Arbeitsrecht

Entlassung von Probezeitbeamten vor Ablauf der Probezeit

Aktenzeichen  AN 1 K 19.01780

Datum:
19.5.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 21319
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BeamtStG § 23 Abs. 3 S. 1 Nr. 2
LlBG Art. 12 Abs. 1 S. 4, Art. 55 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 S. 1

 

Leitsatz

1. Maßgebend für die Entlassungsverfügung ist allein das objektive (materiell-rechtliche) Fehlen hinreichender Bewährung.  (Rn. 174 – 177) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der Dienstherr muss den Ablauf der (verlängerten) Probezeit jedoch dann nicht abwarten, wenn bereits zu einem früheren Zeitpunkt unumstößlich feststeht, dass sich der Beamte nicht bewährt hat. Hier gebietet es auch der Grundsatz der Fürsorgepflicht, den Betroffenen nicht länger als erforderlich über sein weiteres berufliches Schicksal im Unklaren zu lassen, um diesen frühzeitig eine berufliche Neuorientierung zu ermöglichen. (Rn. 188) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
3. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Der Bescheid der Regierung … vom 14. August 2019 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).
Der Bescheid ist formell rechtmäßig.
Die Regierung … ist gemäß Art. 56 Abs. 2, Art. 18 Abs. 1 Satz 2 BayBG i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 1 ZustV-IM vom 2. März 2007 (GVBl 2007, 216), zuletzt geändert durch Verordnung vom 4.7.2019, GVBl S. 514, für den Erlass der auf § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BeamtStG gestützten Entlassungsverfügung zuständig.
Die Klägerin wurde im Verwaltungsverfahren zu dem der Entlassung zu Grunde liegenden Sachverhalt ordnungsgemäß angehört (Art. 28 BayVwVfG, vgl. BVerwG, U.v. 29.5.1990 – 2 C 35.88, ZBR 1990, 348; Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Erl. 166 ff. zu § 23 BeamtStG).
Der Personalrat wurde antragsgemäß gemäß Art. 76 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 i.V.m. Art. 76 Abs. 1 Satz 3 BayPVG beteiligt.
Die Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten unterblieb auf Wunsch der Klägerin.
Die Entlassungsverfügung ist auch materiell rechtmäßig, wobei für die Beurteilung auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung abzustellen ist (BVerwG, U.v. 28.11.1980 – 2 C 24.78 – ZBR 1981. 251).
Nach § 23 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BeamtStG können Beamtinnen und Beamte auf Probe entlassen werden, wenn sie sich in der Probezeit nicht bewährt haben.
Die Begriffe „Bewährung“ und „mangelnde Bewährung“ sind unbestimmte Rechtsbegriffe. Die Bewährung hinsichtlich Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung kann nicht nach allgemeinen, hergebrachten, für das Berufsbeamtentum schlechthin geltenden Wertmaßstäben beurteilt werden. Die Feststellung der Bewährung oder mangelnden Bewährung hängt sowohl von den zahlreichen Anforderungen des konkreten Aufgabengebietes (vgl. BVerwG, U.v. 29.9.1960 – II C 79.59 – BVerwGE 11, 139) als auch von der Beurteilung der Persönlichkeit ab. Dabei ist nicht nur auf die Eignung für ein bestimmtes Amt im konkret-funktionellen Sinn, sondern auf die vorgesehene Laufbahn als Ganzes abzustellen (Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, a.a.O., Erl. 135 zu § 23 BeamtStG m.w.N.).
Die mangelnde Bewährung kann gleichzeitig auf mehreren unterschiedlichen Aspekten beruhen, zum Beispiel auf einer fehlenden fachlichen und charakterlichen Eignung (BayVGH, B.v. 19.7.2010 – 3 CS 10.887 -).
Der Feststellung der Bewährung eines Beamten während der Probezeit kommt als Voraussetzung für die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit der Charakter einer Prognose im Hinblick darauf zu, dass der Beamte aufgrund der während der Probezeit erbrachten Leistungen, seines während der Probezeit gezeigten Verhaltens und sonstiger während der Probezeit bekannt gewordener Umstände voraussichtlich auf Dauer den an einen Beamten seiner Laufbahn zu stellenden persönlichen und fachlichen Anforderungen gewachsen sein wird. Eine mangelnde Bewährung liegt also nicht erst dann vor, wenn endgültig die fehlende Eignung, Befähigung oder fachliche Leistung erwiesen ist, sondern schon dann, wenn begründete Zweifel bestehen, ob der Beamte den an ihn zu stellenden Anforderungen persönlich und fachlich gewachsen sein wird (BVerwG, U.v. 7.5.2019 – 2 A 15/17 – juris; Weiss/Niedermaier/Summer/ Zängl, a.a.O., Erl. 136 zu § 23 BeamtStG m.w.N.).
Den auf die Person des Beamten bezogenen Entlassungsgründen des § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 2 BeamtStG liegt nämlich der Gedanke zu Grunde, dass nur ein in jeder Hinsicht geeigneter Beamter (Art. 33 Abs. 2 GG, § 9 BeamtStG) in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit berufen werden soll (§ 10 BeamtStG; vgl. BVerwG, U.v. 28.11.1980 – 2 C 24/78 – BVerwGE 61, 200).
Bei der Feststellung der Bewährung oder mangelnden Bewährung, die von den zahlreichen Anforderungen des konkreten Aufgabengebiets sowie von der Beurteilung der Persönlichkeit des Beamten abhängt, handelt es sich um einen Akt wertender Erkenntnis, nämlich um ein an den Anforderungen der konkreten Laufbahn auszurichtendes, persönlichkeitsbedingtes Werturteil. Letztlich kann nur die Dienstbehörde sachverständig und zuverlässig beurteilen, welche fachlichen und persönlichen Anforderungen an ein konkretes Aufgabengebiet zu stellen sind und ob ein Beamter diesen Anforderungen gewachsen ist (vgl. BVerwG, U.v. 19.3.1998 – 2 C 5/97 – BVerwGE 106, 263; U.v. 7.5.2019 – 2 A 15/17 – juris).
Der teils wertende, teils prognostische Charakter der Feststellung, ob sich der Beamte auf Probe bewährt hat, lässt eine uneingeschränkte verwaltungsgerichtliche Kontrolle nicht zu. Diese spezifischen Einschätzungen sind ausschließlich dem Dienstherrn vorbehalten und können durch die Verwaltungsgerichte – ggf. auch unter Inanspruchnahme von Sachverständigen – nicht ersetzt werden. Soweit es um spezifische Werturteile und Prognosen geht, ist nur der Dienstherr in der Lage, den Gleichbehandlungsanspruch im Hinblick auf den Zugang zu den von ihm eingerichteten öffentlichen Ämtern zu wahren und durchzusetzen. Nur er ist befugt, das Anforderungsprofil dieser Ämter festzulegen und im wertenden Vergleich festzustellen, ob der Beamte den gestellten Anforderungen gerecht wird (BVerwG, U.v. 19.3.1998 – 2 C 5/97 – a.a.O.)
Die Beurteilung der fachlichen und persönlichen Eignung des Beamten durch den Dienstherrn ist gerichtlich deshalb nur eingeschränkt daraufhin überprüfbar, ob der Begriff der mangelnden Bewährung und die gesetzliche Grenze des Beurteilungsspielraums verkannt worden sind, ob der Beurteilung ein unrichtiger Tatbestand zu Grunde liegt und ob allgemeine Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachwidrige Erwägungen angestellt wurden (vgl. BVerwG, U.v. 7.5.2019 – 2 A 15/17 – juris; BayVGH, B.v. 16.5.2002 – 3 CS 02.629 -).
Bei dem Begriff der Bewährung in § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BeamtStG handelt es sich um einen komplexen Rechtsbegriff, der den Behörden hinsichtlich der tatbestandlichen Voraussetzungen eine Einschätzungsprärogative überlässt, die von den Verwaltungsgerichten zu respektieren ist (BVerwG, U.v. 19.3.1998 – 2 C 5/97 – a.a.O.).
Hiervon ausgehend ist die Entlassungsverfügung vom 14. August 2019 nicht zu beanstanden.
Der Beklagte hat den gesetzlichen Begriff der Bewährung in § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BeamtStG und die Grenzen der Beurteilungsermächtigung nicht verkannt, als er die Entlassungsverfügung darauf gestützt hat, dass die Klägerin sich nicht bewährt und damit für die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit nicht als geeignet erwiesen hat.
Der Beklagte ist bei seiner Bewertung auch nicht von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen. Ein solcher ergibt sich insbesondere nicht aus einer zu frühen Erstellung der Einschätzung während der Probezeit bzw. der beiden Probezeitbeurteilungen.
Nach Art. 55 Abs. 1 Nr. 1 LlbG ist eine Einschätzung der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung nach der Hälfte der regelmäßigen Probezeit vorzunehmen.
Gemäß Art. 55 Abs. 3 Satz 1 LlBG erfolgt die Probezeitbeurteilung bis zum Ablauf der Probezeit.
Ziffer 3.2.2 der Beurteilungsbekanntmachung StMI vom 3. August 2011 (gültig bis 30.9.2017) bzw. vom 8. September 2017 (gültig ab 1.10.2017) bestimmt hierzu, dass das Beurteilungsverfahren im Regelfall so abzuwickeln ist, dass die Einschätzung ein Jahr nach Beginn der Probezeit vorliegt. Die Einschätzung beinhalte also einen gewissen Zeitraum der Prognose (Zeitpunkt der Erstellung der Einschätzung bis zum Ende des zweiten Jahres der Probezeit).
Vorliegend wurde die nicht datierte Einschätzung während der Probezeit, die ursprünglich vom 10. Oktober 2016 bis 9. Oktober 2018 dauerte, bereits im Juli 2017 erstellt. Der damalige Vorgesetzte der Klägerin, Herr RD …, erhob unter dem 25. Juli 2017 keine Einwendungen.
Die erste Probezeitbeurteilung datiert vom 27. August 2018. Der unmittelbare Vorgesetzte der Klägerin erhob unter dem 5. September 2018 erneut keine Einwendungen.
Die vorzeitige Erstellung der Einschätzung während der Probezeit sowie der Probezeitbeurteilung vom 27. August 2018 führt nicht zur Rechtswidrigkeit der Entlassungsverfügung.
Soweit es die Erstellung der Einschätzung während der Probezeit betrifft, hat die informatorische Anhörung des damaligen Vorgesetzten der Klägerin, Herrn Ltd. RD … ergeben, dass erstmals Zweifel an der Eignung der Klägerin für den Einsatz im Bereich der … anlässlich eines Vorfalls im November 2017, also erst im zweiten Jahr der Probezeit aufgetreten waren. Die verfrühte Erstellung der Einschätzung während der Probezeit konnte sich somit nicht zum Nachteil der Klägerin auswirken, da die Klägerin auch bei einer Einschätzung, die den Zeitraum bis einschließlich 9. Oktober 2017 erfasst hätte, positiv beurteilt worden wäre.
Soweit es die Probezeitbeurteilung vom 27. August 2018 betrifft, in welcher die Klägerin als noch nicht geeignet für eine Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit angesehen wurde, wurde diese sechs Wochen vor dem regulären Ende der Probezeit erstellt.
Hiergegen ist rechtlich nichts zu erinnern.
Bereits der Formulierung des Art. 55 Abs. 2 Satz 1 LlbG ist zu entnehmen, dass die Probezeitbeurteilung bis zum Ablauf der Probezeit erfolgt. Ziffer 3.3.2 der Beurteilungsbekanntmachung StMI bestimmt hierzu, dass das Beurteilungsverfahren im Regelfall so abzuwickeln ist, dass die Probezeitbeurteilung zum Ende der regulären oder verkürzten Probezeit vorliegt.
Hierbei ist zwar zu berücksichtigen, dass der Beurteilungszeitraum, in welchem sich der Probebeamte zu bewähren hat, weitgehend auszuschöpfen ist. Vor dem Hintergrund der Zweckbestimmung der Probezeit ist der noch zulässige Zeitabstand zwischen der Erstellung der dienstlichen Beurteilung und dem Ende eines Beurteilungszeitraum deshalb in Wochen und nicht in Monaten zu messen. Andere, großzügigere Maßstäbe gelten nur dann, wenn bereits vorher ein eindeutiges – positives oder negatives – Bewährungsurteil getroffen werden kann, dessen Änderung bei einem längeren, den Beurteilungszeitraum weiter ausschöpfenden Betrachtungszeitraum ausgeschlossen ist (BVerwG, U.v. 7.5.2019 – 2 A 15/17 – juris).
Diese Vorgaben wurden vorliegend beachtet, da zwischen dem Zeitpunkt der Erstellung der Probezeitbeurteilung und dem Ende der regulären Probezeit ein Zeitraum von (nur) sechs Wochen lag. Zudem lag es auch im Interesse der Klägerin, diese frühzeitig auf die noch nicht bestehende Eignung für eine Übernahme in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit hinzuweisen (vgl. Ziffer 3.1.1 der Beurteilungsbekanntmachung StMI).
Unabhängig hiervon führen Verfahrensfehler bei der Erstellung einer Probezeitbeurteilung bzw. der Einschätzung während der Probezeit nicht zur Fehlerhaftigkeit einer auf die Feststellung der Nichtbewährung gestützten Entlassungsverfügung. Maßgebend für die Entlassungsverfügung ist nämlich allein das objektive (materiell-rechtliche) Fehlen hinreichender Bewährung (vgl. BVerwG, B.v. 20.11.1989 – 2 B 153/89 – juris; Eck/Hoffmeyer/Hüllmantel/Luber/Weißgerber, Leistungslaufbahngesetz, 2011, Rn. 27 zu Art. 12).
Ebenso führt die Tatsache, dass die Klägerin während der regulären Probezeit lediglich beim Sachgebiet … der Regierung … (* …*) eingesetzt worden ist, nicht zur Rechtswidrigkeit der Entlassungsverfügung.
Der Zweck des Probebeamtenverhältnisses gebietet es, die Eignung des Beamten auf Probe für sämtliche in dem entsprechenden Amt eines Beamten auf Lebenszeit anfallenden Tätigkeiten unter im Wesentlichen für die Beamten dieser Laufbahn gleichen Bedingungen feststellen zu können. Der Dienstherr hat deshalb sicherzustellen, dass Einschränkungen oder besondere Erschwerungen in der Erprobung unterbleiben (BVerwG, U.v. 19.3.1998 – 2 C 5/97 – juris Rn. 29).
Der Einsatz der Klägerin beim … stellt unter Berücksichtigung, dass die Probezeit nachfolgend verlängert worden ist, keine derartige besondere Erschwerung dar.
Auf gerichtliche Anfrage hat der Beklagte mitgeteilt, derzeit seien im … zwölf Beamtinnen und Beamte des nichttechnischen Dienstes in der dritten Qualifikationsebene, eine Beamtin des nichttechnischen Dienstes in der zweiten Qualifikationsebene und drei Beamtinnen bzw. Beamte des nichttechnischen Dienstes in der vierten Qualifikationsebene beschäftigt. Insgesamt gehörten lediglich fünf Mitarbeiter des … nicht zum Verwaltungspersonal. Auch im Sachgebiet … würden – trotz der Bezeichnung als … – im wesentlichen Verwaltungstätigkeiten ausgeführt. Von den zwölf Beamtinnen bzw. Beamten der dritten Qualifikationsebene befänden sich derzeit zwei Beamte noch in der Probezeit.
In der mündlichen Verhandlung wurde ergänzend ausgeführt, dass es – abgesehen von der Klägerin – beim Einsatz von Probebeamtinnen und Probebeamten der Laufbahn der Klägerin im … bisher keine Probleme gegeben habe.
Der Einsatz der Klägerin als Probebeamtin beim … stellt somit keine gleichheitswidrige Erschwernis zu Lasten der Klägerin dar.
Zwar wurde die Klägerin während der regulären Probezeit nur im Sachgebiet … der Regierung … (* …*) eingesetzt. Art. 12 Abs. 1 Satz 4 LlbG bestimmt insoweit, dass während der Probezeit der Einsatz auf verschiedenen Dienstposten erfolgen soll, soweit keine dienstlichen Gründe entgegenstehen.
Diesen Vorgaben wurde jedoch letztlich ausreichend Rechnung getragen, da die Klägerin jedenfalls während der (verlängerten) Probezeit auf einem anderen Dienstposten, nämlich im Sachgebiet … der Regierung … (…), einem Sachgebiet mit „klassischen Verwaltungsaufgaben“ eingesetzt worden ist.
Hierzu wurde die Probezeit bis zum 9. Oktober 2019 verlängert.
Wie bereits ausgeführt ist einem Beamten auf Probe nach dem Sinn und Zweck der laufbahnrechtlichen Probezeit grundsätzlich während der gesamten – regelmäßigen oder auch verlängerten – Probezeit die Möglichkeit zu geben, seine Eignung nachzuweisen. Auch bei einer Verlängerung dürfen die bisherigen Leistungen nicht außer Acht gelassen werden, allerdings ist den während der Verlängerung der Probezeit gezeigten Leistungen ausschlaggebende Bedeutung beizumessen (BVerwG, U.v. 31.5.1990 – 2 C 35/88 – juris Rn. 20).
Der Dienstherr muss den Ablauf der (verlängerten) Probezeit jedoch dann nicht abwarten, wenn bereits zu einem früheren Zeitpunkt unumstößlich feststeht, dass sich der Beamte nicht bewährt hat. Hier gebietet es auch der Grundsatz der Fürsorgepflicht, den Betroffenen nicht länger als erforderlich über sein weiteres berufliches Schicksal im Unklaren zu lassen, um diesen frühzeitig eine berufliche Neuorientierung zu ermöglichen (vgl. BVerwG, U.v. 31.5.1990 – 2 C 35/88 – juris Rn. 22).
Hiervon ausgehend ist die streitgegenständliche Entlassungsverfügung – unter Berücksichtigung der eingeschränkten Prüfungskompetenz der Kammer – auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden.
Wie bereits ausgeführt, genügen bereits berechtigte Zweifel des Dienstherrn, ob der Beamte die Eignung und Befähigung besitzt und die fachlichen Leistungen erbringt, die für die Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit notwendig sind, um eine Bewährung zu verneinen.
Der Beklagte hat das Vorliegen begründeter Zweifel, dass die Klägerin den an sie zu stellenden Anforderungen ihrer Fachlaufbahn bei einer Übernahme in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit persönlich und fachlich gewachsen sein wird, auf der Grundlage der Probezeitbeurteilung vom 9. Juli 2019 in der Entlassungsverfügung ausreichend substantiiert dargelegt.
Hierzu wird gemäß § 117 Abs. 5 VwGO auf die diesbezüglichen Ausführungen des Beklagten in der Entlassungsverfügung verwiesen und von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen.
Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass sich berechtigte Zweifel bereits im zweiten Jahr der Probezeit während des Einsatzes der Klägerin beim Sachgebiet … ergaben. Diese fertigte zu einem Vorfall anlässlich einer Gepäckkontrolle am 15. Juli 2018 in der Zeit vom 16. Juli 2018 bis zum 22. Juli 2018 einen Aktenvermerk mit der Überschrift „Die wunderbare und wundersame Koffervermehrung – (k) eine Geschichte aus tausendundeiner Nacht“. Im weiteren Verlauf bediente sich die Klägerin erneut unsachlicher Formulierungen, die in dienstlichen Dokumenten keine Verwendung finden können („auf meinen ungläubigen (Schlafzimmer) Blick mit riesigen Glubschaugen und bestimmt weit offen stehenden Mund“; „begab mich auf den Heimweg, kurz nachdem Frankreich in der 65. Minute den vierten Treffer erzielt hatte“).
Der Aktenvermerk, der mit großem Zeitaufwand gefertigt wurde und sich zu den zeitlichen Abfolgen in teils unnötigen Details verliert (z.B.: 19:22:55: Putzfrau leert Mülleimer aus), zeigt, dass die Klägerin noch 21 Monate nach der Übernahme in das Probebeamtenverhältnis nicht in der Lage war, einen sachlichen, für die Praxis verwendbaren Aktenvermerk zu fertigen.
Der Klägerin fehlte zudem die für eine Beamtin ihrer Laufbahn bei einem Einsatz im … erforderliche Entscheidungsfreude und Verantwortungsbereitschaft. Dies wurde seitens des damaligen Vorgesetzten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung nochmals erläutert.
Da die Eignung der Klägerin für eine Übernahme in das Beamtenverhältnis noch nicht festgestellt werden konnte, wurde die Probezeit verlängert und die Klägerin ab dem 20. August 2018 im Sachgebiet … der Regierung … (…), und damit in einem Sachgebiet mit „klassischer Verwaltungstätigkeit“ eingesetzt. Der Personalrat wurde vor der Entscheidung über die Verlängerung der Probezeit gemäß Art. 76 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BayPVG beteiligt.
Auch in der neuen Tätigkeit konnte sich die Klägerin trotz wiederholter Hinweise auf bestehende Mängel, die zuletzt in einem Gespräch am 5. Juni 2019 erfolgt sind, jedoch nicht bewähren. Wie der Beklagte in der zweiten Probezeitbeurteilung vom 9. Juli 2019 ausgeführt hat, erfordert das Aufgabengebiet der Zentralen Ausländerbehörde eine strukturierte und gut organisierte Arbeitsweise. In eigenverantwortlicher Zuständigkeit muss über den Verbleib von Asylbewerbern im Bundesgebiet entschieden werden. Diese Entscheidungen sind sicher und überzeugend nach außen zu vertreten.
Diese Anforderungen hat die Klägerin nicht erfüllt, obwohl eine deutlich intensivere und längere Einarbeitung als bei anderen Kollegen erfolgt war. Die Klägerin war nicht in der Lage, Aufgaben zu priorisieren und ihre Tätigkeit an Terminen und Fristen auszurichten. Die erforderliche Entscheidungsfreude war nicht gegeben, ihr Verhalten gegenüber Dritten von Unsicherheit und fehlendem Durchsetzungsvermögen geprägt.
Auch waren die (schriftlichen) Arbeitsergebnisse nur zum Teil verwertbar.
Der Beklagte hat hierzu ein umfangreiches Aktenkonvulat übergeben, in welchem die einzelnen Mängel bei der Aufgabenerfüllung und die erforderlichen Korrekturen an verschiedenen von der Klägerin erstellten Bescheiden dargestellt worden sind.
Es handelt sich hierbei um Werturteile des Dienstherrn. Derartige Wertungen des Dienstherrn im Rahmen der ihm bei Bewährungsbeurteilungen eingeräumten Beurteilungsermächtigung können nicht durch Wertungen von Zeugen, Sachverständigen oder des Gerichts ersetzt werden (BVerwG, U.v. 31.5.1990 – 2 C 35/88 – juris Rn. 21). Insbesondere kommt es auch auf die abweichende Selbsteinschätzung der Klägerin nicht an.
Basierend auf den von dem Beklagten getroffenen Feststellungen ist der Beklagte ohne Rechtsfehler bereits vor Ablauf der regulären Probezeit zu der Einschätzung gelangt, dass sich die Klägerin – auch unter Berücksichtigung der längeren krankheitsbedingten Fehlzeiten im Zeitraum vom Dezember 2018 bis Ende Februar 2019 – endgültig nicht bewährt hat. Denn der Beklagte durfte im Rahmen der ihm eingeräumten Beurteilungsermächtigung davon ausgehen, dass sich zumindest ein Teil der festgestellten Mängel als persönlichkeitsbedingt auch in der verbliebenen Probezeit nicht mehr beheben lassen würden. Dies betrifft insbesondere die fehlende Entscheidungsfreude und das fehlende Durchsetzungsvermögen, die bereits in der regulären Probezeit festgestellt worden waren und auch in der verlängerten Probezeit unverändert fortbestanden.
Da der Beklagte somit ein eindeutiges, negatives Bewährungsurteil treffen konnte, dessen Änderung bei einem längeren, den Beurteilungszeitraum weiter ausschöpfenden Betrachtungszeitraum ausgeschlossen war, war der Beklagte berechtigt und (auch im Interesse der Klägerin) verpflichtet, bereits am 9. Juli 2019 die zweite Probezeitbeurteilung zu erstellen (vgl. BVerwG, U.v. 7.5.2019 – 2 A 15/17 – juris) und die Klägerin unverzüglich vor Ablauf der verlängerten Probezeit zu entlassen.
Insoweit handelte es sich um keine Ermessensentscheidung. Gelangt der Dienstherr zu der Überzeugung, dass der Beamte auf Probe hinsichtlich Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung nicht behebbare Mängel aufweist, so ist er verpflichtet, den Beamten zu entlassen (BVerwG, U.v. 24.11.1988 – 2 C 24.87 – Buchholz 237.6 § 39 Nr. 7; B.v. 17.10.1989 – BVerwG 2 B 133.89 – Buchholz 237.0 § 41 Nr. 1). Mit dem Wort „kann“ trägt § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BeamtStG lediglich dem Gesichtspunkt Rechnung, die Probezeit zu verlängern, wenn die Bewährung oder Nichtbewährung des Beamten noch nicht endgültig festgestellt worden ist. Im vorliegenden Falle hat der Beklagte indessen zutreffend eine abschließende Feststellung zur Nichtbewährung der Klägerin getroffen.
Die Entlassung wurde entsprechend Art. 56 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BayBG zum 30. September 2019 verfügt und in der Entlassungsverfügung gemäß § 56 Abs. 3 BayBG der Grund und der Zeitpunkt der Entlassung angegeben.
Die Klage war somit abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708, 711 ZPO.
Gründe, die Berufung nach § 124a VwGO zuzulassen, liegen nicht vor.


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