Aktenzeichen AN 16 K 17.01117
VwGO § 43 Abs. 1
BBG § 16 Abs. 2
BLV § 8 Abs. 1, Abs. 3
PostPersRG § 4 Abs. 3
Leitsatz
1. Gegenstand einer Feststellungsklage kann grundsätzlich auch die Frage sein, ob ein Verwaltungsakt eine bestimmte Rechtsstellung vermittelt. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine zu einem Rechtsverhältnis i.S.d. § 43 Abs. 1 VwGO verdichtete rechtliche Beziehung kann nicht auf hypothetisch künftig eintretenden Tatsachen beruhen. (Rn. 32 und 34) (redaktioneller Leitsatz)
3. Vorbeugender Rechtsschutz ist nur ausnahmsweise unter der Voraussetzung zulässig, dass ein besonderes qualifiziertes Rechtsschutzbedürfnis die Gewährung vorbeugenden Rechtsschutzes mit Blick auf das verfassungsrechtliche Gebot effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 GG erfordert. (Rn. 37) (redaktioneller Leitsatz)
4. Aufgrund der ihm zukommenden Organisationsfreiheit hat der Dienstherr ein Wahlrecht, ob und in welcher Form er eine freie Stelle besetzen will. Dies schließt auch die Möglichkeit mit ein, den Bewerberkreis bereits von vorneherein mittels eines strukturellen Abgrenzungsmerkmales zu beschränken. (Rn. 40) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe
I.
Gegenstand der vorliegenden Klage ist nach geänderter Antragstellung vorliegend nur noch die begehrte Feststellung dahingehend, dass sich die Klägerin mit der festgestellten Befähigung für ein Amt des höheren nichttechnischen Dienstes auf ausgeschriebene Stellen des Ausgangsamtes des höheren Dienstes bewerben kann. Das Gericht legt den Antrag gem. § 88 VwGO unter Berücksichtigung der in der mündlichen Verhandlung gewonnenen Erkenntnisse und Erläuterungen des Klägerbevollmächtigten dahin aus, dass eine Feststellung dahingehend getroffen werden soll, dass sich die Klägerin mit der Feststellung der Laufbahnbefähigung des höheren Dienstes, auch außerhalb von nach § 24 der Bundeslaufbahnverordnung (BLV) geöffneten Bewerbungsverfahren, auf jegliche Stellenausschreibungen für ein Eingangsamt des höheren Dienstes bewerben und insoweit nicht mit der Begründung, sie sei eine Statusbeamtin des gehobenen Dienstes, von vorneherein aus der Bewerberauswahl ausgeschlossen werden kann.
Die hierauf gerichtete Feststellungsklage gem. § 43 Abs. 1 VwGO ist nach Auffassung des Gerichts bereits unzulässig (dazu unter 1. und 2.) und wäre darüber hinaus mangels einer dem Feststellungsbegehren entsprechenden Berechtigung der Klägerin auch unbegründet (dazu unter 3.).
1. Die Unzulässigkeit der Klage ergibt sich vorliegend daraus, dass es bereits an einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO fehlt.
Nach § 43 Abs. 1 VwGO kann durch Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Zu den besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Feststellungsklage gehört demnach das Vorliegen eines feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses. Unter einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis sind die rechtlichen Beziehungen zu verstehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer öffentlichrechtlichen Norm für das Verhältnis von (natürlichen oder juristischen) Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben, kraft deren eine der beteiligten Personen etwas Bestimmtes tun muss, kann oder darf oder nicht zu tun braucht (BVerwG U.v. 26.1.1996 – 8 C 19/94 – NJW 1996, 2046 m.w.N). Gegenstand einer Feststellungsklage kann grundsätzlich auch die Frage sein, ob ein Verwaltungsakt eine bestimmte Rechtsstellung vermittelt (BVerwG U.v. 29.8.1986 -7 C 5/85 – NVwZ 1987, 216).
Rechtliche Beziehungen verdichten sich aber nur dann zu einem Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO, wenn die Anwendung einer Norm des öffentlichen Rechts auf einen bereits übersehbaren Sachverhalt streitig ist (BVerwG U.v. 26.1.1996 – 8 C 19/94 – NJW 1996, 2046 m.w.N). Dies bedeutet nicht, dass zukünftige Rechtsverhältnisse, die sich aus einem künftigen oder noch nicht abgeschlossenen Sachverhalt ergeben, einer auf Feststellung gerichteten Klage nach § 43 Abs. 1 VwGO entzogen wären, nichtsdestotrotz ist auch hier ein hinreichend konkreter Sachverhalt zu fordern. Ohne konkreten Sachverhalt lassen sich lediglich abstrakte Rechtsfragen stellen, deren Klärung jedoch nicht Sinn und Zweck einer Feststellungsklage ist. Hieran vermögen auch Erwägungen der Prozessökonomie oder der höheren Effektivität einer „zentralen“ Klage nichts zu ändern (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 43 Rn. 21; BVerwG U.v. 23.8.2007 – 7 C 2/02 – NVwZ 2007, 1428).
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist das Gericht zu der Überzeugung gelangt, dass mit der vorliegenden Klage lediglich eine abstrakte Rechtsfrage geklärt werden soll, ein bereits hinreichend konkreter Sachverhalt demgegenüber nicht erkennbar ist.
An einem konkreten feststellungsfähigen Rechtsverhältnis fehlt es nach Auffassung des Gerichts bereits deshalb, weil jedenfalls zum hier entscheidungserheblichen Zeitpunkt noch keine Feststellung der Laufbahnbefähigung zum höheren Dienst durch die Beklagte vorliegt, so dass dem gestellten Klageantrag hypothetisch künftig eintretende Tatsachen zugrunde gelegt werden. Die Beklagte hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung vielmehr nur ihre dahingehende Bereitschaft erklärt, dass man die Laufbahnbefähigung der Klägerin im Rahmen einer weiteren Bewerbung innerhalb eines nach § 24 BLV geöffneten Verfahrens zuerkennen werde. Der Personalakte der Klägerin ist eine bereits erfolgte Feststellung der Laufbahnbefähigung für den höheren Dienst ebenso nicht zu entnehmen. Dies wäre jedoch unter Berücksichtigung dessen, dass es sich bei der Feststellung der Laufbahnbefähigung um einen Verwaltungsakt im Sinne des § 35 Satz 1 VwVfG handelt und die Feststellung nach § 8 Abs. 3 BLV dem Beamten schriftlich mitzuteilen ist, zwingend erforderlich. Die Klägerin hat ein dahinlautendes Schreiben auch nicht vorgelegt, so dass insgesamt davon auszugehen ist, dass ein solches nicht existiert. Aus der Vorlage an den Örtlichen Personalrat kann ebenfalls nicht darauf geschlossen werden, dass eine Feststellung der Laufbahnbefähigung bereits vorliegt. Bei der Vorlage handelt es sich zum einen schon nicht um eine verbindliche Erklärung, die gegenüber der Klägerin abgegeben wurde. Zum anderen lässt sich der Vorlage bei sachgemäßer Auslegung (§§ 133, 157 BGB) nur entnehmen, dass aus Sicht des Verfassers die Voraussetzungen für die Anerkennung/Feststellung der Laufbahnbefähigung vorliegen, dies also einer Einstellung im konkreten Fall nicht entgegenstünde. Eine andere Auslegung ließe sich auch nicht mit vorgenannten Erwägungen in Einklang bringen.
Ergänzend dazu sei noch angemerkt, dass der Klageantrag auf jegliche künftige Stellenausschreibungen für ein Eingangsamt des höheren Dienstes gerichtet ist und gerade nicht eine konkrete Stellenausschreibung in den Blick nimmt. Auch dieser Gesichtspunkt trägt zu der hier getroffenen Einschätzung, dass es an einem hinreichend konkreten Sachverhalt fehlt, bei.
2. Darüber hinaus ist die Klage auch deshalb unzulässig, weil die Klägerin kein berechtigtes Feststellungsinteresse im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO für sich geltend machen kann.
Dem Begehren der Klägerin nach handelt es sich vorliegend um eine Feststellungsklage, mit der vorbeugender Rechtsschutz erreicht werden soll (sog. vorbeugende Feststellungsklage). Ziel ist es nämlich ersichtlich, künftige drohende Rechtsverletzungen, die sich aus einer etwaigen Nichtberücksichtigung in einem Bewerbungsverfahren ergeben könnten, zu verhindern, indem bereits vorab festgestellt werden soll, dass sich die Klägerin mit einer Feststellung der Laufbahnbefähigung des höheren Dienstes uneingeschränkt auf Stellenausschreibungen für ein Eingangsamt des höheren Dienstes bewerben kann und insoweit dann auch zu berücksichtigen ist. Gegen drohende Rechtsverletzungen muss ein Betroffener grundsätzlich mit Gestaltungs- und Leistungsklagen vorgehen (§ 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Etwas anderes gilt nur ausnahmsweise, wenn ein besonderes qualifiziertes Rechtsschutzbedürfnis die Gewährung vorbeugenden Rechtsschutzes mit Blick auf das verfassungsrechtliche Gebot effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 GG erfordert (BVerwG B.v. 12.6.2008 – 7 B 24/08 – NVwZ 2008, 1011). Dies wäre etwa dann anzunehmen, wenn ein Abwarten unzumutbar ist, da der reguläre nachträgliche Rechtsschutz nicht mehr ausreichend wäre. Von einer derartigen Ausnahmesituation kann vorliegend jedoch nicht ausgegangen werden. Es ist der Klägerin nach Auffassung des Gerichts zumutbar, nachträglichen Rechtsschutz gegen eine unter Umständen zu Unrecht erfolgte Nichtberücksichtigung in einem Bewerbungsverfahren in Anspruch zu nehmen. In derartigen Konstellationen sieht die VwGO insbesondere die Möglichkeit einer raschen Klärung im Wege eines Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 123 Abs. 1 VwGO vor.
3. Die Klage hätte darüber hinaus auch in der Sache keinen Erfolg. Insoweit weist das Gericht – ohne dass es hierauf noch entscheidungserheblich ankäme – auf Folgendes hin:
Alleine aus der – hier allerdings bereits (noch) nicht ausgesprochenen – Feststellung der Laufbahnbefähigung des höheren Dienstes folgt noch nicht die Berechtigung der Klägerin, sich auf sämtliche Stellen des Eingangsamtes des höheren Dienstes, auch außerhalb eines nach § 24 BLV geöffneten Verfahrens, bewerben zu können und insoweit verlangen zu können in die Bewerberauswahl miteinbezogen zu werden.
Insoweit ist nämlich zu berücksichtigen, dass der Dienstherr aufgrund der ihm zukommenden Organisationsfreiheit ein Wahlrecht hat, ob und in welcher Form er eine freie Stelle besetzen will. Dies schließt auch die Möglichkeit mit ein, den Bewerberkreis bereits von vorneherein mittels eines strukturellen Abgrenzungsmerkmales zu beschränken (BVerwG U.v. 25.11.2004 – 2 C 17/03 – juris Rn. 15; BayVGH B.v. 16.5.2013 – 3 CE 13.328 – juris Rn. 22). Würde man nun alleine aus der Feststellung der Laufbahnbefähigung eine umfassende Berechtigung dahingehend folgern, sich auf sämtliche Stellenausschreibungen für ein Eingangsamt des höheren Dienstes bewerben und insoweit auch stets die Einbeziehung in die Bewerberauswahl beanspruchen zu können, würde dies einen nicht zu rechtfertigenden Eingriff in das Organisationsermessen des Dienstherrn darstellen. Eine etwaige Entscheidung des Dienstherrn den Bewerberkreis mittels struktureller Abgrenzungskriterien einzuschränken – wie es etwa auch die Festlegung einer Bewerbungsberechtigung nur für Beamte des höheren Dienstes darstellt (vgl. hierzu die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Ansbach und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs in den Verfahren AN 11 E 18.00535 und 6 CE 18.1319) – würde in diesem Fall umgangen werden. Nichts anderes ergibt sich auch aus dem von der Klägerin vielfach zitierten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. Dezember 2013 (2 C 71.10). Das Bundesverwaltungsgericht hat in dieser Entscheidung lediglich klarstellend darauf hingewiesen, dass sich ein Beamter, dessen Laufbahnbefähigung für den höheren Dienst festgestellt wurde, auf entsprechende Funktionsstellen für ein Eingangsamt der höheren Laufbahn bewerben kann und seine Bewerbung nicht deshalb abgelehnt werden darf, weil er einer niedrigeren Laufbahngruppe angehört. Dieser Aussage ist in ihrer Allgemeinheit freilich zuzustimmen. Unberücksichtigt bleiben insoweit jedoch gerade die zuvor angesprochenen Konstellationen, in welchen der Bewerberkreis bereits vorab in zulässiger Weise beschränkt wurde. In diesen Fällen bleibt eine Zurückweisung der Bewerbung, unter Hinweis etwa auf die fehlende Zugehörigkeit zur Laufbahn des höheren Dienstes, freilich weiterhin möglich.
II.
Die Kostenentscheidung hinsichtlich des streitig entschiedenen Teils der Klage ergibt sich aus § 161 Abs. 1, § 154 Abs. 1 VwGO. Soweit die Klägerin im Übrigen im Rahmen der mündlichen Verhandlung von ihrem darüber hinausgehenden bisherigen Begehren Abstand genommen hat, stellt dies eine teilweise Klagerücknahme mit der Kostenfolge des § 155 Abs. 2 VwGO dar (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 91 Rn. 10).