Aktenzeichen AN 1 K 16.02295
GKG GKG § 52 Abs. 1
Leitsatz
1. Ein Ruhestandsbeamter, der einen Anspruch auf Witwengeld oder eine ähnliche Versorgung erwirbt, erhält daneben sein Ruhegehalt zuzüglich des Unterschiedsbetrages nach Art. 69 Abs. 2 BayBeamtVG nur bis zum Erreichen der in Art. 84 Abs. 2 BayBeamtVG normierten Höchstgrenze. (redaktioneller Leitsatz)
2. Nach Art. 84 Abs. 4 S. 2 BayBeamtVG dürfen die Gesamtbezüge nicht hinter dem Ruhegehalt zuzüglich des Unterschiedsbetrags nach Art. 69 BayBeamtVG sowie eines Betrages in Höhe von 20 v.H. des neuen Versorgungsbezuges zurückbleiben (sogenannte „Höchstgrenze 2“). (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
3. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
Soweit die Klage gegen den Bescheid des Landesamtes für Finanzen vom 6. Mai 2016 in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen worden ist, ist das Verfahren unmittelbar beendet. Eines gesonderten Einstellungsbeschlusses nach § 92 Abs. 3 VwGO bedarf es in diesem Fall nicht. Die Kostenentscheidung kann vielmehr im Urteil über den noch anhängig gebliebenen Teil des Rechtsstreits getroffen werden (vgl. BVerwG, U.v. 8.9.2005 – 3 C 50.04, DVBl 2006, 118; Kopp/Schenke, VwGO, Rn. 27 zu § 92).
Die somit nur noch anhängige Klage gegen den Bescheid des Landesamtes für Finanzen vom 9. Mai 2016 und den Widerspruchsbescheid derselben Behörde vom 24. Oktober 2016 ist zulässig, aber nicht begründet.
Beide Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 und 5 VwGO).
Der Beklagte hat im Bescheid vom 9. Mai 2016 den Zahlbetrag der Versorgungsbezüge der Klägerin (ohne das gesondert gezahlte Witwengeld) rechtsfehlerfrei auf monatlich 1.194,75 EUR ermittelt.
Die Klägerin stand bis zum 27. Juli 2013 als aktive Beamtin im Dienst der Beklagten, so dass ihr ab diesem Zeitpunkt Versorgungsbezüge nach dem Bayerischen Beamtenversorgungsgesetz (BayBeamtVG) zustanden. Nach Art. 84 Abs. 4 Satz 1 BayBeamtVG erhält ein Ruhestandsbeamter, der einen Anspruch auf Witwengeld oder eine ähnliche Versorgung erwirbt, daneben sein Ruhegehalt zuzüglich des Unterschiedsbetrages nach Art. 69 Abs. 2 BayBeamtVG nur bis zum Erreichen der in Art. 84 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und Satz 4 BayBeamtVG bezeichneten Höchstgrenze.
Mit dem Tod ihres Ehemannes am 17. April 2016 erhielt die Klägerin, die zu diesem Zeitpunkt bereits Ruhestandsbeamtin war, ab Mai 2016 vom Freistaat Bayern Versorgungsbezüge in Form eines Witwengeldes, die mit Bescheid des Landesamtes für Finanzen vom 6. Mai 2016 (nach Rücknahme der gegen diesen Bescheid erhobenen Klage) bestandskräftig festgesetzt worden sind. Damit findet die Regelung des Art. 84 Abs. 4 Satz 1 BayBeamtVG Anwendung.
Der Beklagte hat die nach Art. 84 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BayBeamtVG maßgebliche Höchstgrenze zutreffend ermittelt.
Danach gelten als Höchstgrenze für Witwen 71,75 v.H., in den Fällen des Art. 54 BayBeamtVG 80 v.H. der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge aus der Endstufe der Besoldungsgruppe, aus der sich das dem Witwengeld zugrundeliegende Ruhegehalt bemisst, zuzüglich des Unterschiedsbetrages nach Art. 69 Abs. 2 BayBeamtVG.
Das dem Witwengeld zugrundeliegende Ruhegehalt ist vorliegend das Ruhegehalt des verstorbenen Ehemannes der Klägerin. Der verstorbene Ehemann der Klägerin hatte wie diese ein nach Besoldungsgruppe A 9 bewertetes Amt inne, so dass die ruhegehaltfähigen Dienstbezüge aus der Endstufe der Besoldungsgruppe A 9 maßgebend sind. Diese wurden im Bescheid vom 9. Mai 2016 unter Berücksichtigung der Stellenzulage und des Familienzuschlags zutreffend auf monatlich 3.383,60 EUR ermittelt. Als Höchstgrenze nach Art. 84 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BayBeamtVG („Höchstgrenze 1“) gilt somit ein Betrag von 2.427,73 EUR (71,75 v.H. x 3.383,60 EUR).
Zu Gunsten der Klägerin greift jedoch die Regelung des Art. 84 Abs. 4 Satz 2 BayBeamtVG, wonach die Gesamtbezüge nicht hinter dem Ruhegehalt zuzüglich des Unterschiedsbetrags nach Art. 69 BayBeamtVG sowie eines Betrages in Höhe von 20 v.H. des neuen Versorgungsbezuges zurückbleiben dürfen („Höchstgrenze 2“).
Das erdiente Ruhegehalt der Klägerin beträgt 2.434,02 EUR (Grundgehalt 3.175,97 EUR + 129,08 EUR Familienzuschlag Stufe 1 + 87,31 EUR Strukturzulage = 3.392,36 EUR x 71,75 v.H. = 2.434,02 EUR).
Dieser Betrag erhöht sich um 20 v.H. des Witwengeldes (1.456,84 x 20 v.H = 291,33 EUR) auf insgesamt 2.725,35 EUR.
Eine weitere Erhöhung dieses Betrages um den Unterschiedsbetrag nach Art. 69 Abs. 2 BayBeamtVG kommt nicht in Betracht, da der Klägerin nur der Familienzuschlag der Stufe 1 für verwitwete Beamte, aber kein Kindergeld zusteht, was aber Voraussetzung für die Gewährung des Unterschiedsbetrages zwischen der Stufe 1 des Familienzuschlags und der Stufe 2 auf der Grundlage des Art. 69 Abs. 2 BayBeamtVG ist (Art. 69 Abs. 2 Sätze 2 und 3 BayBeamtVG).
Zugunsten der Klägerin greift somit die „Höchstgrenze 2“ mit dem versorgungsrechtlichen Höchstbetrag von monatlich 2.725,35 EUR.
Bei der Ruhensregelung nach Art. 84 BayBeamtVG hat der Beklagte das von dem genannten Höchstbetrag in Abzug zu bringende Witwengeld zutreffend unter Berücksichtigung der sich für den Zeitraum vom 1. Mai 2016 bis 31. Dezember 2016 errechnenden anteiligen Höhe der jährlichen Sonderzahlung (Art. 75 ff. BayBesG) erhöht. Diese beträgt nach der korrekten Berechnung des Landesamtes für Finanzen für den genannten 8-Monats-Zeitraum 591,66 EUR, so dass sich der in der Ruhensregelung anzurechnende Monatsbetrag des Witwengeldes um monatlich 73,96 EUR auf 1.530,60 EUR erhöht.
Ziffer 84.4 BayVV-Versorgung bestimmt insoweit ausdrücklich, dass bei Beginn des Bezugszeitraums des Witwengeldes während eines laufenden Kalenderjahres der Gesamtbetrag der anzurechnenden Versorgung einschließlich der (anteiligen) Sonderzahlung zu ermitteln und monatlich auf den Bezugszeitraum aufzuteilen ist.
Ausgehend von dem genannten Höchstbetrag von monatlich 2.725,35 EUR und dem anzurechnenden Witwengeld in Höhe von 1.530,60 EUR (einschließlich der anteiligen Sonderzahlung) ergibt sich ein neben dem Witwengeld zahlbarer Versorgungsbezug der Klägerin in Höhe von 1.194,75 EUR. Die Differenz zu dem (selbst) erdienten Ruhegehalt der Klägerin (monatlich 2.434,02 EUR) in Höhe von 1.239,27 EUR ruht.
Der Klägerin ist zwar zuzugeben, dass sich durch die anteilige monatliche Anrechnung der jährlichen Sonderzahlung bei der Ruhensregelung der Zahlbetrag des eigenen Versorgungsbezugs um monatlich 73,96 EUR reduziert, obwohl die Sonderzahlung tatsächlich erst im Dezember des jeweiligen Kalenderjahres geleistet wird.
Dies hat jedoch nicht die Rechtswidrigkeit der Ruhensregelung im Vollzug der Ziffer 84.4 BayVV-Versorgung zur Folge. Denn die sich rechnerisch bis zum Dezember des jeweiligen Kalenderjahres ergebende Benachteiligung der Klägerin wird durch die Regelung des Art. 88 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayBeamtVG ausgeglichen, wonach sich im Auszahlungsmonat der Sonderzahlung u.a. die Höchstgrenze nach Art. 84 Abs. 2 BayBeamtVG (hier Art. 84 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. Art. 84 Abs. 4 BayBeamtVG) um den Grundbetrag nach Art. 76 BayBeamtVG, der der Berechnung der anteiligen Sonderzahlung bei der Ruhensregelung durch den Beklagten zu Grunde gelegt wurde, erhöht.
Hierdurch erfolgt der Ausgleich der monatlichen Anrechnung der anteiligen Sonderzahlung nachträglich im Monat Dezember und ist ausweislich der Bezügemitteilung vom 18. November 2016 im Monat Dezember 2016 durch Anhebung der „Höchstgrenze 2“ (Art. 84 Abs. 4 Satz 2 BayBeamtVG) auf 4.311,16 EUR auch umgesetzt worden.
Die Klage war deshalb abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1, 155 Abs. 2 VwGO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Gründe, die Berufung nach § 124 a VwGO zuzulassen, liegen nicht vor.