Arbeitsrecht

Bezugnahme auf Tarifvertrag – Gleichstellungsabrede – vertragliche Weitergeltung des Tarifvertrags nach Betriebsübergang mit Branchenwechsel

Aktenzeichen  4 AZR 408/09

Datum:
17.11.2010
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BAG
Dokumenttyp:
Urteil
Spruchkörper:
4. Senat

Verfahrensgang

vorgehend ArbG Wuppertal, 18. September 2008, Az: 8 Ca 429/06, Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Düsseldorf, 2. April 2009, Az: 15 Sa 1535/08, Urteil

Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 2. April 2009 – 15 Sa 1535/08 – aufgehoben.
2. Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Revision – an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1
Die Parteien streiten darüber, ob ein Teilbetriebsübergang mit Branchenwechsel zu einem Wechsel des für ihr übergegangenes Arbeitsverhältnis maßgebenden Tarifrechts geführt hat.
2
           
Die Klägerin wurde zunächst auf der Grundlage eines schriftlichen Formulararbeitsvertrages vom 18. September 1972 von der Stadt R, welche bei Vertragsschluss Mitglied des kommunalen Arbeitgeberverbandes war, in deren Krankenanstalten als Reinigungskraft beschäftigt. Der Arbeitsvertrag enthält folgende Regelung:
        
„§ 2   
        
        
Das Arbeitsverhältnis richtet sich nach den Bestimmungen des Bundesmanteltarifvertrages für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G II) vom 31.1.1962 und der zusätzlich abgeschlossenen Tarifverträge, insbesondere des Bezirkszusatztarifvertrages (BZT-G/NRW) und der Anlage 5 zum BMT-G II, in der jeweils geltenden Fassung. Das gleiche gilt für die an deren Stelle tretenden Tarifverträge. Daneben finden die für den Bereich des Arbeitgebers jeweils in Kraft befindlichen sonstigen Tarifverträge Anwendung. …“
        
        
3
Nachdem das Arbeitsverhältnis zunächst auf die ebenfalls dem kommunalen Arbeitgeberverband als Mitglied angehörende S-Klinikum R GmbH übergegangen war, übernahm die Beklagte von dieser den Bereich Reinigung, in dem die Klägerin beschäftigt war, mit Wirkung ab dem 1. Juli 2004. Die Klägerin hat dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die Beklagte nicht widersprochen.
4
Die Beklagte zahlt der Klägerin und den anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Reinigungsbereich Entgelt nach den für allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträgen für die gewerblich Beschäftigten in der Gebäudereinigung. Demgegenüber fordert die Klägerin unter Berufung auf das Senatsurteil vom 29. August 2007 (- 4 AZR 767/06 –
BAGE 124, 34
) Vergütung nach den Vergütungstarifverträgen zum BMT-G II, die sie später nach den Bestimmungen des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst (TVöD) neu berechnet hat.
5
Mit ihrer im Wege des Mahnbescheids eingelegten und mehrfach erweiterten Klage verlangt die Klägerin zuletzt Bruttodifferenzbeträge für den Zeitraum Januar 2006 bis März 2007.
6
Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
        
        
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 5.250,03 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 15. April 2007 zu zahlen.
7
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Auf das Arbeitsverhältnis seien die für allgemeinverbindlich erklärten Rahmen- und Lohntarifverträge für die gewerblich Beschäftigten in der Gebäudereinigung anzuwenden. Das Bundesarbeitsgericht habe sich mit dem Urteil vom 29. August 2007 (- 4 AZR 767/06 – BAGE 124, 34) in unzulässiger Weise von seiner bisherigen – jedenfalls noch für sog. Altverträge anzuwendenden – Rechtsprechung zur Auslegung von Bezugnahmeklauseln als Gleichstellungsabrede entfernt. Falls jedoch ein Anspruch nach dem BMT-G II ab dem Betriebsübergang vom 1. Juli 2004 zuerkannt werde, sei dieser jedenfalls nicht dynamisch auch auf den TVöD bezogen. Überdies hat die Beklagte sich auf Verfall von Ansprüchen der Klägerin berufen.
8
Das Arbeitsgericht hat der Klage im beantragten Umfang stattgegeben. Dagegen hat die Beklagte Berufung eingelegt. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Für die Klägerin hat es die Revision zugelassen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin die Wiederherstellung des arbeitsgerichtlichen Urteils. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.


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