Arbeitsrecht

Disziplinarklage, Zweimaliger Tankkartenmissbrauch durch Polizeibeamten in Führungsposition, Kürzung des Ruhegehalts

Aktenzeichen  M 19L DK 21.1496

Datum:
26.1.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 1218
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayDG Art. 12

 

Leitsatz

Tenor

I. Gegen den Beklagten wird auf die Disziplinarmaßnahme der Kürzung des Ruhegehalts in Höhe von einem Zehntel für die Dauer von 27 Monaten erkannt.  
II. Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. 

Gründe

Gegen den Beklagten wird auf die Disziplinarmaßnahme der Kürzung des Ruhegehalts in Höhe von einem Zehntel für die Dauer von 27 Monaten erkannt (Art. 12 Bayerisches Disziplinargesetz – BayDG).
1. Das Disziplinarverfahren wurde ordnungsgemäß durchgeführt. Der Beklagte erhielt in allen Verfahrensschritten die Gelegenheit zur Äußerung. Auf seinen Antrag wurde der Personalrat beteiligt.
2. Das Gericht geht in tatsächlicher Hinsicht von den in der Disziplinarklage dargestellten Vorwürfen aus. Diese stehen zur Überzeugungsgewissheit des Gerichts fest (vgl. BayVGH, U.v. 18.3.2015 – 16a D 09.3029 – juris Rn. 44). Dem Beklagten ist die unbefugte Verwendung der dienstlichen Tankkarte am 8. April 2017 (kein Schaden eingetreten) und am 11. Mai 2016 (Schaden 38,24 €) vorzuwerfen. Trotz der hinsichtlich der letztgenannten Tat bestehenden Ungereimtheiten im Sachverhalt lässt sich der Vorwurf aus den zweifelsfrei feststehenden Umständen (Rückgabe des Fahrzeugs um 16:15 Uhr, Dienstende um 17:07 Uhr, Betankung um 17:16 Uhr, Übernahme des Dienstfahrzeugs durch einen anderen Beamten um 17:00 Uhr) eindeutig belegen.
3. Durch die vorgeworfenen Taten hat der Beklagte ein Dienstvergehen begangen. Er hat hierdurch die in der Disziplinarklage genannten Pflichten verletzt.
4. Dieses Dienstvergehen hat er innerdienstlich begangen, weil die Nutzung der dienstlichen Tankkarte nur Polizeibediensteten möglich war (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2015 – 2 C 6.14 – juris Rn. 11).
5. Er hat die dienstliche Tankkarte mit Wissen und Wollen verwendet und damit vorsätzlich gehandelt. Anhaltspunkte für eine Schuldunfähigkeit im Sinne von § 20 StGB liegen nicht vor.
6. Von dem dargestellten Sachverhalt ausgehend ist die Disziplinarmaßnahme nach der Schwere des Dienstvergehens, der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit, dem Persönlichkeitsbild und dem bisherigen dienstlichen Verhalten zu bemessen (Art. 14 Abs. 1 Satz 1 BayDG). Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich zum einen nach der Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, der Dauer und Häufigkeit der Pflichtverstöße sowie den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale). Zu berücksichtigen sind auch die unmittelbaren Folgen für den dienstlichen Bereich und für Dritte (BayVGH, U.v. 25.10.2016 – 16b D 14.2351 – juris Rn. 73).
Unter Berücksichtigung dieser Kriterien ist vorliegend die Kürzung des Ruhegehalts in Höhe von einem Zehntel für die Dauer von 27 Monaten geboten. Auf der Grundlage des Strafrahmens von Betrug und Untreue – nach §§ 263 Abs. 1, 266 Abs. 1 StGB bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe – ist bei der vorliegenden innerdienstlichen Tat der Orientierungsrahmen bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis eröffnet (BVerwG, U.v. 10.12.2015 – 2 C 6.14 – juris Rn. 20). Im Hinblick auf die nur zweimalige Tat, den geringen Schaden (unter 40 €), die sehr guten dienstlichen Leistungen des Beklagten, seine Belastung durch das Disziplinarverfahren, die lange Verfahrensdauer und das geringere Sanktionsbedürfnis nach seiner Ruhestandsversetzung erscheint es trotz seiner Vorgesetztenstellung ausreichend, auf das Dienstvergehen mit der im Tenor ausgesprochenen Disziplinarmaßnahme zu reagieren.
7. Der Disziplinarmaßnahme steht auch nicht Art. 15 Abs. 1 Nr. 2 BayDG entgegen, weil sie bei dem Beklagten als Polizeibeamten zusätzlich erforderlich ist, um das Ansehen des Berufsbeamtentums zu wahren.
Die Kostenentscheidung folgt aus Art. 72 Abs. 1 Satz 1 BayDG.
Nach Rechtsmittelverzicht in der mündlichen Verhandlung ist das Urteil rechtskräftig.


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