Arbeitsrecht

Keine Qualifizierung der Zeit für den Weg zum Arbeitsort und zurück („Wegezeit“) als Arbeitszeit

Aktenzeichen  22 ZB 21.2495

Datum:
22.11.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 41342
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
Arbeitszeit-RL Art. 2 Nr. 1
ArbZG § 2 Abs. 1, § 5, § 17 Abs. 2

 

Leitsatz

Die Zeit, die ein Arbeitnehmer im Rahmen einer Rufbereitschaft nach dem Abruf für den Weg zum Einsatzort und zurück aufwendet, ist nicht generell (ohne Berücksichtigung der konkreten Ausgestaltung der Rufbereitschaft) „Arbeitszeit“ im Sinne von § 2 Abs. 1 ArbzG bzw. Art. 2 Nr. 1 RL 2003/88/EG. (Rn. 13 – 14)
1. Die Bereitschaftszeit eines Arbeitnehmers ist für die Zwecke der Anwendung der Arbeitszeit-RL (also arbeitszeitrechtlich und nicht vergütungsrechtlich) entweder als „Arbeitszeit“ oder als „Ruhezeit“ einzustufen, da die Richtlinie keine Zwischenkategorie vorsieht. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die „Wegezeit“ anlässlich des durch den Arbeitgeber veranlassten „Abrufs“ im Rahmen einer Rufbereitschaft ist nur dann als „Arbeitszeit“ iSd Arbeitszeit-RL zu betrachten, wenn entweder bereits die gesamte Rufbereitschaftszeit – und damit erst recht die „Wegezeit“ – als „Arbeitszeit“ zu definieren ist oder sie – wenn die Rufbereitschaftszeit als Ruhezeit zu bewerten ist – als „tatsächlich erbrachte Arbeitsleistung“ anzusehen wäre. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
3. Eine Bereitschaftszeit, in der ein Arbeitnehmer in Anbetracht der ihm eingeräumten sachgerechten Frist für die Wiederaufnahme seiner beruflichen Tätigkeiten seine persönlichen und sozialen Aktivitäten planen kann, ist a priori keine „Arbeitszeit“ iSd Arbeitszeit-RL; umgekehrt ist eine Bereitschaftszeit, in der die dem Arbeitnehmer auferlegte Frist für die Aufnahme seiner Arbeit nur wenige Minuten beträgt, grundsätzlich in vollem Umfang als „Arbeitszeit“ iSd Richtlinie anzusehen, da der Arbeitnehmer in diesem Fall in der Praxis weitgehend davon abgehalten wird, irgendeine auch nur kurzzeitige Freizeitaktivität zu planen (ebenso EuGH BeckRS 2021, 3578). (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
4. Auch einem Arzt, der sich außerhalb des Krankenhauses in Rufbereitschaft aufhält, ist die Erbringung der medizinischen Grundversorgung nur möglich, wenn er sich ins Krankenhaus begibt, ohne dass deshalb seine „Wegezeit“ arbeitszeitrechtlich als „Arbeitszeit“ zu betrachten wäre. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

Au 5 K 20.724 2021-07-22 Urt VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung richtet sich gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 22. Juli 2021, mit dem es den Bescheid der Regierung von Schwaben (Gewerbeaufsichtsamt) vom 17. März 2020 aufgehoben hat.
Mit diesem Bescheid gab die Regierung von Schwaben der Klägerin auf, durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass spätestens ab 1. Mai 2020 bei Inanspruchnahme im Rufbereitschaftsdienst die Wegezeiten der diensthabenden Beschäftigten von der Wohnung zum Einsatzort und nach Einsatzende vom Einsatzort zurück zur Wohnung als Arbeitszeiten im Sinne des § 2 Abs. 1 ArbzG zu werten sind (Nr. 1.1), dass die anfallenden Wegezeiten als Arbeitszeiten gemäß § 16 Abs. 2 ArbzG aufzuzeichnen sind, wenn die gesamte werktägliche Arbeitszeit 8 Stunden überschreitet (Nr 1.2) und die Regierung von Schwaben über das Veranlasste bis spätestens 4. Mai 2020 zu unterrichten ist (Nr. 2). Mit Bescheid vom 4. Mai 2020 fasste die Regierung von Schwaben Nr. 2 des ursprünglichen Bescheides neu: Der Regierung von Schwaben ist bis spätestens einem Monat nach Bestandskraft des Bescheides durch Vorlage geeigneter Unterlagen zu bestätigen, dass die Wegezeiten bei Inanspruchnahme im Rufbereitschaftsdienst als arbeitsschutzrechtliche Arbeitszeiten gewertet und aufgezeichnet werden.
Zur Begründung des Bescheides führte das Gewerbeaufsichtsamt aus, dass die Anordnungen in den Nrn. 1 und 2 auf § 17 Abs. 2 ArbzG und § 17 Abs. 4 ArbzG beruhten. Bei der Besprechung am 12. März 2019 hätten die Vertreter der Klägerin angegeben, dass es im Jahr 2018 zu 42 Einsätzen im Rufbereitschaftsdienst gekommen sei. Ohne Einbeziehung der Wegezeiten seien bereits in fünf Fällen durch die Einsätze vor Ort im Rufbereitschaftsdienst Überschreitungen der täglichen Höchstarbeitszeit von 10 Stunden zu verzeichnen gewesen. Die meisten Beschäftigten wohnten zwar in der Nähe der Betriebsstätte, bei einzelnen Mitarbeitern könne aber die einfache Wegezeit bis zu einer Stunde betragen. Damit sei durch die Wegezeiten im Rufdienst durchaus von relevanten Zusatzbelastungen der Beschäftigten auszugehen. Bei Abruf der Arbeitsleistung durch einen Anruf des Arbeitgebers oder eines seiner Beauftragten sei der Arbeitnehmer in den Betriebsablauf eingebunden. Der Arbeitgeber könne anordnen, in welcher Zeit der Beschäftigte am Einsatzort sein müsse. Dagegen könne der Arbeitnehmer nicht mehr entscheiden, wie er über seine Zeit verfüge.
Mit Urteil vom 22. Juli 2021, das dem Beklagten am 20. August 2021 zugestellt wurde, hob das Bayerische Verwaltungsgericht Augsburg den Bescheid der Regierung von Schwaben vom 17. März 2020 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 4. Mai 2020 auf.
Mit Schriftsatz vom 19. September 2021, am gleichen Tag beim Verwaltungsgericht eingegangen, beantragte der Beklagte die Zulassung der Berufung und begründete den Antrag mit Schriftsatz vom 15. Oktober 2021, am gleichen Tag beim Verwaltungsgerichtshof eingegangen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorgelegten Gerichts- und Behördenakten verwiesen.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg. Aus dem der rechtlichen Überprüfung durch den Senat allein unterliegenden Vorbringen in der Begründung des Zulassungsantrags (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) ergeben sich nicht die geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Die Zulassungsgründe der besonderen rechtlichen und tatsächlichen Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) und der grundsätzlichen Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) der Rechtssache liegen ebenfalls nicht vor.
1. Ernstliche Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen dann, wenn nach dem Vortrag des Rechtsmittelführers gegen die Richtigkeit des Urteils gewichtige Gesichtspunkte sprechen. Davon ist immer dann auszugehen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und wenn sich nicht ohne nähere Prüfung die Frage beantworten lässt, ob die Entscheidung möglicherweise im Ergebnis aus einem anderen Grund richtig ist (BVerfG, B.v. 7.10.2020 – 2 BvR 2426.17 – juris Rn. 34; BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – juris Rn. 9). Der Rechtsmittelführer muss konkret darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis falsch ist. Dazu muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts konkret auseinandersetzen und im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen (Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124a Rn. 62 f.). Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, der vom Gewerbeaufsichtsamt als Rechtsgrundlage für die getroffenen Anordnungen zugrunde gelegte § 17 Abs. 2 ArbzG trage die streitgegenständlichen Anordnungen in Nr. 1.1 und Nr. 1.2 des Bescheides vom 17. März 2020 nicht. Dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 9. März 2021, C-580/19, sei zu entnehmen, dass die Begriffe „Arbeitszeit“ und „Ruhezeit“ autonom unionsrechtlich auszulegen seien. Die Einführung einer nationalen Kategorie „Wegezeit“ sei danach nicht möglich. Dementsprechend kenne auch das Arbeitszeitgesetz keine eigene Kategorie „Wegezeit“. Damit scheide es auch aus, die „Wegezeit“, aber nicht die restliche Bereitschaftszeit pauschal zur „Arbeitszeit“ zu zählen. Entweder sei die gesamte Bereitschaftszeit „Arbeitszeit“ oder „Ruhezeit“. Aber auch wenn man die Nrn. 1.1 und 1.2 des Bescheides vom 17. März 2020 als Minus im Vergleich zu einer Anordnung, die gesamte Bereitschaftszeit der betroffenen Arbeitnehmer als „Arbeitszeit einzustufen, ansehe, könnte die Anordnung nicht auf § 17 Abs. 2 ArbzG gestützt werden. Voraussetzung und Grundlage für die Prüfung der Frage, ob die gesamte Bereitschaftszeit der betroffenen Mitarbeiter der Klägerin als „Arbeitszeit“ anzusehen sei, seien objektiv überprüfbare, aktuelle Daten dazu, wie viele Arbeitnehmer die Klägerin beschäftige, wie viele Arbeitnehmer von der Rufbereitschaft betroffen seien, wie viele Bereitschaftszeiten im Jahr auf den einzelnen betroffenen Arbeitnehmer entfielen, wie lange die einzelnen Bereitschaftszeiten seien, ob es eine vertragliche Regelung einer Pflicht des Arbeitnehmers gebe, innerhalb einer bestimmten Zeit im Arbeitsplatz zu sein und wie lange die tatsächliche Arbeitsleistung dauere. Diese Kriterien erfülle die Begründung des Bescheides nicht. Anhaltspunkte dafür, dass die von der Rufbereitschaft betroffenen Mitarbeiter vertraglich verpflichtet seien, während der Bereitschaftszeiten auf Abruf innerhalb einer bestimmten Frist am Arbeitsplatz zur Erbringung der Arbeitsleistung zur Verfügung zu stehen, hätten sich für das Gericht nicht ergeben. Soweit sich das Gewerbeaufsichtsamt zur Begründung der Anordnung in Nrn. 1.1 und 1.2 des Bescheides darüber hinaus darauf berufe, dass bei einzelnen Mitarbeitern die einfache Wegezeit bis zu einer Stunde betrage, sei dies für die Beurteilung der Frage, ob die Bereitschaftszeit als „Ruhezeit“ oder „Arbeitszeit“ einzustufen sei, nach dem Urteil des EuGH vom 9.3.2021, C-580/19, kein geeignetes Kriterium. Auf der Grundlage der vom Gewerbeaufsichtsamt vorgelegten Unterlagen und der Begründung des Bescheides lasse sich danach nicht die Feststellung treffen, dass die Bereitschaftszeiten der Mitarbeiter der Klägerin insgesamt als „Arbeitszeit“ anzusehen seien und die Anordnungen in Nrn. 1.1 und 1.2, nach der die Wegezeiten als „Arbeitszeit“ im Sinne des § 2 Abs. 1 ArbzG zu werten seien, lediglich als die Klägerin weniger belastendes Minus anzusehen seien.
Zur Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung bringt der Beklagte vor, dass ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils vom 22. Juli 2021 bestünden. Der Ansatz des Verwaltungsgerichts Augsburg, die streitigen Anordnungen im Bescheid schon mit der Begründung aufzuheben, dass es keine eigene nationale Kategorie „Wegezeit“ gebe, sei falsch, denn die Regierung von Schwaben habe in dem angefochtenen Bescheid gar nicht auf eine eigene nationale Kategorie „Wegezeit“ abgehoben, die sich ihrer Qualität nach von den Kategorien „Arbeitszeit“ und „Ruhezeit“ unterscheiden würde. Vielmehr habe die Regierung diejenige Zeitspanne, die die Beschäftigten nach ihrem Abruf während ihres Rufbereitschaftsdienstes für den Weg von ihrer Wohnung zum Einsatzort und wieder zurück aufwendeten, als Arbeitszeit gewertet und eingeordnet und diese Zeitspanne lediglich plakativ kurz mit dem Wort „Wegezeiten“ umschrieben. Ferner sei der Ansatz des Verwaltungsgerichts Augsburg, dass der gesamte Zeitraum der Rufbereitschaft entweder einheitlich als „Arbeitszeit“ oder einheitlich als „Ruhezeit“ einzustufen sei, schon deshalb falsch, weil diejenige Zeit, die der Beschäftigte nach seinem Abruf am Einsatzort mit Erbringung von Arbeitsleistungen zubringe, unstreitig als Arbeitszeit einzuordnen sei, während hingegen diejenige Zeit, die der Beschäftigte bis zu seinem Abruf in Rufbereitschaft verbringe, bei entsprechenden ausreichenden Möglichkeiten, seine Zeit frei zu gestalten und seinen persönlichen Interessen nachzugehen, als Ruhezeit einzuordnen sei. Schon der Einsatzfall während der Rufbereitschaft zeige also, dass sich die gesamte Zeitspanne der Rufbereitschaft in verschiedene Abschnitte gliedern könne, die nicht zwingend einheitlich, sondern unterschiedlich als „Arbeitszeit“ bzw. „Ruhezeit“ zu bewerten seien. Gemessen an den Kriterien, die der EuGH in seiner Rechtsprechung für die konkrete Einordnung von Rufbereitschaftszeiten als „Arbeitszeit“ aufgestellt habe, sei die Zeit, die der Beschäftigte nach seinem Abruf während seiner Rufbereitschaft für den Weg hin von seiner Wohnung zum Einsatzort wieder zurück zur Wohnung aufbringe, als Arbeitszeit zu bewerten. Denn in dieser Zeit begebe sich der Beschäftigte weisungsgemäß zum Einsatzort. Seine Möglichkeiten, seine Zeit frei zu gestalten und sich seinen eigenen Interessen zu widmen, seien in dieser Zeit ganz erheblich beeinträchtigt. Dieses Ergebnis stehe auch nicht im Widerspruch zur bisher ergangenen Rechtsprechung des EuGH. Der EuGH habe nach Kenntnis des Beklagten noch nicht über die spezielle Frage der Einordnung der Zeit des Weges von der Wohnung zum Einsatzort und wieder zurück (Wegezeit) zu befinden gehabt. Wenn der EuGH in seiner Entscheidung vom 9. März 2021, C-580/19, Rn. 38 ausführe, dass wenn die dem Arbeitnehmer während einer bestimmten Bereitschaftszeit auferlegten Einschränkungen keinen solchen Intensitätsgrad erreichten und es ihm erlaubten, über seine Zeit zu verfügen und sich ohne größere Einschränkungen seinen eigenen Interessen zu widmen, nur die Zeit, die auf die gegebenenfalls während eines solchen Zeitraums tatsächlich erbrachte Arbeitsleistung entfalle, „Arbeitszeit“ für die Zwecke der Anwendung der RL 2003/88 darstelle, so bedeute dies für die hier maßgebliche Frage nach der Einordnung der „Wegezeit“ folgendes: „Die Wegezeiten sind als integrierter Bestandteil der vom EuGH so bezeichneten ‚tatsächlich erbrachten Arbeitsleistung‘ zu bewerten. Dieses Verständnis lässt sich zum einen bereits darauf stützen, dass die Wegezeiten nach den nach der EuGH-Rechtsprechung maßgeblichen Kriterien als Arbeitszeiten zu bewerten sind. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass der Zeitraum der Rufbereitschaft aufgrund der Einschränkungen des Beschäftigten während dieser Zeit mit den regulären Ruhezeiten zwischen den regulären Arbeitszeiten nicht vergleichbar ist. Der Beschäftigte unterliegt während Rufbereitschaft immer gewissen Einschränkungen, muss sich jedenfalls bereithalten und erreichbar sein. Wenn im Verhältnis zwischen dem Arbeitgeber und dem Beschäftigten eine Rufbereitschaft begründet wurde, nach deren Struktur der Beschäftigte auf Abruf am Einsatzort zu erscheinen hat, so ist auch diese Anfahrt zum Einsatzort und Rückfahrt aus dem besonderen Verhältnis der Rufbereitschaft heraus als integraler Bestandteil der Arbeitsleistung zu verstehen. Denn ohne den Weg zum Einsatzort würde auch die Einsatzleistung selbst nicht erbracht. Selbst wenn die Einschränkungen des Beschäftigten während Rufbereitschaft derart gestaltet sind, dass die Zeit des Wartens darauf, ob ein Abruf erfolgt oder nicht nach den Kriterien des EuGH als Ruhezeit zu bewerten ist, so ist doch die Verfügbarkeit des Beschäftigten für den Arbeitgeber in Gestalt der Rufbereitschaft als besondere Leistungserbringung für den Arbeitgeber anzusehen.“ Allein dieses Verständnis der Entscheidungen des EuGH vom 9. März 2021 (Rn. 39) bzw. vom 3. Oktober 2000 (Rn. 52) entspreche auch dem Schutzzweck der RL 2003/88/EG und dementsprechend insbesondere § 5 ArbzG. Um diesem Schutzzweck, der Mindestruhezeiten und angemessene Ruhezeiten gewährleisten will, Rechnung zu tragen bzw. diesen zu erreichen, sei es erforderlich, diejenigen Zeiten der Leistungserbringung, in denen der Beschäftigte nach den Kriterien des EuGH in der freien Gestaltung und Verfügung über seine Zeit ganz erheblich eingeschränkt sei, wie bei der Anfahrt und Rückfahrt zu bzw. von einem Arbeitseinsatz während Rufbereitschaft, auch als Arbeitszeit zu werten. Auf die vom VG Augsburg vorgenommene Prüfung der Einordnung der übrigen Rufbereitschaftszeit (außerhalb der „Wegezeiten“ und der Einsatzleistung am Einsatzort) komme es im vorliegenden Fall also gar nicht an. Ebenso wenig stelle sich die Frage, ob ein weniger belastendes Minus angenommen werden könne. Wie bereits ausgeführt, könnten die „Wegezeiten“ entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts Augsburg getrennt von derjenigen Zeit der Rufbereitschaft betrachtet werden, in der der Beschäftigte auf einen Abruf warte und dieser noch nicht erfolgt sei.
1.1 Mit diesen Ausführungen hat der Beklagte hat keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils aufgezeigt.
1.1.1 Es kann offenbleiben, ob die Annahme des Verwaltungsgerichts, § 17 Abs. 2 ArbZG scheide bereits deshalb als Rechtsgrundlage für die Anordnungen in Nrn. 1.1 und 1.2 des Bescheids vom 17. März 2020 aus, weil das Gewerbeaufsichtsamt neben der Arbeitszeit und der Ruhezeit eine nationale Kategorie „Wegezeit“ geschaffen habe und dies unionsrechtlich unzulässig sei, zutreffend ist oder – wie der Beklagte meint – mit dem Begriff „Wegezeit“ nur die Zeit, die der Arbeitnehmer bei einem „Abruf“ während der Rufbereitschaft für den Weg zum Arbeitsort und zurück benötigt, plakativ umschrieben werden sollte. Denn das Verwaltungsgericht geht im Ergebnis (allerdings mit einem anderen rechtlichen Ansatz) zu Recht davon aus, dass der Regelungsgehalt der streitgegenständlichen Anordnungen, wonach die Klägerin die von ihren Beschäftigten im Rahmen des Rufbereitschaftsdienstes für die Anfahrt zum Einsatzort und zurück benötigte Zeit als Arbeitszeit aufzuzeichnen hat, (auch deshalb) nicht mit Unionsrecht vereinbar ist, weil sich aus der Begründung im Bescheid vom 17. März 2020 nicht ergebe, dass die „Wegezeiten“ als Arbeitszeit im Sinne der RL 2003/88/EG anzusehen seien. Die darin zum Ausdruck kommende Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass weder nach Unionsrecht noch nach nationalem Recht die „Wegezeit“ im Rahmen einer („abgerufenen“) Rufbereitschaft ohne weitere Voraussetzungen als „Arbeitszeit“ qualifiziert wird, begegnet keinen rechtlichen Bedenken und wird auch durch das Zulassungsvorbringen nicht ernsthaft in Zweifel gezogen.
1.2 Das Verwaltungsgericht ist zunächst in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des EuGH zu Recht davon ausgegangen, dass die Begriffe Arbeitszeit und Ruhezeit in der RL 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (ABl. EG Nr. L 299 S. 9 ff.) einander ausschließen. Die Bereitschaftszeit eines Arbeitnehmers ist daher für die Zwecke der Anwendung der RL 2003/88/EG (also arbeitszeitrechtlich und nicht vergütungsrechtlich) entweder als „Arbeitszeit“ oder als „Ruhezeit“ einzustufen, da die Richtlinie keine Zwischenkategorie vorsieht (vgl. EuGH, U.v. 9.3.2021 – C-344/19 – juris Rn. 29). Zutreffend hat das Verwaltungsgericht daher auch angenommen, dass Zeiten des Bereitschaftsdiensts unionsrechtlich entweder als Arbeitszeit oder als Ruhezeit einzuordnen sind. Bezüglich der Kriterien für die Zuordnung von Bereitschaftszeit zur Arbeitszeit hat der EuGH zahlreiche Entscheidungen getroffen (zuletzt EuGH; U.v. 9.9.2021 – Dopravni podnik hl.m. Prahy, 107/19 – juris Rn. 30 ff.; U.v. 15.7.2021 – Ministrstvo za obrambo, C-742/19 – juris Rn. 93 f.; U.v. 9.3.2021 – C-580/19 – juris Rn. 37 ff.; U.v. 9.3.2021 – Radiotelevizija Slovenija, C-344/19 – juris Rn. 32 ff.). So hat der Gerichtshof entschieden, dass eine Bereitschaftszeit in Form von Rufbereitschaft, auch wenn der Arbeitnehmer während dieser Zeit nicht an seinem Arbeitsplatz bleiben muss, gleichwohl insgesamt als „Arbeitszeit“ im Sinne der RL 2003/88 einzustufen ist, sofern sie sich angesichts der objektiv vorhandenen und ganz erheblichen Auswirkungen der dem Arbeitnehmer auferlegten Einschränkungen auf seine Möglichkeiten, sich seinen persönlichen und sozialen Interessen zu widmen, von einem Zeitraum unterscheidet, in dem der Arbeitnehmer lediglich für seinen Arbeitgeber erreichbar sein muss (U.v. 21.2. 2018 – Matzak, C-518/15 – juris Rn. 63 ff.). Umgekehrt stellt, wenn die dem Arbeitnehmer während einer bestimmten Bereitschaftszeit auferlegten Einschränkungen keinen solchen Intensitätsgrad erreichen und es ihm erlauben, über seine Zeit zu verfügen und sich ohne größere Einschränkungen seinen eigenen Interessen zu widmen, nur die Zeit, die auf die gegebenenfalls während eines solchen Zeitraums tatsächlich erbrachte Arbeitsleistung entfällt, „Arbeitszeit“ für die Zwecke der Anwendung der RL 2003/88/EG dar (U.v. 9.3.2021 – Radiotelevizija Slovenija, C-344/19 – juris Rn. 38 m.w.N. zur Rspr.). Daraus folgt, dass die „Wegezeit“ anlässlich des durch den Arbeitgeber veranlassten „Abrufs“ im Rahmen einer Rufbereitschaft nur dann als „Arbeitszeit“ im Sinne der RL 2003/88/EG zu betrachten ist, wenn entweder bereits die gesamte Rufbereitschaftszeit – und damit erst Recht die „Wegezeit“ – nach den vom EuGH entwickelten Kriterien als „Arbeitszeit“ zu definieren ist oder sie – wenn die Rufbereitschaftszeit als Ruhezeit zu bewerten ist – als „tatsächlich erbrachte Arbeitsleistung“ anzusehen wäre.
1.2.1 Bezüglich der Qualifizierung der Rufbereitschaftszeit als „Arbeitszeit“ ist das Verwaltungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass die Angaben im streitgegenständlichen Bescheid vom 17. März 2020 nicht ausreichen, um die Rufbereitschaftszeit der Beschäftigten der Klägerin insgesamt (also einschließlich der „Wegezeit“) als „Arbeitszeit“ einzuordnen. Hierbei hätte das Gewerbeaufsichtsamt insbesondere berücksichtigen müssen, über wieviel Zeit der Arbeitnehmer verfügt, um seine beruflichen Tätigkeiten ab dem Zeitpunkt der Aufforderung durch seinen Arbeitgeber aufzunehmen (schnellstmöglich, in einer Stunde, im Laufe des Tages etc.), ggf. in Verbindung mit der Häufigkeit der Einsätze, zu denen der Arbeitnehmer während dieses Zeitraums tatsächlich herangezogen wird (EuGH, U.v. 9.3.2021 – Radiotelevizija Slovenija, C-344/19 – juris Rn. 47, 51). Eine Bereitschaftszeit, in der ein Arbeitnehmer in Anbetracht der ihm eingeräumten sachgerechten Frist für die Wiederaufnahme seiner beruflichen Tätigkeiten seine persönlichen und sozialen Aktivitäten planen kann, ist a priori keine „Arbeitszeit“ im Sinne der RL 2003/88/EG. Umgekehrt ist eine Bereitschaftszeit, in der die dem Arbeitnehmer auferlegte Frist für die Aufnahme seiner Arbeit nur wenige Minuten beträgt, grundsätzlich in vollem Umfang als „Arbeitszeit“ im Sinne der Richtlinie anzusehen, da der Arbeitnehmer in diesem Fall in der Praxis weitgehend davon abgehalten wird, irgendeine auch nur kurzzeitige Freizeitaktivität zu planen (EuGH, U.v. 9.3.2021 – C580/19 – juris Rn. 47). Der Verweis der Landesanwaltschaft auf die unterschiedliche Ausgestaltung von Rufbereitschaftsdiensten in der Praxis zur Rechtfertigung der Auffassung, dass „Wegezeit“ im Rahmen einer Rufbereitschaft als „Arbeitszeit“ anzusehen ist, verfängt nicht. Denn die Auswirkung einer solchen Reaktionsfrist ist im Anschluss an eine konkrete Würdigung zu beurteilen, bei der gegebenenfalls die übrigen dem Arbeitnehmer auferlegten Einschränkungen sowie die ihm während seiner Bereitschaftszeit gewährten Erleichterungen zu berücksichtigen sind (EuGH, U.v. 9.3.2021 – C580/19 – juris Rn. 48). Daraus wird deutlich, dass die Qualifizierung der Bereitschaftszeit als „Arbeitszeit“ oder „Ruhezeit“ von der konkreten Ausgestaltung des Rufbereitschaftsdienstes abhängt. Hierzu ergeben sich weder aus dem Akteninhalt noch aus dem Vorbringen des Beklagten greifbare Anhaltspunkte. Auch stellt – entgegen der Begründung im streitgegenständlichen Bescheid – die Entfernung zwischen dem vom Arbeitnehmer frei gewählten Wohnort und dem Ort, der für ihn während seiner (Ruf-)Bereitschaftszeit innerhalb einer gewissen Frist erreichbar sein muss, für sich genommen kein relevantes Kriterium für die Einstufung der gesamten Bereitschaftszeit und damit auch des Weges von Wohnung zum Einsatzort als „Arbeitszeit“ dar (EuGH, U.v. 9.3.2021 – Radiotelevizija Slovenija, C-344/19 – juris Rn. 41).
1.2.2 Mit der vom Beklagten im Zulassungsverfahren aufgeworfenen Frage, ob der Weg zur Arbeit und zurück (bei „abgerufener“ Rufbereitschaft) als „tatsächlich erbrachte Arbeitsleistung“ im Sinne der Rechtsprechung des EuGH (U.v. 9.3.2021 – Radiotelevizija Slovenija, C-344/19 – juris Rn. 38. m.w.N. zur Rspr.) und damit als „Arbeitszeit“ anzusehen ist, auch wenn die Zeit der Rufbereitschaft insgesamt nicht „Arbeitszeit“ ist, beschäftigt sich das Urteil des Verwaltungsgerichts nicht. Die Ausführungen des Beklagten in der Begründung des Zulassungsantrags ziehen dennoch die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung im Ergebnis nicht in Zweifel. Denn der Auffassung des Beklagten, dass die „Wegezeiten“, die im Rahmen einer „abgerufenen“ Rufbereitschaft anfallen, generell als integrierter Bestandteil der „tatsächlich erbrachten Arbeitsleistung“ zu betrachten seien, weil der Arbeitnehmer in der freien Gestaltung und Verfügung über seine Zeit ganz erheblich eingeschränkt sei, ist nicht zu folgen. Es ist zwar zutreffend, dass ohne den Weg zum Einsatzort die Einsatzleistung (Arbeitsleistung) nicht erbracht würde. Dies gilt aber in gleicher Weise für den Weg zur Arbeit außerhalb von Bereitschaftsdiensten. In diesen Fällen ist die „Wegezeit“ aber unstreitig der Ruhezeit zuzurechnen.
Der Verweis des Beklagten auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 22. Juni 2011 (8 AZR 102/10 – juris Rn. 30 f.) führt ebenfalls nicht weiter. Das Bundesarbeitsgericht hatte über den Erstattungsanspruch eines Arbeitnehmers zu entscheiden, der mit seinem Privatfahrzeug auf dem Weg zum Arbeitsplatz im Rahmen einer Rufbereitschaft einen Unfall erlitten hatte. In diesem Zusammenhang hat es sich – wie vom Beklagten zitiert – mit dem Begriff der Rufbereitschaft auseinandergesetzt, um zu begründen, dass die Nutzung des Privat-PKW im Interesse des Arbeitgebers erfolgte und dieser daher die Reparaturkosten zu ersetzen habe. Das Bundesarbeitsgericht hat dabei aber ausdrücklich klargestellt, dass es dafür keine Rolle spiele, ob sich die Fahrzeit des Klägers zum Einsatzort rechtlich als Arbeitszeit darstelle (U.v. 22.6.2011 – 8 AZR 102/10 – juris Rn. 25), so dass den Ausführungen des Bundesarbeitsgerichts auch keine arbeitszeitrechtliche Relevanz zukommt. Zudem ist die Begründung des Beklagten für die Einordnung der „Wegezeit“ als tatsächlich erbrachte Arbeitsleistung – der Arbeitnehmer habe regelmäßig die Pflicht, sich schnellstmöglichst zum Einsatzort zu begeben – in dieser Allgemeinheit nicht zutreffend, abgesehen davon, dass sie sich ohnehin nur auf den Hinweg bezieht.
Demgegenüber hat das Bundesarbeitsgericht im Urteil vom 20. August 2014 (10 AZR 937/13 -juris Rn. 18) ausdrücklich betont, dass arbeitszeitrechtlich nach der Rechtsprechung des EuGH im Rahmen der Rufbereitschaft nur die Zeit als Arbeitszeit anzusehen ist, die für die tatsächliche Erbringung der Leistungen der medizinischen Grundversorgung (also der geleisteten Arbeit) aufgewandt wird, auch wenn durch eine gesonderte Bestimmung zugunsten des Arbeitnehmers eine Vergütungsregelung für die Wegezeiten getroffen wird. Das Urteil des EuGH vom 3.10.2000 (SIMAP, C-303/98 – juris Rn. 50), das die Durchführung der RL 93/104/EG und damit eine arbeitszeitrechtliche Regelung betrifft, mag zwar für die vergütungsrechtliche Fragestellung des Bundesarbeitsgerichts nicht entscheidungserheblich gewesen sein, trifft aber seinerseits eine klare Aussage dahingehend, dass im Rahmen einer Rufbereitschaft nur die Zeit, die für die tatsächliche Erbringung der medizinischen Grundversorgung aufgewandt wird, als Arbeitszeit anzusehen ist (vgl. auch EuGH, U.v. 9.9.2003 – Jaeger, C-151/02 – juris Rn. 51). Da einem Arzt, der sich außerhalb der Krankenhauses in Rufbereitschaft aufhält, die Erbringung der medizinischen Grundversorgung nur möglich ist, wenn er sich ins Krankenhaus begibt, folgt aus dieser Entscheidung, dass die „Wegezeit“ vom EuGH arbeitszeitrechtlich nicht als „Arbeitszeit“ betrachtet wird. Aus den angeführten EuGH-Entscheidungen ergibt sich, dass auf der unionsrechtlichen Ebene arbeitszeitrechtlich nur zwischen „Arbeitszeit“ und „Ruhezeit“ sowie tatsächlich erbrachter Arbeitsleistung“, die als Arbeitszeit anzusehen ist, differenziert wird. Für eine weitere Unterscheidung dahingehend, dass im Rahmen einer Rufbereitschaft, die als Ruhezeit zu bewerten ist, die „Wegezeit“ (generell) als „besondere Leistungserbringung für den Arbeitgeber“ anzusehen und daher ohne weiteres der tatsächlichen Arbeitsleistung zuzurechnen ist, ergeben sich hieraus keine Anhaltspunkte. Denn während es für die Zuordnung von Bereitschaftszeiten als Zeitspanne zu den Begriffen „Arbeitszeit“ und „Ruhezeit“ unionsrechtlich darauf ankommt, ob der Arbeitnehmer seine Zeit freigestalten und sich seinen Interessen widmen kann, stellt der Begriff der Arbeitsleistung nicht auf eine Zeitspanne und Zuordnungskriterien, sondern nur auf die tatsächlich geleistete Arbeit ab. Arbeitszeitrechtlich betrachtet ist Arbeitszeit also nur die Zeit, die der Arbeitnehmer für die Arbeitsleistung aufgebracht hat, weil er dem Arbeitnehmer zur Verfügung steht und seine Tätigkeit ausübt (Art. 2 Nr. 1 RL 2003/88/EG). Es kommt in diesem Zusammenhang somit nicht darauf an, ob er den Weg zur Arbeit im Interesse des Arbeitgebers auf sich nimmt.
2. Die Berufung ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen. Um eine solche zu begründen, muss der Rechtsmittelführer (1.) eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formulieren, (2.) ausführen, weshalb die Rechts- oder Tatsachenfrage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich ist, (3.) erläutern, weshalb die formulierte Frage klärungsbedürftig ist und (4.) darlegen, weshalb der Frage eine über den Einzelfall hinausragende Bedeutung zukommt (Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124a Rn. 72 m.w.N.). Nach Auffassung des Beklagten stellt sich im vorliegenden Fall die konkrete Rechtsfrage, ob die Zeiten, die die Beschäftigten der Klägerin im Falle ihrer Inanspruchnahme während ihres Rufbereitschaftsdienstes für den Weg von ihrer Wohnung zum Einsatzort und wieder zurück zu ihrer Wohnung aufbringen, Arbeitszeiten im Sinne des § 2 Abs. 1 ArbZG sind. Diese Frage war aber für das Verwaltungsgericht nicht entscheidungserheblich (zur Maßgeblichkeit der Rechtsauffassung der Vorinstanz: Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124 Rn. 37). Denn das Verwaltungsgericht hat u.a. entscheidungstragend darauf abgestellt, ob die gesamte Zeit der Rufbereitschaft Arbeitszeit darstellt und das Gewerbeaufsichtsamt als „Minus“ dazu lediglich die „Wegezeit“ zum Einsatzort und zurück als Arbeitszeit im Sinne des § 2 Abs. 1 ArbZG einordnen konnte. In einem Berufungsverfahren würde sich allenfalls die vom Beklagten in der Zulassungsbegründung aufgeworfene Frage stellen, ob der Weg zum und vom Einsatzort im Rahmen einer („abgerufenen“) Rufbereitschaft, die nicht Arbeitszeit ist, als „tatsächlich erbrachte Arbeitsleistung“ und damit als Arbeitszeit anzusehen ist. Diese Frage ist aber nicht klärungsbedürftig, weil sie sich aus der Rechtsprechung des EuGH – wie oben dargestellt – ohne weiteres beantworten lässt. Zudem wäre die Frage auch keiner grundsätzlichen Klärung zugänglich, weil sich eine generelle Aussage dahingehend, dass „Wegezeiten“ im Rahmen eines („abgerufenen“) Rufbereitschaftsdienstes stets Arbeitszeit sind, nicht treffen lässt. Es käme darauf an, wie im Einzelfall der Rufbereitschaftsdienst ausgestaltet ist, insbesondere auch darauf, wieviel Zeit dem Arbeitnehmer bleibt, um sich zum Einsatzort zu begeben (vgl. EuGH, U.v. 9.3.2021 – C-580/19 – juris Rn. 48).
3. Die Rechtssache weist auch keine besonderen rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Eine Rechtssache weist besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten auf, wenn die Angriffe des Rechtsmittelführers begründeten Anlass zu Zweifeln an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung geben, die sich nicht ohne Weiteres im Zulassungsverfahren klären lassen, sondern die Durchführung eines Berufungsverfahrens erfordern (Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2019, § 124 Rn. 106).Es trifft war zu, dass das anzuwendende Recht unionsrechtlich determiniert ist und deshalb maßgeblich auf die Rechtsprechung des EuGH abzustellen ist. Dies ist aber inzwischen in vielen Rechtsbereichen der Fall und stellt keine höheren Anforderungen an den Richter als im Normalfall. Die von ihr als schwierig bezeichneten Fragen stellen sich nach den Ausführungen zum Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht oder lassen sich im Zulassungsverfahren aus der vorhandenen EuGH-Rechtsprechung im dargelegten Sinn beantworten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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