Arbeitsrecht

Der Einbürgerung entgegenstehende Verurteilungen

Aktenzeichen  M 25 K 15.4688

Datum:
6.7.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
HAuslG § 21 Abs. 1, § 12a Abs. 1 S. 1 Nr. 2
StAG StAG § 8, § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 5, § 12a Abs. 1 S. 3
VwGO VwGO § 113 Abs. 5, § 124, § 124a Abs. 4
RDGEG RDGEG § 3, § 5

 

Leitsatz

Es ist ein allgemeiner Grundsatz des Einbürgerungsrechts, dass beachtliche Straftaten der Einbürgerung solange entgegenstehen, als diese im Bundeszentralregister noch nicht getilgt sind. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage ist nicht begründet.
Der Bescheid des Beklagten vom 30. September 2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Einbürgerung in den deutschen Staatsverband. Ein solcher Anspruch ergibt sich weder aus § 21 Abs. 1 HAuslG noch aus § 10 Abs. 1 StAG, § 113 Abs. 5 VwGO.
1. Ein Einbürgerungsanspruch ergibt sich nicht aus § 21 Abs. 1 des Gesetzes über die Rechtsstellung heimatloser Ausländer im Bundesgebiet (HAuslG) vom 25. April 1951 (BGBl. 1, S. 269, zuletzt geändert durch Art. 7 des Zuwanderungsgesetzes vom 30.7.2004, BGBl. 1, S. 1950). Nach dieser Vorschrift wird ein heimatloser Ausländer auf Antrag eingebürgert, wenn er u.a. nicht wegen einer Straftat verurteilt worden ist (§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 1. Halbsatz HAuslG). Außer Betracht verbleiben Verurteilungen zu Geldstrafen oder zu Jugend- oder Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde (§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 2. Halbsatz HAuslG). Die Verurteilung durch das Landgericht … * am … Juni 1999 zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 10 Monaten überschreitet diese Unbeachtlichkeitsgrenze. Die Verurteilung durch das Amtsgericht … am … Juli 2008 zu einer Geldstrafe von 10 Tagessätzen á 30,00 Euro ist in diesem Rahmen unbeachtlich.
Von dieser Beachtlichkeitsgrenze im Rahmen des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 2. Halbsatz HAuslG ist jedoch die Frage zu trennen, wie lange beachtliche strafrechtliche Verurteilungen dem Einbürgerungsanspruch nach dieser Norm entgegengehalten werden können. Aus der Regelung des § 21 Abs. 1 HAuslG lässt sich diesbezüglich nichts herleiten. Gemäß § 21 Abs. 2 HAuslG gelten im Übrigen für heimatlose Ausländer die allgemeinen Vorschriften über die Einbürgerung. Über diesen Verweis auf die allgemeinen Normen des Einbürgerungsrechts sind auch die Regelungen des Bundeszentralregistergesetzes über die Tilgungsfristen entsprechend heranzuziehen. Denn es ist ein allgemeiner Grundsatz des Einbürgerungsrechts, dass beachtliche Straftaten der Einbürgerung des Antragstellers solange entgegenstehen, als eine Tilgung im Bundeszentralregister noch nicht erfolgt ist (vgl. BVerwG, U.v. 5.6.2014 – 10 C 4/14 – juris). Die Verurteilung durch das Landgericht … * vom … Juni 1999 wäre am 22. April 2016 zu tilgen gewesen. Aufgrund der Verurteilung durch das Amtsgericht … vom … Juli 2008 verlängerte sich die Tilgungsfrist jedoch laut Mitteilung des Bundesamtes für Justiz vom 2. April 2014 auf den 29. Juli 2018 (§ 47 Abs. 3 BZRG). Die Einbürgerungsbehörde ist grundsätzlich an die Tilgungsentscheidungen des Bundeszentralregisters gebunden (vgl. Berlit in GK-StAR, § 12a Rn. 16). Ein Verwertungsverbot nach § 51 Abs. 1 BZRG besteht somit nicht.
Dieser allgemeine Grundsatz des Einbürgerungsrechts wird auch entgegen der Ansicht des Klägerbevollmächtigten nicht durch die Regelung des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 2. Halbsatz HAuslG durchbrochen, wonach Verurteilungen zu Geldstrafen, wie vorliegend die Verurteilung durch das Amtsgericht …, bei der Einbürgerung eines heimatlosen Ausländers unbeachtlich bleiben. Denn damit ist nur die Frage geregelt, welche (Einzel-)Verurteilung der Einbürgerung nicht entgegensteht, nicht jedoch die Frage, wie lange einbürgerungshinderliche Verurteilungen dem Einbürgerungsanspruch entgegenstehen. Diese Frage wird allein durch allgemeine Grundsätze des Einbürgerungsrechts geregelt. Eine weitere Einschränkung dieser allgemeinen Regelung dahingehend, dass unbeachtliche Verurteilungen i.S. des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 2. Halbsatz HAuslG auch die Tilgungsfrist für Eintragungen im Bundeszentralregister nicht verlängern können, besteht nicht. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass bei einer Nichtheranziehung der Regelungen des BZRG über die Tilgungsfristen mangels fehlender Regelungen im HAuslG die Verurteilung des Klägers seiner Einbürgerung auf unbestimmte Zeit entgegengehalten werden könnte.
2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Einbürgerung nach § 10 Abs. 1 StAG. Die rechtskräftigen Verurteilungen des Klägers (LG …, U.v. …6.1999, Freiheitsstrafe 1 Jahr 10 Monate auf Bewährung; AG …, 10 Tagessätze zu je 30,00 Euro) stehen der beantragten Einbürgerung entgegen, § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG. Diese zusammengezählten Verurteilungen überschreiten offensichtlich die außer Betracht bleibenden Verurteilungen nach § 12a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 StAG. Bei den zusammengezählten 670 Tagessätzen liegt offensichtlich kein geringfügiges Überschreiten i.S. des § 12a Abs. 1 Satz 3 StAG vor. Diese Verurteilungen stehen der Anspruchseinbürgerung entgegen, solange noch keine Tilgung im Bundeszentralregister erfolgt ist (BVerwG a.a.O.). Dabei ist unbeachtlich, dass die ursprüngliche Tilgungsfrist vom 22. April 2016 durch die Verurteilung durch das Amtsgericht … im Jahr 2008 aufgrund eines Bagatelldelikts auf den … Juli 2018 verlängert wurde und diese Verurteilung für sich allein genommen nach § 12a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HAuslG unbeachtlich wäre (vgl. Berlit in GK StAR, § 12a Rn. 16). Die Einbürgerungsbehörde ist insoweit an die Tilgungsentscheidung des Bundeszentralregisters gebunden.
Die Klage ist somit mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.
Die Voraussetzungen des § 124a Abs. 1 VwGO für die Zulassung der Berufung liegen nicht vor.


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