Arbeitsrecht

Rechtsweg bei Streitigkeit um Besetzung einer Professorenstelle im Angestelltenverhältnis

Aktenzeichen  M 5 K 18.3963

Datum:
5.10.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 30616
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BeamtStG § 54 Abs. 1
VwGO § 40 Abs. 1 S. 1, § 173 S. 1
GVG § 17a Abs. 2
ArbGG § 2

 

Leitsatz

1. § 54 Abs. 1 BeamtStG begründet die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte bei einem Streit um eine Einstellung in den öffentlichen Dienst nur, wenn Streitgegenstand die Begründung eines Beamtenverhältnisses ist. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ob eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit iSd § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO vorliegt, richtet sich nach der Rechtsnatur der streitentscheidenden Normen. Begehrt ein Kläger die Einstellung in ein privatrechtliches Arbeitsverhältnis, kann er einen Anspruch nur aus dem angestrebten privatrechtlichen Arbeitsverhältnis bzw. dessen Vorwirkung herleiten, mithin aus privatrechtlichen Normen. (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)
3. Irrelevant ist insoweit, dass Inhalt und Umfang dieses privatrechtlichen Anspruchs (auch) durch öffentlich-rechtliche Normen (hier: Art. 33 Abs. 2 GG) bestimmt werden und ob sich die der Bewerbung zugrundeliegende Ausschreibung ggf. auch oder gar vorwiegend an Beamte bzw. verbeamtungsfähige Bewerber richtet. (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Verwaltungsrechtsweg ist unzulässig.
II. Die Streitsache wird an das zuständige Arbeitsgericht M … verwiesen.

Gründe

Die Kläger wendet sich im Rahmen eines Konkurrentenstreitverfahrens um die Professur für Politikwissenschaften (W2, Kennziffer BV 1337) bei der Hochschule für … (im Folgenden: „Hochschule“) gegen den Ausschluss seiner Bewerbung von dem Bewerbungsverfahren.
Ausweislich der zugrunde liegenden Stellenausschreibung kann die Besetzung der streitgegenständlichen Stelle durch Berufung in das Beamtenverhältnis oder durch Einstellung im Angestelltenverhältnis erfolgen. Der Kläger begehrt mit seiner Bewerbung eine Einstellung im Angestelltenverhältnis.
Unter dem … Februar 2018 teilte die Hochschule dem Kläger mit, dass er nicht die gesetzlich erforderliche außerhochschulische Berufserfahrung aufweise und daher im weiteren Auswahlverfahren nicht berücksichtigt werden könne. Daraufhin beantragte der Kläger am 8. März 2018 im Wege einstweiligen Rechtsschutzes bei dem erkennenden Gericht, dem Beklagten vorläufig zu untersagen, die streitgegenständliche Stelle zu besetzen (Az. M 5 E 18.1131). Das Gericht hat das Eilverfahren mit Beschluss vom 10. September 2018 mangels Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs an das zuständige Arbeitsgericht M … verwiesen.
Mit Bescheid vom … April 2018 teilte die Hochschule dem Kläger mit, dass er nicht in die Berufungsvorschlagsliste für die streitgegenständliche Stelle aufgenommen worden und die Besetzung mit einem anderen Kandidaten beabsichtigt sei.
Am 22. Mai 2018 hat der Kläger die zunächst einheitlich unter dem Aktenzeichen M 5 K 18.2420 geführte Klage erhoben und beantragt,
1. den Ablehnungsbescheid vom … April 2018 (Konkurrentenmitteilung) der Hochschule für … aufzuheben,
hilfsweise (für den Fall der sachlichen Zuständigkeit des Arbeitsgerichts und entsprechender Verweisung): festzustellen, dass der Ausschluss des Klägers vom Bewerbungsverfahren betreffend die an der Hochschule für … ausgeschriebene Professur für Politikwissenschaften (W2, Kennziffer BV 1337) rechtwidrig ist,
2. den Beklagten zu verpflichten, die Bewerbung des Klägers für die an der Hochschule für … ausgeschriebene Professur für Politikwissenschaften (W2, Kennziffer BV 1337) zu berücksichtigen und über die Bewerbung des Klägers nach den Kriterien des Art. 33 Abs. 2 GG unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
Mit Beschluss vom 13. August 2018 hat das Gericht das Klageverfahren betreffend den Klageantrag zu Ziffer 2 abgetrennt und das abgetrennte Verfahren unter dem hiesigen Aktenzeichen fortgeführt. Mit Schreiben vom selben Tage hat das Gericht den Beteiligten Gelegenheit gegeben, sich zu der beabsichtigten Verweisung des hiesigen Rechtsstreits an das Arbeitsgericht M … zu äußern.
Der Kläger hat sich der Auffassung des Gerichts angeschlossen und hält das Arbeitsgericht M … für sachlich und örtlich zuständig. Die Hochschule hält den Verwaltungsrechtsweg für eröffnet, da sich die Ausschreibung der streitgegenständlichen Stelle vorwiegend an Beamte bzw. verbeamtungsfähige Bewerber und nicht ausschließlich an Arbeitnehmer richte und daher im Kern ein nach öffentlich-rechtlichen Normen zu beurteilendes Auswahlverfahren in Streit stehe.
Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte verwiesen.
II.
Der vom Kläger beschrittene Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten ist unzulässig. Der Rechtsstreit wird nach § 173 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i.V.m. § 17a Abs. 2 Satz 1 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) nach erfolgter Anhörung der Beteiligten an das Arbeitsgericht M … als das zuständige Gericht des zulässigen Rechtsweges verwiesen.
1. Gem. § 54 Abs. 1 Gesetz zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern (Beamtenstatusgesetz – BeamtStG) ist für alle Klagen der Beamtinnen, Beamten, Ruhestandsbeamtinnen, Ruhestandsbeamten, früheren Beamtinnen, früheren Beamten und der Hinterbliebenen aus dem Beamtenverhältnis sowie für Klagen des Dienstherrn der Verwaltungsrechtsweg gegeben. Diese Sonderzuweisung begründet die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte bei einem Streit um eine Einstellung in den öffentlichen Dienst aber nur, wenn Streitgegenstand die Begründung eines Beamtenverhältnisses ist. Daran fehlt es hier, weil es dem Kläger lediglich um den Abschluss eines Arbeitsvertrags geht.
2. Daher liegt auch keine öffentlich-rechtliche Streitigkeit i.S.d. Generalklausel gem. § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO vor. Die streitgegenständliche Stellenausschreibung ist nicht auf die Begründung eines Beamtenverhältnisses festgelegt; sie ermöglicht auch – wie vom Kläger gewünscht – eine Einstellung im Angestelltenverhältnis. Da danach um die Begründung eines Arbeitsverhältnisses zwischen dem Kläger und der Hochschule gestritten wird, sind für diese bürgerliche Rechtsstreitigkeit nach §§ 13 GVG, 2 Abs. 1 Nr. 3 lit. c Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) die Gerichte für Arbeitssachen zuständig (vgl. BVerwG, B.v. 19.7.2017 – 2 A 9.16 – BeckRS 2017, 120752; B.v. 18.1.1993 – 6 B 5/92, NVwZ-RR 1993, 251; BayVGH, B.v. 7.4.2014 – 7 C 14.408 – BeckRS 2014, 50065; ThürOVG, B.v. 30.1.1996 – 2 EO 497/95 – juris; OVG RhPf, B.v. 10.12.1997 – 2 E 12965/97 – NVwZ-RR 1999, 51; OVG NW, B.v. 27.4.2010 – 1 E 406/10 – NVwZ-RR 2010, 587 – juris Rn. 7 ff.; nun anders OVG RhPf, B.v. 19.1.2018 – 2 E 10045/18.OVG – BeckRS 2018, 9722). Denn die Rechtsnatur einer Streitigkeit richtet sich nach der Rechtsnatur der streitentscheidenden Normen. Streitentscheidend hinsichtlich des hier (ausschließlich Ziffer 2 des Klageantrags) gegenständlichen Anspruchs auf Neuentscheidung über die Bewerbung des Klägers sind die dem (behaupteten) Anspruch zugrunde liegenden Normen. Da der Kläger die Einstellung in ein privatrechtliches Arbeitsverhältnis begehrt, kann er einen derartigen „Neuentscheidungsanspruch“ nur aus dem angestrebten privatrechtlichen Arbeitsverhältnis bzw. dessen Vorwirkung herleiten, mithin aus privatrechtlichen Normen. Irrelevant ist insoweit, dass Inhalt und Umfang dieses privatrechtlichen Anspruchs (auch) durch öffentlich-rechtliche Normen (hier: Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland) bestimmt werden und ob sich die der Bewerbung zugrundeliegende Ausschreibung ggf. auch oder gar vorwiegend an Beamte bzw. verbeamtungsfähige Bewerber richtet.
Der Verweis der Hochschule (Schriftsatz v. 5.9.2018) auf die Entscheidung des OVG Nordrhein-Westfalen (B.v. 12.7.2018 – 1 E 281/18 – BeckRS 2018, 15911) geht fehl, da ausweislich Rn. 15 dieser Entscheidung sowohl der dortige Antragsteller als auch seine Mitbewerber „allesamt Beamte“ waren. Streitgegenstand war mithin die Besetzung eines Dienstpostens ausschließlich im Beamtenverhältnis (wenn auch im sog. „zivilen“ Bereich der Bundeswehr in Abgrenzung zu deren militärischem Bereich). Ziel des dortigen Antragstellers war – anders als hier – also eine beamtenrechtliche Beschäftigung.
Auch der Vortrag der Hochschule, die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (B.v. 7.4.2014 – 7 C 14.408 – BeckRS 2014, 50065) könne nicht herangezogen werden, da dieser ein anderer Sachverhalt zugrunde läge (Professorenstelle sollte ausschließlich in privatrechtlichen Dienstverhältnis besetzt werden mangels Dienstherrenfähigkeit der dortigen Antragsgegnerin), verfängt nicht. Denn dort heißt es ausdrücklich, dass die Arbeitsgerichte zuständig sind, sofern ein Arbeitsverhältnis eingegangen werden soll; „und zwar auch dann, wenn der Einstellungsanspruch auf Art. 33 Abs. 2 GG gestützt wird“ (Rn. 11). Die fehlende Dienstherrenfähigkeit der dortigen Antragsgegnerin wird also nicht entscheidungserheblich in Bezug genommen, sondern lediglich zur Plausibilisierung des Vortrags der Antragsgegnerin, dass eine Einstellung (ausschließlich) in einem Arbeitsverhältnis erfolgen sollte (Rn. 12). Das Gericht stellt in o.g. Entscheidung mithin durchgängig auf die Rechtsnatur des angestrebten Beschäftigungsverhältnisses ab, obwohl bei der dortigen Einstellungsentscheidung (wie auch vorliegend) öffentlich-rechtliche Normen zu beachten waren (vgl. Rn. 13). Anders als das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz nun (B.v. 19.1.2018 – 2 E 10045/18.OVG – BeckRS 2018, 9722 Rn. 5; zur früheren Rechtsprechung B.v. 10.12.1997 – 2E 12965-97 – NVwZ-RR 1999, 51) unterscheidet der Verwaltungsgerichtshof nicht zwischen dem vermeintlich stets öffentlich-rechtlichen „Ob“ und dem vermeintlich auch privatrechtlich möglichen „Wie“ der Einstellung (vgl. BayVGH, B.v. 7.4.2014 – 7 C 14.408 – BeckRS 2014, 50065 Rn. 5; so auch die herrschende Meinung in der Literatur: Reimer in Posser/Wolff, BeckOK VwGO, Stand 1.1.2018, § 40 Rn. 215; Hebeler in Battis, BBG, 5. Aufl. 2017, § 126 Rn. 15; Külpmann in Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 7. Aufl. 2017, Rn. 1347; Ahrendt in Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 17. Aufl. 2017, § 183 Rn. 21; Koch in Müller-Glöge/Preis/Schmidt, Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, § 2 ArbGG Rn. 4; zur Ablehnung der sog. Zweistufentheorie für Einstellungen von Arbeitnehmern des öffentlichen Dienstes siehe Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 35 Rn. 128; Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 40 Rn. 138).
3. Örtlich zuständig ist gem. § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG i.V.m. § 29 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) das Arbeitsgericht M …


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