Aktenzeichen M 5 K 16.5271
Leitsatz
1 Es ist zweifelhaft, ob der Beamte während einer vorläufigen Dienstenthebung überhaupt einen Anspruch auf Erholungsurlaub erwerben kann (verneinend: BayVGH BeckRS 2015, 56483). Jedenfalls besteht kein Anspruch auf Abgeltung des Urlaubs, wenn im Zeitpunkt der Beantragung einer Urlaubsabgeltung Urlaubsansprüche nach der im bayerischen Landesrecht vorgesehenen maximalen Übertragungsdauer von 15 Monaten bereits verfallen waren. (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)
2 Ferner kommt eine Abgeltung nicht genommenen Urlaubs im Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung nur dann in Betracht, wenn der Beamte krankheitsbedingt gehindert war, den Urlaub in seiner aktiven Dienstzeit zu nehmen (BVerwG BeckRS 2016, 48402). Deshalb scheidet die Abgeltung von Urlaub aus, wenn der Beamten aufgrund einer vorläufigen Dienstenthebung im Disziplinarverfahren gehindert war, Urlaub zu nehmen. (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Abgeltung von Urlaubsansprüchen für 40 Tage in Höhe von 4.272,80 Euro. Der ablehnende Bescheid vom 29. Juni 2016 in Form des Widerspruchsbescheids vom 17. Oktober 2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
1. Zur Begründung wird auf die umfangreichen rechtlichen Ausführungen unter Punkt II des Widerspruchsbescheids vom 17. Oktober 2016 verwiesen, denen das Gericht folgt (§ 117 Abs. 5 VwGO). Ergänzend sei auf Folgendes hingewiesen:
a) Nach der Rechtsprechung des EuGH (U.v. 3.5.2012 – Rs. C-337/10 – juris Rn. 32) steht auch Beamten aufgrund von Art. 7 Abs. 2 der RL 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (RL 2003/88/EG) bei Eintritt in den Ruhestand ein Anspruch auf finanzielle Vergütung für bezahlten Jahresurlaub zu, den sie nicht genommen haben, weil sie aus Krankheitsgründen keinen Dienst geleistet haben. Der Umfang des Urlaubsabgeltungsanspruchs nach Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG ist allerdings auf die sich aus Art. 7 Abs. 1 RL 2003/88/EG ergebenden vier Wochen Erholungsurlaub beschränkt (BVerwG, U.v. 31.1.2013 – 2 C 10.12 – juris Rn. 9). Darüber hinaus tritt ein Verfall des Urlaubsanspruchs spätestens 18 Monate nach dem Ende des Urlaubsjahres ein, wenn es keine ausreichend langen nationalstaatlichen Verfallsregelungen gibt. Dies beruht auf der Erwägung, dass der Zweck des Urlaubsanspruchs bei Ablauf dieser Frist nicht mehr erreicht werde kann (EuGH, U.v. 22.11.2011 – C-214/10 – juris Rn. 41; BVerwG, U.v. 31.1.2013 a.a.O., Rn. 22; BayVGH, B.v. 13.9.2013 – 6 ZB 13.699 – juris Rn. 8; VG München, U.v. 22.11.2016 – M 5 K 14.3346 – juris).
b) Ob der Kläger während des Zeitraums seiner vorläufigen Dienstenthebung von Juni 2011 bis Juli 2013 überhaupt einen Anspruch auf Erholungsurlaub erwerben konnte, ist bereits sehr zweifelhaft (verneinend: BayVGH, B.v. 18.11.2015 – 6 ZB 15.1856 – juris; a.A. VG Bremen, B.v. 19.8.2016 – 6 V 2267/16 – juris), vorliegend jedoch nicht entscheidungserheblich. Denn soweit der Kläger einen Anspruch auf Abgeltung von Erholungsurlaub aus dem Jahr 2011 begehrt, scheitert ein solcher bereits daran, dass im Zeitpunkt der Beantragung einer Urlaubsabgeltung mit Schreiben vom 12. November 2013 diesbezügliche Urlaubsansprüche unter Anwendung der im bayerischen Landesrecht vorgesehenen maximalen Übertragungsdauer von 15 Monaten verfallen waren und bereits aus diesem Grunde eine Abgeltung nicht in Betracht kommt (§ 10 Abs. 1 Satz 2 Urlaubsverordnung – UrlV; vgl. auch FMS v. 4.4.2013, Az.: 21-P1120-028-10667-13, S. 5). Darüber hinaus ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass eine Abgeltung nicht genommenen Urlaubs im Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung nur dann in Betracht kommt, wenn der Beamte krankheitsbedingt gehindert war, den Urlaub in seiner aktiven Dienstzeit zu nehmen (BVerwG, B.v. 16.6.2016 – 2 B 72/15 – juris Rn. 11 a.E.; BayVGH, B.v. 29.7.2016 – 3 ZB 15.1469 – juris Rn. 4 und B.v. 29.2.2016 – 6 ZB 15.2493 – juris Rn. 12 a.E.). Denn der Zweck der Arbeitszeitrichtlinie (RL 2003/88/EU), die in Art. 7 RL 2003/88/EU Regelungen über den Mindesturlaub enthält, ist die Aufstellung von Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz (BVerwG, U.v. 31.1.2013 – 2 C 10.12 – juris Rn. 18). Während des Laufs einer vorläufigen Dienstenthebung im Disziplinarverfahren kann der Aspekt des Gesundheitsschutzes, der Ausgangspunkt für den Abgeltungsanspruch für krankheitsbedingt nicht genommenen Urlaubs darstellt, von vornherein nicht in Frage kommen.
Der Kläger war vorliegend nicht krankheitsbedingt gehindert, Urlaub zu nehmen. Im Jahr 2011, bis zu seiner Dienstenthebung, war er an nur vier Tagen dienstunfähig erkrankt. Ein Abgeltungsanspruch für Urlaub besteht daher nicht.
2. Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).