Arbeitsrecht

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Aktenzeichen  BayAGH III – 4 – 9/2021

Datum:
22.3.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 6445
Gerichtsart:
Anwaltsgerichtshof
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages.
IV. Der Gegenstandswert wird auf € 85,00 festgesetzt.

Gründe

Die Klage ist zulässig, hat allerdings in der Sache keinen Erfolg.
I. Gemäß § 112 c Abs. 1 BRAO richtet sich das Verfahren nach den Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung. Die Anfechtungsklage ist nach § 112 c Abs. 1 BRAO iVm §§ 42 ff. VwGO statthaft. Gemäß Art. 15 Abs. 2 AGVwGO war ein Vorverfahren nach § 68 VwGO nicht durchzuführen. Die Klage ist fristgerecht eingegangen, § 74 Abs. 1, § 58 VwGO.
II. Die Klage ist allerdings unbegründet. Der Beitragsbescheid der Beklagten vom 5. Februar 2021 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Beitragsbescheid findet seine Rechtsgrundlage in der dem Bescheid zugrunde liegenden, rechtmäßigen Beitragsordnung der Beklagten. Die Beschlussfassung zu TOP 6 in der Kammerversammlung 2020 hat Ziffer 1 der Beitragsordnung der Beklagten nicht mit Wirkung bereits für das Geschäftsjahr 2021 geändert.
1. Die Parteien sind sich darüber einig, dass Ziffer 1 der Beitragsordnung der Beklagten jedenfalls bis einschließlich des Geschäftsjahrs 2020 wirksam einen Mitgliedsbeitrag von € 285,00 für natürliche Personen festgesetzt hat und dieser Betrag bei Fortgeltung dieser Bestimmung auch im Geschäftsjahr 2021 von dem Kläger geschuldet gewesen wäre.
Hiergegen bestehen auch keine Bedenken, denn die Kammerversammlung ist gemäß § 89 Abs. 2 Nr. 2 BRAO ermächtigt, die Höhe der von dem einzelnen Mitglied zu entrichtenden Beiträge festzusetzen, also eine Beitragsordnung zu erlassen. Dass die Art und Weise der bisherigen Beitragsbemessung gegen geltende Gesetze, insbesondere den rechtlich anerkannten Begriff des Beitrags oder die Satzung der Rechtsanwaltskammer verstoßen würde, ist nicht ersichtlich.
2. Soweit der Kläger meint, die Kammerversammlung 2020 habe Ziffer 1 der Beitragsordnung dahingehend abgeändert, dass der Mitgliedsbeitrag für natürliche Personen ab dem Geschäftsjahr 2021 nur noch € 200,00 betrage, trifft dies nicht zu.
a) Der Antrag zu TOP 6 hat keine konkrete Regelung zum Inkrafttreten der gewünschten Änderung der Beitragshöhe beinhaltet, so dass auch keine ausdrückliche Beschlussfassung hierzu erfolgt ist.
Anders als der Kläger meint, bezieht sich die zu TOP 3.2 beschlossene Inkrafttretensregelung nicht auch auf die Beschlussfassung zu TOP 6, sondern sollte – wie die Beklagte mit Recht ausführt – schon aufgrund ihrer systematischen Zugehörigkeit zu den „Anträgen des Vorstandes der Rechtsanwaltskammer …“ und konkret zum Antrag 3.2.1 (vgl. B 2 S. 10) und der zeitlichen Reihung der Abstimmung ganz offensichtlich allein das Inkrafttreten der mit Antrag 3.2.1 vorgeschlagenen Änderung regeln.
b) Die Auslegung der Beschlüsse der Kammerversammlung ergibt im hier zu entscheidenden Einzelfall, dass Zeitpunkt des Inkrafttretens der Beitragsreduzierung nicht bereits der 1. Januar 2021, sondern der 1. Januar 2022 sein sollte.
aa) Dabei verkennt der Senat nicht, dass der Wille einer Kammerversammlung wohl grundsätzlich dahin geht, dass Beschlüsse über die Änderung der Höhe des Mitgliedsbeitrags auch ohne ausdrückliche Regelung über das Inkrafttreten zum nächstmöglichen Zeitpunkt wirksam werden.
bb) Allerdings besteht vorliegend die Besonderheit, dass dieser „nächstmögliche Zeitpunkt“ nicht schon das auf die Beschlussfassung folgende Geschäftsjahr 2021, sondern erst das Geschäftsjahr 2022 war:
Die Kammerversammlung hatte vor der Beschlussfassung über die Reduzierung des Mitgliedsbeitrags bereits den Haushaltsplan für das Geschäftsjahr 2021 verabschiedet, dessen unstreitig tragende Grundlage – wie regelmäßig und für die Mitglieder auch aus den hierzu zugänglich gemachten Unterlagen ersichtlich – die Fortschreibung der bisherigen Einnahmesituation war. Dass die Kammerversammlung den Beschluss über den Haushalt 2021 durch die kurz danach erfolgte Beschlussfassung über die Beitragsreduzierung bereits wieder revidieren wollte, ist durch nichts ersichtlich.
Damit stehen der Beschluss der Kammerversammlung über den Haushalt 2021 und über die Beitragsreduzierung nebeneinander. Sie beanspruchen jeder für sich in gleicher Weise Geltung wie der andere, weshalb der Hinweis des Klägers auf die Möglichkeit eines „Nachtragshaushalts“ fehl geht.
Ausgehend von der unstreitigen zeitlichen Abfolge der Abstimmung und unter Berücksichtigung des Umstands, dass der Haushalt 2021 einen zeitlich fixen Anwendungsbereich hat und auf der Grundlage der bisherigen Beitragshöhe aufgestellt wurde, war der Wille der Kammerversammlung ersichtlich darauf gerichtet, beiden Beschlüssen Geltung zu verschaffen und die Beitragsreduzierung – wie dann unschwer und ohne Widerspruch zum Haushaltsbeschluss der Kammerversammlung möglich – mit Wirkung erst zum 1. Januar 2022 zu beschließen.
Mit ihrem Hinweis auf das Inkrafttreten der Beitragsreduzierung zum 1. Januar 2022 in der Bekanntmachung hat die Beklagte mithin lediglich auf ihre – nach Vorstehendem zutreffende – Auslegung des fraglichen Beschlusses der Kammerversammlung hingewiesen und nicht, wie der Kläger rügt, die Umsetzung „ordnungsgemäß gesetzten Satzungs-Rechts“ verweigert.
III. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung liegen nicht vor, § 112 e BRAO iVm § 124 Abs. 2 VwGO.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO, § 709 Satz 2 ZPO.
Der Streitwert war gemäß § 194 Abs. 1 BRAO, § 52 GKG festzusetzen.


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