Aktenzeichen 4 AZR 404/09
§ 613a Abs 1 S 1 BGB
§ 613a Abs 1 S 3 BGB
§ 3 Abs 1 TVG
§ 4 Abs 1 TVG
BMT-G 2
Verfahrensgang
vorgehend ArbG Wuppertal, 20. November 2008, Az: 6 Ca 661/08, Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Düsseldorf, 2. April 2009, Az: 15 Sa 114/09, Urteil
Tenor
1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 2. April 2009 – 15 Sa 114/09 – aufgehoben.
2. Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Revision – an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten darüber, ob ein Teilbetriebsübergang mit Branchenwechsel zu einem Wechsel des für ihr übergegangenes Arbeitsverhältnis maßgebenden Tarifrechts geführt hat.
2
Die Klägerin wurde auf der Grundlage eines schriftlichen Formulararbeitsvertrages vom 4. Januar 1993 von der Klinikum R GmbH, welche bei Vertragsschluss Mitglied des kommunalen Arbeitgeberverbandes war, in deren Krankenanstalten als Reinigungskraft beschäftigt. Der Arbeitsvertrag enthält folgende Regelung:
„§ 2
Das Arbeitsverhältnis richtet sich nach den Bestimmungen des Bundesmanteltarifvertrages für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G II) vom 31.01.1962 und der zusätzlich abgeschlossenen Tarifverträge – insbesondere des Bezirkszusatztarifvertrages (BZT-G/NRW) – in ihrer jeweils geltenden Fassung. Das gleiche gilt für die an deren Stelle tretenden Tarifverträge. Daneben finden die für den Bereich des Arbeitgebers jeweils in Kraft befindlichen sonstigen Tarifverträge Anwendung.
…“
3
Die Beklagte übernahm von der Klinikum R GmbH den Bereich Reinigung, in dem die Klägerin beschäftigt war, mit Wirkung ab dem 1. Juli 2004. Die Klägerin hat dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die Beklagte nicht widersprochen.
4
Die Beklagte zahlt der Klägerin und den anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Reinigungsbereich Entgelt nach den für allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträgen für die gewerblich Beschäftigten in der Gebäudereinigung. Demgegenüber fordert die Klägerin unter Berufung auf das im Rechtsstreit einer Kollegin ergangene Senatsurteil vom 29. August 2007 (- 4 AZR 767/06 – BAGE 124, 34) Vergütung nach den Vergütungstarifverträgen zum BMT-G II, die sie später nach einem Einwand der Beklagten und Hinweis des erstinstanzlichen Gerichts nach den Bestimmungen des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst (TVöD) neu berechnet hat.
5
In dem anwaltlichen Geltendmachungsschreiben vom 10. Oktober 2007 heißt es ua.:
„…
Unsere Mandantin ist tätig als Mitarbeiterin im vormaligen S Klinikum in R.
Im Hinblick auf das Urteil des BAG vom 29.08.2007 ist auch im Falle unserer Mandantin eine Nachberechnung der Vergütungsansprüche vorzunehmen und zwar ab August 2004.
Es ergeben sich folgende Nachforderungen:
Für die Zeit von August bis Dezember 2004
Januar bis Dezember 2005
Januar bis Dezember 2006
Januar bis Oktober 2007
insgesamt 39 Monate à 715,10 €
27.888,90 €
Weihnachtsgeld für die Jahre 2004, 2005 und 2006
1.769,15 € x 3
5.307,45 €
Urlaubsgeld für die Jahre 2004, 2005, 2006 und 2007
332,34 € x 4
1.329,36 €
…“
6
Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin zuletzt noch Bruttodifferenzbeträge für den Zeitraum März 2007 bis April 2008, Weihnachts- und Urlaubsgeld bzw. Jahressonderzahlung für das Jahr 2007 sowie Einmalzahlungen für die Monate April, Juli und Oktober 2007.
7
Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 10.547,35 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB von 5.295,73 Euro ab 1. Dezember 2007 und von weiteren 5.251,62 Euro ab Zustellung des Schriftsatzes vom 9. Juni 2008 zu zahlen.
8
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Auf das Arbeitsverhältnis seien die für allgemeinverbindlich erklärten Rahmen- und Lohntarifverträge für die gewerblich Beschäftigten in der Gebäudereinigung anzuwenden. Das Bundesarbeitsgericht habe sich mit dem Urteil vom 29. August 2007 (- 4 AZR 767/06 – BAGE 124, 34) in unzulässiger Weise von seiner bisherigen – jedenfalls noch für sog. Altverträge anzuwendenden – Rechtsprechung zur Auslegung von Bezugnahmeklauseln als Gleichstellungsabrede entfernt. Falls jedoch ein Anspruch nach dem BMT-G II ab dem Betriebsübergang vom 1. Juli 2004 zuerkannt werde, sei dieser jedenfalls nicht dynamisch auch auf den TVöD bezogen. Überdies seien eventuelle Ansprüche der Klägerin verfallen. Das Schreiben vom 10. Oktober 2007, zugegangen am 17. Oktober 2007, stelle keine wirksame Geltendmachung dar.
9
Das Arbeitsgericht hat der Klage überwiegend stattgegeben. Dagegen haben beide Parteien Berufung eingelegt. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hat es zurückgewiesen. Für die Klägerin hat es die Revision zugelassen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin die Wiederherstellung des arbeitsgerichtlichen Urteils und die weitergehende Verurteilung der Beklagten im Umfang des gestellten Antrages. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.