Arbeitsrecht

Entscheidungsspielraum des Arbeitgebers – Voraussetzungen einer Kündigung innerhalb der Probezeit – Voraussetzungen einer treuwidrigen oder sittenwidrigen Kündigung

Aktenzeichen  6 Ca 1273/21

Datum:
21.4.2022
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
ArbG Erfurt 6. Kammer
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:ARBGERF:2022:0421.6CA1273.21.00
Spruchkörper:
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Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreites werden dem Kläger auferlegt.
3. Der Wert des Streitgegenstandes wird festgesetzt auf 9.150,00 €.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit einer arbeitgeberseitigen Kündigung außerhalb des Kündigungsschutzgesetzes und innerhalb der einzelvertraglich vereinbarten Probezeit.
Der am 15.09.1963 geborene Kläger ist seit dem 01.05.2021 beim Beklagten als Fuhrparkmanager in der Zentrale der Landesforstanstalt tätig.Der zwischen den Parteien geschlossene Arbeitsvertrag stellt originär einen solchen im öffentlichen Dienst dar. Er enthält unter § 4 lediglich die Benennung der Entgeltgruppe 9a TV-L.
Unter dem 04.05.2021 wurde eine weitere Niederschrift nach dem Nachweisgesetzes vom Arbeitgeber abgezeichnet (Bl. 7 der Akte), in der der Kläger als Fuhrparkmanager bezeichnet wird.
Unter dem Datum vom 26.03.2021 erhielt der Kläger ein vom Sachgebietsleiter Personal, Organisation ein Schreiben mit der Überschrift „Funktionsübertragung“. In diesem wird der Kläger wiederum als Fuhrparkmanager im Sachgebiet 2.2 Waldarbeit, Technik in der Zentrale der Landesforstanstalt in Erfurt bezeichnet.
Nach den unbestrittenen Angaben des Klägers hatte sich dieser im Oktober 2020 auf eine Stellenausschreibung als Fuhrparkmanager beworben. Er bekam auf eigenen Wunsch die Möglichkeit eingeräumt, bereits im April 2021 sich einen umfassenden Überblick über die Technik der Beklagten zu verschaffen. Dem Kläger wurden dafür auch eine Vielzahl von Dokumenten durch einen Verantwortlichen der Beklagten, Herrn F., übermittelt. Der Kläger behauptet in diesem Zusammenhang, dass er im Fuhrpark erhebliche Unzulänglichkeiten und Regelverstöße festgestellt habe. Deshalb hat der Kläger mit Einverständnis von Herrn F. am 13.05.2021 eine Vorstandsvorlage erarbeitet, um Lösungsansätze anzubieten. Diese Vorstandsvorlage wurde in Zusammenarbeit mit Herrn F. immer wieder aktualisiert und korrigiert.
Am 08.06.2021 kam es dann zu einem Mitarbeitergespräch, dessen Anlass und Inhalt seitens der Parteien sehr unterschiedlich bewertet wird. Nach Angaben des Klägers sollte und wurde in diesem Gespräch lediglich die Vorstandsvorlage diskutiert.Nach den Angaben der Beklagten war Anlass dieses Gespräches, Kritikpunkte gegenüber dem Kläger seitens der Verantwortlichen und weiterer Mitarbeiter.
Unter dem Datum vom 01.07.2021 wurde dem Kläger ein Probezeitzeugnis erteilt (vergleiche Bl. 62, 63 der Akte).
In diesem Zeugnis werden dem Kläger u. a. eine hohe Motivation und eine sehr hohe Eigeninitiative bescheinigt. Die im Gespräch vom 08.06.2021 erörterten Kritikpunkte sind jedoch ebenfalls in diesem Zeugnis enthalten und lauten u. a.:
„Er ist sehr von seinem eigenen Standpunkt in seiner jeweiligen Handlungsalternative überzeugt. Er urteilt sehr schnell über etablierte Prozesse, ohne sich zum Teil zuvor einen umfassenden Überblick über den betroffenen Prozess und die zugehörige Historie verschafft zu haben. Alternative Handlungsmöglichkeiten im Kollegenkreis lösungsorientiert zu diskutieren, fällt ihm immer wieder schwer. Bei notwendigem Änderungsbedarf erläutert er oft nicht die genaueren Gründe, sodass die betroffenen Kollegen kein Verständnis für die notwendigen Veränderungen im Sinne des Change-Managements entwickeln können. Dadurch erzeugt er Ablehnung. Herr H. tritt sehr selbstbewusst auf, wobei er von den Kollegen oftmals als überheblich wahrgenommen wird. Mitunter zieht er die Kompetenz von Mitarbeitern auf destruktive Weise in Zweifel. Die Kommunikation mit Kollegen auf Augenhöhe im Sinne des Servicegedankens fällt ihm schwer. Er bei der Mehrzahl der Kollegen, mit denen er häufiger zusammenarbeitet, nicht anerkannt.
Insgesamt ist festzustellen, dass die Teamfähigkeit einschließlich der Kommunikation auf Augenhöhe von Herrn H., trotz sehr hoher fachlicher Eignung, deutlich unter dem zu erwartenden Niveau liegt. Für die Tätigkeit als Fuhrparkmanager und der damit verbundenen sehr zu hohen Zahl an Kontakten mit Kolleginnen und Kollegen sowie Dritten, ist diese Fähigkeit jedoch von herausragender Bedeutung. Es ist davon auszugehen, dass er nach der Beendigung der Einarbeitungsphase das zu erwartende dauerhafte Niveau für diesen Bereich nicht erreicht.
Mit Herrn pp. wurde im Laufe der Probezeit ein Mitarbeitergespräch (08.06.2021) zu den oben genannten Kritikpunkten geführt.…
Die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses kann aufgrund der fehlenden Perspektive zur Erreichung einer dauerhaften guten und umfassenden kollegiale Zusammenarbeit und Kommunikation und auch aus Rücksicht auf die Motivation und Leistungsbereitschaft der übrigen betroffenen Kollegen nicht empfohlen werden.
Entscheidungsvorschlag:
Das Arbeitsverhältnis sollte innerhalb der Probezeit fristgerecht gekündigt werden.“
Der Kläger hat dieses Zeugnis am 01.07.2021 zur Kenntnis genommen.
Im Hinblick auf die erarbeitete Vorstandsvorlage hat der Kläger unbestritten vorgetragen, dass diese von ihm am 16.06.2021 fertiggestellt wurde. Zu diesem Zeitpunkt befand sich der Leiter des Fachbereichs „Forstbetrieb/Technik“, Herr B., allerdings im Urlaub. Diesem wurde am 28.06.2021 die Vorstandsvorlage vorgelegt.
Der Kläger verweist darauf, dass die Kenntnisnahme der Vorstandsvorlage von Herrn B. (28.06.2021) zeitnah mit der Erstellung des Zeugnisses sei und mit dem darin enthaltenen Entscheidungsvorschlag der Kündigung des Arbeitsverhältnisses gesehen werden muss.
Unter dem Datum vom 16.07.2021, dem Kläger am 17.07.2021 zugegangen, hat der Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich innerhalb der Probezeit fristgerecht zum 31.07.2021 gekündigt (vergleiche Bl. 9 der Akte).
Zuvor ist der Betriebsrat unter dem Datum vom 30.06.2021, vergleiche Bl. 64, 65 der Akte, zu dieser Kündigung beteiligt worden.
Dieses Anhörungsschreiben enthält u. a. folgende Angaben:
Dienststelle: SG 2.2 Waldarbeit, Technik der Zentrale der LandesforstanstaltDienstposten: Mitarbeiter/-in
Dem Personalrat wird u. a. das Gespräch am 08.06.2021 erläutert. Es wurde auf die Kommunikationsproblematik im Hinblick auf die übrigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hingewiesen. Der Kläger wird als anmaßend und arrogant im Auftreten bezeichnet und es wurde darauf hingewiesen, dass eine Änderung des Verhaltens des Klägers seit dem 08.06.2021 nicht festgestellt werden konnte.
Unter dem Datum vom 14.07.2021 fand die Personalratssitzung statt, an der auch Vertreter der Dienststelle teilgenommen haben. Die seitens des Beklagten bereits angeführten Probleme mit dem Kläger wurden erörtert.
Der Personalrat hat der Maßnahme nicht zugestimmt (vergleiche Bl. 10, 11 der Akte).
Er führt dabei aus:
„Nach einer Anhörung des Herrn pp. und nach der Erörterung mit der Dienststellenleitung konnte sich der Personalrat kein abschließendes Urteil bilden, ob die von der Dienststelle beabsichtigte ordentliche Kündigung gerechtfertigt ist.“
Der Kläger hat bereits in seinem Klageschriftsatz darauf hingewiesen, dass er die Rechtsauffassung vertritt, dass die streitgegenständliche Kündigung sittenwidrig gemäß § 138 Abs. 1 BGB und treuwidrig gemäß § 242 BGB ist. Grund für die Kündigung sei ausschließlich der Umstand gewesen, dass er insbesondere in seiner Vorstandsvorlage nur gesetzmäßiges Handeln des Beklagten herstellen wollte. Der Kläger hat u. a. Zeugenbeweis dafür angetreten, dass seine Kommunikation und sein „Umgangston“ mit mehreren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Beklagten vollkommen ordnungsgemäß gewesen sei. Der Kläger kann bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung nicht nachvollziehen, dass die Beklagte ihm vorwirft, dass er nicht kommunikationsbereit, nicht gesprächsbereit und nicht einsichtsfähig gewesen ist. Er habe sich im Vorfeld des Arbeitsverhältnisses und während des Arbeitsverhältnisses sehr engagiert und eingebracht. Mit seiner Vorstandsvorlage wollte er lediglich aufzeigen, welche Mängel er festgestellt habe und wie diese abzustellen seien.
Der Kläger hat auch in der letzten mündlichen Verhandlung nach Nachfragen des Gerichtes betont, dass er erhebliche Mängel unterschiedlichster Art und Weise in der Ausgestaltung des Fuhrparks, deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und im Verhältnis zu den Verantwortlichen festgestellt habe.
Aus dem zeitlichen Ablauf, insbesondere der Erstellung der Vorstandsvorlage, der Diskussion der Verantwortlichen hierüber, der Erstellung des Arbeitszeugnisses und des Ausspruchs der Kündigung, sei ein unmittelbarer Zusammenhang herzustellen. Aus diesem Grunde beruhe die ausgesprochene Kündigung auf sachverhalts- und persönlichkeitsfremden Erwägungen.
Im Hinblick auf die Anhörung des Personalrates wird seitens des Klägers die Ordnungsgemäßheit bestritten. Die Anhörung enthalte falsche Information. Zunächst sei der Kläger nur als „Mitarbeiter“ im SG 2.2 Waldarbeit/Technik benannt worden. Der Kläger sei aber, ausweislich seines Werdegangs und den getroffenen Vereinbarungen, als Fuhrparkmanager eingestellt. Dem Personalrat sei bei der Anhörung auch unrechtmäßig suggeriert worden, dass der Kläger unkollegial zu anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sei und dass die mangelnde Kommunikationsfähigkeit des Klägers ausschlaggebend für die streitgegenständliche Kündigung gewesen sei.
Der Kläger beantragt:
Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die ordentliche Kündigung des Beklagten vom 16.07.2021, dem Kläger am 17.07.2021 zugegangen, nicht beendet wird.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat sowohl in seinen Schriftsätzen, als auch in der letzten mündlichen Verhandlung mehrmals betont, dass keine sachfremden, sittenwidrigen oder treuwidrigen Gründe der streitgegenständlichen Kündigung zugrunde liegen.
Der Kläger sei insbesondere am 08.06.2021 auf die aufgezeigten Kommunikationsprobleme und sein mangelndes zwischenmenschliches Verhalten hingewiesen worden. Diese Kritikpunkte habe der Kläger im weiteren Verlauf des Arbeitsverhältnisses nicht abgestellt. Aus diesem Grund sei dies auch wesentlicher Inhalt des erteilten Zwischenzeugnisses gewesen.
Anlass zum Ausspruch der Kündigung sei nicht die erstellte Vorstandsvorlage gewesen. Kritikpunkte des Klägers sind während des Bestehens des Arbeitsverhältnisses und auch im Nachgang diskutiert und teilweise auch abgestellt worden. Der Beklagte habe keine Veranlassung gehabt diese Vorstandsvorlage nicht zu beachten und den Kläger diesbezüglich zu sanktionieren.
Der Beklagte hat auch darauf hingewiesen, dass eine vermeintlich vom Kläger ausgehende Beschwerde und Eingabe ordnungsgemäß bearbeitet wurde und weitergehend festgestellte Mängel abgestellt worden seien.
Im Hinblick auf die Rüge der mangelhaften Personalratsanhörung verweist der Beklagte darauf, dass der Kläger ausweislich seines Arbeitsvertrages lediglich als Beschäftigter im öffentlichen Dienst bezeichnet wurde und eine entsprechende Entgeltgruppe nach dem Tarifvertrag der Länder angegeben sei.
Dem Personalrat sei lediglich das mitgeteilt worden, was ausschlaggebend für die Überlegungen der Verantwortlichen der Beklagten im Hinblick auf den Ausspruch der Kündigung gewesen sei. Die Kommunikationsprobleme des Klägers und die damit einhergehenden Unzulänglichkeiten standen dabei im Vordergrund.
Im Übrigen wird verwiesen auf die gegenseitigen Schriftsätze der Parteien und die Protokolle der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet und daher abzuweisen.
Die innerhalb der Probezeit und außerhalb der Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes ausgesprochene Kündigung ist nicht i. S. v. § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig und auch nicht treuwidrig gemäß § 242 BGB.
Das erkennende Gericht orientiert sich dabei zunächst an der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes, die insbesondere im Urteil vom 05.12.2019, 2 AZR 107/19, zum Ausdruck gebracht worden ist. Das Bundesarbeitsgericht führt dabei aus, dass es außerhalb der Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes der Überprüfung des Vorliegens personen-, verhaltens- oder betriebsbedingter Gründe nicht bedarf, sodass der Arbeitgeber grundsätzlich jedes Arbeitsverhältnis ohne Begründung fristgerecht kündigen kann. Dies gilt insbesondere für Arbeitsverhältnisse in denen eine Probezeit vereinbart war.Die Rechtsunwirksamkeit einer solchen Kündigung ist daher allein am Maßstab der Sittenwidrigkeit (§ 138 Abs. 1 BGB) oder der Treuwidrigkeit (§ 242 BGB) zu messen, sofern nicht bereits ein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot ersichtlich ist (§ 134 BGB).
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist ein Rechtsgeschäft i. S. v. § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig, wenn es nach seinem Inhalt oder Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden widerspricht. Verstößt das Rechtsgeschäft – wie eine an sich neutrale Kündigung – nicht bereits seinem Inhalt nach gegen die grundlegenden Wertungen der Rechts- oder Sittenordnung, muss ein persönliches Verhalten des Handelnden hinzukommen, welches diesem zum Vorwurf gemacht werden kann. Hierfür muss eine besondere Verwerflichkeit des Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln oder der zutage tretenden Gesinnung ergeben kann.
Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung ist die streitgegenständliche Kündigung nicht rechtswidrig und verstößt nicht gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden nach § 138 Abs. 1 BGB.
Für das Gericht ist vorliegend auch nach der dargestellten Rechtsauffassung des Klägers nicht ersichtlich, dass die Verantwortlichen der Beklagten bei Ausspruch der Kündigung besonders verwerflich gehandelt haben. Der Beklagte bringt zum Ausdruck, dass die Verantwortlichen selbst festgestellt haben, dass eine gewisse Kommunikationsunfähigkeit des Klägers gegenüber weiteren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und gegenüber den Verantwortlichen selbst festgestellt werden musste. Sie haben ihm im Zwischenzeugnis ein sehr großes Engagement und eine sehr große Einsatzbereitschaft bescheinigt. Dies hat auch der Kläger im Verlauf des Prozesses immer wieder betont. An der eigentlichen Arbeitsleistung des Klägers und im Ergebnis daher auch an der erarbeitenden Vorstandsvorlage, ist eine Kritik der Verantwortlichen des Beklagten nicht festzustellen. Auch der Inhalt der Vorstandsvorlage, die dem Gericht vorliegt, ist nicht dahingehend zu interpretieren, dass einzelnen Verantwortlichen der Beklagten in erheblichem Maße seitens des Klägers Vorwürfe gemacht werden. Im Gegensatz dazu hat die Beklagte betont, dass während des Arbeitsverhältnisses und auch im Nachgang (insbesondere nach der erfolgten anonymisierten Beschwerde) Mängel festgestellt und auch entsprechend abgestellt worden sind. Dass die Verantwortlichen bei Ausspruch der Kündigung eine nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts erforderliche verwerfliche Sanktion gegenüber dem Kläger ausgeführt haben, ist vorliegend nicht ersichtlich.
Die Kündigungen stellt auch keine treuwidrige Weise der Verantwortlichen des Beklagten i. S. v. § 242 BGB dar.
Das Bundesarbeitsgericht hat diesbezüglich wie folgt ausgeführt:
„Der Grundsatz von Treu und Glauben in § 242 BGB bildet eine allen Rechten, Rechtslagen und Rechtsnormen immanente Inhaltsbegrenzung. Eine gegen diesen Grundsatz verstoßende Rechtsausübung oder Ausnutzung einer Rechtslage, ist wegen der darin liegenden Rechtsüberschreitung als unzulässig anzusehen. Das Kündigungsschutzgesetz hat die Voraussetzungen und Wirkungen des Grundsatzes von Treu und Glauben bereits in § 1 KSchG konkretisiert und abschließend geregelt. Eine Kündigung verstößt deshalb nur dann gegen § 242 BGB, wenn sie Treu und Glauben aus Gründen verletzt, die von § 1 KSchG nicht erfasst sind. Es geht daher vor allem darum, Arbeitnehmer vor willkürlichen oder sachfremden Motiven beruhenden Kündigungen zu schützen.“
Vorliegend hat der Beklagte die Kündigung im weitesten Sinne – obwohl nicht notwendig – als verhaltens-/personenbedingte Kündigung bezeichnet. Diese Gründe sind bereits – wie das BAG ausführt – von § 1 KSchG erfasst. Willkürliche oder sachfremde Motive, die die streitgegenständliche Kündigung begründen könnten, sind für das Gericht nicht nachvollziehbar.
Weitestgehend kann dabei auf die bereits oben ausgeführten Gründe Bezug genommen werden. Die Verantwortlichen der Beklagten haben innerhalb der Probezeit die Person, Arbeitsweise und Außenwirkung des Klägers für sich bewertet. Diese Bewertungsmöglichkeit steht ihnen als offizielle Vertreter des Arbeitgebers entsprechend zur Seite. Sinn und Zweck einer Probezeit ist darin zu sehen, dass die Verantwortlichen des Arbeitgebers eine Entscheidung darüber treffen, ob nach ihrer Auffassung der Betroffenen geeignet ist, weiterhin Beschäftigter zu sein. Eine Entscheidung hierüber kann nicht willkürlich oder sachfremd sein. Vorliegend sind die Verantwortlichen zu dem Ergebnis gekommen, dass eine zukünftige Zusammenarbeit mit dem Kläger nicht möglich erscheint. Unter Beweis stellen müssen sie diese interne und persönliche Entscheidung nicht. Auch hierbei weist das Gericht wiederum darauf hin, dass auch aus der vom Kläger erstellten Vorstandsvorlage nicht abgeleitet werden kann, dass die Verantwortlichen des Beklagten aus völlig sachfremden und willkürlichen Überlegungen zur Entscheidung der Kündigung des Arbeitsverhältnisses gelangt sind.
An den eingereichten Unterlagen des Beklagten, im Hinblick auf die durchgeführte Personalratsanhörung, sind Fehler, die zu deren Unwirksamkeit führen, nicht erkennbar. Die Bezeichnung des Klägers als Mitarbeiter im SG 2.2 Waldarbeit, Technik entsprechen der Benennung des Klägers im originären Arbeitsvertrag.Die Benennung der Kündigungsgründe, die der Einschätzung der Verantwortlichen des Beklagten entsprechen, sind im Anhörungsschreiben benannt.Es hat darüber hinaus ein gemeinsames Gespräch zwischen den Personalratsmitgliedern und der Dienststelle in der Personalratssitzung vom 14.07.2021 gegeben. In diesem Gespräch wurden weitergehende Fragen des Personalrates seitens der Verantwortlichen beantwortet.
Dass der Personalrat in seiner Begründung zur Ablehnung der Kündigung mitgeteilt hat, sich kein abschließendes Urteil habe bilden zu können, ist für das Gericht nach den Ausführungen des Beklagten nicht gänzlich nachvollziehbar.
Als unterlegene Partei des Rechtsstreits hat der Kläger gemäß § 46 Abs. 2 ArbGG in Verbindung mit § 91 ZPO die Kosten zu tragen.
Der Wert des Streitgegenstandes war gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG im Urteil festzusetzen und mit dem 3-fachen Monatsbruttogehalt zu bewerten.


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