Arbeitsrecht

Mitbestimmung des Betriebsrats bei Eingruppierung

Aktenzeichen  1 ABR 4/20

Datum:
23.2.2021
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BAG
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:BAG:2021:230221.B.1ABR4.20.0
Normen:
§ 99 Abs 1 S 1 BetrVG
§ 101 BetrVG
§ 29b Abs 1 TVÜ-VKA
§ 29a TVÜ-VKA
§ 29c TVÜ-VKA
§ 29d TVÜ-VKA
Spruchkörper:
1. Senat

Leitsatz

Die durch einen Antrag auf Höhergruppierung nach § 29b Abs. 1 TVÜ-VKA ausgelöste Rechtsanwendung unterliegt als (Neu-)Eingruppierung der Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG.

Verfahrensgang

vorgehend ArbG Essen, 13. Juni 2019, Az: 1 BV 17/19, Beschlussvorgehend Landesarbeitsgericht Düsseldorf, 20. November 2019, Az: 12 TaBV 44/19, Beschluss

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin wird – unter ihrer Zurückweisung im Übrigen – der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 20. November 2019 – 12 TaBV 44/19 – insoweit aufgehoben, als mit ihm auf die Beschwerde des Betriebsrats der Beschluss des Arbeitsgerichts Essen vom 13. Juni 2019 – 1 BV 17/19 – bezüglich der die Arbeitnehmerinnen H und B betreffenden Anträge zu 105. und 106. abgeändert worden ist.
In diesem Umfang wird die Beschwerde des Betriebsrats gegen den genannten Beschluss des Arbeitsgerichts zurückgewiesen.

Gründe

1
A. Die Beteiligten streiten im Zusammenhang mit Anträgen auf Höhergruppierungen nach § 29b Abs. 1 des Tarifvertrags zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-VKA) über eine Verpflichtung der Arbeitgeberin zur Einleitung von Zustimmungs(ersetzungs)verfahren nach § 99 BetrVG.
2
Die Arbeitgeberin bietet als gemeinnützige Gesellschaft soziale Dienstleistungen an; in ihrem Betrieb ist der zu 1. beteiligte Betriebsrat gebildet. Auf die Arbeitsverhältnisse der ca. 1.300 Beschäftigten wendet die Arbeitgeberin die Tarifverträge für den öffentlichen Dienst im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) an, ua. die durchgeschriebene Fassung des TVöD für den Dienstleistungsbereich Pflege- und Betreuungseinrichtungen (TVöD-B). Aufgrund des Änderungstarifvertrags Nr. 12 vom 29. April 2016 zum TVöD (ÄndTV) traten für den Bereich der VKA mit Wirkung zum 1. Januar 2017 ua. Eingruppierungsvorschriften sowie die Anlage 1 – Entgeltordnung (VKA) in Kraft. Zur Überleitung der Beschäftigten in diese Entgeltordnung regelt der TVÜ-VKA ua.:
        
„§ 29 
        
Grundsatz
        
(1) 1Für die in den TVöD übergeleiteten Beschäftigten (§ 1 Abs. 1) sowie für die zwischen dem Inkrafttreten des TVöD und dem 31. Dezember 2016 neu eingestellten Beschäftigten (§ 1 Abs. 2), deren Arbeitsverhältnis über den 31. Dezember 2016 hinaus fortbesteht, gelten ab dem 1. Januar 2017 für Eingruppierungen § 12 (VKA) und § 13 (VKA) TVöD in Verbindung mit der Anlage 1 – Entgeltordnung (VKA) zum TVöD. 2Diese Beschäftigten sind zum 1. Januar 2017 gemäß den nachfolgenden Regelungen in die Anlage 1 – Entgeltordnung (VKA) übergeleitet.
        
…       
        
§ 29a 
        
Besitzstandsregelungen
        
(1) 1Die Überleitung erfolgt unter Beibehaltung der bisherigen Entgeltgruppe für die Dauer der unverändert auszuübenden Tätigkeit. 2Eine Überprüfung und Neufeststellung der Eingruppierung findet aufgrund der Überleitung in die Entgeltordnung für den Bereich der VKA nicht statt.
        
Protokollerklärung zu Absatz 1:
        
Die Zuordnung zu der Entgeltgruppe des TVöD nach der Anlage 1 oder 3 TVÜ-VKA in der bis zum 31. Dezember 2016 geltenden Fassung gilt als Eingruppierung.
        
…       
        
§ 29b 
        
Höhergruppierungen
        
(1) 1Ergibt sich nach der Anlage 1 – Entgeltordnung (VKA) zum TVöD eine höhere Entgeltgruppe, sind die Beschäftigten auf Antrag in der Entgeltgruppe eingruppiert, die sich nach § 12 (VKA) TVöD ergibt. 2Der Antrag kann nur bis zum 31. Dezember 2017 gestellt werden (Ausschlussfrist) und wirkt auf den 1. Januar 2017 zurück; … 3Ruht das Arbeitsverhältnis am 1. Januar 2017, beginnt die Frist von einem Jahr nach Satz 1 mit der Wiederaufnahme der Tätigkeit; der Antrag wirkt auf den 1. Januar 2017 zurück.
        
…       
        
§ 29c 
        
Besondere Überleitungsregelungen
        
(1) Beschäftigte mit einem Anspruch auf die bisherige Zulage nach § 17 Abs. 8 in der bis zum 31. Dezember 2016 geltenden Fassung sind stufengleich und unter Mitnahme der in ihrer Stufe zurückgelegten Stufenlaufzeit in die Entgeltgruppe 14 übergeleitet.
        
(2) Beschäftigte der Entgeltgruppe 9, für die keine besonderen Stufenregelungen gelten, sind stufengleich und unter Mitnahme der in ihrer Stufe zurückgelegten Stufenlaufzeit in die Entgeltgruppe 9b übergeleitet.
        
(3) 1Beschäftigte der Entgeltgruppe 9, für die gemäß des Anhangs zu § 16 (VKA) TVöD in der bis zum 31. Dezember 2016 geltenden Fassung die Stufe 5 Endstufe ist, sind unter Mitnahme der in ihrer Stufe zurückgelegten Stufenlaufzeit in die Stufe der Entgeltgruppe 9a übergeleitet, …“
        
§ 29d 
        
Überleitung in die Anlage E zum BT-K und zum BT-B
        
(1) 1Die unter die Anlage 4 in der bis zum 31. Dezember 2016 gültigen Fassung (Kr-Anwendungstabelle) fallenden Beschäftigten sind stufengleich und unter Mitnahme der in ihrer Stufe zurückgelegten Stufenlaufzeit
        
von der Entgeltgruppeder Anlage 4
in die Entgeltgruppeder Anlage E
        
KR 12a
P 16   
        
…       
…       
        
übergeleitet. …“
3
Mehrere Arbeitnehmer, deren vor dem 1. Januar 2017 begründete Arbeitsverhältnisse über den 31. Dezember 2016 hinaus fortbestanden und deren Eingruppierungen der Betriebsrat mitbestimmt hatte, stellten Anträge iSv. § 29b Abs. 1 TVÜ-VKA. Die Arbeitgeberin, welche auf Teilbetriebsversammlungen und einer Nachtwachenversammlung erklärt hatte, die entsprechende Antragsfrist bis 31. März 2018 zu verlängern, erbat bei deren Stattgabe die Zustimmung des Betriebsrats zur Höhergruppierung; bei einer Antragsablehnung informierte sie ihn lediglich.
4
Der Betriebsrat hat daraufhin das vorliegende Verfahren eingeleitet und hinsichtlich einer Vielzahl namentlich genannter Arbeitnehmer – welche bis auf die im Hauptbegehren unter 105. und 106. angeführten Arbeitnehmerinnen H und B einen von der Arbeitgeberin abschlägig beschiedenen Höhergruppierungsantrag gestellt hatten und im Übrigen mit ihren eingruppierungsrelevanten Daten vor und nach Inkrafttreten des ÄndTV in einer von den landesarbeitsgerichtlichen Feststellungen umfassten Tabelle im Einzelnen aufgelistet sind – die Ansicht vertreten, die Arbeitgeberin sei zur Durchführung von Zustimmungsverfahren nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG verpflichtet.
5
Er hat zuletzt – soweit für die Rechtsbeschwerde noch von Belang – beantragt,
        
der Arbeitgeberin aufzugeben, die Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
        
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in die seit 1. Januar 2017 geltende Entgeltordnung des TVöD-B (VKA) einzuholen und im Falle der Verweigerung diese gerichtlich ersetzen zu lassen;
        
hilfsweise
        
festzustellen, dass bei der Zuordnung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern durch die Arbeitgeberin zu den Entgeltgruppen der seit 1. Januar 2017 geltenden Entgeltordnung des TVöD-B (VKA) sein Mitbestimmungsrecht nach § 99 BetrVG besteht, soweit die Arbeitgeberin einen Höhergruppierungsantrag nach § 29b Abs. 1 TVÜ-VKA abgelehnt hat bzw. abzulehnen beabsichtigt.
6
Die Arbeitgeberin hat beantragt, die Anträge abzuweisen. Sie hat im Wesentlichen die Ansicht vertreten, im Falle der Ablehnung von Höhergruppierungsanträgen verbleibe es nach den tariflichen Vorgaben bei der (bisherigen) Zuordnung der Arbeitnehmer zur Entgeltordnung. Hierin liege keine Ein- oder Umgruppierung; entsprechend habe der Betriebsrat kein Mitbestimmungsrecht. Bei nach dem 31. Dezember 2017 gestellten Anträgen fehle es zudem an einem fristgerechten Antrag sowie einem kollektiven Mitbestimmungstatbestand.
7
Das Arbeitsgericht hat die Anträge abgewiesen. Auf die Beschwerde des Betriebsrats hat das Landesarbeitsgericht – nach teilweiser Einstellung des Verfahrens hinsichtlich aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschiedener Arbeitnehmer – dem hauptsächlichen Begehren des Betriebsrats entsprochen, wobei es (auch ausgedrückt im Tenor) von mitbestimmungspflichtigen Umgruppierungen ausgegangen ist. Mit ihrer Rechtsbeschwerde verfolgt die Arbeitgeberin die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.
8
B. Die zulässige Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin ist überwiegend erfolglos. Lediglich hinsichtlich der Arbeitnehmerinnen H (105.) und B (106.) hat das Landesarbeitsgericht den arbeitsgerichtlichen Beschluss zu Unrecht abgeändert und die Arbeitgeberin verpflichtet, die Zustimmung des Betriebsrats zu deren Umgruppierungen einzuholen und ggf. ersetzen zu lassen. Im Übrigen ist es im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass die vom hauptsächlichen Verlangen des Betriebsrats umfassten personellen Einzelmaßnahmen der Mitbestimmung nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG unterliegen.
9
I. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig. Entgegen der Ansicht des Betriebsrats genügt ihre Begründung den gesetzlichen Anforderungen (§ 94 Abs. 2 Satz 2 ArbGG).
10
1. Nach § 94 Abs. 2 Satz 2 ArbGG muss die Rechtsbeschwerdebegründung angeben, welche rechtliche Bestimmung durch den angefochtenen Beschluss verletzt sein soll und worin diese Verletzung besteht. Dazu hat sie den Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts so aufzuzeigen, dass Gegenstand und Richtung ihres Angriffs erkennbar sind. Dies erfordert eine Auseinandersetzung mit den tragenden Gründen des angefochtenen Beschlusses (BAG 12. Juni 2019 – 1 ABR 57/17 – Rn. 12). Der Rechtsbeschwerdeführer muss darlegen, warum er die Begründung des Beschwerdegerichts für unrichtig hält (BAG 23. Februar 2016 – 1 ABR 82/13 – Rn. 19). Hat das Beschwerdegericht seine Entscheidung auf mehrere voneinander unabhängige, selbständig tragende rechtliche Erwägungen gestützt, muss die Rechtsbeschwerdebegründung alle Erwägungen angreifen. Setzt sie sich mit einer der selbständig tragenden Erwägungen nicht auseinander, ist das Rechtsmittel insgesamt unzulässig (vgl. BAG 29. August 2018 – 7 AZR 144/17 – Rn. 11 mwN).
11
2. Diesen Anforderungen wird die Rechtsbeschwerdebegründung gerecht. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, das mittels des hauptsächlichen Begehrens zu sichernde Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG folge aus der Überleitung der Beschäftigten in die Anlage 1 – Entgeltordnung (VKA) „an sich“ (§§ 29, 29a Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA). Daneben sei die Ablehnung von Höhergruppierungsanträgen iSv. § 29b Abs. 1 TVÜ-VKA mitbestimmungspflichtig. Bei einigen Arbeitnehmern resultiere das Mitbestimmungsrecht zudem aus den besonderen Überleitungsvorschriften der §§ 29c, 29d TVÜ-VKA. Diese Erwägungen – bei denen es sich nicht bezüglich aller Arbeitnehmer um jeweils selbständig tragende Gründe handelt – greift die Rechtsbeschwerdebegründung ausreichend an. Sie wendet sich in argumentativer Auseinandersetzung sowohl gegen die Bewertung, bereits die Überleitung sei eine mitbestimmungspflichtige Umgruppierung, als auch gegen das Verständnis, der Höhergruppierungsantrag nach § 29b Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA bewirke ein Mitbestimmungsrecht. Sie verhält sich auch zu einem aus § 29c TVÜ-VKA bzw. § 29d TVÜ-VKA abgeleiteten Mitbestimmungsrecht. Soweit sie sich nicht ausdrücklich (auch) mit dem Argument des Landesarbeitsgerichts auseinandersetzt, die Arbeitgeberin habe zu prüfen, „ob die Eingruppierung von der Zeit einer Tätigkeit oder Berufsausbildung abhängt, mit der Rechtsfolge des § 29b [richtig § 29a] Abs. 2 TVÜ-VKA“, ist dies unschädlich. Hierbei handelt es sich um keine eigenständige rechtliche Erwägung, sondern um einen Aspekt der Annahme des Beschwerdegerichts, bereits die Überleitung der Arbeitnehmer in die Anlage 1 – Entgeltordnung (VKA) nach §§ 29, 29a Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA löse das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats aus.
12
II. Die Rechtsbeschwerde ist ganz überwiegend unbegründet.
13
1. Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den antragsabweisenden Beschluss des Arbeitsgerichts war zulässig.
14
a) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob das in der Vorinstanz eingelegte Rechtsmittel ordnungsgemäß eingelegt und begründet wurde (BAG 12. Juni 2019 – 1 ABR 30/18 – Rn. 12). Es kommt nicht darauf an, ob das Landesarbeitsgericht die Beschwerde – wie hier – ausdrücklich als zulässig angesehen hat (BAG 16. Juli 2008 – 7 ABR 13/07 – Rn. 13, BAGE 127, 126).
15
b) Die Beschwerde des Betriebsrats begegnet keinen Zulässigkeitsbedenken. Zwar ist in der Beschwerdeeinlegungsschrift die angegriffene Entscheidung falsch bezeichnet. Indes war aus den Umständen und insbesondere der beigefügten Abschrift des angefochtenen Beschlusses eindeutig erkennbar, gegen welche arbeitsgerichtliche Entscheidung sich die Beschwerde richtet. Auch an der nach § 89 Abs. 2 Satz 2, § 87 Abs. 2 Satz 1 ArbGG iVm. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO erforderlichen ordnungsgemäßen Beschwerdebegründung bestehen keine Zweifel.
16
2. Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin hat nicht deshalb Erfolg, weil der angefochtene Beschluss verfahrensfehlerhaft ist.
17
a) Allerdings hat das Landesarbeitsgericht den Verfahrensgegenstand verkannt und somit gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO verstoßen, indem es seine dem Hauptbegehren stattgebende Entscheidung (auch) darauf gestützt hat, die Überleitung der Arbeitnehmer nach Maßgabe der Besitzstandsregelung gemäß §§ 29, 29a Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA unterfalle bereits „an sich“ der Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG.
18
aa) Hinsichtlich dieser Überleitung hat der Betriebsrat – wenngleich die sprachliche Fassung seines Hauptantrags dies nicht ausschließt – keine Sicherung seiner Mitbestimmung beansprucht. Er hat vielmehr bereits in der Antragsschrift ausgeführt, nach seiner Ansicht sei die Überleitung von der „vorläufigen“ in die „endgültige“ Entgeltordnung nach dem TVÜ-VKA keine seiner Mitbeurteilung unterliegende Rechtsanwendung. Folglich hat er – in der Annahme, auch die Arbeitnehmerinnen H (105.) und B (106.) hätten Höhergruppierungen beantragt – das von ihm geltend gemachte Rechtsschutzziel auf nach § 29b Abs. 1 TVÜ-VKA gestellte (abschlägig beschiedene) Höhergruppierungsanträge gestützt und nicht etwa auf alle übergeleiteten Arbeitnehmer – also auch solche, die keine Anträge nach § 29b Abs. 1 TVÜ-VKA gestellt haben – bezogen. Dieses Antragsverständnis folgt ebenso aus seinen weiteren schriftsätzlichen Ausführungen und wird bestätigt durch die Formulierung des Hilfsantrags. Dieser ist ausdrücklich auf die Feststellung eines Mitbestimmungsrechts für den Fall gerichtet, dass die Arbeitgeberin einen Höhergruppierungsantrag abgelehnt hat bzw. zurückzuweisen beabsichtigt. Der Betriebsrat hat damit im Wege eines Feststellungsantrags den Sachverhalt abstrakt beschrieben, bei dem er – lediglich arbeitnehmerbezogen konkretisiert – mit seinem auf Leistung gerichteten Hauptbegehren die Sicherung eines seiner Ansicht nach eröffneten Mitbestimmungsrechts beansprucht.
19
bb) Das so verstandene Begehren hat in der Beschwerdeinstanz keine Änderung erfahren. Zwar hat das Arbeitsgericht ein Mitbestimmungsrecht (auch) bezüglich der Überleitung verneint und damit (ebenfalls) über einen weitergehenden als den zur Entscheidung gestellten Verfahrensgegenstand befunden. Der beschwerdeführende Betriebsrat hat sich indes dieses modifizierte Verständnis des Verfahrensgegenstands nicht zu eigen gemacht. Auch in der Beschwerdeinstanz hat er sich keines Mitbeurteilungsrechts auf der Grundlage von §§ 29, 29b Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA berühmt.
20
b) Soweit sich der Betriebsrat nunmehr in der Rechtsbeschwerdeerwiderung – die Argumentation in der angefochtenen Entscheidung aufgreifend – dem Antragsverständnis des Landesarbeitsgerichts anschließt und es sich zu eigen macht, handelt es sich um eine in der Rechtsbeschwerdeinstanz unzulässige Antragsänderung (§ 559 Abs. 1 ZPO).
21
c) Der Verstoß gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO zwingt nicht zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht. Eine Zurückverweisung scheidet aus, wenn das Rechtsbeschwerdegericht auf Grundlage des festgestellten und unstreitigen Sachverhalts den Rechtsstreit über das tatsächliche Begehren abschließend entscheiden kann (vgl. BAG 25. April 2013 – 6 AZR 800/11 – Rn. 14). Das ist hier der Fall. Ausgehend vom zutreffenden Verständnis der mit dem hauptsächlichen Antrag angebrachten (Einzel-)Verlangen des Betriebsrats kann der Senat nach § 96 Abs. 1 Satz 2 ArbGG iVm. § 563 Abs. 3 ZPO im Hinblick auf die ausführlichen und vollständigen landesarbeitsgerichtlichen Feststellungen in der Sache selbst entscheiden.
22
3. Das zulässige Hauptbegehren ist bis auf zwei von ihm umfasste Einzelverlangen begründet.
23
a) Bei ihm handelt es sich um in subjektiver Antragshäufung geltend gemachte Verpflichtungen der Arbeitgeberin zur Einleitung und Durchführung von Zustimmungs(ersetzungs)verfahren nach § 99 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 BetrVG. Die Angabe des Datums dient ersichtlich der Konkretisierung der maßgeblichen Entgeltordnung. In ihm drückt sich kein vergangenheitsbezogenes Verlangen aus. An der hinreichenden Bestimmtheit des Hauptbegehrens iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO (vgl. zu diesem Erfordernis
BAG 14. April 2015 – 1 ABR 66/13 – Rn. 16, BAGE 151, 212) bestehen schon wegen seines Bezugs zu den vom Landesarbeitsgericht im Einzelnen festgestellten und tabellarisch aufgelisteten Angaben und Daten (Funktionen der Arbeitnehmer, „EG/Stufe“, „EG Neu/Stufe“) keine Zweifel.
24
b) Die geltend gemachten Verpflichtungen folgen – mit Ausnahme von zwei Einzelverlangen – aus § 99 Abs. 1 Satz 1 iVm. § 101 Satz 1 BetrVG (entsprechend).
25
aa) Gemäß § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG hat der Arbeitgeber in Unternehmen mit in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern den Betriebsrat vor jeder Ein- oder Umgruppierung zu unterrichten und dessen Zustimmung zu beantragen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats kann der Betriebsrat in Fällen, in denen der Arbeitgeber eine Ein- oder Umgruppierung vorgenommen hat, ohne zuvor versucht zu haben, die nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG erforderliche Zustimmung des Betriebsrats einzuholen, gemäß § 101 BetrVG zur Sicherung seines Mitbestimmungsrechts die nachträgliche Einholung seiner Zustimmung sowie bei deren Verweigerung die Durchführung des arbeitsgerichtlichen Zustimmungsersetzungsverfahrens nach § 99 Abs. 4 BetrVG verlangen (vgl. BAG 28. Juli 2020 – 1 ABR 5/19 – Rn. 18 mwN).
26
bb) Das Mitbestimmungsrecht bei Ein- und Umgruppierungen ist ein Mitbeurteilungs- und kein Mitgestaltungsrecht. Das folgt daraus, dass Ein- oder Umgruppierungen in eine betriebliche Entgeltordnung keine konstitutiven Maßnahmen sind, sondern Akte der Rechtsanwendung. Die Beteiligung des Betriebsrats nach § 99 BetrVG soll dazu beitragen, dass diese Rechtsanwendung möglichst zutreffende Ergebnisse erzielt. Sie dient der einheitlichen und gleichmäßigen Anwendung der Vergütungsordnung in gleichen und vergleichbaren Fällen und damit der innerbetrieblichen Entgeltgerechtigkeit sowie Transparenz der betrieblichen Vergütungspraxis (vgl. BAG 12. August 1997 – 1 ABR 13/97 – zu B II 1 der Gründe mwN).
27
cc) Eingruppierung iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ist die – erstmalige oder erneute – Einreihung eines Arbeitnehmers in eine betriebliche Vergütungsordnung. Eine Umgruppierung ist jede Änderung dieser Einreihung. Über eine solche muss der Arbeitgeber auch dann befinden, wenn sich bei gleichbleibender Tätigkeit die betriebliche Vergütungsordnung ändert und infolge dieser Änderung eine Entscheidung über eine „Neueingruppierung“ des Arbeitnehmers erforderlich wird (vgl. BAG 30. September 2014 – 1 ABR 32/13 – Rn. 21, BAGE 149, 182). Für die Mitbestimmung des Betriebsrats und einen auf ihre Sicherung nach § 101 BetrVG gerichteten Antrag ist letztlich nicht ausschlaggebend, ob der vom Betriebsrat mitzubeurteilende gedankliche Akt des Arbeitgebers eine Eingruppierung oder eine Umgruppierung ist. Entscheidend ist vielmehr, dass ein Akt der Rechtsanwendung und die Kundgabe des hierbei gefundenen Ergebnisses stattfinden (vgl. BAG 22. April 2009 – 4 ABR 14/08 – Rn. 50 mwN, BAGE 130, 286).
28
dd) Ausgehend von diesen Maßstäben liegen in den auf den Höhergruppierungsanträgen iSv. § 29b Abs. 1 TVÜ-VKA beruhenden Rechtsanwendungsakten der Arbeitgeberin (Neu-)Eingruppierungen iSd. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG, die der Betriebsrat – verfahrensrechtlich gesichert durch § 101 BetrVG – mitzubeurteilen hat. Der betriebsverfassungsrechtliche Mitbestimmungstatbestand wird durch den Antrag ausgelöst. Das Ergebnis der Rechtsanwendung, also die positive oder negative Bescheidung der Anträge durch die Arbeitgeberseite, ist ohne Belang.
29
(1) Im Unternehmen der Arbeitgeberin sind regelmäßig mehr als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt. Dem Betriebsrat kommt daher nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht bei Ein- und Umgruppierungen zu.
30
(2) Das Hauptbegehren des Betriebsrats ist von vornherein unbegründet, soweit die Verlangen nach § 101 BetrVG die Arbeitnehmerinnen H und B betreffen (105. und 106.). Der Betriebsrat bezieht sein – im Wege des § 101 BetrVG zu sicherndes – Mitbestimmungsrecht auf durch die Antragstellung der Arbeitnehmer nach § 29b Abs. 1 TVÜ-VKA ausgelöste Rechtsanwendungsakte. Insoweit kann er bei den genannten Arbeitnehmerinnen die erstrebte Sicherung bereits deshalb nicht beanspruchen, weil diese nach den den Senat bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts (§ 559 Abs. 1 ZPO) keine Höhergruppierungsanträge gestellt haben.
31
(3) Alle anderen namentlich genannten Beschäftigten haben eine Höhergruppierung nach § 29b Abs. 1 TVÜ-VKA beantragt. Das löst das Mitbeurteilungsrecht des Betriebsrats aus.
32
(a) Beim Antrag eines Arbeitnehmers nach § 29b Abs. 1 TVÜ-VKA handelt es sich nicht lediglich um einen Teilaspekt eines einheitlichen, nicht trennbaren gedanklichen Zuordnungsvorgangs. Zwar vermag der Betriebsrat – ebenso wie ein Arbeitgeber eine Ein- oder Umgruppierung, die mehrere „Prüfschritte“ beinhaltet, hinsichtlich des Mitbestimmungsverfahrens nicht auf einzelne Fragestellungen beschränken kann (vgl. ausf. BAG 22. April 2009 – 4 ABR 14/08 – Rn. 51, BAGE 130, 286) – seine zu sichernde Mitbestimmung nicht auf einzelne Bestandteile eines einheitlich zu wertenden Ein- oder Umgruppierungsvorgangs zu begrenzen. Anträge iSv. § 29b Abs. 1 TVÜ-VKA und die durch sie bewirkte rechtliche Prüfung durch die Arbeitgeberseite sind aber nicht bloß Teilelemente einer Ein- oder Umgruppierung. Nach der tariflichen Überleitungssystematik sind mit ihnen vielmehr rechtliche Beurteilungen erst veranlasst. Da die Überleitung in die neue Entgeltordnung für die Dauer der unverändert auszuübenden Tätigkeit unter Beibehaltung der bisherigen Entgeltgruppe erfolgt und eine Überprüfung und Neufeststellung der Eingruppierungen aufgrund der Überleitung in die Entgeltordnung für den Bereich der VKA nicht stattfindet (§ 29a Abs. 1 TVÜ-VKA), bedingt das Inkrafttreten der Anlage 1 – Entgeltordnung (VKA) – ggf. abgesehen von den Fällen der Zuordnung aus der EG 9 in die EG 9a oder 9b und aus der EG 13 plus Zulage in die EG 14 nach § 29c Abs. 1 bis Abs. 3 TVÜ-VKA und aus den KR-Gruppen in die P-Gruppen nach § 29d Abs. 1 TVÜ-VKA – grundsätzlich keinen Beurteilungsakt. In dieser spezifischen tariflichen Überleitungssystematik liegt der Unterschied zu der der Entscheidung des Vierten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 22. April 2009 (- 4 ABR 14/08 – BAGE 130, 286; vgl. auch BAG 19. Oktober 2016 – 4 ABR 27/15 – Rn. 13) zugrunde liegenden Fallgestaltung, bei der es um die der Mitbeurteilung des Betriebsrats unterliegende (und im vorliegenden Streitfall unstreitig mitbestimmt vorgenommene) Überleitung in die Entgeltordnung (VKA) nach den Vorschriften der §§ 3 bis 7 TVÜ-VKA ging.
33
(b) Auch das dem angefochtenen Beschluss offensichtlich zugrunde liegende Verständnis, der Höhergruppierungsantrag nach § 29b Abs. 1 TVÜ-VKA sei ein Element der bereits aus der Anwendung des § 29a Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA folgenden mitbestimmten Rechtsanwendung, deren Mitbeurteilung die Tarifvertragsparteien mit § 29a Abs. 1 Satz 2 TVÜ-VKA nicht suspendieren können, greift zu kurz. Abgesehen von besonderen Überleitungskonstellationen legt § 29a Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA nur fest, dass sich die erfolgte Eingruppierung der Beschäftigten für die Dauer einer unverändert auszuübenden Tätigkeit nicht ändert. Entsprechend hat der Arbeitgeber keine ein- oder umgruppierungsrelevanten (gedanklichen) Zuordnungen der Arbeitnehmer zur (neuen) Entgeltordnung vorzunehmen. Wenn der Arbeitgeber aber nichts zu beurteilen hat, hat der Betriebsrat nichts „mitzubeurteilen“ (wohl aA Lindner PersR 2017, 26, 27). Bei solch einer tariflichen Vorgabe ist die Kompetenz der Betriebsparteien bei einer Ein- oder Umgruppierung nach § 99 BetrVG nicht – wie das Beschwerdegericht im Ausgangspunkt angenommen hat – in rechtswidriger Weise beschnitten.
34
(c) Bei den durch die Höhergruppierungsanträge nach § 29b Abs. 1 TVÜ-VKA ausgelösten rechtlichen Beurteilungen der Arbeitgeberin handelt sich unabhängig vom konkret gefundenen Ergebnis um der Mitbestimmung unterliegende (Neu-)Eingruppierungen iSd. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG. Das geben Inhalt und Regelungssystematik der §§ 29 ff. TVÜ-VKA vor.
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(aa) Ausgangspunkt der §§ 29 ff. TVÜ-VKA, die die Überleitung in die neue Entgeltordnung umfassend regeln (vgl. BAG 21. Dezember 2017 – 6 AZR 790/16 – Rn. 16), war die Eingruppierung (und Stufe), die sich unter Beachtung der bis zum 31. Dezember 2016 geltenden Tarifautomatik des durch die Entgeltordnung abgelösten Eingruppierungsrechts ergab. Die Beschäftigten wurden „tarifmäßig eingruppiert“ übergeleitet. Insoweit sollten für sie durch die neue Entgeltordnung keine Veränderungen eintreten (vgl. Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Stand Januar 2021 Teil B 2 § 29a TVÜ-VKA Rn. 1, 7). Die vorläufigen Zuordnungen der Arbeitnehmer zu den Entgeltgruppen sind über den TVÜ-VKA (lediglich) zu „endgültigen“ geworden (vgl. ausf.
Günther
öAT 2017, 1, 2;
Müller
öAT 2016, 153, 155). Insoweit setzen §§ 29 ff. TVÜ-VKA auch – mit Wirkung für die Zukunft – die Tarifautomatik außer Kraft (vgl. zu den Überleitungsregelungen für die Beschäftigten des Bundes und der Länder: BAG 18. September 2019 – 4 AZR 42/19 – Rn. 27, 30, BAGE 168, 13; 18. Oktober 2018 – 6 AZR 300/17 – Rn. 35, 37).
36
(bb) Erst eine Änderung der Tätigkeit des Arbeitnehmers oder ein (fristgerecht angebrachter) Höhergruppierungsantrag nach § 29b Abs. 1 TVÜ-VKA hat zur Folge, dass die Tarifautomatik wiederhergestellt wird (vgl. auch BAG 18. September 2019 – 4 AZR 42/19 – Rn. 27, 30, BAGE 168, 13; 18. Oktober 2018 – 6 AZR 300/17 – Rn. 35, 37). Der Antrag hat damit konstitutive Bedeutung für das Eintreten der tariflichen (Neu-)Eingruppierungswirkung (vgl. zu den Überleitungsregelungen für die Beschäftigten der Länder BeckOK TV-L/Dannenberg Stand 1. Januar 2013 TVÜ-Länder § 29a Rn. 25). Stellt ein Beschäftigter einen solchen Antrag, so wird seine auszuübende Tätigkeit an der neuen Entgeltordnung gemessen. Der Arbeitgeber muss – im Sinn eines rechtsanwendenden Aktes – prüfen, ob der antragstellende Beschäftigte aufgrund der (dann wieder greifenden) Tarifautomatik höhergruppiert ist oder nicht (vgl. BAG 18. Oktober 2018 – 6 AZR 300/17 – Rn. 35, aaO). Diese rechtliche Beurteilung unterliegt als Eingruppierung der Mitbeurteilung des Betriebsrats (vgl. ebenso
BeckOK TVöD/Dannenberg Stand 1. Dezember 2020 TVÜ-VKA § 29b Rn. 73 ff.).
37
(cc) Der Verweis der Rechtsbeschwerde, bei abschlägig beschiedenen Höhergruppierungsanträgen iSd. § 29b Abs. 1 TVÜ-VKA scheide ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats aus, weil gerade keine Höhergruppierung stattfinde, verfängt nicht. Er vernachlässigt die konkrete Ausgestaltung der §§ 29 ff. TVÜ-VKA zur „endgültigen“ Überführung der Beschäftigten in die neue Entgeltordnung. Nach den festgelegten Maßgaben haben die Beschäftigten mit Inkrafttreten der neuen Entgeltordnung die Wahl, ob sie an einem in der bisherigen tarifgerechten Eingruppierung zum Ausdruck kommenden Besitzstand festhalten wollen oder mit (fristgerechtem) Stellen eines Höhergruppierungsantrags ggf. in die neue Entgeltordnung eingegliedert sind. Bereits der Antrag – nicht erst das Ergebnis einer Entscheidung über ihn – bewirkt eine Rechtsanwendung. Mit ihm ist eine unmittelbare eingruppierungsrechtliche Wirkung (Rechtsfolge) nach neuem Tarifrecht erzeugt (BeckOK TVöD Entgeltordnungen/Bepler/Böhle/Pieper/Geyer Stand 1. März 2017 Die Neue Entgeltordnung zum TVöD-VKA Rn. 123) und damit die Prüfung einer Zuordnung nach Maßgabe der neuen Entgeltordnung ausgelöst. Dieser rechtsanwendende Vorgang unterliegt betriebsverfassungsrechtlich der Mitbeurteilung des Betriebsrats (vgl. ebenso – zum Personalvertretungsrecht – VG Münster 2. Mai 2019 – 22 K 987/18.PVL – zu II der Gründe; aA aber Niedersächsisches OVG [auch OVG Lüneburg] 12. November 2019 – 18 LP 4/18 – zu II 2 c der Gründe). Es handelt sich um eine andere als die von der Rechtsbeschwerde vergleichend herangezogene Sachlage, bei der ein Arbeitnehmer individuell eine Höhergruppierung in einer unverändert geltenden oder anzuwendenden Entgeltordnung beansprucht, was der Arbeitgeber nach entsprechender Prüfung ablehnt.
38
(d) Unschädlich ist, dass die Arbeitgeberin in Abweichung von § 29b Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 TVÜ-VKA für die Höhergruppierungsanträge eine Nachfrist gewährt hat. Allein das Stellen der – im Übrigen auch nicht wegen „Verspätung“ abgelehnten – Höhergruppierungsanträge bewirkt bei den streitbefangenen Einzelverlangen die vom Betriebsrat mitzubeurteilenden (Neu-)Eingruppierungen als gedankliche Zuordnungsakte seitens der Arbeitgeberin. Für das betriebsverfassungsrechtliche Mitbeurteilungsrecht ist es im Übrigen nicht ausschlaggebend, ob ein Antrag nach § 29b Abs. 1 TVÜ-VKA wegen Verfristung individuell keine Höhergruppierung zu bewirken vermag. Die weitergehende Einwendung der Rechtsbeschwerde, bei den in der Nachfrist gestellten Höhergruppierungsanträgen fehle es zudem an einem kollektiven Mitbestimmungstatbestand, ist von vornherein verfehlt. Die Mitbestimmung des Betriebsrats bei personellen Einzelmaßnahmen nach § 99 BetrVG setzt – im Gegensatz zur Mitbestimmung des Betriebsrats in sozialen Angelegenheiten nach § 87 BetrVG – keinen kollektiven Tatbestand voraus. Ihr ist immanent, dass sie sich auf einzelne Arbeitnehmer betreffende Gestaltungs- oder Rechtsanwendungsakte bezieht. Ein- oder Umgruppierungen sind stets personenbezogene Einzelmaßnahmen (vgl. BAG 19. April 2012 – 7 ABR 52/10 – Rn. 29).
39
(e) Auch soweit das Leistungsbegehren des Betriebsrats sich auf die Arbeitnehmerin Sta (51.) und den Arbeitnehmer Ov (78.) bezieht, ergeben sich keine Abweichungen. Beide Beschäftigte sind nach den Angaben der Arbeitgeberin im Rechtsbeschwerdeverfahren weiter bei ihr tätig, nunmehr allerdings im Rahmen eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses (sog. Minijob). Ungeachtet dessen, dass es sich hierbei um neuen, in der Rechtsbeschwerdeinstanz nach § 92 Abs. 2 ArbGG iVm. § 559 Abs. 1 ZPO grundsätzlich nicht berücksichtigungsfähigen Sachvortrag handelt, sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass sich für diese Arbeitnehmer infolge ihrer nunmehr entgeltgeringfügigen Beschäftigung iSd. § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV die eingruppierungsrelevanten Faktoren – also die vereinbarten Tätigkeiten – geändert haben könnten. Daher hat die vorgebrachte „Umwandlung des Beschäftigungsverhältnisses in einen Minijob“ für das Begehren des Betriebsrats keine Auswirkungen. Beide Arbeitnehmer unterfallen nach wie vor dem Geltungsbereich des § 1 TVöD-B und sind nicht von der – nur für zeitgeringfügig Beschäftigte iSd. § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV geltenden – Bereichsausnahme des § 1 Abs. 2 Buchst. m TVöD-B betroffen.
40
(f) Der Umstand, dass Arbeitnehmer Höhergruppierungsanträge gestellt haben, für die im Hinblick auf ihre (bisherige) Eingruppierung ggf. die spezifischen Regelungen der §§ 29c und 29d TVÜ-VKA greifen (vgl. hierzu ausf. Spelge ZTR 2020, 389), führt vorliegend ebenfalls nicht zu einer anderen Bewertung. Auch diese Beschäftigten haben einen Antrag iSv. § 29b Abs. 1 TVÜ-VKA bei der Arbeitgeberin angebracht. Bereits damit ist die der Mitbeurteilung des Betriebsrats unterliegende Beurteilung der Rechtslage durch die Arbeitgeberin ausgelöst.
41
(g) Hinsichtlich des Arbeitnehmers Sk (3.) ist das Begehren des Betriebsrats ebenfalls begründet. Zwar unterscheiden sich bei ihm als einzigem der tabellarisch aufgelisteten Arbeitnehmer die „EG“ und die „EG Neu“. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ist aber davon auszugehen, dass der Betriebsrat hinsichtlich des Höhergruppierungsantrags auch dieses Arbeitnehmers nicht beteiligt worden ist. Das trägt sein Verlangen nach § 101 BetrVG.
42
III. Über den echten Hilfsantrag war nicht zu befinden. Er ist auch nicht insoweit angefallen, als dass der Hauptantrag hinsichtlich der Arbeitnehmerinnen H und B unbegründet ist. Das Hauptbegehren hat in Bezug auf die beiden Arbeitnehmerinnen keinen Erfolg, weil diese keinen Höhergruppierungsantrag gestellt haben. Der Hilfsantrag formuliert aber gerade ausdrücklich als Umstand für die verlangte Feststellung, dass ein solcher Antrag gestellt ist. Die hierin (auch) ausgedrückte verfahrensrechtliche Bedingung für das Hilfsbegehren tritt nicht ein.
        
    Schmidt    
        
    Ahrendt    
        
    K. Schmidt    
        
        
        
    Olaf Kunz    
        
    P. Merkel    
        
        


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