Arbeitsrecht

Entschädigungssatz nach § 17e Abs. 1 und 2 EnWG für den Zeitraum vor 1.1.2017

Aktenzeichen  1 HK O 28/19

Datum:
19.3.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 12846
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
EnWG § 17e Abs. 2, § 118 Abs. 21
EEG aF § 19, § 50 Abs. 3 S. 1

 

Leitsatz

1. Für den Entschädigungszeitraum 01.01.2015 bis 31.03.2015 beträgt der Entschädigungssatz nach § 17 e Abs. 2 EnWG 19,4 ct/kwh. Die am 01.01.2017 erfolgte Änderung von § 17 e EnWG Abs. 1 und 2 wirkt sich nicht auf vor dem 01.01.2017 liegende Entschädigungszeiträume aus. (Rn. 32 – 36)
2. § 17 e EnWG Abs. 1 und 2 wirkt sich nicht auf vor dem 01.01.2017 liegende Entschädigungszeiträume aus. (Rn. 36)

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 305.639,36 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 07.01.2019 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 3.260,90 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 07.01.2019 zu zahlen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
5. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 305.639,36 € festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Klage ist nur hinsichtlich eines Teils der Zinsforderung unbegründet.
§ 17 e Abs. 2 EnWG verweist zur Entschädigungshöhe auf Abs. 1, S. 1 und 2 der Vorschrift. Der Satz ergibt sich aus Abs. 1 S. 1, dieser gibt der Klägerin eine: „Entschädigung in Höhe von 90 Prozent der nach EEG § 19 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes in Verbindung mit EEG § 50 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes im Fall der Einspeisung erfolgenden Vergütung“.
Dies waren nach § 50 Abs. 3 S. 1 EEG 19,4 Cent pro Kilowattstunde. So der Gesetzeswortlaut. Eine Kürzung nach § 37 EEG kommt nicht in Betracht, da dieser nach dem Wortlaut auf die klägerische Anlage nicht anzuwenden ist.
Das Gericht folgt in grammatikalischer Auslegung dem Wortlaut. Es hat in den von Beklagtenseite angeführten Umständen keine hinreichende Grundlage, eine andere Auslegung heranzuziehen, um vom Wortlaut abzuweichen.
a) Zwar spricht viel für die Argumentation der Beklagten, dass bei der Änderung der Vorschriften des EEG zum 1.8.2014 der Gesetzgeber eine Rückwirkung seiner Änderungen im EEG auf die Vorschrift des § 17e EnWG nicht bedacht hatte. Der Gesetzgeber ist offensichtlich davon ausgegangen, dass nach dem neuen Regime des EEG 2014 entweder direkt vermarktet wird oder – nur unter der Voraussetzung, dass § 37 EEG anwendbar ist – eine Einspeisevergütung verlangt wird. Dass die Höhe der Einspeisevergütung für Windenergieanlagen auf See systematisch auch an anderer Stelle maßgeblich ist, ist möglicherweise übersehen worden. Sicher kann man nicht sein, da für Gesetzesbegründungen nicht die Vermutung der Vollständigkeit spricht.
b) Dass dies auch bei der Änderung des EnWG nicht bedacht wurde, folgt einerseits aus der zitierten Gesetzesbegründung, wonach es sich nur um eine redaktionelle Anpassung handele, andererseits aus dem Umstand, dass andere Verweise in § 17 e EnWG gar nicht angepasst wurden; dies spricht dafür, dass die Änderung des EnWG zum 1.8.2014 hinsichtlich der gesetzgeberischen Motive überhaupt nicht belastbar ist.
c) Dies alles wird aber annulliert durch den Umstand, dass der Gesetzgeber zum 1.1.2017 nicht etwa im EEG eine klarstellende Formulierung zum Unterschied zwischen „anzulegendem Wert“ und Einspeisevergütung eingefügt hat, sondern die ganze Materie wiederum in § 17e EnWG in der ab 1.1.2017 geltenden Fassung geregelt hat (wobei ganz offensichtlich davon ausgegangen wird, dass die Vergütung gleich dem „anzulegenden Wert“ der jetzt in Bezug genommenen Vorschrift des § 47 Abs. 3 EEG 2017 ist, dass also zwischen dem Begriff Vergütung und „anzulegendem Wert“ vor wie nach kein Unterschied besteht) und – entscheidend – in der Übergangsvorschrift des § 118 Abs. 21 EnWG in der ab 1.1.2017 geltenden Fassung nicht etwa eine Rückwirkung dieser „Korrektur“ sondern im Gegenteil die Fortdauer der Anwendbarkeit der bis dahin geltenden EnWG-Vorschriften geregelt hat. Wäre der Gesetzgeber von einem Irrtum ausgegangen, hätte es nahegelegen, eine Korrektur rückwirkend anzuwenden. Dass der Gesetzgeber dies nicht getan hat, indiziert, dass es nicht um einen bloßen Irrtum ging. Wenn der Gesetzgeber eine Vorschrift bewusst in seine formenden Hände nimmt (anders als die EnWG-Änderung vom 1.8.2014, siehe oben b), muss das Gericht davon ausgehen, dass das Absehen von einer rückwirkenden Korrektur bedeutet, dass der Gesetzgeber eine – möglicherweise unbeabsichtigte – Änderung von 1.8.2014 jedenfalls bis 31.12.2016 stehen lassen wollte.


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