Aktenzeichen M 11 M 16.31006
Leitsatz
Werden in einem Asylprozess mehrere Asylkläger von einem gemeinsamen Anwalt vertreten, kann der obsiegende Kläger von der Beklagten nur in Höhe des seiner Beteiligung entsprechenden Bruchteils Erstattung seiner außergerichtlichen Kosten verlangen. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I.
Die Erinnerung wird zurückgewiesen.
II.
Die Kosten des Erinnerungsverfahrens trägt der Antragsteller.
Gründe
I.
Der Antragsteller und seine Mutter erhoben durch ihren bevollmächtigten Rechtsanwalt im Juli 2014 gemeinsam Klage mit dem Ziel, die Beklagte zu verpflichten, ihnen jeweils subsidiären Schutz nach § 4 AsylVfG (jetzt: § 4 AsylG) zuzuerkennen.
Mit rechtskräftig gewordenem Urteil vom 3. November 2015 verpflichtete das Gericht die Antragsgegnerin, dem Antragsteller diesen Schutzstatus zuzuerkennen, wies andererseits aber die Klage seiner Mutter ab. Hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten der Beteiligten wurde entschieden, dass die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers die Antragsgegnerin trägt, die außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin die Mutter des Antragstellers zur Hälfte trägt und im Übrigen die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen.
Mit Schriftsatz vom 18. November 2015 beantragte der Bevollmächtigte des Antragstellers, die dem Antragsteller von der Antragsgegnerin zu erstattenden Kosten auf 925,23 Euro festzusetzen. Hierbei ging er einerseits von einem Gegenstandswert von 5.000,00 Euro aus, setzte aber andererseits die sich daraus ergebenden Gebührenpositionen und Auslagen jeweils als vollständig zu erstatten an.
Der Kostenbeamte wies den Bevollmächtigten des Antragstellers mit Schreiben vom 12. Januar 2016 darauf hin, dass nach seiner Auffassung einerseits ein Gesamtgegenstandswert von 6.000,00 Euro zugrunde zu legen, andererseits aber nur die Hälfte der sich hieraus ergebenden Gebühren und Auslagen erstattungsfähig sei.
Der Bevollmächtigte des Antragstellers antwortete mit Schreiben vom 18. Januar 2016, dass es bei seinem Antrag vom 18. November 2015 verbleibe.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 15. Februar 2016 setzte der Kostenbeamte die dem Antragsteller von der Antragsgegnerin zu erstattenden Aufwendungen auf 538,48 Euro fest, wobei er entsprechend seinem Anhörungsschreiben von einem Gegenstandswert von 6.000,00 Euro ausging und den sich aus der Summe von 1,3-facher Verfahrensgebühr (460,20 Euro), 1,2-facher Terminsgebühr (424,80 Euro), Auslagenpauschale (20,00 Euro), Mehrwertsteuer (171,95 Euro) ergebenden Betrag von 1076,95 Euro zur Hälfte für erstattungsfähig hielt.
Mit Schreiben vom 18. Februar 2016, das am 22. Februar 2016 bei Gericht einging, beantragte der Bevollmächtigte des Antragstellers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss die Entscheidung des Gerichts.
Er trägt vor, das Urteil stelle ausdrücklich fest, dass die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers die Antragsgegnerin trage. Es sei keine Kostenquotelung bezüglich der außergerichtlichen Kosten des Antragstellers ausgesprochen worden, weshalb die Kosten antragsgemäß festzusetzen seien.
Der Kostenbeamte bat die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 23. Februar 2016 um Stellungnahme innerhalb von 14 Tagen. Die Antragsgegnerin äußerte sich hierauf nicht.
Der Kostenbeamte half in der Folge der Erinnerung nicht ab und legte sie mit Schreiben vom 3. Mai 2016 dem Gericht vor.
Mit Schreiben vom 27. Juni 2016 teilte das dem Gericht dem Bevollmächtigten des Antragstellers mit, es werde vorläufig davon ausgegangen, dass Erinnerungsführer nur der Antragsteller sei. Für den Fall, dass die Erinnerung auch für dessen Mutter oder für den Bevollmächtigten des Antragstellers selbst eingelegt sein solle, wurde um Mitteilung bis zum 15. Juli 2016 gebeten.
Eine Äußerung hierauf erfolgte nicht.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten, auch diejenigen des Klageverfahrens (M 11 K 14.30823), Bezug genommen.
II.
Die Erinnerung ist unbegründet. Dem Antragsteller steht gegen die Antragsgegnerin keine höhere als die im Kostenfestsetzungsbeschluss festgesetzte Erstattung zu.
Es entspricht für das Zivilrecht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass bei Beauftragung eines gemeinsamen Rechtsanwalts durch Streitgenossen der obsiegende Streitgenosse von dem unterlegenen Gegner nur in Höhe des seiner Beteiligung am Rechtsstreit entsprechenden Bruchteils Erstattung seiner außergerichtlichen Kosten verlangen kann (z. B. BGH, B. v. 30.04.2003 – VIII ZB 100/02 – juris; B. v. 20.02.2006 – II ZB 3/05 – juris).
Für den vorliegenden Asylprozess, in dem der Antragsteller und seine Mutter durch den gleichen Rechtsanwalt – den Bevollmächtigten des Antragstellers – vertreten wurden und der Antragsteller obsiegt hat, seine Mutter dagegen unterlegen ist, gilt nichts anderes.
Zu den notwendigen (außergerichtlichen) Aufwendungen im Sinne des § 162 Abs. 1 VwGO, die die Antragsgegnerin dem Antragsteller nach der Kostengrundentscheidung des Urteils grundsätzlich vollständig erstatten muss, gehören aufgrund der Regelung in § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO die gesetzlichen Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts. Im vorliegenden Fall ergibt sich aus § 30 Abs. 1 Satz 1 und 2 RVG, dass sich die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Bevollmächtigten aus einem Gesamtgegenstandswert von 6.000 Euro errechnen und der Bevollmächtigte den sich hieraus ergebenden Betrag vom Antragsteller und seiner Mutter insgesamt nur einmal fordern kann. Mangels gegenteiliger Anhaltpunkte muss es hinsichtlich der internen Verteilung zwischen dem Antragsteller und seiner Mutter bei der in § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB normierten Vermutung nach Kopfteilen verbleiben, so dass für den obsiegenden Antragsteller notwendige Kosten i. S. v. § 162 Abs. 1 VwGO nur in Höhe seines Kopfteils entstanden sind. Dem Antragsteller steht deshalb gegen die Antragsgegnerin ein Erstattungsanspruch in Höhe der Hälfte der sich aus einem Gesamtgegenstandswert von 6.000 Euro ergebenden gesetzlichen Gebühren und Auslagen zu.
Die vom Bevollmächtigten vorgelegte Gebührenberechnung würde den Antragsteller demgegenüber so stellen, als wäre nur er allein auf Klägerseite am Rechtsstreit beteiligt gewesen (vollständige Erstattung der sich aus einem Einzelgegenstandswert von 5.000 Euro ergebenden gesetzlichen Gebühren und Auslagen). Ein Abstellen auf diese hypothetische Situation ist jedoch nicht sachgerecht. Zum einen haben der Antragsteller und seine Mutter durch das Führen eines gemeinsamen Prozesses den Vorteil erlangt, dass sie ihrem Bevollmächtigten insgesamt eine geringe gesetzliche Vergütung als bei getrennter Prozessführung schulden, was auch dem Antragsteller zugute gekommen wäre, wenn (auch) seine Klage erfolglos geblieben wäre. Zweitens würde die Berechnung des Bevollmächtigten zu dem unbilligen Ergebnis führen, dass die notwendigen Kosten der vollständig unterlegenen Mutter des Antragstellers faktisch teilweise auf die Antragsgegnerin abwälzt würden.
Werden in einem Asylprozess mehrere Asylkläger von einem gemeinsamen Anwalt vertreten, kann deshalb der obsiegende Kläger von der Beklagten nur in Höhe des seiner Beteiligung entsprechenden Bruchteils Erstattung seiner außergerichtlichen Kosten verlangen.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).