Arbeitsrecht

Gerichtskostenhaftung bei Einlegung des Rechtsmittels durch Nebenintervenienten

Aktenzeichen  11 W 1501/18

Datum:
22.11.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
FamRZ – 2019, 630
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
GKG § 6 Abs. 1, § 22 Abs. 1 Satz 1
ZPO § 66, § 67

 

Leitsatz

Legt gegen eine der Hauptpartei nachteilige Entscheidung ausschließlich der zu deren Unterstützung beigetretene Nebenintervenient ein Rechtsmittel ein, dann kann die Hauptpartei, weil nur sie Partei des Rechtsstreits wird, als Antragstellerin gemäß §§ 22 Abs. 1 Satz 1, 6 Abs. 1 GKG zur Haftung für die Gerichtskosten herangezogen werden; dies gilt nur dann nicht, wenn sie sich klar von dem Rechtsmittel distanziert. (Rn. 9)

Tenor

Die Erinnerung wird als derzeit unbegründet zurückgewiesen.

Gründe

I.
Die Erinnerung betrifft die Frage, ob der Kläger (vorläufig) für die Gerichtskosten des durch die Berufungseinlegung des Streithelfers eingeleiteten Rechtsmittelverfahrens herangezogen werden kann.
Mit Urteil vom 14.05.2018 wies das Landgericht die Klage weitgehend ab.
Gegen dieses Urteil hat – ausschließlich – der Streithelfer des Klägers mit Schriftsatz vom 12.06.2018 Berufung eingelegt.
Unter Verweis darauf, ein Nebenintervenient sei nicht selbst Partei, vielmehr unterstütze er nur die Hauptpartei, erließ das Oberlandesgericht einen Kostenansatz, wonach es den Kläger im Wege der Antragstellerhaftung für die Gerichtskosten des Berufungsverfahrens heranzog.
Der Kläger selbst hat sich der Berufung bislang weder angeschlossen noch deren Einlegung widersprochen.
Mit Schreiben vom 12.09.2018 erhob er Erinnerung gegen den Kostenansatz mit der Begründung, er habe kein Rechtsmittel eingelegt; Rechtsmittelführer und Kostenschuldner sei der Streithelfer.
II.
Die gem. § 66 Abs. 1 GKG zulässige Erinnerung ist – nach derzeitigem Sachstand – unbegründet:
1. Nach der gesetzlichen Ausgestaltung der Befugnisse und der Stellung des Nebenintervenienten in den §§ 66 ff. ZPO ist der Streithelfer zwar zur Einlegung von Rechtsmitteln befugt (§§ 66 Abs. 2, 67 ZPO); allerdings wird er hierdurch nicht selbst Partei des Rechtsmittelverfahrens, sondern nur die von ihm unterstützte Hauptpartei, hier der Kläger. Die Parteirolle im Berufungsverfahren kommt alleine diesem zu (siehe dazu, dass der Streithelfer sich lediglich an einem fremden Prozess beteiligt, ohne selbst Partei zu werden, etwa BGH, Beschl. v. 23.08.2016 – VIII ZB 96/15 Tz 12, 15; Thomas/Putzo-Hüßtege, ZPO, 39. Aufl., § 67 Rn. 4, 10; Zöller-Heßler, ZPO, 32. Aufl., Rn. 24 vor § 511; Musielak-Weth, ZPO, 15. Aufl., § 67 Rn. 4, jew. m.w.N.).
2. Hieraus allein folgt allerdings nicht, dass in jedem Falle, beispielsweise auch bei ausdrücklicher Nichtbeteiligung der Hauptpartei, diese mit den Kosten des Rechtsmittelverfahrens belastet werden kann. Das Rechtsmittel mag ein „einheitliches“ sein (zuletzt BGH, Beschl. v. 29.09.2011 – V ZB 157/11 Tz 5) – für die Frage der Kostenentscheidung bzw. hier, diejenige einer vorläufigen Gerichtskostenhaftung, kommt es darauf an, wie sich eine unterstützte Hauptpartei zu dem Rechtsmittel verhält:
-Im Falle einer Beteiligung der Hauptpartei daran haftet diese, zunächst als Antragsschuldner (§§ 6 Abs. 1, 22 Abs. 1 GKG), nach Durchführung des Rechtsmittelverfahrens – je nach der dann ergehenden Kostengrundentscheidung – gegebenenfalls als Entscheidungsschuldner;
-widerspricht die Hauptpartei der Einlegung des Rechtsmittels ausdrücklich, sind ihr dagegen keine Kosten aufzuerlegen, weder als Antragstellerin, noch später, nach dessen gegebenenfalls erfolgloser Durchführung (vgl. etwa MüKo/ZPO-Schultes, 5. Aufl., § 67 Rn. 6 sowie MüKo/ZPO-Schulz, a.a.O., § 101 Rn. 7, 20 ff.; siehe auch Senatsbeschlüsse vom 31.07.2014 – 11 W 1384/14 und vom 14.03.2013 – 11 W 478/13);
-bleibt die Hauptpartei schließlich untätig, beteiligt sie sich also nicht am Rechtsmittelverfahren ohne sich allerdings hiervon klar zu distanzieren, sind dessen Kosten richtiger Ansicht nach – bei der späteren Kostengrundentscheidung, also in dem Berufungsurteil – entweder dem Rechtsmittelgegner aufzuerlegen, soweit dieses erfolgreich ist, oder aber dem Nebenintervenienten, soweit es erfolglos bleibt (Schulz, a.a.O., § 101 Rn. 22 f.).
3. Vorliegend geht es indes nicht um eine Haftung als Entscheidungsschuldner (§§ 29 Nr. 1, 31 Abs. 2 GKG), vielmehr um eine solche als Antragsteller, § 22 Abs. 1 GKG. Eine Haftung des Klägers, als Hauptpartei, käme hier dann nicht in Betracht, wenn er der Berufungseinlegung ausdrücklich widersprochen hätte. In diesem Falle bestünde ein Widerspruch im Sinne von § 67, letzter Halbsatz, ZPO, der die Berufung unzulässig machen würde (Schulz, a.a.O., § 101 Rn. 23). Eine solche ausdrückliche Distanzierung des Klägers ist hier nicht erkennbar (anders als in dem dem Senatsbeschluss vom 31.07.2014, a.a.O., zugrundeliegenden Sachverhalt).
Damit wäre es womöglich rechtlich vertretbar gewesen, mit der Erstellung des Kostenansatzes abzuwarten, bis das Ergebnis des Rechtsmittelverfahrens vorliegt. Gleichwohl ist der Kostenansatz bereits zum jetzigen Zeitpunkt wegen der eingetretenen Fälligkeit nach § 6 Abs. 1 GKG nicht rechtsfehlerhaft; insbesondere bleibt es dem Kläger unbenommen, sich durch einen ausdrücklich erklärten Widerspruch gegen die Berufungseinlegung von dieser entsprechend zu distanzieren. Denkbar ist nämlich, dass sich eine von einem Nebenintervenienten unterstützte Partei dadurch, dass sie sich passiv verhält, zwar die Möglichkeit eines Erfolges der Berufung offen halten, andererseits jedoch Zahlungspflichten vermeiden will; ein solches Verhalten erscheint widersprüchlich. Insoweit mag der Kläger erklären, wie er sich zu der Berufung verhält und für den Fall, dass er diese nicht wünscht, eine entsprechende Erklärung abgeben.
Solange dies nicht erfolgt ist, bleibt es bei der gesetzlichen Ausgestaltung, wonach nur die unterstützte Partei als Partei des Berufungsverfahrens anzusehen und damit auch im Wege der Antragstellerhaftung für die Gerichtskosten heranzuziehen ist. Deren hier nicht unerhebliche Höhe beruht auf dem Betrag des Streitwertes; dieser wurde durch den Klageantrag bestimmt.
Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 66 Abs. 8 GKG).


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