Arbeitsrecht

Fristlose Kündigung eines TV-Abos wegen Corona

Aktenzeichen  114 C 13551/20

Datum:
8.10.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 36888
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 626

 

Leitsatz

1. Ein TV-Abo mit den Paketen „Bundesliga und Sport“ kann aus wichtigem Grund gem. § 626 Abs. 1 BGB gekündigt werden, wenn diverse Sportveranstaltungen aufgrund der Corona-Pandemie weder durchgeführt noch übertragen werden können. Bei den ausgefallenen Übertragungen handelt es sich um einen Teil der vom Vertrag erfassten Hauptleistungspflichten, da die Zubuchung des Pakets Bundesliga und Sport einen preisbildenden Faktor darstellt. (Rn. 19 – 20) (redaktioneller Leitsatz)
2. Nach Abwägung der beiderseitigen Interessen war dem Kläger auch ein Zuwarten, wie sich die Situation entwickeln würde, insbesondere unter Berücksichtigung der Kündigungsfrist gem. § 626 Abs. 2 BGB, nicht zuzumuten, da die Pandemie in Deutschland und weiten Teilen der Welt zu einem flächendeckenden Lockdown führte und zu diesem Zeitpunkt die Entwicklung des Geschehens und damit die Möglichkeit, zeitnah Sportveranstaltungen durchführen zu können, nicht vorhersehbar war und somit zu diesem Zeitpunkt keine lediglich vorübergehende Verhinderung der Bereitstellung dieses Unterhaltungsangebots vorlag. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass das Vertragsverhältnis des Klägers mit der Beklagten zur Vertragsnummer …/Kundennummer … durch außerordentliche Kündigung des Klägers vom 16.03.2020 mit Ablauf des 31.03.2020 beendet wurde.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 406,77 € festgesetzt.

Gründe

Die Klage ist zulässig und begründet.
I. Das Amtsgericht München ist zur Entscheidung des Rechtsstreits örtlich und sachlich gemäß §§ 17 ZPO, 23 Nr. 1 GVG zuständig.
II. Der Feststellungsklage des Klägers lag auch ein berechtigtes Feststellungsinteresse i.S.v. § 256 Abs. 1 ZPO zugrunde, da die Beklagte unstreitig die vom Kläger erklärte Kündigung nicht als außerordentliche Kündigung anerkannte und daher Gebühren in Höhe von 406,77 € weiterhin anmahnte und sich somit eines weiteren Anspruchs gegen den Kläger berühmte.
II. Die Beendigung des Vertragsverhältnisses zum Ablauf des 31.3.2020 aufgrund der außerordentlichen Kündigung des Klägers ist hier festzustellen.
Bei der Zurverfügungstellung von Unterhaltungsmedien wie hier handelt es sich um einen Dienstvertrag.
1. Unstreitig wurde der Dienstvertrag zwischen den Parteien im Jahr 2017 mit dem Leistungsumfang Entertainment Paket, Cinema, Sport und Bundesliga Paket geschlossen.
2. Die vom Kläger am 16.3.2020 mit Wirkung zum 31.3.2020 erklärte Kündigung des Vertragsverhältnisses ist wirksam gemäß § 626 Abs. 1 BGB erfolgt und hat das Vertragsverhältnis beendet.
a. Die Kündigung ist unstreitig schriftlich mit Einschreiben-Rückschein erfolgt und der Beklagten zugegangen.
b. Die Kündigung ist hier auch wie erklärt als außerordentliche Kündigung gültig und hat das Vertragsverhältnis mit Wirkung zum 31.3.2020 beendet.
Vorliegend lag aufgrund der Corona-Pandemie und des damit verbundenen Ausfalls diverser Sportveranstaltungsübertragungen ein wichtiger Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB vor. Ein wichtiger Grund ist dann gegeben, wenn nach Abwägung der gegenseitigen Interessen der Vertragsparteien dem Kündigenden ein Festhalten am Vertrag nicht zugemutet werden kann.
Bei den hier unstreitig ausgefallenen Übertragungen handelt es sich um einen Teil der vom Vertrag erfassten Hauptleistungspflichten. Die gebuchten Pakete beinhalteten ausdrücklich die Übertragung der Bundesliga und weiterer Sportveranstaltungen. Diese konnten jedoch aufgrund der Corona-Pandemie nicht durchgeführt werden und somit konnte auch eine Übertragung nicht stattfinden. Bei diesem Paket handelt es sich auch um einen wesentlichen Teil der vertraglich geschuldeten Leistung, da die Zubuchung des Pakets Bundesliga und Sport einen preisbildenden Faktor darstellt. Auch fielen nicht lediglich einzelne Spiele bei der Übertragung aus, sondern es konnten diverse Sportveranstaltungen in allen Bereichen weder durchgeführt noch übertragen werden. Nach Abwägung der beiderseitigen Interessen war dem Kläger auch ein Zuwarten wie sich die Situation entwickeln würde, insbesondere unter Berücksichtigung der Kündigungsfrist gemäß § 626 Abs. 2 BGB, nicht zuzumuten, da die Pandemie in Deutschland und weiten Teilen der Welt zu einem flächendeckenden Lockdown führte und zu diesem Zeitpunkt die Entwicklung des Geschehens und damit die Möglichkeit zeitnah Sportveranstaltungen durchführen zu können nicht vorhersehbar war und somit zu diesem Zeitpunkt keine lediglich vorübergehende Verhinderung der Bereitstellung dieses Unterhaltungsangebots vorlag.
d. Die Kündigung wurde auch in der Frist des § 626 Abs. 2 BGB und somit fristgerecht erklärt.
Somit ist der Klage stattzugeben und die Beendigung des Vertragsverhältnisses festzustellen.
III. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.
IV. Die Streitwertfestsetzung folgt dem Leistungsantrag nach § 3 ZPO, §§ 35 ff GKG:


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