Arbeitsrecht

Festsetzung des Geschäftswerts für die Bestellung mehrerer Aufsichtsratmitglieder

Aktenzeichen  31 Wx 222/17

Datum:
15.2.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
RPfleger – 2018, 512
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
FamFG § 38 Abs. 3 S. 3
AktG § 99 Abs. 6 S. 7

 

Leitsatz

Bei der Festsetzung des Geschäftswerts für die Bestellung mehrerer Aufsichtsratmitglieder kann der Umfang der Prüfung des Registergerichts im jeweiligen Einzelfall zu einer angemessenen Erhöhung des Pauschalwerts im Sinne des § 67 Abs. 1 Nr. 1 GNotKG führen (entgegen OLG Stuttgart, Beschluss v. 14.3.2017, Akz. 20 W 3/17).

Tenor

1. Der Beschluss des Amtsgerichts München – Registergericht – vom 4.5.2017 wird in Bezug auf die Festsetzung des Geschäftswerts mit der Maßgabe abgeändert, dass dieser 100.000 € beträgt.
2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.
Die zulässigen Beschwerden haben teilweise Erfolg. Der Senat teilt einerseits nicht die Auffassung des Registergerichts, dass für die Bestellung zweier Aufsichtsratmitglieder einer Gesellschaft nach § 104 Abs. 2, Abs. 3 Nr. 2 AktG der Geschäftswert im Sinne des § 67 Abs. 1 Nr. 1 GNotKG (60.000 €) nach der Anzahl der bestellten Aufsichtsratmitglieder zu vervielfachen ist, aber auch nicht die Meinung der Beschwerdeführer, dass – entsprechend der von dem OLG Stuttgart vertretenen Auffassung (vgl. OLG Stuttgart Beschluss vom 14.3.2017 Akz. 20 W 3/17) bei einer Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern der Geschäftswert für das Verfahren unabhängig von der Anzahl der zu bestellenden Personen stets mit 60.000 € zu bemessen ist.
1. Der Pauschalgeschäftswert im Sinne des § 67 Abs. 1 Nr. 1 GNotKG ist entgegen der Auffassung des Registergerichts nicht mit der Anzahl der bestellten Aufsichtsratsmitglieder zu vervielfältigen. Ein solcher Ansatz ergibt sich weder aus § 67 Abs. 1 Nr. 1 GNotKG noch aus § 35 Abs. 1 GNotKG.
a) Bezugspunkt für den Geschäftswert ist nach § 67 Abs. 1 Nr. 1 GNotKG nicht die zu bestellende Person, sondern das Verfahren als solche. Es liegen auch keine mehrere Verfahrensgegenstände im Sinne des § 35 Abs. 1 GNotKG vor, die zu einer Wertsummenaddierung führen, da das Bestellungsverfahren auf die Wiederherstellung der Beschlussfähigkeit eines Aufsichtsrats gerichtet ist, und so ein einheitlicher Verfahrensgegenstand vorliegt. Insoweit war es bereits vor Inkrafttreten des § 67 GNotkG Rechtsprechung des BayOblG, dass bei einer Beschwerde gegen die Bestellung mehrerer Aufsichtsratsmitglieder der entsprechend § 99 Abs. 6 S. 7 AktG aF anzusetzende Wert (100.000 DM) nicht für jedes Aufsichtsratmitglied zugrunde zu legen und mit der Zahl der Aufsichtsratmitglieder zu multiplizieren ist, sondern der Ausgangsbetrag von 100.000 DM entsprechend zu erhöhen ist (vgl. BayObLG NZG 1998, 69/70).
b) Im Gegensatz zu dem OLG Stuttgart ist der Senat jedoch der Auffassung, dass die Voraussetzungen des § 67 Abs. 3 GNotKG für eine von dem Regelgeschäftswert abweichende Festsetzung des Geschäftswerts vorliegen.
aa) Der Anwendungsbereich der Vorschrift ist dann eröffnet, wenn der Ansatz des Werts im Sinne des § 67 Abs. 1 Nr. 1 GNotKG nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig ist. Wenngleich der Gesetzgeber für Verfahren, die die Ernennung oder Abberufung von Personen betreffen, aus Gründen der Vereinfachung feste Werte angesetzt hat, ergibt sich daraus – wie Abs. 3 aufzeigt – nicht im Rückschluss, dass damit stets der Pauschalwert anzusetzen ist. Die Gebühren und der diesen zugrunde liegende Geschäftswert haben (auch) der Mühewaltung der Gerichte Rechnung zu tragen (vgl. KG BeckRS 2016, 00032; BayObLG NZG 2000, 647/ 648). Insofern kann die Bestellung mehrerer Aufsichtsratsmitglieder durch das 31 Wx 222/17 – Seite 3 Registergericht in einem Verfahren „besondere Umstände“ im Sinne des § 67 Abs. 3 GNotKG darstellen. Zu Recht weist das Registergericht darauf ab, dass seine Prüfung bei einem Antrag, der sich auf bestimmte Personen bezieht, umfangreich ist. Es sind für jede Person Erklärungen zu verlangen, diese wie auch die Eignung der Personen sind durch das Gericht jeweils zu prüfen. Insoweit erscheint es bei der Bestellung mehrerer Aufsichtsratmitglieder unbillig, diesen Prüfungsumfang des Gerichts mit dem Pauschalwert des § 67 Abs. 1 Nr. 1 GNotKG anzusetzen.
Gegen einen solchen Ansatz spricht auch nicht der Wortlaut des § 67 Abs. 1 GNotKG in Bezug auf „Verfahren die Ernennung oder Absetzung von Personen“. Durch die Wortwahl „Personen“ ergibt sich nicht der Rückschluss auf den Willen des Gesetzgebers, dass damit auch die Bestellung einer Mehrzahl von Aufsichtsratsmitgliedern umfasst werden soll. Diese Formulierung grenzt vielmehr den in § 67 Abs. 1 GNotKG geregelten Verfahrensgegenstand von einem solchen ab, der Verfahren betrifft, die zB darauf abzielen, bestimmte Anweisungen an Personen zu geben oder Verfahren, die in anderer Weise in die Organisation von Unternehmen eingreifen (vgl. NK-GNotKG/Teubel § 67 Rn. 8).
bb) Demgemäß ist nach Auffassung des Senats der Pauschalwert im Sinne des § 67 Abs. 1 Nr. 1 GNotKG gemäß § 67 Abs. 3 GNotKG angemessen zu erhöhen. In Anbetracht des Umstandes, dass dem Registergericht für die hier vakanten zwei Mitglieder des Aufsichtsrats vier Personen (Frau …, Herr … oder Frau …, Herr …) vorgeschlagen wurden, hält der Senat es im Hinblick auf den Umfang der Prüfung durch das Registergericht als angemessen, den Geschäftswert auf 100.000 € festzusetzen.
II.
Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
III.
Der Beschluss des Senats ist nicht anfechtbar (§ 83 Abs. 1 S. 5 iVm § 81 Abs. 3 S. 3 GNotkG).
Rieder Krätzschel Gierl Vorsitzender Richter Richter Richter am Oberlandesgericht am Oberlandesgericht am Oberlandesgericht Erlass des Beschlusses (§ 38 Abs. 3 Satz 3 FamFG): Übergabe an die Geschäftsstelle am Urkundsbeamter/in der Geschäftsstelle
OLG München 31. Zivilsenat 31 Wx 222/17 Beschluss vom 15.2.2018

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