassung der Schuldnerin in S.. Auf Anlagen B 8 bis B10 wird verwiesen.
Die Firma S. A. GmbH beschäftigt die ehemaligen Mitarbeiter der B. GmbH Herrn S., Herrn D., Herrn A. sowie möglicherweise einen weiteren ehemaligen Mitarbeiter der Schuldnerin im Betrieb in S.. In der Niederlassung S. beschäftigte die Schuldnerin zuletzt mindestens über 10 Mitarbeiter.
Am 25.05.2021 erteilte der Beklagte der Klägerin ein Endzeugnis, vgl. Anlage B 7.
Die Klägerin vertritt die Auffassung, die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt und deshalb unwirksam. Sie sei nicht durch betriebsbedingte Gründe gerechtfertigt, weil der Beklagte zum Zeitpunkt der Kündigung keine endgültige Entscheidung zur Stilllegung der Filiale S. getroffen habe. Dazu beruft sie sich auf die Pressemitteilung des Beklagten vom 25.01.2021. Der Betrieb der Niederlassung in S. sei auf die Firma S. A. GmbH nahtlos übergegangen. Die S.A.GmbH habe neben der gesamten Büroeinrichtung und dem Mietobjekt die Kundendaten der Schuldnerin übernommen und betreue zum größten Teil denselben Kundenstamm, für welchen zuvor die Schuldnerin in S. tätig gewesen sei. Auch die vormaligen Lieferantenbeziehungen würden weitergeführt.
Die Klägerin behauptet im nachgelassenen Schriftsatz vom 02.11.2021, sie sei während ihres Arbeitsverhältnisses jeweils kurzfristig angewiesen worden, in den verschiedenen Betriebsstätten der B.GmbH tätig zu werden. Die A.S. GmbH habe auch verschiedene Großwerkzeuge wie Spurvermessungsanlagen, Anlagen zur Abgasuntersuchung und andere vom Hersteller Skoda zertifizierte Großwerkzeuge und zahlreiche kleinere Werkzeuge übernommen. Auch seien die Beleuchtungen der Verkaufsräumlichkeiten und die von Skoda zertifizierte Lichtanlage übernommen worden. Der ehemalige Geschäftsführer der Schuldnerin Herr K. sei nach Übernahme des B. Autohauses in S. dort als Geschäftsführer und in Leitungsfunktion weiter tätig gewesen und habe die reibungslose Fortführung des Geschäftsbetriebes durch den Übernehmer gewährleistet.
Die Klägerin habe vergeblich außergerichtlich ein Zwischenzeugnis verlangt.
Der Klägerin stellt folgende Anträge:
1. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 25.01.2021 nicht aufgelöst worden ist.
2. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen über den 30.04.2021 hinaus fortbesteht.
3. Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin kostenfrei ein wohlwollendes Arbeitszwischenzeugnis zu übersenden.
4. Der Beklagte wird verurteilt, die Klägerin zu den bisherigen Arbeitsbedingungen bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über die Feststellungsanträge weiter zu beschäftigen.
5. Hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit den Anträgen zu 1. und 2.:Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin ein wohlwollendes Arbeitszeugnis zu übersenden, welches sich auf Führung und Leistung erstreckt.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte behauptet, er habe vor dem Hintergrund fehlender ausreichender Liquidität und dem Auslaufen der Händlerverträge am 22.01.2021 die unternehmerische Entscheidung getroffen, den Geschäftsbetrieb in den Niederlassungen in P., S. und L. zum 28.02.2021 vollständig einzustellen und allen dort beschäftigten Arbeitnehmern zu kündigen. Zwischen dem Zeitpunkt der Pressemitteilung vom 25.01.2021 und dem 30.01.2020 sei kein Interessent zur Übernahme der Niederlassungen L., P. oder S. vorhanden gewesen, weshalb es in dieser Zeit auch keine Verhandlungen dazu gegeben habe. Auch danach habe es keine ernsthaften Verhandlungen gegeben. Er bestreitet einen Betriebsübergang auf die Firma A. S. GmbH.
Mit Schriftsatz vom 04.10.2021, zugestellt am 12.10.2021 hat der Beklagte der Firma S. A. GmbH wegen möglicher Rückgriffsansprüche für den Fall eines Betriebsübergangs den Streit verkündet.

Entscheidungsgründe

I. Die Kündigungsschutzklage zulässig, aber unbegründet.
Das zwischen der Klägerin und der B. GmbH bestanden habende Arbeitsverhältnis ist durch die am 25.01.2021 erklärte Kündigung des Beklagten mit Ablauf des 30.04.2021 unter Berücksichtigung der Sonderkündigungsfrist nach § 113 S. 2 InsO beendet worden.
2. Die Kündigung des Beklagten vom 25.01.2021 ist rechtswirksam. Die Wirksamkeit der Kündigungen ergibt sich nicht bereits aus § 7 KSchG, da die Klägerin innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigungen die vorliegende Kündigungsschutzklage eingereicht hat, § 4 KSchG, §§ 253, 167 Abs. 1 ZPO. Mit Ausnahme der Sozialwidrigkeit und der Unwirksamkeit wegen Betriebsüberganges hat die Klägerin keine Kündigungsschutzgründe bis zum Schluss der Verhandlung geltend gemacht.
3. Die Kündigung ist nicht gemäß § 1 Abs. 1 KSchG wegen fehlender sozialer Rechtfertigung unwirksam.
Das Arbeitsverhältnis der Parteien unterliegt nach dem persönlichen und betrieblichen Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes dem allgemeinen Kündigungsschutz. Es bestand ununterbrochen länger als 6 Monate, § 1 Abs. 1 KSchG. Im Betrieb der B. GmbH, auch am jeweiligen Standort, waren unstreitig jeweils mehr als 10 Arbeitnehmer im Sinne der Mindestbeschäftigungszahlen des § 23 KSchG beschäftigt.
Die Kündigung ist durch dringende betriebliche Gründe, die der Weiterbeschäftigung der Klägerin entgegenstehen, bedingt.
a) Der 2. Senat des Bundesarbeitsgerichts hat in seinem Urteil vom 27. Februar 2020 – 8 AZR 215/19 –, BAGE 170, 98-171, Rn. 69 – 85 die Leitlinien zur betriebsbedingten Kündigung wegen beabsichtigter Betriebsteilstilllegung, auch in Abgrenzung zum Betriebsteilübergang, beschrieben, welchen sich die Kammer anschließt.
Maßgeblicher Zeitpunkt zur Beurteilung der Wirksamkeit der Kündigung ist der Zeitpunkt der Kündigungserklärung (vgl. etwa BAG 26. Januar 2017 – 2 AZR 61/16 – Rn. 33; 23. Februar 2010 – 2 AZR 659/08 – Rn. 27, BAGE 133, 249).
Dringende betriebliche Erfordernisse, die iSv. § 1 Abs. 2 KSchG geeignet sind, eine Kündigung zu bedingen, liegen vor, wenn die Umsetzung einer unternehmerischen (Organisations-)Entscheidung spätestens mit Ablauf der Kündigungsfrist zu einem voraussichtlich dauerhaften Wegfall des Bedarfs an einer Beschäftigung des betroffenen Arbeitnehmers führt (vgl. etwa BAG 16. Mai 2019 – 6 AZR 329/18 – Rn. 39, BAGE 166, 363; 22. Oktober 2015 – 2 AZR 650/14 – Rn. 32). Eine hinreichend begründete Prognose zum Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit reicht als Kündigungsgrund aus (BAG 26. Januar 2017 – 2 AZR 61/16 – Rn. 33). Diese Prognose muss schon im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung objektiv berechtigt sein (BAG 22. Oktober 2015 – 2 AZR 650/14 – Rn. 32 mwN).
Die unternehmerischen Entscheidungen des Arbeitgebers sind von den Gerichten nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder Zweckmäßigkeit hin zu überprüfen, sondern nur darauf, ob sie offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich sind (vgl. etwa BAG 22. Oktober 2015 – 2 AZR 650/14 – Rn. 33 mwN). Ohne Einschränkung nachzuprüfen ist hingegen, ob die fragliche Entscheidung tatsächlich umgesetzt wurde und dadurch das Beschäftigungsbedürfnis für einzelne Arbeitnehmer wirklich entfallen ist (vgl. etwa BAG 22. Oktober 2015 – 2 AZR 650/14 – aaO).
Die Stilllegung des gesamten Betriebs oder eines Betriebsteils zählt zu den dringenden betrieblichen Erfordernissen i.S.v. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG (vgl. etwa BAG 22. September 2016 – 2 AZR 276/16 – Rn. 64, BAGE 157, 1; 21. Mai 2015 – 8 AZR 409/13 – Rn. 51; 18. Oktober 2012 – 6 AZR 41/11 – Rn. 47). Unter einer Betriebs(teil)stilllegung ist die Auflösung der Betriebs- und Produktionsgemeinschaft zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu verstehen. Sie besteht darin, dass der Unternehmer die bisherige wirtschaftliche Betätigung in der ernstlichen Absicht einstellt, den bisherigen Betriebs(teil)zweck dauernd oder für eine ihrer Dauer nach unbestimmte, wirtschaftlich nicht unerhebliche Zeitspanne nicht weiterzuverfolgen (vgl. etwa BAG 18. Oktober 2012 – 6 AZR 41/11 – aaO; 16. Februar 2012 – 8 AZR 693/10 – Rn. 37; 8. November 2007 – 2 AZR 554/05 – Rn. 17 mwN).
Der Arbeitgeber ist allerdings nicht gehalten, eine Kündigung wegen Betriebs(teil)stilllegung erst nach Durchführung der Stilllegung auszusprechen. Er kann die Kündigung auch wegen beabsichtigter Betriebs(teil)stilllegung aussprechen.
Soweit eine Kündigung nicht wegen bereits erfolgter Stilllegung, sondern wegen beabsichtigter Stilllegung ausgesprochen wird, ist es allerdings erforderlich, dass der Arbeitgeber im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung den ernsthaften und endgültigen Entschluss gefasst hat, den Betrieb bzw. Betriebsteil endgültig und nicht nur vorübergehend stillzulegen (vgl. etwa BAG 21. Mai 2015 – 8 AZR 409/13 – Rn. 52; 20. Juni 2013 – 6 AZR 805/11 – Rn. 47, BAGE 145, 249). Darüber hinaus muss die künftige Entwicklung der betrieblichen Verhältnisse im Kündigungszeitpunkt bereits greifbare Formen angenommen haben (vgl. etwa BAG 15. Dezember 2016 – 2 AZR 867/15 – Rn. 14, BAGE 157, 273; 14. März 2013 – 8 AZR 153/12 – Rn. 27 mwN). Solche greifbaren Formen liegen vor, wenn im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung aufgrund einer auf Tatsachen gestützten vernünftigen, betriebswirtschaftlichen Betrachtung davon auszugehen ist, zum Zeitpunkt des Kündigungstermins sei mit einiger Sicherheit der Eintritt des die Entlassung erforderlich machenden betrieblichen Grundes gegeben (vgl. etwa BAG 21. Mai 2015 – 8 AZR 409/13 – aaO; 13. Februar 2008 – 2 AZR 543/06 – Rn. 22).
Der Ernsthaftigkeit der Stilllegungsabsicht steht dabei nicht entgegen, wenn sich der Arbeitgeber entschlossen hat, die gekündigten Arbeitnehmer in der jeweiligen Kündigungsfrist für die Abarbeitung vorhandener Aufträge einzusetzen, statt die fraglichen Arbeiten sofort einzustellen. Der Arbeitgeber erfüllt damit gegenüber den tatsächlich eingesetzten Arbeitnehmern lediglich seine auch im gekündigten Arbeitsverhältnis bestehende Beschäftigungspflicht (BAG 21. Mai 2015 – 8 AZR 409/13 – Rn. 52; 20. Juni 2013 – 6 AZR 805/11 – Rn. 53, BAGE 145, 249; 8. November 2007 – 2 AZR 554/05 – Rn. 20). Bei einem unternehmerischen Stilllegungskonzept mit der sofortigen und gleichzeitigen Kündigung aller Arbeitnehmer entfällt auch das Erfordernis einer sozialen Auswahl gemäß § 1 Abs. 3 KSchG (vgl. etwa BAG 8. November 2007 – 2 AZR 554/05 – Rn. 20 mwN).
An einem endgültigen Entschluss zur Betriebsstilllegung fehlt es allerdings, wenn der Arbeitgeber im Zeitpunkt der Kündigung noch in ernsthaften Verhandlungen über eine Veräußerung des Betriebs steht oder sich noch um neue Aufträge bemüht (vgl. etwa BAG 21. Mai 2015 – 8 AZR 409/13 – Rn. 52; 13. Februar 2008 – 2 AZR 543/06 – Rn. 23 mwN), wenn dem Arbeitgeber vor Ausspruch der Kündigung ein Konzept für die Übernahme des Betriebs(teils) vorliegt und er dieses nicht mit einer Absage wegen endgültiger Stilllegung beantwortet, sondern – womöglich auch erst nach Ausspruch der Kündigung – konkrete Verhandlungen aufnimmt, die zum Erfolg führen (vgl. BAG 29. September 2005 – 8 AZR 647/04 – zu II 2 a der Gründe), oder wenn eine Weiterveräußerung von Geschäftsanteilen und damit ein Gesellschafterwechsel in Betracht kommt, der mit der Aussicht auf Betriebsfortführung verbunden ist (vgl. BAG 10. Oktober 1996 – 2 AZR 477/95 – zu II 1 b (2) (b) der Gründe).
Die Veräußerung des gesamten Betriebs oder eines Betriebsteils und die Stilllegung des gesamten Betriebs oder eines Betriebsteils schließen sich jedoch systematisch aus (st. Rspr., vgl. etwa BAG 21. Mai 2015 – 8 AZR 409/13 – Rn. 33; 16. Februar 2012 – 8 AZR 693/10 – Rn. 39). Dabei kommt es auf das tatsächliche Vorliegen des Kündigungsgrundes und nicht auf die vom Arbeitgeber gegebene Begründung an. Eine vom Arbeitgeber mit einer Stilllegungsabsicht begründete Kündigung ist nur dann sozial gerechtfertigt, wenn sich die geplante Maßnahme objektiv als Betriebsstilllegung und nicht als Betriebs(teil)veräußerung darstellt, weil etwa die für die Fortführung des Betriebs wesentlichen Betriebsmittel usw. einem Dritten überlassen werden, der Veräußerer diesen Vorgang aber rechtlich unzutreffend als Betriebsstilllegung wertet (BAG 21. Mai 2015 – 8 AZR 409/13 – aaO; 28. Mai 2009 – 8 AZR 273/08 – Rn. 30).
Ist andererseits im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung die Betriebs(teil)stilllegung endgültig geplant und bereits eingeleitet, behält sich der Arbeitgeber aber eine Betriebs(teil)veräußerung vor, falls sich eine Chance bietet, und gelingt dann später doch noch eine Betriebs(teil)veräußerung, bleibt es nach dem Kündigungsschutzgesetz bei der sozialen Rechtfertigung der Kündigung (BAG 29. September 2005 – 8 AZR 647/04 – zu II 2 a der Gründe mwN), es kommt jedoch ein Wiedereinstellungsanspruch in Betracht (BAG 29. September 2005 – 8 AZR 647/04 – aaO mwN). Dass es bei der sozialen Rechtfertigung der Kündigung i.S.d. Kündigungsschutzgesetzes bleibt, schließt allerdings nicht aus, dass sich bei einem Verstoß gegen das Kündigungsverbot des § 613a Abs. 4 BGB (bzw. des Art. 4 der Richtlinie 2001/23/EG) andere Rechtsfolgen ergeben können (dazu unter A I 2, Rn. 89 ff.).
Ein Betriebs(teil)übergang iSd. Richtlinie 2001/23/EG sowie iSv. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB setzt laut Art. 1 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2001/23/EG voraus, dass der Übergang eine auf Dauer angelegte, ihre Identität bewahrende wirtschaftliche Einheit im Sinne einer organisierten Zusammenfassung von Ressourcen zur Verfolgung einer wirtschaftlichen Haupt- oder Nebentätigkeit betrifft (vgl. etwa EuGH 11. Juli 2018 – C-60/17 – [Somoza Hermo und Ilunión Seguridad] Rn. 29; 26. November 2015 – C-509/14 – [Aira Pascual und Algeposa Terminales Ferroviarios] Rn. 31; 19. September 1995 – C-48/94 – [Rygaard] Rn. 21; BAG 28. Februar 2019 – 8 AZR 201/18 – Rn. 26 mwN, BAGE 166, 54). Entscheidend für einen Betriebs(teil)übergang ist daher, dass die betreffende Einheit ihre – vorhandene – Identität „bewahrt“. Auch die Verwendung des Wortes „behält“ in Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 und Unterabs. 4 der Richtlinie 2001/23/EG zeigt, dass die betreffende Einheit in jedem Fall vor dem Übergang als solche bestanden haben muss (vgl. EuGH 6. März 2014 – C-458/12 – [Amatori u.a.] Rn. 34). Rechtsfolge eines Betriebs(teil)übergangs ist, dass die Rechte und Pflichten des Veräußerers aus den zum Zeitpunkt des Übergangs im Rahmen der wirtschaftlichen Einheit bestehenden Arbeitsverhältnissen (vgl. EuGH 13. Juni 2019 – C-664/17 – [Ellinika Nafpigeia] Rn. 41) von Gesetzes wegen auf den Erwerber übergehen. Der Übergang hängt nicht vom Willen des Veräußerers oder des Übernehmers ab, sondern erfolgt ipso iure, also „automatisch“ (vgl. nur EuGH 14. November 1996 – C-305/94 – [Rotsart de Hertaing] Rn. 16 ff.).
Um in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2001/23/EG – sowie den des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB – zu fallen, muss beim Betriebsteil- bzw. Unternehmensteilübergang der Übergang einen Teil des veräußernden Unternehmens betreffen, der eine wirtschaftliche Einheit ist, die als eine hinreichend strukturierte und selbständig organisierte Gesamtheit von Personen und Sachen zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigenem Zweck verstanden wird (vgl. etwa EuGH 13. Juni 2019 – C-664/17 – [Ellinika Nafpigeia] Rn. 60 mwN; 29. Juli 2010 – C-151/09 – [UGT-FSP] Rn. 26 mwN). Nach den vom Gerichtshof zum Begriff der wirtschaftlichen Einheit entwickelten Vorgaben – von denen der Senat in ständiger Rechtsprechung ausgeht (vgl. etwa BAG 13. August 2019 – 8 AZN 171/19 – Rn. 10; 25. Januar 2018 – 8 AZR 309/16 – Rn. 49 mwN, BAGE 161, 378; 18. September 2014 – 8 AZR 733/13 – Rn. 18) – ergibt sich die Identität einer wirtschaftlichen Einheit aus mehreren untrennbar zusammenhängenden Merkmalen wie dem Personal der Einheit, ihren Führungskräften, ihrer Arbeitsorganisation, ihren Betriebsmethoden und ggf. den ihr zur Verfügung stehenden Betriebsmitteln (vgl. etwa EuGH 13. Juni 2019 – C-664/17 – [Ellinika Nafpigeia] Rn. 62; 20. Juli 2017 – C-416/16 – [Piscarreta Ricardo] Rn. 43; 20. Januar 2011 – C-463/09 – [CLECE] Rn. 41 mwN; 11. März 1997 – C-13/95 – [Süzen] Rn. 15). Diese Aufzählung ist nicht abschließend, sondern beispielhaft, wie die Aufzählung „kennzeichnender Tatsachen“ zeigt, die für die Prüfung, ob eine wirtschaftliche Einheit ihre Identität bewahrt, ua. zu beachten sind (vgl. ua. EuGH 11. Juli 2018 – C-60/17 – [Somoza Hermo und Ilunión Seguridad] Rn. 30 mwN; 26. November 2015 – C-509/14 – [Aira Pascual und Algeposa Terminales Ferroviarios] Rn. 32 mwN).
Die Identität einer wirtschaftlichen Einheit setzt zwangsläufig unter anderen Merkmalen eine funktionelle Selbständigkeit voraus. Dabei ist es nicht notwendig, dass es sich um eine völlige Selbständigkeit handelt. Aus dem Wortlaut von Art. 1 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2001/23/EG geht nämlich ausdrücklich hervor, dass diese nicht nur für den Übergang von Unternehmen, sondern auch dann gilt, wenn ein Teil eines Unternehmens bzw. Betriebs übertragen wird (vgl. EuGH 13. Juni 2019 – C-664/17 – [Ellinika Nafpigeia] Rn. 62 ff. mwN).
Erforderlich ist demnach eine ausreichende funktionelle Autonomie, wobei sich der Begriff Autonomie auf die Befugnisse bezieht, die der Leitung der betreffenden Gruppe von Arbeitnehmern eingeräumt sind, um die Arbeit dieser Gruppe relativ frei und unabhängig zu organisieren und insbesondere Weisungen zu erteilen und Aufgaben auf die zu dieser Gruppe gehörenden untergeordneten Arbeitnehmer zu verteilen, ohne dass andere Organisationsstrukturen des Arbeitgebers dabei dazwischengeschaltet sind (EuGH 6. März 2014 – C-458/12 – [Amatori u.a.] Rn. 32 mwN; vgl. auch EuGH 13. Juni 2019 – C-664/17 – [Ellinika Nafpigeia] Rn. 62 f.: „funktionelle Selbständigkeit“ ist zwangsläufig erforderlich). Darauf, ob es sich dabei um ein „Unternehmen“, einen „Betrieb“ oder einen „Unternehmens-“ oder „Betriebsteil“ – auch i.S.d. jeweiligen nationalen Rechts – handelt, kommt es nicht an (vgl. EuGH 9. September 2015 – C-160/14 – [Ferreira da Silva e Brito ua.] Rn. 25; 20. Januar 2011 – C-463/09 – [CLECE] Rn. 29 f.; BAG 25. Januar 2018 – 8 AZR 338/16 – Rn. 28 mwN). Entscheidend ist nur, dass der Übergang eine wirtschaftliche Einheit im og. Sinn betrifft (vgl. auch BAG 27. April 2017 – 8 AZR 859/15 – Rn. 30 f.).
Soweit eine übertragene Einheit vor ihrem Übergang über keine ausreichende funktionelle Autonomie verfügt, fällt diese Übertragung nicht unter die Richtlinie 2001/23/EG. Unter solchen Umständen besteht keine Verpflichtung aus dieser Richtlinie, die Rechte der betroffenen Arbeitnehmer zu wahren (vgl. EuGH 6. März 2014 – C-458/12 – [Amatori ua.] Rn. 35).
Bei der Prüfung, ob eine wirtschaftliche Einheit ihre Identität bewahrt, müssen sämtliche den betreffenden Vorgang kennzeichnenden Tatsachen berücksichtigt werden. Dazu gehören namentlich die Art des Unternehmens oder Betriebs, der etwaige Übergang der materiellen Betriebsmittel wie Gebäude und bewegliche Güter, der Wert der immateriellen Aktiva im Zeitpunkt des Übergangs, die etwaige Übernahme der Hauptbelegschaft durch den neuen Inhaber, der etwaige Übergang der Kundschaft sowie der Grad der Ähnlichkeit zwischen den vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeiten und die Dauer einer eventuellen Unterbrechung dieser Tätigkeiten, denen je nach der Art des betroffenen Unternehmens oder Betriebs, je nach der ausgeübten Tätigkeit und je nach den Produktions- oder Betriebsmethoden unterschiedliches Gewicht zukommt. Diese Aspekte sind im Rahmen einer Gesamtbewertung aller Umstände des Einzelfalls zu würdigen und dürfen deshalb nicht isoliert betrachtet werden (vgl. zu den Voraussetzungen: ua. EuGH 11. Juli 2018 – C-60/17 – [Somoza Hermo und Ilunión Seguridad] Rn. 30 mwN; 26. November 2015 – C-509/14 – [Aira Pascual und Algeposa Terminales Ferroviarios] Rn. 32 mwN; BAG 28. Februar 2019 – 8 AZR 201/18 – Rn. 27 mwN, BAGE 166, 54). Dass eine Einheit ihre Identität bewahrt ist namentlich dann zu bejahen, wenn der Betrieb tatsächlich weitergeführt oder wieder aufgenommen und dabei praktisch nicht unterbrochen wird (vgl. etwa EuGH 9. September 2015 – C-160/14 – [Ferreira da Silva e Brito ua.] Rn. 25 mwN, 31).
(BAG, Urteil vom 27. Februar 2020 – 8 AZR 215/19 –, BAGE 170, 98-171, Rn. 69 – 85)
b) Unter Berücksichtigung vorstehender Rechtsausführungen ist die Kündigung der Klägerin aus dringenden betrieblichen Gründen, die ihrer Weiterbeschäftigung entgegenstehen, gerechtfertigt.
aa) Der Beklagte traf am 22.01.2021 die unternehmerische Entscheidung, den nicht vom Teilbetriebsübergang auf die A. F.GmbH erfassten Restbetrieb endgültig spätestens zum 28.02.2021 still zu legen. Zwar hat er diese unternehmerische Entscheidung selbst nicht unter Beweis gestellt. Die Existenz dieser Entscheidung und ihre Ernsthaftigkeit ergeben sich aber aus den nachfolgenden Handlungen des Beklagten. So hat er noch an demselben Tag die beabsichtigte Massenentlassung der Bundesagentur für Arbeit angezeigt. Weiterhin hat er allen nicht vom Teilbetriebsübergang auf die A.F. GmbH erfassten Arbeitnehmern, soweit sie nicht einem Sonderkündigungsschutz unterlagen, mit Schreiben vom 25.01.2021 die betriebsbedingte Kündigung unter Berücksichtigung der Mindestkündigungsfristen, längstens aber der Frist nach § 113 InsO und somit längstens zum 30.04.2021 erklärt. Der Kündigung der Händlerverträge bedurfte es nicht mehr, da sie nur bis zum 31.01.2021 befristet verlängert waren. Der Beklagte kündigte die Mietobjekte und Dauerverträge oder zeigte den Nichteintritt in die Verträge an.
Seine Mitteilung in seiner Presseerklärung vom 25.01.2021, in welcher es heißt: „Die weiteren Standorte in L., S. und P. werden bis auf Weiteres durch den Insolvenzverwalter fortgeführt; für diese Standorte laufen Gespräche mit weiteren Interessenten.“ steht vor dem Hintergrund der vorstehenden Indiztatsachen der Annahme einer ernsthaften endgültigen Stilllegungsabsicht nicht entgegen. Tatsächlich gab es keine ernsthaften Gespräche zur Veräußerung der restlichen Betriebsteile. Die Klägerin hat diese Behauptung des Beklagten nicht substantiiert bestritten, weshalb sie als zugestanden anzusehen ist. Allein das Aufrechterhalten eines Scheins im Interesse der Gläubiger, um sich später aufzeigende Verhandlungsoptionen nicht unmöglich zu machen, lässt die dokumentierte und bereits umgesetzte Absicht der Betriebsteilschließung nicht entfallen.
bb) Die Absicht zur Stilllegung des nicht auf die A. F. GmbH übertragenen Restbetriebes, bestehend aus den verbliebenen Niederlassungen in L., P. und S., hatte zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungen bereits greifbare Formen angenommen. So war bereits die Massenentlassungsanzeige erfolgt, eine Fortsetzung der Händlerverträge nicht über den 31.01.2021 vereinbart, die Kündigung der anderen Arbeitsverhältnisse und der Mietverträge bzgl. der Niederlassung P. zum 28.02.2021 sowie der anderen Niederlassungen zum 30.04.2021 sowie die Kündigung weiterer Daueraufträge veranlasst.
cc) Das Arbeitsverhältnis der Klägerin ist nicht im Rahmen des Teilbetriebsübergangs der Autohäuser in G., T. und O. auf die A. F. GmbH übergegangen.
Die Schuldnerin bestand aus verschiedenen Betriebsteilen. Zwar wurde das gesamte Unternehmen durch den Geschäftsführer Herrn K. geführt. Allerdings wurden die einzelnen Autohäuser als selbstständige Einheiten geführt. Die Veräußerung der Autohäuser G., T. und O. mit dem gesamten Bestand der Betriebsmittel, von Lieferanten- und Händlerbindungen, Kundenkontakten, Nutzungsrechten an Immobilien und deren Ausstattungen sowie den dort beschäftigten Arbeitnehmern an die A. F. GmbH zeigt, dass eine Eigenständigkeit der jeweiligen Standorte im Sinne von Betriebsteilen bestand.
Das Arbeitsverhältnis der Klägerin zählte nicht zu diesen Betriebsteilen. In ihrem Arbeitsvertrag war als Arbeitsort allein S. vereinbart. Soweit die Klägerin im nachgelassenen Schriftsatz behauptet, dass sie auf jeweils kurzfristige Aufforderung in anderen Betriebsstätten der B. GmbH gearbeitet habe, wurde diese Behauptung nicht durch nähere Tatsachen untersetzt, obwohl die Klägerin aufgrund der behaupteten eigenen Arbeitsleistung zu konkreterem Sachvortrag in der Lage gewesen wäre. Ein lediglich ausnahmsweise erfolgter Einsatz an einem anderen Standort im Einvernehmen mit dem Arbeitnehmer lässt keinen Rückschluss auf die Führung eines gemeinsamen Betriebes oder eine Arbeitsverpflichtung in den anderen Betriebsteilen zu.
dd) Das Arbeitsverhältnis ist auch nicht im Wege des Betriebsübergangs auf die im Dezember 2020 neu gegründete A. S.GmbH gemäß § 613 a BGB übergegangen.
Ein Teilbetriebsübergang des von der Schuldnerin in S. betriebenen Autohauses auf die neu gegründete S. A. GmbH ist nicht zu erkennen. Das von der Schuldnerin betriebene Autohaus war Skoda-oder an den VW-Konzern gebunden. Die Bindung an einen Autohersteller stellt für ein Autohaus ein wesentliches Betriebsmittel dar. Der Übergang der Händlerbindung, welche regelmäßig eine entsprechende Kundenbindung nach sich zieht, ist nicht vorgetragen. Auch stellt bei einem Dienstleistungsbetrieb wie einem Autohaus das Personal ein wesentliches Betriebsmittel dar. Es ist nicht erkennbar, dass wesentliche Bestandteile des von der Schuldnerin in S. beschäftigten Personals bei der neu gegründeten Firma weiterarbeiten. Die Weiterarbeit ist lediglich für 2 bis 3 Mitarbeiter der Niederlassung S. vorgetragen. Die Geschäftsführung ist neu. Soweit die Klägerin pauschal behauptet, der ehemalige Geschäftsführer Herr K. habe die faktische Geschäftsführung oder Leitungsfunktion wahrgenommen und die Fortsetzung des Betriebes gewährleistet, untersetzt sie dies nicht mit Tatsachen. Im Verhältnis zu den vorgenannten Betriebsmitteln treten die Betriebsmittel Nutzungsmöglichkeit der Immobilie und Nutzungsmöglichkeit der Ausstattung der Immobile einschließlich des behaupteten Übergangs von Großwerkzeugen zurück.
II. Ein Anspruch auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses besteht aufgrund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht. Der Hilfsantrag ist erfüllt, da ein Endzeugnis bereits erteilt ist.
III. Das Gericht versteht den nicht näher begründeten Weiterbeschäftigungsanspruch als Anspruch infolge der prozessbedingten Ungewissheit über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses im Sinne der Rechtsprechung des Großen Senates des BAG vom 27.02.1985-GS 1/84. Mit der mit diesem Urteil in erster Instanz festgestellten Unwirksamkeit der Kündigung überwiegt das Interesse des Beklagten an der Nichtbeschäftigung. Ein besonderes Beschäftigungsinteresse der Klägerin ist nicht vorgetragen.
IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 91 ZPO.
V. Der Wert des Streitgegenstandes ist gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG im Urteil festzusetzen. Die Bestandsstreitigkeit wird insgesamt mit dem Wert von drei Bruttomonatsentgelten des Klägers gemäß § 42 Abs. 2 GKG, § 3 ZPO bemessen. Der Zeugnisanspruch wird insgesamt mit einem Bruttomonatsentgelt bemessen. Der unbedingt gestellte Weiterbeschäftigungsanspruch wird mit einem Bruttomonatsentgelt bemessen.
VI. Mangels Berufungszulassungsgründen gemäß § 64 Abs. 3 ArbGG ist die Berufung nicht gemäß § 64 Abs. 2 a ArbGG zuzulassen.


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