Aktenzeichen 16b D 14.2336
BBG § 41 Abs. 1, § 61, § 62, § 63 Abs. 1, § 66 Abs. 1, § 77 Abs. 1, § 99
KWG § 32, § 54
ZollVG § 12a Abs. 2, § 31a
Leitsatz
1. Das Nachgehen einer Drittstaateneinlagevermittlung ohne Erlaubnis (§ 54 KWG) durch einen Zollbeamten erfüllt wegen der Nähe zu den ihm übertragenen dienstlichen Aufgaben und damit der Beschädigung der Autorität und des Ansehens des Beamtentums die Voraussetzungen eines außerdienstlichen Dienstvergehens. (redaktioneller Leitsatz)
2. Die von § 32 KWG geschützten Rechtsgüter beschränken sich nicht auf die Funktionsfähigkeit des Finanzmarkts und der Sicherung des staatlichen Kreditaufsichtswesens, sondern dienen auch dem Schutz des Privatvermögens der Anleger und haben somit auch Bezug zum Dienst eines Zollbeamten. (redaktioneller Leitsatz)
3. Zur Bestimmung der Disziplinarmaßnahme ist bei einem außergerichtlichen Dienstvergehen in einer ersten Stufe auf den zum Tatzeitpunkt geltenden Strafrahmen zurückzugreifen; nachträgliche Verschärfungen können nicht rückwirkend für die Beurteilung des zuvor begangenen Dienstvergehens herangezogen werden (ebenso: BVerwG BeckRS 2010, 56445). (redaktioneller Leitsatz)
4. Anders als im Strafverfahren kann im Disziplinarrecht die lange Verfahrensdauer nur unterhalb der Maßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis mildernd berücksichtigt werden, da ein Verbleib im Beamtenverhältnis ausschließlich wegen überlanger Verfahrensdauer nicht mit dem Zweck der Disziplinarbefugnis (Schutz der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung, Integrität des Berufsbeamtentums) vereinbar ist (ebenso: BVerwG BeckRS 2014, 58288). (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
M 19B DK 14.1367 2014-09-08 Urt VGMUENCHEN VG München
Tenor
I. Die Berufung wird zurückgewiesen.
II. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Die zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht auf die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (§ 10 BDG) erkannt.
1. Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht keine Mängel auf. Solche sind auch vom Beklagten im Berufungsverfahren nicht geltend gemacht worden.
2. Der Senat geht von folgenden Feststellungen aus:
2.1. Der dem Beklagten zur Last gelegte Sachverhalt, der dem seit 8. August 2012 rechtskräftigen Urteil des Amtsgerichts Augsburg vom 31. Juli 2012 zugrunde liegt, steht gemäß § 57 Abs. 1 BDG für den Senat bindend fest. Danach hat der Beklagte im Zeitraum von November 2005 bis August 2007 an 84 Kapitalanleger vorsätzlich Drittstaateneinlagen ohne Erlaubnis vermittelt. Das abgeurteilte Verhalten bezieht sich auf 125 Verträge mit einem Gesamtvolumen von 3.995.923,70 US-$. Für eine offenkundige Unrichtigkeit der tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichts ergibt sich nichts, so dass ein Lösungsbeschluss nicht in Betracht kam.
2.2. Der Beklagte hatte für die von November 2005 bis August 2007 ausgeübte Tätigkeit der Vermittlung von Drittstaateneinlagen weder eine Nebentätigkeitsgenehmigung beantragt, noch erhalten. Gleiches gilt für das von ihm seit 2001 ausgeübte Gewerbe der „wohnorientierten Entwicklungstätigkeit“, in deren Rahmen der Beklagte ein „Lagerhaus für Kunstdinger“ betrieb, das von Dienstag bis Freitag von 16 bis 19 Uhr geöffnet war, dessen Angebot unter anderem Gartenmöbel, Einrichtungsgegenstände und Lampen umfasste. Zuletzt firmierte der Beklagte im Internet als „R …“.
3. Durch die dem Beklagten zur Last gelegten Taten hat er ein einheitliches schwerwiegendes Dienstvergehen begangen ( § 77 Abs. 1 BBG), weil er schuldhaft die ihm obliegenden Pflichten verletzt hat. Maßgeblich ist die Sach- und Rechtslage im Tatzeitraum.
3.1. Der Beklagte hat durch die Drittstaateneinlagenvermittlung ohne Erlaubnis schuldhaft gegen seine Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten auch außerhalb des Diensts gemäß § 77 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 61 Abs. 1 Satz 3 BBG (§ 54 Satz 3 BBG a.F.) verstoßen. Der Beklagte hat dadurch ein außerdienstliches Dienstvergehen begangen, weil sein pflichtwidriges Verhalten nicht in sein Amt und in die damit verbundene dienstliche Tätigkeit eingebunden war, sondern außerhalb des Dienstes stattfand. Das außerdienstliche Fehlverhalten des Beklagten erfüllt den Tatbestand eines Dienstvergehens, weil es nach den Umständen des Einzelfalls im besonderen Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für sein Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.
Erfüllt sind die Kriterien eines außerdienstlichen Dienstvergehens – außer bei gegen den Staat gerichtetem Verhalten (§§ 80-120 StGB) und den Fällen der Steuer- und Abgabenhinterziehung – in der Regel bei vorsätzlich begangenen schwer wiegenden Straftaten, die mit einer Freiheitsstrafe geahndet worden sind. Dies zeigt auch die gesetzgeberische Wertung in § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BBG. Im Übrigen gilt: je näher ein Bezug außerdienstlichen Fehlverhaltens zu dem übertragenen Aufgabenbereich besteht, desto eher sind der Grundtatbestand des § 61 Abs. 1 Satz 3 BBG und die besonderen Voraussetzungen eines außerdienstlichen Dienstvergehens erfüllt (Hummel/Köhler/Mayer/Baunack, BDG, S. 301 f.).
Bezugspunkt hierfür ist das dem Beamten verliehene Amt im statusrechtlichen Sinne. Die Rechtsstellung des Beamten wird durch sein Statusamt geprägt. Dieses – und nicht die mit einem gegenwärtig innegehabten Dienstposten verbundene Tätigkeit – bestimmt, mit welchem Aufgabenbereich der Beamte amtsangemessen beschäftigt und damit künftig verwendet werden kann. Folgerichtig sind auch andere statusrechtliche Entscheidungen, wie etwa zu Eignung oder Dienstfähigkeit des Beamten, nicht auf die sich aus einem bestimmten Dienstposten ergebenden Anforderungen bezogen. Auch die spiegelbildliche Frage, ob der Beamte trotz begangener Pflichtverletzungen noch im Beamtenverhältnis verbleiben kann, muss daher auf sein Amt als Ganzes und nicht auf die Besonderheiten eines begrenzten Tätigkeitsbereichs bezogen werden. Andernfalls hinge die Möglichkeit der Vertrauensbeeinträchtigung von den Zufälligkeiten des jeweiligen Aufgabenzuschnitts und der Abgrenzung der Dienstposten zum Zeitpunkt der Tatbegehung ab. Der Beamte kann aber jederzeit umgesetzt oder versetzt werden (vgl. zum Ganzen BVerwG, U.v. 18.6.2015 – 2 C 9/14 – BVerwGE 152, 228 Rn. 17 ff. m.w.N.).
Aus dem sachlichen Bezug des Dienstvergehens zum konkreten Aufgabenbereich kann sich aber eine Indizwirkung ergeben. Der Beamte wird mit dem ihm übertragenen konkreten Amt identifiziert; dieses hat er uneigennützig, nach bestem Gewissen und in voller persönlicher Verantwortung für die Rechtmäßigkeit seiner dienstlichen Handlungen wahrzunehmen (§ 61 Abs. 1 Sätze 1 und 2, § 63 Abs. 1 BBG). Je näher der Bezug des außerdienstlichen Fehlverhaltens des Beamten zu dem ihm übertragenen Aufgabenbereich ist, umso eher kann davon ausgegangen werden, dass sein Verhalten geeignet ist, das Vertrauen zu beeinträchtigen, das sein Beruf erfordert (BVerwG, a.a.O. Rn. 20 m.w.N.).
Ein solch naher Bezug von außerdienstlichem Fehlverhalten zum Statusamt des Zollhauptsekretärs besteht hier. Die Aufgaben der Zollverwaltung beschränken sich nicht auf die zollamtliche Überwachung des Warenverkehrs über die Grenze des Zollgebiets der Europäischen Union. Nach § 1 Abs. 4 ZollVG wird auch der Verkehr mit Barmitteln und gleichgestellten Zahlungsmitteln in den, aus dem und durch den Geltungsbereich dieses Gesetzes zollamtlich überwacht. Auf Verlangen der Zollbediensteten bestehen insoweit Anzeigepflichten natürlicher Personen (§ 12 a Abs. 2 ZollVG), deren Verletzung bußgeldbewehrt sind (§ 31 a ZollVG). Wegen der strukturellen Vergleichbarkeit dieses Tatbestands mit der Drittstaateneinlagevermittlung können aus dem Fehlverhalten des Beklagten nachteilige Schlüsse auf die Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben gezogen werden, so dass das Verwaltungsgericht zu Recht von einer Beschädigung der Autorität und des Ansehens des Beamtentums ausgegangen ist.
Vor dem geschilderten Hintergrund trifft der Einwand des Beklagten nicht zu, die von § 32 KWG geschützten Rechtsgüter – Funktionsfähigkeit des Finanzmarkts, Sicherung des staatlichen Kreditaufsichtswesens – hätten keinen Bezug zum Dienst des Beklagten. Auch wenn der Gesetzgeber den Anlegerschutz erst im Zusammenhang mit der im Jahr 2011 erfolgten Anhebung des Höchststrafmaßes ausdrücklich erwähnt hat (Häberle in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Stand 1/2017, § 54 KWG Rn. 1 m.w.N. auf die Gesetzesmaterialien) und erst nach dem Tatzeitraum als Schutzgut der Vorschrift mehr publikumsbezogen auch das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Wirksamkeit der staatlichen Aufsicht über das Kreditwesen angesehen werden kann (Lindemann in Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, CRR-VO, 5. Aufl. 2016, § 54 KWG Rn. 17), galt die Vorschrift des § 54 KWG gemeinsam mit § 32 KWG schon im Tatzeitraum als Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB (Lindemann, a.a.O. § 54 KWG Rn. 3), war also durchaus auch dem Schutz des Privatvermögens der Anleger zu dienen bestimmt. Auch wenn ein Anleger damit nicht schlechthin vor dem Verlust seines angelegten Kapitals geschützt werden soll, soll er sich doch an ein Institut wenden können, das den Anforderungen eines zertifizierten Institutes genügt.
Nach allem war das Verhalten des Beklagten geeignet, das Vertrauen der Allgemeinheit und seines Dienstherrn in einer für sein Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.
3.2. Des Weiteren ist der Beklagte durch die verbotene Drittstaateneinlagevermittlung ohne Erlaubnis einer nicht genehmigten Nebentätigkeit nachgegangen. Damit hat er gegen seine Pflicht zur Befolgung dienstlicher Weisungen gemäß § 62 Abs. 1 Satz 2 BBG (§ 55 Satz 2 BBG a.F.) sowie gegen das Verbot der Ausübung von Nebentätigkeiten ohne Genehmigung (§ 99 BBG; § 72a Abs. 4 und 6 BBG a.F.) verstoßen. Die angesprochenen Pflichtverletzungen liegen auch in Bezug auf den seit 2001 betriebenen Handel mit Einrichtungsgegenständen und Möbeln vor. Die Verstöße gegen die Pflicht zur Befolgung dienstlicher Weisungen ergeben sich zum einen aus der am 17. Juli 1995 vom Beklagten unterzeichneten „Erklärung zum Antrag auf Beurlaubung gemäß §§ 72 a/72 b/ 79 a BBG“ (Personalhauptakte II Bl. 101), wonach der Beklagte einen Verzicht auf die Ausübung entgeltlicher Nebentätigkeiten erklärte sowie, dass er entgeltliche Tätigkeiten nach § 66 Abs. 1 BBG nur in dem Umfang ausüben werde, wie er sie bei Vollzeitbeschäftigung ohne Verletzung dienstlicher Pflichten ausüben könne. Das Nebentätigkeitsgenehmigungserfordernis war dem Beklagten anschließend ausweislich seines Schreibens vom 15. April 1997 an das Hauptzollamt L …, das darauf mit Schreiben vom 15. Mai 1997 geantwortet hat, bewusst. Bei der Verlängerung der Beurlaubung unterschrieb der Beklagte am 19. Mai 2003 erneut auf dem Merkblatt zum Antrag auf Beurlaubung, ebenso am 27. Januar 2009 und 13. Juli 2012 auf dem Merkblatt zum Antrag auf Teilzeit eine entsprechende Erklärung.
Die ausgeübten Nebentätigkeiten des Beklagten waren nicht genehmigungsfähig, da sie nach § 92 Abs. 3 BBG (§ 72a Abs. 4 und 6 BBG a.F.) dem Zweck der Freistellung nicht zuwiderlaufen durften. Zudem nahmen sie den Umfang eines Zweitberufs an und überschritten die Vergütungsgrenze (§ 99 Abs. 2 Satz 3 und Abs. 3 Satz 3 BBG).
4. Das festgestellte Dienstvergehen wiegt schwer im Sinne von § 13 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 BDG und führt bei einer prognostischen Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall be- und entlastenden Umstände zur Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (§ 10 BDG).
4.1. Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall angemessen und erforderlich ist, richtet sich nach § 13 Abs. 1 Satz 2 BDG. Die Disziplinarmaßnahme ist danach insbesondere nach der Schwere des Dienstvergehens, der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit, dem Persönlichkeitsbild und dem bisherigen dienstlichen Verhalten zu bemessen (§ 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG). Beamte, die durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren haben, sind gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 BDG aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Aus § 13 Abs. 1 BDG folgt die Verpflichtung des Gerichts, über die erforderliche Disziplinarmaßnahme anhand einer prognostischen Würdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. Gegenstand der disziplinarrechtlichen Bewertung ist die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrecht zu erhalten (st. Rspr., vgl. BVerwG, U.v. 23.2.2012 – 2 C 38/10 – juris Rn. 11).
Maßgebendes Kriterium für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist die Schwere des Dienstvergehens. Sie ist richtungsweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich zum einen nach Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, Dauer und Häufigkeit der Pflichtverstöße und den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen für den dienstlichen Bereich und für Dritte (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2015 – 2 C 6/14 – juris Rn. 16; B.v. 11.2.2014 – 2 B 37/23 – juris Rn. 10; B.v. 25.5.2012 – 2 B 133/11 – juris Rn. 9 m.w.N.), insbesondere nach den Höhe des entstandenen Schadens (vgl. BVerwG, U.v. 29.5.2008 – 2 C 59/07 – juris).
Setzt sich das Dienstvergehen aus mehreren Dienstpflichtverletzungen zusammen, bestimmt sich die zu verhängende Disziplinarmaßnahme in erster Linie nach der schwersten Verfehlung (vgl. BVerwG, U.v. 23.2.2005 – 1 D 1/04 – ZBR 2005, 315 – juris Rn. 113). Das ist hier die vorsätzliche Drittstaateneinlagevermittlung ohne Erlaubnis.
Zur konkreten Bestimmung der disziplinaren Maßnahmebemessung bei einem außerdienstlichen Dienstvergehen ist in einer ersten Stufe auf den Strafrahmen zurückzugreifen, weil der Gesetzgeber mit der Strafandrohung seine Einschätzung zum Unwert eines Verhaltens verbindlich zum Ausdruck gebracht hat. Die Orientierung zum Umfang des Vertrauensverlustes am gesetzlichen Strafrahmen gewährleistet eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarische Ahndung von außerdienstlich begangenen Straftaten. Für die Bestimmung des Orientierungsrahmens ist der zum Tatzeitpunkt geltende Strafrahmen maßgeblich. Nachträgliche Verschärfungen können nicht rückwirkend für die Beurteilung des zuvor begangenen Dienstvergehens herangezogen werden (BVerwG, U.v. 19.8.2010 – 2 C 5/10 – NVwZ 2011, 303 Rn. 23). Deshalb bleibt hier das Gesetz zur Umsetzung der Zweiten E-Geld-Richtlinie vom 1. März 2011 unberücksichtigt, mit dessen Art. 2 Nr. 38 lit. a) der Strafrahmen des § 54 Abs. 1 KWG von drei auf fünf Jahre Freiheitsstrafe erhöht worden ist. Mit der Anknüpfung an die im Tatzeitpunkt geltende Strafandrohung wird zugleich verhindert, dass die Disziplinargerichte ihre jeweils eigene Einschätzung des Unwertgehalts eines Delikts an die Stelle der Bewertung des Gesetzgebers setzen. Nicht die Vorstellung des jeweiligen Disziplinargerichts, sondern die Einschätzung des Parlaments bestimmt, welche Straftaten als besonders verwerflich anzusehen sind (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2015 – 2 C 50/13 – ZBR 2016, 250 – juris Rn. 15).
Für die disziplinarrechtliche Ahndung von außerdienstlichen Straftaten mit einem Strafrahmen von bis zu drei Jahren ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts für die Maßnahmebemessung grundsätzlich auf einen Orientierungsrahmen bis zur Dienstentfernung abzustellen (vgl. BVerwG, B.v. 23.1.2014 – 2 B 52/13 – juris Rn. 8 ).
Die Ausschöpfung des maßgeblich in Anlehnung an die abstrakte Strafandrohung gebildeten Orientierungsrahmens kommt nur in Betracht, wenn dies auch dem Schweregehalt des vom Beamten konkret begangenen Dienstvergehens entspricht. Delikte, die angesichts ihrer möglichen Variationsbreite der Vorgabe einer Regeldisziplinarmaßnahme nicht zugänglich sind, bedürfen einer sorgsamen Würdigung der Einzelfallumstände. Die Disziplinargerichte müssen für eine solche Betrachtung und Ausschöpfung des Orientierungsrahmens – nach oben wie nach unten – unter Berücksichtigung alle be- und entlastenden Umstände offen sein. Ein wie immer gearteter Schematismus verbietet sich hier in besonderer Weise (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2015 – 2 C 50/13 – ZBR 2016, 250 – juris Rn. 17 m.w.N.).
Zur Bestimmung der Schwere des im Einzelfall begangenen Dienstvergehens kann im Fall einer außerdienstlich begangenen Straftat auf einer zweiten Stufe zunächst indiziell auf die von Strafgerichten ausgesprochene Sanktion zurückgegriffen werden (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2015 – 2 C 50/13 – ZBR 2016, 250 – juris Rn. 18). Ist von den Strafgerichten bei einem außerdienstlich begangenen Dienstvergehen lediglich auf eine Geldstrafe erkannt worden, kommt die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nur ausnahmsweise und bei Vorliegen disziplinarrechtlich bedeutsamer Umstände in Betracht (vgl. BVerwG, B.v. 5.7.2016 – 2 B 24/16 – juris Rn. 13; U.v. 18.6.2015 – 2 C 9/14 – BVerwGE 152, 228 – juris Rn. 38).
Die Entscheidung des Gesetzgebers, die disziplinarrechtliche Relevanz außerdienstlichen Fehlverhaltens einzuschränken, wirkt sich auch auf die Bemessungsentscheidung nach § 13 Abs. 1 BDG aus. Sie führt dazu, dass ein Dienstvergehen außerhalb des Dienstes jedenfalls dann regelmäßig nicht die Beendigung des Beamtenverhältnisses nach sich zieht, wenn es keine Rückschlüsse auf die Dienstausübung des Betroffenen zulässt, seine disziplinarrechtliche Relevanz sich vielmehr ausschließlich aus dem damit verbundenen Ansehensschaden ergibt. In diesen Fällen kommt die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nur in Betracht, wenn das Dienstvergehen im Einzelfall durch vom Regelfall abweichende, besonders erschwerende Umstände gekennzeichnet ist (vgl. BVerwG, U.v. 28.7.2011 – 2 C 16.10 – BVerwGE 140, 185 Rn. 33).
Hier hat das Strafgericht wegen der vorsätzlichen Vermittlung von Drittstaateneinlagen ohne Erlaubnis eine Freiheitsstrafe von elf Monaten verhängt und ist damit nur wenig unter der Grenze des § 41 Abs. 1 Nr. 1 BBG geblieben. Des Weiteren hat es ausgeführt, dass eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten tat- und schuldangemessen gewesen wäre, wenn dem Beklagten nicht die lange Verfahrensdauer zwischen der Tatbestandsverwirklichung und der Aburteilung zu Gute gekommen wäre (UA Seite 13). Im Disziplinarrecht indes kann die lange Verfahrensdauer nur unterhalb der Maßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis berücksichtigt werden. Ergibt die für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme erforderliche Gesamtwürdigung aller erschwerenden und mildernden Umstände des Dienstvergehens, dass die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis geboten ist, kann davon nicht abgesehen werden, weil das Disziplinarverfahren unangemessen lange gedauert hat. Ein Verbleib im Beamtenverhältnis ausschließlich aufgrund einer überlangen Verfahrensdauer lässt sich nicht mit dem Zweck der Disziplinarbefugnis, nämlich dem Schutz der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung und der Integrität des Berufsbeamtentums, vereinbaren. Diese Schutzgüter und der Grundsatz der Gleichbehandlung schließen aus, dass ein Beamter weiterhin Dienst leisten und als Repräsentant des Dienstherrn auftreten kann, obwohl er durch ein gravierendes Fehlverhalten untragbar geworden ist. Die Dauer des Disziplinarverfahrens ist nicht geeignet, das von dem Beamten zerstörte Vertrauensverhältnis wiederherzustellen (BVerwG, B.v. 10.10.2014 – 2 B 66/14 – juris Rn. 7 m.w.N.).
Wie bereits oben ausgeführt, lässt die außerdienstlich begangene Straftat negative Rückschlüsse auf die Dienstausübung des Betroffenen zu. Zudem ist die Tat wegen der hohen Schadenssumme von nahezu 4 Millionen US-Dollar, die Vielzahl der Fälle der Drittstaateneinlagevermittlung und dem Umstand, dass der Beklagte auch im Kollegenkreis als Anlagevermittler aufgetreten ist, durch besonders erschwerende Umstände gekennzeichnet.
Hinzu kommt, dass der Beklagte durch die Drittstaateneinlagevermittlung und den Handel mit Einrichtungsgegenständen ohne Genehmigung Nebentätigkeiten ausübte. Dies stellt ein innerdienstliches Dienstvergehen dar. Der Beklagte handelte in Kenntnis aller Tatumstände, denn er wusste aufgrund der unterzeichneten Erklärungen zu den Beurlaubungs- und Teilzeitbeschäftigungsanträgen, dass jede Nebentätigkeit genehmigungsbedürftig war und dass er vor Erteilung einer solchen Genehmigungen jedweden Nebentätigkeiten nicht nachgehen durfte. Dies zeigt auch sein Schreiben vom 15. April 1997, mit dem er sich über die Bewilligung einer Nebentätigkeit hinsichtlich der Bebauung eines in seinem Besitz befindlichen Grundstücks erkundigte, die möglicherweise gewerblichen Charakter annehmen könne. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sieht der Senat in dem Umstand, dass die Nebentätigkeiten in Zeiten der Beurlaubung ausgeübt wurden, keinen weiter erschwerend zu wertenden Umstand.
4.2 Von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis ist zugunsten einer weniger strengen Disziplinarmaßnahme abzusehen, wenn ein – ursprünglich vom Bundesverwaltungsgericht zu den Zugriffsdelikten entwickelter – sog. „anerkannter“ Milderungsgrund vorliegt. Diese erfassen typisierend Beweggründe oder Verhaltensweisen des Beamten, die regelmäßig Anlass für eine noch positive Persönlichkeitsprognose geben. Zum einen tragen sie existenziellen Notlagen sowie körperlichen und psychischen Ausnahmesituationen – auch einer etwa verminderten Schuldfähigkeit – Rechnung, in denen ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten nicht mehr erwartet werden kann. Zum anderen erfassen sie ein tätiges Abrücken von der Tat, insbesondere durch die freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder die Offenbarung des Fehlverhaltens jeweils vor drohender Entdeckung. Auch der Milderungsgrund der Geringwertigkeit kann dazu führen, dass im Hinblick darauf, dass durch das Dienstvergehen nur ein geringer Schaden entstanden ist, von der Höchstmaßnahme abgesehen werden muss (vgl. BVerwG, U.v. 23.2.2012 – 2 C 38/10 – juris Rn. 13).
Hier bestehen für den Senat keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die außerdienstliche Straftat und die Verstöße gegen das beamtenrechtliche Nebentätigkeitsrecht wegen einer unverschuldeten, wirtschaftlichen Notlage begangen wurden.
Die genannten Milderungsgründe stellen jedoch keinen abschließenden Kanon der bei Dienstvergehen berücksichtigungsfähigen Entlastungsgründe dar. Bei der prognostischen Frage, ob gegenüber einem Beamten aufgrund eines schweren Dienstvergehens ein endgültiger Vertrauensverlust eingetreten ist, gehören zur Prognosebasis außerdem alle für diese Einschätzung bedeutsamen belastenden und entlastenden Ermessensgesichtspunkte, die in eine Gesamtwürdigung einzubeziehen sind. Selbst wenn keiner der vorrangig zu prüfenden anerkannten Milderungsgründe vorliegt, können entlastende Umstände gegeben sein, deren Gewicht in ihrer Gesamtheit dem Gewicht anerkannter Milderungsgründe vergleichbar ist. Entlastungsmomente können sich dabei aus allen denkbaren Umständen ergeben. Solche Umstände können das Absehen von der disziplinarischen Höchstmaßnahme rechtfertigen, wenn sie in ihrer Gesamtheit das Gewicht eines anerkannten Milderungsgrundes aufweisen. Generell gilt, dass das Gewicht der Entlastungsgründe umso größer sein muss, je schwerer das Delikt aufgrund der Schadenshöhe, der Anzahl und Häufigkeit der Tathandlungen, der Begehung von „Begleitdelikten“ und anderen belastenden Gesichtspunkten im Einzelfall wiegt. Entlastungsgründe sind nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ bereits dann einzubeziehen, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen sprechen (vgl. BVerwG, U.v. 23.2.2012 – 2 C 38/10 – juris Rn. 14 ff. m.w.N.). Erforderlich ist stets eine Prognoseentscheidung zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung auf Grundlage aller im Einzelfall be- und entlastenden Umstände (vgl. BVerwG, U.v. 6.6.2007 – 1 D 2.06 – juris). Bei schweren Dienstvergehen stellt sich dann vorrangig die Frage, ob der Beamte nach seiner gesamten Persönlichkeit noch im Beamtenverhältnis tragbar ist.
Hier sind folgende Umstände als mildernd zu werten: Der Beklagte hat seinen Dienst langjährig unbeanstandet ausgeübt. Durch die Straftat der Drittstaateneinlagevermittlung hat er ausweislich der Seite 8 f. des Strafurteils bei mehreren Vertragsabschlüssen Familienangehörige geschädigt. Zudem ist der Beklagte infolge der Strafverfolgung psychisch erkrankt, wie dem Befund des Psychologischen Psychotherapeuten B. (Bl. 38 der Disziplinarunterakte EA) zu entnehmen ist. Indes erreichen diese dargestellten Umstände in ihrer Gesamtheit nicht das Gewicht eines anerkannten Milderungsgrundes.
In der Gesamtschau ist durch das schwere Dienstvergehen ein endgültiger Vertrauensverlust eingetreten, der den Beklagten im Beamtenverhältnis als untragbar erscheinen lässt.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs. 1 BDG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Revision war nicht zuzulassen (§ 69 BDG, § 132 VwGO).